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sprachlich vereinfachte Version der Standardsprache Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Konzept der Einfachen Sprache hat das Ziel, Texte möglichst verständlich und zielgruppenorientiert anzubieten. Verständlichkeit kann demnach nur erreicht werden, wenn Leserinnen und Leser in den Mittelpunkt gestellt werden. Denn je nachdem, wie gut Lesefähigkeit, Sprachkenntnis, Sach- und Fachwissen sind, welches Alter, welcher Wortschatz, welches kulturelle, schulische oder erworbene Wissen vorliegt und wie die Bedürfnisse hinsichtlich Barrierefreiheit sind, müssen etwa Wortwahl, Textstruktur oder Erklärungen entsprechend angepasst werden.[1][2]
Die Anwendungsgebiete der Einfachen Sprache sind sehr vielfältig: Einfache Sprache kann zum Beispiel dazu genutzt werden, Fachsprache für ein allgemeines Publikum verständlich zu machen. Sie kann auch Menschen Texte zugänglich machen, die nicht gut lesen können oder die Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache sprechen.
Für Einfache Sprache gibt es für die deutsche Sprache Regeln nach der DIN Norm 8581-1.[3] Die internationale Norm DIN ISO 24495-1 vermittelt Grundsätze und Leitlinien der Einfachen Sprache die auf alle Sprachen anwendbar sind.[4] (Die DIN ISO 24495-1 ist eine von DIN autorisierte Übersetzung der Originalversion ISO 24495-1 in englischer Sprache.) Diese Regeln sind allerdings nicht verbindlich, sondern die Meinung einer privatwirtschaftlichen Organisation.
Neben Einfacher Sprache gibt es noch die Leichte Sprache. Sie ist sprachlich stark vereinfacht und weicht deutlich von der Standardsprache ab. Für die Leichte Sprache gibt es bisher keine internationalen Grundsätze und Leitlinien. Auch national gibt es keine einheitlichen Regeln für Leichte Sprache sondern lediglich unterschiedliche Regelwerke, die von unterschiedlichen Institutionen herausgegeben werden. Aufgrund des fehlenden allgemeinen Konsenses wurde eine DIN SPEC 33429 für Leichte Sprache entwickelt, die sich momentan im Entwurfsstatus befindet.[5]
Einfache Sprache ist vielfältig anwendbar. Sie kann zum Beispiel dazu dienen, Fachsprache für Laien verständlich und zugänglich zu machen. So sind zum Beispiel Briefe von Verwaltungen, Anwaltsschreiben oder Arztbriefe für viele Menschen unverständlich.[6][7][8] Auch für Menschen, die nicht gut lesen können, ist Einfache Sprache hilfreich, Informationen zugänglich zu machen.
Laut Grundbildungsstudie LEO 2018 sind 6,2 Millionen Menschen gering literalisiert.[9] Das bedeutet, dass diese Menschen Probleme haben Buchstaben (Alpha-Level 1), Wörter (Alpha-Level 2) oder Sätze (Alpha-Level 3) zu lesen.[10] Weitere 10,6 Millionen Menschen (Alpha-Level 4) erreichen beim Lesen und Schreiben nicht das Niveau eines Grundschulkindes, das die 4. Klasse abgeschlossen hat.[11]
Nach den Ergebnissen der PISA-Studie 2018 für Deutschland haben 21 Prozent der 15-Jährigen eine geringe Lesekompetenz.[12]
Diese Menschen sind je nach Lesekompetenzlevel Zielgruppe für Leichte Sprache (Alpha-Levels 1 bis 3) oder Einfache Sprache (Alpha-Level 4 und höher).
Geringe Lesefähigkeit erschwert oder versperrt den Zutritt zu vielen Lebensbereichen, beispielsweise Erwerbsarbeit, Mediennutzung, öffentliches Leben, soziale Dienstleistungen und demokratische Mitgestaltung des Gemeinwesens.[13]
Einfache (und Leichte) Sprache kann gering literalisierten Menschen dabei helfen, am gesellschaftlichen Leben Teilzuhaben.
