deutscher Familientherapeut Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Bert Hellinger (bürgerlich Anton Hellinger; * 15. Dezember1925 in Leimen; † 19. September2019 in Bischofswiesen[1]) war ein deutscher Buchautor, Psychoanalytiker und „Familientherapeut“. 1952 zum Priester geweiht, war er viele Jahre lang Leiter einer südafrikanischen Missionsschule. Ab den späten 1970er Jahren entwickelte er, unter Abwandlung von Methoden der systemischen Familientherapie, mit seiner Form der Familienaufstellung eine von ihm selbst als „Lebenshilfemethode“ bezeichnete Gruppenarbeit. Bei der Aufstellungsmethode nach Hellinger handelt es sich nicht um ein eigenständiges Verfahren der Psychotherapie. Das zugrunde liegende Konzept und Hellingers Umgang mit Klienten sind stark umstritten. Von zahlreichen Kritikern wurde Hellinger regelmäßig vorgeworfen, er wäre ein Scharlatan, da er über keine fundierte Ausbildung und niemals über eine kassenärztliche Zulassung verfügte, was heute als widerlegt gilt.
Anschließend ging er 1971 eine erste Ehe ein. Mit seiner zweiten Frau Maria-Sophie Hellinger-Erdödy zog er vorübergehend in eine Mietwohnung in der ehemaligen Kleinen Reichskanzlei in Stanggaß ein, einem Ortsteil von Bischofswiesen im Landkreis Berchtesgadener Land, wo sich einst Arbeitsräume Adolf Hitlers befunden hatten, was Kritik in der Presse auslöste.[2][3]
Nach seiner Rückkehr aus Südafrika absolvierte Bert Hellinger eine psychoanalytische Ausbildung (1968–1972). Er stellte sich einer psychoanalytischen Lehranalyse und absolvierte zahlreiche Aus- und Weiterbildungen in verschiedenen Bereichen der Psychotherapie. Die Anerkennung seiner psychoanalytischen Ausbildung sei ihm allerdings von der Psychoanalytischen Vereinigung[4] verweigert worden, nachdem er wohlwollend über den unkonventionellen und umstrittenen Analytiker und Psychologen Arthur Janov referiert hatte.
1982 wurde Hellingers psychoanalytische Ausbildung von der Münchner Arbeitsgemeinschaft für Psychoanalyse M.A.P. anerkannt.[5]
Mit der ersten Publikation zu Hellingers Familienstellen „Zweierlei Glück“, 1993 herausgegeben von Gunthard Weber, entstand vermehrtes Interesse für seine Arbeit.[9] 1994 gründete Gunthard Weber (Heidelberger Schule) die Septembergruppe (25 Personen) in Krähberg/Odenwald. Diese Gruppe bildete den organisatorischen Kern für die nachfolgenden Hellinger-Gruppen und -Vereine:
1995 Gründung der Internationale Arbeitsgemeinschaft für systemische Lösungen nach Bert Hellinger IAG
2000 Gründung der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Systemische Lösungen nach Bert Hellinger (IAG e.V.) als gemeinnütziger Mitgliederverein
2004 Gründung der vereinseigenen GfS(D)gGMbH
2005 Umbenennung des Vereins in Deutsche Gesellschaft für Systemaufstellungen – Internationale Arbeitsgemeinschaft nach Bert Hellinger e.V.
Der 1. Internationale Aufstellerkongress wurde 1997 in Wiesloch durchgeführt, die 1. Ausgabe der Zeitschrift Praxis der Systemaufstellung erschien 1998.
