eine Form des Bergsports Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Bergsteigen ist die sportliche Betätigung im Gebirge. Sie reicht von einem touristisch-sportlichen Gehen, dem Bergwandern, bis hin zum Klettern in Fels und Eis.[1] Klettern umfasst verschiedene Aktivitäten in Fels (Klettern, alpines Klettern), Firn, Gletscher und Eis (Hochtour) oder eine Kombination dessen, bis zum Höhenbergsteigen in den sauerstoffarmen Regionen der Sieben- und Achttausender. Zum Winterbergsteigen gehören Skitouren, Schneeschuhtouren oder das Eisklettern. Bergsteigen in großen Höhen oder abgelegenen Regionen bezeichnet man als Expeditionsbergsteigen. In der Regel werden Personen, die ihr Beruf in die Berge führt (Jäger, Säumer), nicht als Bergsteiger bezeichnet.
Ausgeübt wird der Bergsport von Bergsteigern bzw. Alpinisten.
Bis weit ins 18. Jahrhundert wurde das Hochgebirge von Wanderern und Reisenden noch weitgehend gemieden. Es gab auch keinen Kult, der dem Bergsteigen eine religiöse Überhöhung gegeben hätte. „Da man nie gezwungen gewesen war, sich dorthin zu begeben, wusste man auch nicht, ob das überhaupt möglich war“, und eine „einigermaßen senkrechte Wand zu besteigen, ist nicht schlimmer als über glühende Kohlen zu laufen“, schreibt Paul Veyne über die Vorgeschichte des Alpinismus. Als Geburtsstunde des Bergsteigens wird einerseits die Erstbesteigung des Mont Ventoux (1912m) am 26.April 1336 durch Francesco Petrarca, andererseits 1492 die Besteigung des Mont Aiguille (2085m) durch eine Söldnertruppe, befohlen von KarlVIII., betrachtet. Da diese beiden Erstbesteigungen Eingang in die Literatur fanden, wurden sie weitaus bekannter als die bereits 1358 geglückte Besteigung des 3538m hohen Rocciamelone durch Bonifacio Rotario d’Asti.[2]
St.Niklaus im Schweizer Kanton Wallis gilt in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts als die Wiege des professionellen Alpinismus, wo das erste Bergführermuseum der Welt eingerichtet wurde.[3]
Früher wurden das Bergsteigen und die damit verbundenen Expeditionen auch Bergfahrten genannt.
Dass Alpinismus mehr ist als Bergsteigen und Klettern, manifestiert sich in der Ernennung des Alpinismus zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO.[4] Die Ernennung erfolgte 2019 auf Betreiben des französischen Alpinen Vereins Club Alpin Français (CAF), zusammen mit dem Schweizer Alpen-Club (SAC) und dem Club Alpino Italiano (CAI). Grundlage hierfür war die von den drei Alpinvereinen der UNESCO vorgelegte Definition von Alpinismus:[5]
„Alpinismus ist die Kunst, Gipfel und Wände zu besteigen, aus eigener physischer und geistiger Kraft. Es müssen dabei natürliche, nicht künstliche Hindernisse überwunden, Risiken eingeschätzt und angenommen werden. Es geht dabei um Eigenverantwortung, Solidarität mit anderen und Respekt vor der Natur.“
1336 – Francesco Petrarca lässt seine Ersteigung des Mont Ventoux in der Provence (ein früherer heiliger Berg der Kelten) in die Literatur einfließen.
1358 – Besteigung des Rocciamelone durch Bonifacio Rotario d’Asti.
Vermutlich schon vor dem Jahr 1500 bestiegen die Inkas den Llullaillaco. Auf seinem Gipfel errichteten sie ausgedehnte Bauten, die zu religiösen Zwecken und Opferungen verwendet wurden. Auch auf den Gipfeln des Ojos del Salado und des Mercedario wurden Spuren der Inkakultur gefunden.