„Lesen […] stellt in einer literalen, also schriftbasierten Gesellschaft eine unabdingbare Schlüsselqualifikation dar. Lesen können ist eine unverzichtbare Basis für Lern- und Entwicklungsprozesse sowie für die Teilhabe am kulturellen, beruflichen und sozialen Leben (z.B. UNESCO, 2005). Insofern ist es nicht nur für Individuen erforderlich, lesen zu können, sondern die Gesellschaft ist darauf angewiesen, dass ihre Mitglieder über Lesekompetenz verfügen.“
„Betroffene Personen sind aufgrund ihrer begrenzten schriftsprachlichen Kompetenzen in verschiedenen Lebensbereichen in ihrer selbstständigen Teilhabe eingeschränkt. So misslingt etwa auch das Lesen einfacher schriftlicher Arbeitsanweisungen.“
Einfache Sprache zeichnet sich nicht nur durch kurze Sätze und verständlichen Wortschatz aus. Wichtig ist auch, Leser in den Mittelpunkt zu stellen. Vorwissen und Erwartungen der Zielgruppe an einen Text sind genauso relevant, wie die Situation, in der eine Person einen Text liest. Hat die Person Zeit einen Text zu lesen und ist in einer ruhigen Verfassung oder braucht diese Person in einer Notsituation schnell wichtige Informationen, sind hier relevante Fragen.[16]
„Selbst ein relativ langer Satz mit 20 Wörtern kann verständlich sein, wenn er beispielsweise eine Aufzählung mit mehreren Beispielen enthält. Enthält ein Satz mit 10 Wörtern einen komplexen Gedanken, kann er schwer verständlich sein.“
Im Mai 2024 wurde die DIN Norm 8581-1 für Einfache Sprache veröffentlicht. Sie ist nicht allgemein verbindlich, sondern die Meinung einer privatwirtschaftlichen Organisation. Der Text ist urheberrechtlich geschützt.
Aus den Regeln für Einfache Sprache[18]:
„Für die Gesundheit: Unser Körper braucht Gemüse und Obst
Damit im Köper alles gut funktionieren kann, brauchen wir Gemüse und Obst. Denn in Gemüse und Obst stecken einige wichtige Inhaltsstoffe, wie Vitamine und Mineralstoffe. Einige Vitamine und Mineralstoffe sind sogar so wichtig, dass wir ohne sie nicht leben können. Der Körper kann sie nicht selbst bilden.
Wir brauchen Vitamine und Mineralstoffe für gesunde Zellen, Knochen, Blut, Nerven und Muskeln. Vitamin D und Kalzium unterstützen zum Beispiel den Knochen, Vitamin K fördert die Gerinnung von Blut und Vitamin A braucht man fürs Wachstum und Sehen.“
Die Leichte Sprache wurde in den 1970er Jahren in den USA für und mit Menschen mit geistiger Behinderung entwickelt und gilt als wichtiger Bestandteil von Barrierefreiheit und Inklusion. Etwa 20 Jahre später kam das Konzept auch nach Deutschland.[20] Im Gegensatz zur Einfachen Sprache gibt es für die Leichte Sprache kein einheitliches Regelwerk. Leichte Sprache geht in der Vereinfachung der Sprache noch deutlich weiter als Einfache Sprache. Texte in Leichter Sprache sind schon optisch gut zu erkennen: Die Sätze sind sehr kurz (kürzer als eine Zeile), nach jedem Satz folgt ein Zeilenumbruch. Der Genitiv wird nicht genutzt, zusammengesetzte Wörter werden mit Bindestrichen geschrieben, zur Veranschaulichung des Texts werden Bilder und Illustrationen verwendet.