Bei der klassischen Familienaufstellung nach Hellinger werden vom Aufstellenden möglichst Männer für Männer und Frauen für Frauen aus dem Kreis der Anwesenden stellvertretend für Familienmitglieder räumlich so angeordnet, dass sie der subjektiven Wirklichkeit des Klienten entsprechen. Daraus resultiere die Möglichkeit, das (vom Klienten) subjektiv erlebte Beziehungsgeflecht innerhalb seines (aufgestellten) Systems wahrzunehmen und Verstrickungen (dysfunktionale Beziehungskonstellationen) zu erkennen.[11]Familienaufstellung bringe etwas „Verborgenes“ ans Licht, das sich jenseits von Manipulation und bewusstem Hintergrundwissen zeigen könne. Bei Aufstellungen sei immer wieder zu beobachten, dass Stellvertreter recht genaue Auskunft über Befindlichkeiten von vertretenen Personen geben können.[12] Nach Bert Hellinger war das Familienstellen zunächst nur eine Methode, um festzustellen, wie die Beziehungen in einer Familie beschaffen sind und was dort wirkt. Es war in erster Linie zielneutral. Der Hauptfokus der Methode richtet sich weniger auf den Aufstellenden selbst als vielmehr auf die Beziehungen unter den Beteiligten seines Systems. Maßgeblich für Lösungen sei die Identifikation der unterschiedlichen Kategorien von Gewissen, die in Systemen wirken.[13][14]
Für Hellinger stellten Aufstellungen nicht primär eine therapeutische Methode dar, sondern sind ein Werkzeug, welches in vielen Bereichen zu sinnvollem Einsatz kommen könne. Später sprach Hellinger davon, dass er selbst in seiner Arbeit „Lebenshilfe“ leiste, Hilfe für Betroffene, über einen veränderten Zugang zu einem besseren Leben zu kommen. Einen psychotherapeutischen Anspruch lehnte er zuletzt ab. Hellinger bezeichnete sein weiterentwickeltes Aufstellungsformat als „Neues“ oder „Geistiges Familienstellen“.
Die von Hellinger bei Familienaufstellungen entwickelten Vorgehensweisen wurden seit den 1990er Jahren auch auf andere Systeme (Arbeitsteams und Organisationen) übertragen und werden in allgemeinem Kontext systemische Aufstellungen oder Systemaufstellungen genannt. Aufstellungen im Unternehmenskontext werden als Organisationsaufstellungen bezeichnet. Ferner können innerhalb von Systemaufstellungen auch abstrakte Begriffe, z.B. „die Krankheit“, „das Hindernis“ (repräsentierend durch Stellvertreter) aufgestellt werden.
Bert Hellinger hat sich vom Versuch einer Verwissenschaftlichung seiner Methode distanziert. 1999 gründete er mit der Unternehmerin Maria-Sophie Erdödy eine „Hellingerschule“, 2002 erfolgte die Eheschließung.[15] Der Arbeitsschwerpunkt liegt seither auf einer Weiterentwicklung, dem so genannten „geistigen Familienstellen“[16]. Dadurch sei es möglich, durch ein „Gehen mit dem Geist“ sich jener Bewegung anzuschließen, die hinter allen Bewegungen wirke. Dadurch könne man sich allem in gleicher Weise zuwenden, so wie es sei.[17]
Der Sitz der Hellinger Sciencia GmbH & CO. KG wurde 2022 nach Bad Reichenhall verlegt.[18]
Hellinger postulierte als systemische Grundbedürfnisse des Menschen die drei Bereiche Ausgleich,[19][20][21] Ordnung,[22] Bindung (Zugehörigkeit)[23]. Nach eigenen Angaben war sein maßgebliches Verdienst zur systemischen Aufstellungsarbeit bloß das Erkennen der Wesentlichkeit des Bereichs der Zugehörigkeit – dass niemand aus dem System von der Zugehörigkeit (zum System)[24] ausgeschlossen werden darf.[25] Kritisiert wurde Hellinger besonders wegen seiner Vorstellung einer patriarchal geordneten Familie, in der die Eltern stets Gebende, die Kinder stets Nehmende seien und deshalb die Eltern ehren müssten, um gesund zu bleiben.[26] Die von Hellinger aufgestellte These hinsichtlich der Korrelation Ordnung/Krankheit wird u. a. von Klaus Weber kritisiert.[27] Das Konzept hierarchischer Ordnung übernahm Hellinger von früheren Familientherapeuten[28] (vgl. Parentifizierung)[29]. Über die Einhaltung dieser drei systemischen Grundbedürfnisse wache einerseits das individuale (gute/schlechte), andererseits ein kollektives (Gruppen- bzw. System-)Gewissen.