Frühe Neuzeit
1492 – Erstbesteigung des Mont Aiguille (Felskletterei) in den französischen Voralpen.
1519 – Diego de Ordás besteigt zusammen mit zwei weiteren namentlich nicht mehr bekannten Konquistadoren den mexikanischenVulkanPopocatépetl (heute 5462m). Kaiser Karl V. gestattet de Ordás daraufhin, einen rauchenden Vulkan in seinem Wappen zu führen.[7] Jahrhundertelang ging man in Unkenntnis der weit höheren Besteigungen der Inka davon aus, dass es sich hierbei um einen Höhenweltrekord gehandelt habe.
1762 – Der Ankogel (3263m) in den östlichen Hohen Tauern wird von einem Bauern namens Patschg aus dem Gasteiner Tal erstiegen – erste überlieferte Gipfelbesteigung eines vergletscherten Dreitausenders in den Alpen.[9]
1770 – Nach erfolglosen Versuchen ab 1765 erreichen die Brüder Deluc, Genfer Gelehrte, den Gipfel des Mont Buet (3098m) und führen dort physikalische Höhenexperimente durch. In den Jahren 1775 und 1776 folgen ihnen die Wissenschaftler-Kollegen Marc-Théodore Bourrit und Horace Bénédict de Saussure, ebenfalls aus Genf, unter anderem, um von dort Wege auf den Mont Blanc zu erkunden.
ca. 1780 bis 1824 – Pater Placidus a Spescha aus dem Kloster Disentis besteigt zahlreiche Berge im Bündner Oberland, so das Rheinwaldhorn 1789, den Piz Terri 1798 und (fast – nur seine Begleiter erreichen den Gipfel) den Tödi 1824.
1802 – Alexander von Humboldt erreicht bei seinen Forschungsreisen in Südamerika am Chimborazo, damals höchster bekannter Berg, eine Höhe von 5800m. In Unkenntnis der weit höheren Besteigungen der Inka wurde diese Höhe lange Zeit als ein für die nächsten 30 Jahre gültiger Höhenweltrekord betrachtet.
1865 – Die Erstbesteigung des Matterhorns durch Edward Whymper endet in einer Katastrophe – vier seiner Begleiter stürzen beim Abstieg tödlich ab. Ebenfalls 1865 wird das Matterhorn über den Liongrat von Jean-Antoine Carrel und Gefährten bestiegen.
1867 – Vier Kletterer kommen am Matterhorn ums Leben.
1868 – Zweitbesteigung des Matterhorns über den Hörnligrat durch Josef Marie Lochmatter.
1874 – Peter Knubel führt die Erstbesteigung des 5642m hohen Elbrus im Kaukasus durch.
1876 – Am 18. August durchsteigen Markgraf Alfred Pallavicini und die Bergführer Hans Tribusser, G. Bäuerle und J. Kramser die Eisrinne, die zur Oberen Glocknerscharte des Großglockners führt. Tribusser schlägt 2500 Stufen in das Eis der später so genannten Pallavicinirinne.
1894 – Veröffentlichung des ersten Führers, der die angeführten Touren mit römischen Zahlen bewertet: die Benesch-Skala, bei der die niedrigste Zahl den höchsten Schwierigkeitsgrad bedeutet. In den folgenden Jahren entstehen im gesamten Alpenraum ähnliche Bewertungssysteme, wobei die Skala „umgedreht“ wurde (d.h. I entspricht dem geringsten Schwierigkeitsgrad). Die sechsstufige Alpenskala wurde später durch die nach oben offene UIAA-Skala ersetzt.
1896 – Gründung der ersten alpinen Rettungsorganisation, des Alpinen Rettungsausschusses Wien, eines Vorläufers des österreichischen Bergrettungsdienstes.
1900 – Reise des Bergführers Josef Lochmatter nach Norwegen, um sich dort die Skifahrtechnik noch besser anzueignen.