Die Abgrenzung der beiden Sprachen ist nicht immer eindeutig, und die beiden Begriffe werden nicht konsequent verwendet. So bietet die Bundeszentrale für politische Bildung zum Beispiel Texte in „einfacher Sprache“ an, die sich optisch und auch nach den Regeln der DIN Normen eher der Leichten Sprache zuordnen lassen.[21] Entscheidender Unterschied ist, dass die Einfache Sprache sich an die große Mehrheit richtet und die Leichte Sprache an eine bestimmte Zielgruppe mit besonderen Schwierigkeiten.
Die erste Zeitung in Einfacher Sprache war im Jahr 2009 die Monatszeitung Klar & Deutlich des Spaß am Lesen Verlages[22]. Seit 2016 sendet der Deutschlandfunk einmal pro Woche Nachrichten in Einfacher Sprache (ursprünglich begann die Seite als Studentenprojekt mit Leichter Sprache und bewegt sich heute im Spektrum zwischen Einfacher und Leichter Sprache).[23][24] Seit Juni 2024 produziert die ARD-Tagesschau eine Ausgabe in Einfacher Sprache.[25] Die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung gibt das Internetangebot „Politik. Einfach für alle“ heraus, auf der Hefte, Hörbücher und Nachrichten in einem sprachlichen Kontinuum zwischen leichter und einfacher Sprache erhältlich sind.[26][27][28] Die Hansestadt Herford hat 2019 einen Stadtführer in Einfacher Sprache herausgebracht.[29] Auf der Website des deutschen Bundeszentrums für Ernährung gibt es einen Bereich mit Ernährungsinformationen in Einfacher Sprache.[30] Gesundheitsratgeber in Einfacher Sprache finden sich seit September 2019 auf der Website des deutschen Magazins Apotheken Umschau.[31]
Die österreichische Zeitung Kurier bietet auf ihrem Internetangebot ausgewählte Nachrichten und Geschichten in Einfacher Sprache, die von der Inklusiven Lehrredaktion verfasst werden.[32] Seit Mai 2022 bietet der ORF einen Teil der Online-Nachrichten auch in einfacher Sprache an.[33]
Im Zusammenhang mit der Einführung des Neuen Steuerungsmodells und der Forderung nach mehr Bürgernähe in den öffentlichen Verwaltungen Deutschlands in den 2000er Jahren, wurden auch Rufe nach einer Bürgernahen Sprache in der Kommunikation zwischen Behörden und Bürgerschaft laut. Das sogenannte „Amtsdeutsch“ wurde dabei als dem Alltag der Menschen entfremdet und Ausdruck eines veralteten Selbstverständnisses kritisiert. In der Folge begannen eine ganze Reihe von Behörden Ratgeber für eine Bürgernahe Sprache zu publizieren, so beispielsweise das Bundesverwaltungsamt[34], das Bayerische Staatsministerium des Inneren[35] oder die Stadt Bochum[36].
Im Feld der Bürgerbeteiligung gilt die Nutzung von Bürgernaher Sprache ausdrücklich als wesentliche Grundlage für die erfolgreiche und breite Einbeziehung verschiedener Gruppen.[37] So gehöre Bürgernahe Sprache mittlerweile zu den unverzichtbaren Fähigkeiten, die eine öffentliche Verwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben beherrschen müsse.[38]
Im medizinischen Kontext fördert die Anwendung einer sogenannten Elaborated Plain Language das Verständnis einer medizinischen Aufklärung bei medizinischen Maßnahmen.[39] Dies beinhaltet die Verwendung kurzer und einfacher Satzstrukturen (reduzierte syntaktische Komplexität), die Verbindung von Sätzen untereinander (semantische Elaboration), das Sprechen in neutraler Tonlage und normaler Geschwindigkeit (neutrale Prosodie) und die Vermeidung von Fachbegriffen.[40] Studien zufolge fördert sie bei älteren Menschen das Verständnis – in Schriftform ebenso wie als gesprochene Sprache.[39]
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