[30][31] Auf einer spirituellen Ebene spricht Hellinger noch von einer dritten Form des Gewissens, dem Gewissen einer „großen Seele“. Erst auf dieser dritten Ebene unterscheidet Hellinger nicht mehr zwischen Opfern und Tätern.[32][33] Diese Nichtunterscheidung von Opfern und Tätern führte insbesondere im Rahmen der deutschen Schuld aus der Zeit des Nationalsozialismus zu Kritik an Hellinger, die moralische Nichtunterscheidung von Opfern und Tätern bei Vergewaltigungen führt insbesondere bei Feministinnen zu Bestürzung und Empörung. Hellingers Ordnungskonzept der Familie wird gemeinhin als traditionell[34] und patriarchal[35] eingestuft.[36] Die Therapeutin Eva Madelung weist darauf hin, dass Hellinger „sein“ Bild der Ordnung weder als grundsätzlich starr noch als normativ versteht.[37]
Kritik an der Methode
Hellingers Methode hatte Ende 2003 etwa 2000 praktizierende Anhänger, ist aber seit 2002 in Fachkreisen wie in der breiteren Öffentlichkeit stark umstritten.[38] Hellinger wurde vorgeworfen, bei seinen öffentlichen Familienaufstellungen gegen zahlreiche Regeln psychotherapeutischen Arbeitens verstoßen zu haben, im Anschluss seine Klienten allein gelassen zu haben und ihnen nicht geholfen zu haben, ihre Eindrücke und oft starke emotionale Anspannung angemessen zu verarbeiten. Zudem handele es sich um keine anerkannte Form der Psychotherapie, sei zur Behandlung psychischer Störungen ungeeignet, wissenschaftlich unbelegt und berge erhebliche Risiken.[39]
Der Psychotherapeut Michael Utsch differenziert wie folgt: „Im beraterischen und therapeutischen Bereich sieht es anders aus. Hier gibt es einige Fachleute, die das Hellingersche Familienstellen ergänzend in ihre Behandlung mit einbeziehen. […] Als diagnostisches Hilfsmittel kann sie [die Familienaufstellung] in erfahrenen Händen hilfreich sein, als rigoroses Deutungsinstrument hingegen auch gefährlich werden.“[40]
Ein Problem der Hellinger’schen Methode war, dass sie lange Zeit kaum nach einem ausgearbeiteten Lehrkonzept verschult und vermittelt wurde und einige tausend Familienaufsteller dies letztlich mehr oder weniger nach eigenem Gutdünken durchführ(t)en. Viele Aufsteller geben heute noch „Familienaufstellung nach Hellinger“ an, obwohl sie weder relevante Aufstellungsvideos studierten noch persönlich bei Hellinger lernten, was von Colin Goldner ebenfalls kritisiert wurde.[41]
In einem ZEIT-Dossier vom 21. August 2003 beschrieb Martin Buchholz den typischen Ablauf einer Familienaufstellung bei Hellinger (Zitate im Zitat von H.): „In einem kurzen Vorgespräch schildert der Klient dem Aufsteller sein Problem. Eine Anamnese zur persönlichen Lebens- und Krankheitsgeschichte ist nicht gefragt. Der Therapeut interessiert sich ausschließlich für 'wichtige Ereignisse' in der Familiengeschichte des Patienten. Was 'wichtig' ist, entscheidet der Aufsteller. Gab es Trennungen, Scheidungen oder Selbstmorde? Abgetriebene oder tot geborene Kinder? Kriegsopfer oder sonstige früh verstorbene Ahnen? Kurz: Wo liegen die vergessenen oder verdrängten Leichen im Keller der Sippschaft? 'Ein Aufsteller nach Hellinger' wird solange suchen, bis er ein solches 'missachtetes' Familienmitglied in der Verwandtschaft des Klienten aufgespürt hat. (...) Jede Familie habe eine Seele, die alle Mitglieder schicksalhaft verbinde, glaubt Hellinger. Deshalb dürfe man in einer Familie niemanden ausschließen. Das bestrafe die 'Familienseele' mit Krankheiten für die engsten Angehörigen oder Nachkommen, die sich nun unbewusst mit dem bösen Schicksal dieses Ausgeschlossenen identifizieren würden. (...) Hilfe für den 'verstrickten' Klienten naht erst dort, wo die 'Ordnungen der Liebe' wiederhergestellt werden, ein hierarchisch strukturiertes Familiensystem, das Hellinger als heilsam erkannt haben will...“ (Anfang 2004 wurden rd. 2.000 Hellinger-Therapeuten höchst unterschiedlicher Reputation gezählt).[42]
