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chemische Verbindung, giftiges Weißpigment Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Bleiweiß (chemische Formel: 2 PbCO3 · Pb(OH)2), auch Bleihydroxidkarbonat genannt, ist ein basisches Bleicarbonat und seit dem Altertum ein bedeutendes Weißpigment. Das deutsche Wort (von mittelhochdeutsch blīwīz) ist synonym mit lateinisch Cerussa (auch Cerusa[5]).
Strukturformel | |||||||||||||||||||
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Allgemeines | |||||||||||||||||||
Name | Bleiweiß | ||||||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | (PbCO3)2·Pb(OH)2 | ||||||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
weißes geruchloses Pulver[2] | ||||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | |||||||||||||||||||
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Eigenschaften | |||||||||||||||||||
Molare Masse | 775,63 g·mol−1 | ||||||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | ||||||||||||||||||
Dichte |
6,14 g·cm−3[2] | ||||||||||||||||||
Schmelzpunkt | |||||||||||||||||||
Löslichkeit |
nahezu unlöslich in Wasser[2] | ||||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | |||||||||||||||||||
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Zulassungsverfahren unter REACH |
besonders besorgniserregend: fortpflanzungsgefährdend (CMR)[4] | ||||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Bleiweiß ist lichtbeständig, hat eine sehr hohe Deckkraft und abhängig vom Bindemittel einen schönen Glanz. Durch die enthaltenen Blei-Ionen ist es giftig und es dunkelt durch die Bildung von tiefschwarzem Bleisulfid nach. Besonders anfällig dafür ist es in wässrigen Bindemitteln, beispielsweise bei Aquarellen. Schwefelwasserstoff ist in Spuren in der Luft allgegenwärtig und altert das Pigment über längere Zeit. Aus gleicher Ursache ist es ungeeignet für schwefelhaltige Bindemittel und schwefelhaltige Buntpigmente, wie Ultramarin, Zinnober, Auripigment.
Die Giftigkeit von Bleiweiß war bereits in der Antike bekannt.[6] Dieses ursprünglich „einzige“ Weiß verlor an Bedeutung, als von Frankreich ausgehend ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Pigmenteigenschaften von Zinkweiß erkannt wurden. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts kam Barytweiß als Weißpigment zum Einsatz.[7] Es ist aber für die Ölmalerei völlig ungeeignet, da seine optische Dichte (Streukraft) zu nahe bei der des Öles liegt. Seit den 1960er Jahren wird weltweit Titanweiß in großen Mengen produziert. In der Lack- und Kunststoffindustrie hat Bleiweiß keine Bedeutung mehr. Gegenüber Bleiweiß-Künstlerfarben hat Titanweiß mit seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften signifikante Nachteile.
Bleiweiß ist ein künstlich hergestelltes Pigment, das bei Einwirkung von Essigdämpfen und Kohlensäure auf Blei entsteht. Als seltenes Mineral ist es unter dem Namen Hydrocerussit (ein Bleihydroxycarbonat) bekannt.
In den antiken und mittelalterlichen Schriften wird die Herstellung wie folgt beschrieben: In ein Gefäß werden Bleiplatten oder Bleistücke zusammen mit einer Schale Essig gelegt und dann unter einem Misthaufen, etwa von Pferden,[9] eingegraben. Das Blei ist somit den Essigdämpfen und Kohlenstoffdioxid ausgesetzt und wird durch die Fäulnisprozesse im Mist auf einer konstanten Temperatur gehalten. Nach einigen Wochen bildet sich dann (neben basischem Bleiazetat unter Mitwirkung von Sauerstoff aus der Luft und neutralem Bleiazetat) auf den Bleiplatten eine weiße Substanz, das Bleiweiß. Im Mittelalter wurde jedoch auch eine bereits in der Antike geübte Darstellung von Bleiweiß durch Einwirkung auf Bleiplatten ohne Verwendung von Pferdemist als Kohlenstoffdioxidquelle angewendet – ein unvollständiges „holländisches“[10] Verfahren.
In weiteren historischen Verfahren wird metallisches Blei ebenso der Einwirkung von Essigdämpfen und Kohlenstoffdioxid ausgesetzt. Ein Beispiel ist das holländische Loogenverfahren. Die Loogen sind Oxidationsräume, in denen bis zu zehn Tonnen Bleiplatten, eingepackt in Steinzeugtöpfe, die umgeben von Pferdemist und Lohe sind, für etwa vier Wochen der Einwirkung von Wärme, Essigsäure und Luft ausgesetzt sind. Das Bleiweiß wurde aus den Töpfen geschlämmt, getrocknet und gemahlen. In dem Klagenfurter Verfahren treten Weintrester, Bierhefe oder gärungsfähige Obstsäfte an die Stelle von Essig. Diese Herstellungsmethode verläuft langsamer, soll aber zu einem reiner weißen und besonders lockeren Produkt führen. Auf diese Weise ist das erste so genannte Kremserweiß hergestellt worden. Im Jahr 1839 wurde von Gustav Dietel in Eisenach zum ersten Mal das deutsche Kammerverfahren praktiziert. Dabei werden ca. einen Millimeter dünne, lange Bleilappen in großen gemauerten Räumen auf Holzgestelle gehängt und einer Atmosphäre von Luft, Kohlenstoffdioxid, Wasser- und Essigdämpfen in bestimmter Dosierung ausgesetzt. Das Blei wird zuerst chemisch in basisch-essigsaures Blei und später dann in basisches Bleicarbonat umgewandelt. Der Bleiweißschlamm wird dann gewaschen, gesiebt, getrocknet und gemahlen.
