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neologistisches Kofferwort als Schlagwort des politischen Diskurses Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Demokratur ist ein Schlagwort des politischen Diskurses, ein „Kofferwort“ aus Demokratie und Diktatur. Da die beiden politischen Systeme einander ausschließen, ist es ein Oxymoron.
Deutsches Wörterbuch von Hermann Paul (1846–1921) bezeichnet in der Ausgabe von 1992 Demokratur als jargonale Kreuzung von Demokratie und Diktatur.[1] Der Begriff sei etwa 1950 entstanden.[2] Der amerikanische Journalist und Deutschlandkenner Edwin Hartrich beschrieb ihn 1980 als zynische Reaktion der Nachkriegsdeutschen auf den politischen Widerspruch zwischen dem, was Amerikaner predigen, und dem, was sie tun.[3]
Bereits in der Aussprache zur ersten Regierungserklärung Konrad Adenauers am 22. September 1949 im Deutschen Bundestag hielt der unter dem falschen Namen Franz Richter lebende und erst 1952 enttarnte frühere Nationalsozialist Fritz Rößler, der im Bundestag wiederholt durch rechtsextreme Äußerungen auffiel, es für richtig, die gerade gegründete Bundesrepublik Deutschland als „Demokratur“ zu schmähen.[4][5] Rößler artikulierte damit ein nicht nur im „rechten Lager“ verbreitetes Misstrauen gegen den neuen, unter alliierter Aufsicht stehenden Staat.[6] Der so bezeichneten „Bonner ‚Demokratur‘“ stand man in rechtsextremen Kreisen genauso ablehnend gegenüber wie der Weimarer Republik, so der Historiker Sebastian Ullrich.[7]
Für den Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen ist der Begriff Demokratur ein rechtsextremer Neologismus zur Diskreditierung der Demokratie. Die Intention sei die Diffamierung der Demokratie als „Tarngewand faktischer diktatorischer Machtausübung“.[8] Für den ehemaligen Verfassungsschützer Hans Joachim Schwagerl und dem Kriminalbeamten Rolf Walther zählte den Begriff Demokratur zu den antidemokratischen Parolen von Anhängern des Rechtsradikalismus, mittels dem man die Demokratie herabsetzen wollte.[9]
Eine Wortbildung wie Demokratur wird laut Dieter W. Halwachs in der Linguistik auch Amalgamierung oder Blending genannt. Dies bezeichnet neue Wörter aus Teilen anderer Wörter, wobei diese Teile keine Morpheme sein müssen: „Die Amalgamierung, die Verschmelzung von Wörtern z. T. aufgrund partieller Homonymie und auch unter Ausnützung der Silben- bzw. Morphemgrenzen, wird […] häufig auch im alltäglichen Sprachgebrauch spielerisch verwendet.“[10] Für den Germanisten Alexander Ziem gehört der Begriff Demokratur zu den „Kontaminationen“, die versteckte Prädikationen enthalten. Hier die versteckte Prädikation „(Diese) Demokratie ist (wie) eine Diktatur“.[11]
Abgrenzend beschrieben wird die Demokratur als „Staatsform, die sich von einer Demokratie zu einer Quasi-Diktatur entwickelt hat“ und sich durch ein Demokratiedefizit auszeichnet. Sie entspricht in diesem Sinne einer Scheindemokratie.[12]
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