1911 – Unter der Führung von Josef Knubel besteigt Karl Blodig seinen 68. Viertausender der Alpen, womit er nach eigenem Verständnis (Stand 1911) alle Viertausender der Alpen bestiegen hatte.[10]
1913 – Erstbesteigung des Denali (höchster Berg Alaskas).
1953 – Hermann Buhl besteigt den Nanga Parbat. Damit hat zum einzigen Mal in der Geschichte ein Mensch einen Achttausender im Alleingang erstbestiegen. Nach der Annapurna-Besteigung von 1950 handelt es sich um die zweite Erstbesteigung eines Achttausenders, die ohne zusätzlichen Sauerstoff durchgeführt worden ist.[11] Der Berg gilt als „Schicksalsberg der Deutschen“ und neben dem K2 als der schwierigste Achttausender.
1954 – Erstbesteigung des K2 durch die Italiener Achille Compagnoni und Lino Lacedelli am 31. Juli.
1986 – Reinhold Messner besteigt als erster Mensch alle 14 Achttausender. Ebenso erreicht der Kanadier Pat Morrow das Ziel, den jeweils höchsten Gipfel jedes Kontinents zu besteigen (Seven Summits). Am K2 sterben in diesem Jahr 13 erfahrene Bergsteiger.
1987 – Jerzy Kukuczka besteigt als zweiter Mensch alle 14 Achttausender.
1991 – Robert Jasper gelingt in der Mont-Blanc-Gruppe in 3,5 Stunden die erste Solobegehung der Les-Droites-Nordwand über die „Ginat-Jackson-Route“ (1000m, ED) und in 2 Stunden und 20 Minuten die schnellste Begehung der Grandes Jorasses-Nordwand über die Leichentuch-Route (1000m, ED) (mit anschließender Überschreitung der Gipfelkette der Grandes Jorasses). Im gleichen Jahr gelingt Jasper an der Eiger-Nordwand in nur 4 Stunden die erste Solobegehung von „Spitverdonesque endente“ (VIII-/A1) und die erste Solobegehung „Löcherspiel“ (VII/UIAA).[12]
1992 – Robert Jasper gelingt das „Trilogie Enchainment“ am Mont Blanc. Diese Leistung von Robert Jasper wurde in Frankreich zu einer der größten alpinen Leistungen gekürt. Dabei handelte es sich um die Soloerstbegehung einer neuen Route an der Grand-Pilier-d’Angle-Nordwand (800m, ED-, 90°) in 2,5 Stunden, den Abstieg über die Südwand in den Freney Kessel und den Aufstieg auf den Mont Blanc über die Route „Abonimette“ (800m, ED-, VI, 85°).[12]
1994 – Robert Jasper gelingt die schnellste Besteigung und erste Eintagesbesteigung des Cerro Torre mit Jörn Heller in 16,5 Stunden ab Camp Bridwell.[12]
1994 – Stefan Glowacz definiert eine Trilogie aus den drei damals weltweit schwierigsten alpinen Kletterrouten, Des Kaisers neue Kleider X+/8b+ (Erstbegehung von Stefan Glowacz), Silbergeier X+/8b+ (Erstbegehung von Beat Kammerlander) und End of silence X/8b (Erstbegehung von Thomas Huber).
1996 – 12 Bergsteiger (größtenteils Mitglieder kommerzieller Expeditionen) sterben am 10.Mai am Mount Everest, worauf eine breite Diskussion um das kommerzielle Expeditionsbergsteigen folgte.
1999 – Robert Jasper und Daniela Jasper, das deutsche Bergsteiger-Ehepaar, eröffnen mit der Route „Symphonie de liberté“ die erste Route im Schwierigkeitsgrad X-/8a durch eine der drei ganz großen alpinen Nordwände, die Eiger-Nordwand. Sie setzen so erstmals den modernen Freikletterimpuls in dieser hochalpinen Dimension um.[14]
2012 – Am 21.Januar gelingt den Österreichern David Lama und Peter Ortner die erste freie Begehung entlang der „Kompressorroute“ (IX+/X−) in der Head Wall des Cerro Torre. Sie benötigten dafür 24 Stunden.