Heute wird Bleiweiß in einem Fällungsverfahren hergestellt, in dem in der Wärme eine Pb(II)-Salzlösung mit CO32− umgesetzt wird. Die Verfahren können im Meyers (erster Weblink) nachgelesen werden.
Als Farbmittel wurde Bleiweiß schon in der Antike verwendet und in der Funktion bereits von Theophrast im 4. Jahrhundert v. Chr. erwähnt. Auch Gaius Plinius Secundus (23–79 n. Chr.) erwähnt dieses Pigment. Es taucht ebenso in den mittelalterlichen Rezeptsammlungen des Lucca-Manuskriptes, der wenig veränderten Mappae Clavicula, bei Theophilus’ und Heraclius’ Schriften auf, in denen jeweils metallisches Blei und Essig als Ausgangsmaterial zur Herstellung von Bleiweiß dienten. Für Malfarben wurde es bevorzugt in der Öltechnik verwendet. Bis ca. 1835 sind Weißtöne in Gemälden fast ausschließlich mit Bleiweiß gemalt worden. Das Pigment wurde auch zum Aufhellen dunkler Farbtöne, zur Darstellung von Licht in Gemälden und natürlich zur Darstellung von Schnee, von glänzenden Oberflächen und weißen Textilien verwendet.[13] Eingesetzt wurde es auch in Aquarellen und Pastellen, vereinzelt sogar in der Wandmalerei.
Das Gemälde von Tizian, Noli me tangere, etwa 1512, stellt ein Beispiel der meisterhaften Verwendung von Bleiweiß dar. Der Künstler hat mit reinem Bleiweiss durch Variation seiner Maltechnik vier völlig unterschiedlich aussehende weisse Textilien gemalt.[14] Heute ist die Anwendung von Bleiweiß aufgrund seiner Giftigkeit verboten, ausschließlich für Restaurierungszwecke darf es noch verwendet werden und wird daher nur unter strengen Auflagen verkauft.[15]
Bleiweiß als Pigment kam unter verschiedenen Bezeichnungen in den Handel, die sich teilweise in den Qualitäten unterschieden. Ursache dafür sind hauptsächlich die Zusammensetzungen, oft wurde es mit (deckschwachem) Barytweiß gestreckt.
Bleiweiß wurde bis in das späte 20. Jahrhundert in Grundierungsfarben für Holz und in Grundierungs- und Korrosionsschutzfarben für Metalle eingesetzt. Es ist jedoch zu unterscheiden von der roten Bleimennige, die – ebenfalls giftig – beim Glühen von Bleiweiß entsteht und ein typischer Bestandteil von Korrosionsschutzfarbe für Eisen war und auch auf angerosteten Teilen verstrichen werden konnte.
Die Verwendung von Bleiweiß kann durch eine Untersuchung mit Röntgenstrahlen nachgewiesen werden, da Bleiweiß diese sehr stark absorbiert.
Die Herkunft des Bleis kann mit der Untersuchung der Isotopenzusammensetzung festgestellt werden: Während das Bleiweiß, das Maler der niederländischen Gemälde des 17. Jahrhunderts (beispielsweise Jan Vermeer) gebrauchten, aus Blei-Lagerstätten in europäischen Mittelgebirgen gewonnen wurde, kam das Bleiweiß, das in süddeutschen Gemälden des 17. Jahrhunderts eingesetzt wurde, aus Blei-Lagerstätten in den europäischen Alpen. Seit dem 19. Jahrhundert werden Bleierze aus Amerika und Australien eingeführt.
Heute hergestelltes Bleiweiß unterscheidet sich im Gehalt an Spurenelementen von altem Bleiweiß: So zeichnet sich altes niederländisches Bleiweiß durch hohe Silber- und Antimongehalte aus (siehe R. Strauß), während heutiges Bleiweiß, das der Vermeer-Fälscher Han van Meegeren verwendete, weder Silber noch Kupfer enthält. Diese Elemente werden heute bei der Verhüttung von Blei vorher abgetrennt[16]
Fälschungen, für die heute hergestellte Bleiverbindungen als Bleipigmente verwendet wurden, können mit Hilfe der Blei-210-Methode[17] erkannt werden.[18] Das Bleiisotop gehört zur Uran-238-Zerfallsreihe, es zerfällt mit einer Halbwertszeit von 22 Jahren. Diese kurze Halbwertszeit kann man zur Erkennung von Fälschungen der jüngeren Zeit nutzen.[19]
Die Werte des Bildes „Christus und die Jünger in Emmaus“[20] des Vermeer-Fälschers Han van Meegeren (Polonium-210: 8.5 ± 1.4, Radium-226: 0.8 ± 0.3) entsprachen nicht den Werten, die in den Gemälden der Niederländer der vergleichbaren Jahre 1600–1660 (Polonium-210: 0.23 ± 0.27, Radium-226: 0.40 ± 0.47) gemessen wurden.[21]
Von der Antike bis ins 19. Jahrhundert wurde Bleiweiß als Weißpigment in Schminke verwendet.[22] Spätestens im 12. Jahrhundert (Circa instans) war bekannt, dass die Verwendung von Bleiweiß als Schminkmittel über längeren Zeitraum Gesundheitsprobleme (Zahnschmerzen, Mundfäule und schlechten Atem) verursacht.
Die innere medizinische Anwendung von Bleiweiß wurde nie empfohlen. In Wachssalben, Pflastern und als – etwa bei Avicenna sowie auch deutschsprachigen Autoren des Mittelalters – empfohlene Bleiweißsalbe (unguentum de cerussa)[23] oder Substanz aufgetragen, wurde es seit der Antike (Dioskurides, Plinius) zur Wundbehandlung, gegen Stuhlzwang und gegen Analfissuren verordnet. Die äußerliche Verwendung wurde erst in den 1950er Jahren aufgegeben.[24]
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