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deutscher Klassischer Philologe Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Christian Franz Paul Gnilka (* 20. Dezember 1936 in Langseifersdorf, Landkreis Reichenbach (Eulengebirge), Provinz Niederschlesien) ist ein deutscher Klassischer Philologe, der als ordentlicher Professor an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster lehrte (1972–2002) und weiter als Emeritus in Forschung und Lehre tätig ist.
Nach dem frühen Unfalltod des Vaters, des Arztes Fridolin Gnilka (1939), zog die Mutter, Margarete Gnilka, geb. Schneider, mit ihren beiden Kindern, Ingeborg und Christian, nach Breslau. Die Flucht im Januar 1945 führte die Familie nach Bamberg. Hier besuchte Gnilka das Neue Gymnasium, das heutige Franz-Ludwig-Gymnasium Bamberg (1947–1952), an das er sich wegen des strengen Unterrichts in den beiden alten Sprachen stets dankbar erinnerte. In den folgenden Jahren besuchte er das Gymnasium Hammonense in Hamm, Westf., wo er 1956 die Reifeprüfung ablegte.
Er studierte Klassische Philologie in Bonn (1956–1962), unterbrochen durch drei Semester in München (1957–1958) und ein Semester in Rom (1960–1961). In Bonn waren seine Lehrer besonders Hans Herter und Wolfgang Schmid, in München Friedrich Klingner, Rudolf Pfeiffer, Bernhard Bischoff, in Rom Ettore Paratore und Giuseppe Lugli. Bedeutende Anregungen erhielt er durch die Geselligkeit des Bonner Kreises (gegründet 1854 von Franz Bücheler). 1962 wurde er in Bonn mit einer Arbeit über den lateinischen Dichter Prudentius zum Dr. phil. promoviert, anschließend arbeitete er zwei Jahre unter der Leitung des Kirchenhistorikers und Archäologen Theodor Klauser in der Redaktion des Franz Joseph Dölger-Instituts zur Erforschung der Spätantike an der Universität Bonn. Im folgenden Jahr legte er die Erste Staatsprüfung in Bonn ab und wechselte als Wissenschaftlicher Assistent in das Philologische Seminar der Universität Bonn (1964–1971). 1970 habilitierte er sich in Bonn in Klassischer Philologie mit einer Untersuchung zur spätantiken Geistesgeschichte. 1971 wurde er zum außerplanmäßigen Professor an der Universität Bonn ernannt, Rufe auf ordentliche Lehrstühle in Frankfurt am Main und in Münster folgten.
An der Westfälischen Wilhelms-Universität arbeitete er neben Heinrich Dörrie, Otto Hiltbrunner, Martin Sicherl, später auch Hermann Wankel und Wolfgang Hübner als Direktor des Instituts für Altertumskunde bis zu seiner Emeritierung (1972–2002). Einen Ruf auf den Lehrstuhl seines Lehrers Wolfgang Schmid in Bonn (1978) lehnte er ab, in einer Gedenkrede setzte er dem Lehrer ein Denkmal.[1] Wesentlich für seine Arbeiten zur spätantiken und frühchristlichen Geistesgeschichte wurde die Begegnung mit dem Indologen Paul Hacker in Münster. Die Wertschätzung der textkritischen Leistungen Günther Jachmanns begründete die Freundschaft mit dem britischen Philologen James A. Willis (1925–2014).[2][3]
1963 heiratete er Dagmar Rolf. Das Ehepaar hat zwei Töchter, Marion und Marei.
Die Arbeit im Dölger-Institut schlug sich nieder in der Habilitationsschrift (Schriften Nr. 2) und in zwei Lexikonartikeln (Nr. 3 und 4), Vorarbeiten zur Habilitationsschrift. Über Aetas Spiritalis urteilte Henry Chadwick: "Professor Gnilka's book is full of first-rate scholarship"[4], und Umberto Mattioli, Herausgeber von Senectus (1995), beginnt mit einem ausführlichen Lob der Arbeiten Gnilkas zu diesem Thema: Sie seien häufig zitiert "per la loro importanza e utilità"[5].
Den Autor Prudentius, dem die Dissertation galt (Nr. 1), behielt Gnilka immer im Auge, weitere Arbeiten sind zusammengefasst in zwei Bänden mit Register (Nr. 7. 8. 9), fortgeführt in den Philologischen Streifzügen durch die römische Dichtung (Nr. 11), die auch Aufsätze zu anderen Dichtern enthalten (Catull, Horaz, Vergil, Phaedrus, Martial, Juvenal, Juvencus, Paulinus Nolanus), sowie in der Publikation Nr. 14. Diesen Ansatz prägten eine kritische Haltung gegenüber dem überlieferten Text und das Bemühen, den schöpferischen Umgang der christlichen Dichter mit der Tradition der klassischen Poesie sichtbar zu machen. In der Echtheitskritik folgt Gnilka Günther Jachmann, dessen Ausgewählte Schriften (1981) und Textgeschichtliche Studien (1982) er herausgab. An Jachmanns Erkenntnis, dass die überlieferte Textgestalt gerade bedeutender Werke durch den regellosen Zerfall kritischer Ausgaben der Antike verursacht sei, hielt Gnilka fest. Bestätigt fand er diese Auffassung durch seine Studien zu Prudentius und besonders zu Juvencus (enthalten in Nr. 11).
Die Arbeiten zur Dichtung erweiterten sich auf die Forschungen zur Geistesgeschichte. Das durch die Arbeit im Dölger-Institut geweckte Interesse am komplexen Übergang der antiken Kultur ins Christentum wurde durch den Indologen Paul Hacker (1913–1979) gefördert. Zu ihm trat Gnilka in ein enges kollegiales und freundschaftliches Verhältnis, das erst der plötzliche Tod Hackers beendete. Beide erkannten, dass die Kirche in der Spätantike nicht wahllos den Einflüssen der antiken Kultur folgte, sondern sie mit eigener Energie durchdrang. Die Art, wie die Kirche die Kultur durchdrang und allmählich verwandelte, orientierte sich an festen Prinzipien, in einer bewusst geübten Methode. Mit dem an indischer Geistesgeschichte geübten Blick sah Hacker, dass die frühchristlichen Denker diese Methode gerne mit dem einfachen Begriff des „rechten Gebrauchs“ bezeichneten. Das griechische Wort für „Gebrauch“, Chrêsis, wurde zum Schlüsselwort der neuen Forschungsrichtung.[6] Zusammen mit den Missionswissenschaftler Johannes Dörmann begründete Gnilka eine Schriftenreihe: Chrêsis. Die Methode der Kirchenväter im Umgang mit der antiken Kultur. Fünf Bände der Reihe stammen von eigener Hand (Nr. 5. 6. 10. 15. 16), andere bringen Schülerarbeiten zu griechischen und lateinischen Autoren der frühen Kirche. Die schmale Programmschrift, welche die Reihe eröffnete (Nr. 5), erschien stark erweitert in zweiter Auflage (Nr. 13) und wurde ins Italienische übersetzt. Papst Benedikt XVI. rühmte Gnilkas Arbeit als „grundlegend für die Frage nach Evangelium und Kultur“[7] (Nr. 13, Vorwort).
Gnilka beteiligte sich ab 2010 mit mehreren Beiträgen an der Debatte um die historische Zuverlässigkeit der römischen Petrustradition. Dabei steht Gnilkas positiver Befund Otto Zwierleins negativem entgegen.[8][9]
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