2015 – Mit der Route Odyssee X+/8a+ wurde die bis dahin schwierigste Route in der Eiger-Nordwand durch den Deutschen Robert Jasper, den Schweizer Roger Schaeli und den Italiener Simon Gietl im modernen Freikletter-Stil erstbegangen.
2019 – Alpinismus wird als gemeinsamer Beitrag von Frankreich, Italien und der Schweiz in das immaterielle Kulturerbe der UNESCO aufgenommen.
Bekannte Bergsteiger erlangten ihre Berühmtheit immer durch besondere alpinistische Leistungen, das kann eine Erstbesteigung (Sommer- oder Winterbegehung), eine besonders anspruchsvolle Tour durch eine Wand oder das erste Mal eine Rot-Punkt-Begehung sein.
Uli Auffermann: Entscheidung in der Wand: Marksteine des Alpinismus. Wenn Leidenschaft viele Gesichter hat. Schall-Verlag, Alland 2010, ISBN 978-3-900533-62-5.
Hermann von Barth: Aus den Nördlichen Kalkalpen; Ersteigungen und Erlebnisse in den Gebirgen Berchtesgadens, des Algäu, des Innthales, des Isar-Quellengebietes und des Wettersteins; Mit erläuternden Beiträgen zur Orographie und Hypsometrie der Nördlichen Kalkalpen, Mit lythographierten Gebirgsprofilen und Horizontalprojectionen nach Original-Skizzen des Verfassers. Heinrich Hugendubel, München 1874. (Digitalisat (PDF; 86MB)). (Faksimile: Fines Mundi Verlag, Saarbrücken 2008)
Luisa Francia: Der untere Himmel. Frauen in eisigen Höhen. Nymphenburger, München 1999, ISBN 3-485-00813-3 (über Bergsteigerinnen).
Peter Grupp: Faszination Berg. Die Geschichte des Alpinismus. Böhlau, Köln 2008, ISBN 978-3-412-20086-2.
Martin Krauß: Der Träger war immer schon vorher da. Die Geschichte des Wanderns und Bergsteigens in den Alpen. Nagel & Kimche, Zürich 2013, ISBN 978-3-312-00558-1.
Sherry B. Ortner: Die Welt der Sherpas. Leben und Sterben am Mount Everest („Life & Death on Mt. Everest. Sherpas & Himalayan Mountaineer“). Lübbe-Verlag, Bergisch Gladbach 2000, ISBN 3-7857-2025-4 (ethnologische Untersuchung).
Hans-Günter Richardi: Die Erschließung der Dolomiten. Auf den Spuren der Pioniere Paul Grohmann und Viktor Wolf-Glanvell in den Bleichen Bergen. Athesia-Verlag, Bozen 2008, ISBN 978-88-8266-524-1.
Horace-Bénédict de Saussure: Kurzer Bericht von einer Reise auf den Gipfel des Mont Blanc, im August 1787. Akademische Buchhandlung, Straßburg 1788. (Faksimile: Fines Mundi Verlag, Saarbrücken 2008)
Georg Sojer, Pepi Stückl: Bergsteigen. Bruckmann, München 2004, ISBN 3-7654-3948-7, PROFIL Nr. 22, 49, Jahrgang, 28. Mai 2018, Sebastian Hofer: Steilvorlage, Wir sind da, wo oben ist: Von Almräuschen, Eisfällen, Latschenwäldern und der Frage, warum die Österreicher erst in den Alpen so richtig zu sich kommen. Eine Spurensuche im Land der Berge.
perche' 1573?Museo del Legno di Arischia,archiviertvomOriginal(nicht mehr online verfügbar)am28.September 2013;abgerufen am 29.Januar 2011(italienisch).