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Lösung der Besselschen Differentialgleichung Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als Bessel-Funktionen bezeichnet man Funktionen, welche Lösungen der besselschen Differentialgleichung sind, die eine lineare gewöhnliche Differentialgleichung zweiter Ordnung ist. Benannt sind die Funktionen und die Gleichung nach dem deutschen Mathematiker Friedrich Wilhelm Bessel. Die Bessel-Funktionen werden auch Zylinderfunktionen genannt.
Die Besselsche Differentialgleichung ist eine gewöhnliche lineare Differentialgleichung zweiter Ordnung, die durch
definiert ist, wobei und reelle oder komplexe Zahlen sind. Die Lösungen heißen Bessel-Funktionen -ter Ordnung.
Entsprechend ist der Bessel-Operator ein Differentialoperator zweiter Ordnung. Er ist definiert durch
Mit ihm kann man die Besselsche Differentialgleichung kurz ausdrücken durch[1]
Die Lösungen der Besselschen Differentialgleichung heißen Bessel-Funktionen. Sie spielen eine wichtige Rolle in der Physik, da die Besselsche Differentialgleichung den radialen Anteil der Laplace-Gleichung bei zylindrischer Symmetrie darstellt. Auf die Bessel-Funktionen trifft man unter anderem bei der Untersuchung von Eigenschwingungen einer kreisförmigen Membran oder einer Orgelpfeife, der Ausbreitung von Wasserwellen in runden Behältern, der Wärmeleitung in Stäben, der Analyse des Frequenzspektrums frequenzmodulierter Signale, der Feldverteilung im Querschnitt von Rundhohlleitern, den stationären Zuständen von Kastenpotentialen, der Leistungsverteilung in Kernreaktoren, der Intensität von Lichtbeugung an kreisförmigen Löchern sowie bei Filtern in der Elektrotechnik (Bessel-Filter). Man zählt die Bessel-Funktionen wegen ihrer vielfältigen Anwendungen in der mathematischen Physik zu den speziellen Funktionen.
Als Differentialgleichung zweiter Ableitungsordnung besitzt die Besselsche Differentialgleichung zwei linear unabhängige Lösungen. Sie lassen sich in verschiedenen Varianten beschreiben.
Die Bessel-Funktion erster Gattung -ter Ordnung ist definiert als
wobei die Gammafunktion ist. Im Ursprung () sind diese Funktionen für ganzzahlige endlich.
Für nicht-ganzzahlige sind und linear unabhängige Lösungen.
Für ganzzahlige gilt die Beziehung
In diesem Fall ist die zweite unabhängige Lösung die Bessel-Funktion zweiter Gattung, die weiter unten diskutiert wird.
Für ganzzahlige kann man die Bessel-Funktion erster Gattung auch als Integral darstellen:
Mit dem Additionstheorem der Kosinusfunktion kann dann noch folgende Vereinfachung vorgenommen werden:
Damit ist der -te Fourier-Koeffizient der Funktion .
Exemplarisch wird im Folgenden die Bessel-Funktion dargestellt:
Die Bessel-Funktion erster Gattung kann durch die verallgemeinerte hypergeometrische Funktion ausgedrückt werden:
Dieser Ausdruck hängt mit der Entwicklung der Bessel-Funktion in Abhängigkeit zur Bessel-Clifford-Funktion zusammen.
Auch die Bessel-Funktionen zweiter Gattung (auch Weber-Funktionen oder Neumann-Funktionen genannt) lösen die Besselsche Differentialgleichung. Eine alternative Bezeichnung ist . Für nicht-ganzzahlige kann man die definieren durch
Für ganzzahlige ist die durch den Grenzübergang gebildete Funktion
weiterhin eine Lösung der Besselschen Differentialgleichung.
Wie für die Bessel-Funktionen erster Gattung gilt auch für die Besselfunktionen zweiter Gattung folgende Beziehung:
Nach Ausführung des Grenzüberganges mit der Regel von de L’Hospital ergibt sich
Explizit findet man
für . Hierbei ist die Euler-Mascheroni-Konstante und die -te harmonische Zahl.
Die Bessel-Funktionen zweiter Gattung haben also bei eine logarithmische Singularität und einen Pol -ter Ordnung.
Für alle ist neben der Bessel-Funktion erster Gattung die Bessel-Funktion zweiter Gattung eine zweite, linear unabhängige Lösung.
Die Bessel-Funktionen dritter Gattung , (auch bekannt als Hankel-Funktionen) sind Linearkombinationen der Bessel-Funktionen erster und zweiter Gattung
wobei die imaginäre Einheit bezeichnet. Auch diese beiden Funktionen sind linear unabhängige Lösungen der Besselschen Differentialgleichung.
Seien , dann gelten für die asymptotischen Darstellungen
Für große Argumente findet man
Diese Formeln sind für exakt. Vergleiche hierfür mit den sphärischen Besselfunktionen weiter unten.
Die Differentialgleichung
wird durch Bessel-Funktionen mit rein imaginärem Argument gelöst. Man definiert für ihre Lösung normalerweise die modifizierten Bessel-Funktionen
und
Die Funktion ist auch als MacDonald-Funktion bekannt. Anders als die „normalen“ Besselfunktionen weisen die modifizierten Besselfunktionen kein oszillierendes, sondern ein exponentielles Verhalten auf.
Exemplarisch wird im Folgenden Bessel-Funktionen dargestellt:
Für die Funktionen und kann man eine Integraldarstellung angeben
Auch die modifizierte Bessel-Funktion erster Gattung kann durch eine verallgemeinerte hypergeometrische Funktion ausgedrückt werden:
Wir nehmen wieder an, dass reell und nicht-negativ ist. Für kleine Argumente findet man
Für große Argumente erhält man
Die Helmholtz-Gleichung in Kugelkoordinaten führt nach Separation der Variablen auf die Radialgleichung
Nach der Substitution
erhält man die Besselsche Differentialgleichung
Für die Lösung der Radialgleichung werden üblicherweise die sphärischen Bessel-Funktionen , die sphärischen Neumann-Funktionen und die sphärischen Hankel-Funktionen definiert:
Es gelten die alternativen Darstellungen für
Die sphärischen Bessel- und Hankelfunktionen werden beispielsweise für die Behandlung des kugelsymmetrischen Potentialtopfs in der Quantenmechanik benötigt.
Die Hankel-Transformation ist eine Integraltransformation, die eng mit der Fourier-Transformation verwandt ist. Der Integralkern der Hankel-Transformation ist die Bessel-Funktion erster Gattung , das heißt, der Integraloperator lautet:
Eine besondere Eigenschaft der Hankel-Transformation ist, dass mit ihr der Bessel-Operator in einen algebraischen Ausdruck (eine Multiplikation) überführt werden kann.
Bessel-Funktionen wurden von Bessel 1824 ausführlich behandelt,[2] tauchten aber auch schon vorher bei speziellen physikalischen Problemen auf, zum Beispiel bei Daniel Bernoulli (Schwingung schwerer Ketten 1738), Leonhard Euler (Membranschwingung 1764), in der Himmelsmechanik bei Joseph-Louis Lagrange (1770) und bei Pierre-Simon Laplace, in der Wärmeleitung bei Joseph Fourier (Wärmeausbreitung im Zylinder 1822) und Siméon Denis Poisson (1823).[3][4]
Besselfunktionen werden in vielen Lehrbüchern der Theoretischen Physik behandelt z. B.:
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