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deutscher Politikwissenschaftler, Hochschullehrer und Autor Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Claus Leggewie (* 27. März 1950 in Wanne-Eickel) ist ein deutscher Politikwissenschaftler; er war von 2007 bis zum 31. Juli 2017 Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen. Leggewie ist Mitherausgeber der Blätter für deutsche und internationale Politik.
Leggewie ist der Sohn des Altphilologen und Fachdidaktikers Otto Leggewie. Nach seinem Abitur am Kölner Apostelgymnasium studierte er in Köln und Paris Geschichte und Sozialwissenschaften. Im Jahre 1979 wurde er mit einer Arbeit über das französische Kolonialsystem in Algerien an der Georg-August-Universität Göttingen (GAU) promoviert; sein Doktorvater war Bassam Tibi.[1] Später habilitierte sich Leggewie an der GAU.
Von 1989 bis 2007 war er Professor für Politikwissenschaft an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Leggewie hatte mehrere Gastprofessuren und Forschungsaufenthalte, zum Beispiel am Wissenschaftskolleg zu Berlin (2000–2001), am Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) in Wien (1995, 2006) und an der Université Paris X. Von 1995 bis 1997 war er erster Inhaber des Max-Weber-Lehrstuhls an der New York University.
Im April 2001 wurde er geschäftsführender Direktor des Zentrums für Medien und Interaktivität der Justus-Liebig-Universität Gießen. Das Zentrum wurde von ihm mitbegründet.
Leggewie trat 2007 die Nachfolge Jörn Rüsens als neuer Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI), einer gemeinsamen wissenschaftlichen Einrichtung der Universitäten Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen (UAMR), an. Das KWI hat in den Geistes- und Kulturwissenschaften die Rolle als „Wissenschaftskolleg Nordrhein-Westfalen“. Am 31. Juli 2017 endete seine Amtszeit als Direktor am KWI. Von September 2017 bis 2018 war er Senior Fellow am Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS).[2]
Im Dezember 2008 wurde Leggewie zum Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) berufen. Des Weiteren ist er Mitglied im wissenschaftlichen Beirat von Attac.[3]
Am 21. Mai 2008 wurde Leggewie die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Rostock verliehen. 2007 erhielt er den Universitätspreis der Universität Duisburg-Essen.
Im Jahre 2016 erhielt Leggewie den Volkmar and Margret Sander Prize der New York University. 2017 erhielt er den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.[4]
Leggewie wurde vom Präsidenten der Justus-Liebig-Universität (JLU) zum Wintersemester 2015/16 als erster Amtsinhaber auf die Carl-Ludwig-Börne-Professur der JLU berufen.[5]
Er ist Mitglied im Verein Rat für Migration.[6]
Als Nebenprodukt seiner Algerien-Forschung wurde Leggewie bei seinen Recherchen in Algerien mit „einer ganz anderen Geschichte“ konfrontiert: dem algerischen Unabhängigkeitskrieg und dessen Unterstützung durch eine breit gefächerte Sympathisantenszene in der frühen Bundesrepublik Deutschland. In der Auseinandersetzung mit ihr rekonstruierte er die Geschichte von den Anfängen des linken Internationalismus in der Bundesrepublik und übernahm aus dem Französischen für dessen Protagonisten den Begriff Kofferträger.
„Die Akteure, zumeist weniger prominente ,Anti-Helden‘, nenne ich Algerien-Generation, obwohl sie eigentlich nicht einer Altersgruppe angehören, sondern aus verschiedenen Lebens- und Zeitgeschichten kommen. Es gibt darunter jene ,alten Männer‘, die schon vor dem Nazi-Terror linke Politik und gegen ihn Widerstand gemacht haben. […] Dann kamen die von den Nazis um ihre Jugend bestohlenen 1920er-Jahrgänge, sozusagen die Generation der Geschwister Scholl, und schließlich die Jungen, die […] sich als Pioniere der westdeutschen Linken in schwierigen Restaurationszeiten betätigen mußten. […] Was für die älteren ,Spanien‘ war, war ihnen ,Algerien‘ — eine ur- und frühgeschichtliche Schicht der Protestbewegung der sechziger Jahre. Algerien war für die meisten gar nicht der Hauptschauplatz, sondern eine Fortsetzung der ersten westdeutschen Friedensbewegung mit anderen Mitteln, eine Nadel, mit der man die verkalkende Sozialdemokratie ein wenig pieksen konnte, und die Partitur, mit der man in den pathetischen Orgelton der verordneten deutsch-französischen Aussöhnung ein paar antikoloniale Töne einmischen konnte.“
Die weiteren Forschungen und Veröffentlichungen von Leggewie, der sich selbst als „68er“ bezeichnet,[7] befassen sich mit der kulturellen Globalisierung, der europäischen Erinnerungskultur, Demokratie und Demokratisierung in nichtwestlichen Gesellschaften, politischer und wissenschaftlicher Kommunikation in digitalen Medien, der politischen Ikonografie und der Energiewende. Leggewie ist Mitherausgeber der politisch-wissenschaftlichen Monatszeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik. Einen Überblick über die Arbeiten Leggewies gibt die 2010 erschienene Festschrift Kultur im Konflikt (Transcript Verlag, Bielefeld) zum 60. Geburtstag mit Beiträgen namhafter Kollegen. Darin verfasste Navid Kermani einen Kommentar mit dem Titel Denken in Widersprüchen. Claus Leggewies Buch MULTI KULTI zwanzig Jahre später, in dem er dem Autor vorausschauendes Denken bescheinigt: „Claus Leggewie behandelte 1990 die multikulturelle Gesellschaft nicht als etwas, das man ablehnt oder befürwortet, begrüßt oder verabschiedet, sondern endlich als eine Wirklichkeit, die in ihrer Vielfältigkeit zu beschreiben, zu analysieren und zu gestalten ist. Allein schon dieser eigentlich selbstverständliche Anspruch eines Sozialwissenschaftlers ist 2010 zu einem Plädoyer geworden.“[8]
Zum Auftakt der UN-Klimakonferenz in Katowice 2018 schlug Leggewie gemeinsam mit dem Klimawissenschaftler Hans Joachim Schellnhuber und dem Ökonomen David Löw Beer die Gründung eines Staatsfonds als marktwirtschaftliches Instrument für den Klimaschutz mit einem Volumen von bis zu 0,6 Billionen Euro vor, dessen Ziel das Setzen eines eindeutigen Zeichens in Richtung einer Nachhaltigkeitstransformation sei. Der Fonds soll dabei aus höheren Abgaben auf Treibhausgasemissionen durch Kohlenstoffdioxid sowie – zwecks CO2-Bepreisung auch des vergangenen Ausstoßes – aus einer höheren Erbschaftsteuer gespeist werden. Mittel würden entweder unmittelbar in Infrastrukturprojekte fließen oder in den Staatsfonds, der nach festgelegten Kriterien in Unternehmen mit Nutzen für Klimaschutz und Energiewende investiert.[9]
Aufsätze und Artikel (Auswahl)
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