Auf der anderen Seite wird nach wie vor, auch von seriösen Therapeuten und Ärzten, die klassische (statischere) Familienaufstellung nach Hellinger praktiziert, dies aber in erster Linie im Rahmen eines umfassenden therapeutischen Konzeptes. Nach der ursprünglichen Methode (klassische Familienaufstellung nach Hellinger) werde eher hinterfragt, werden Hypothesen überprüft und werde dementsprechend sorgfältig vorbereitet. In Fachkreisen ist dies gewürdigt worden, so von Arist von Schlippe und Jochen Schweitzer im Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung (1996), das 2012 komplett überarbeitet neu in 1. Auflage und 2013 in 2. Auflage erschien.[43]
Kritik an der Person
„Übrigens werfen die Systemiker in Deutschland Hellinger vor, er sei nicht systemisch, und die Familientherapeuten werfen ihm vor, er arbeite nicht mit Familien; und die Hypnotherapeuten kritisieren ihn dafür, wie er die therapeutische Trance einsetzt, und die Analytiker dafür, daß er nicht analytisch vorgehe. Trotzdem macht er einfach weiter und versucht so gut er kann, Menschen in ihrer Not zu helfen.“
– Hunter Beaumont:Ordnungen der Liebe. Bert Hellingers Systemische Therapie und die Gestalttherapie. In: Gestaltkritik. Die Zeitschrift für Gestalttherapie, Heft 2, 1999.[44]
In Deutschland begann 2002, insbesondere mit einem Artikel des Spiegel (von Beate Lakotta),[45] eine kritische Darstellung Hellingers und seiner Arbeit durch unterschiedliche Medien.[46][47] Als die in der Öffentlichkeit prominent auftretenden kritischen Experten zu Hellinger und seiner Arbeit zählen der klinische Psychologe Colin Goldner und der Psychologieprofessor Klaus Weber. Beide halten Hellingers „Lehre“ für „an faschistischem Gedankengut anknüpfend“.[48][49] Eine häufig zitierte Textstelle, die sich in Hellingers Schrift Gottesgedanken (2004) befindet und auf Adolf Hitler bezogen ist, wirkt diesbezüglich nicht entlastend: „Wenn ich dich achte, achte ich auch mich. Wenn ich dich verabscheue, verabscheue ich auch mich. Darf ich dich dann lieben? Muss ich dich vielleicht lieben, weil ich sonst auch mich nicht lieben darf?“[50] Sogar der damals Vorsitzende der Systemischen Gesellschaft, Arist von Schlippe, prangerte per offenem Brief Hellinger diesbezüglich an[51] (was von zahlreichen Medien und Autoren im In- sowie Ausland als Argument gegen Hellinger übernommen wurde)[52], stellte aber in seinem zweiten offenen Brief klar: „Für mich ist Bert kein Nazi, auch kein Faschist und sein Denken kein Wegbereiter ‚brauner‘ Weltanschauung.“, und dass seine eigentliche Kritik seiner „systemischen Verantwortung“ entsprang.[53]
Der Psychoanalytiker Micha Hilgers (2003) hält Hellingers Methodik für „unverständlich“[54] und wirft ihm vor: „Mit einer Mischung aus theologischen Phrasen und mystizistischen Geschichten, einfachen Wahrheiten und absoluten (gelegentlich auch absurden) Werturteilen behauptet Bert Hellinger, umfassende Hilfe für alles und jeden bieten zu können. Respekt und Demut gegenüber Eltern und Familienangehörigen fordernd, behandelt Hellinger seine Patienten anmaßend und unverschämt, respektlos und in der Attitüde des Allwissenden.“[55]Stavros Mentzos – ebenfalls Psychoanalytiker – schreibt 2006, das Bild der überheblichen, für die Patienten gefährlichen Autorität Hellingers werde häufig vermittelt. Er könne dem, obwohl für ihn wenige verdächtige Momente bestehen, aber nicht grundsätzlich zustimmen.[56]
Die Systemische Gesellschaft bewertete im Juli 2004 in ihrer Potsdamer-Erklärung Hellingers Praxis zum großen Teil negativ:[57]
„Heute sehen wir jedoch den Punkt gekommen, an dem nicht nur wesentliche Teile der Praxis von Bert Hellinger –und vieler seiner Anhänger–, sondern auch viele seiner Aussagen und Vorgehensweisen explizit als unvereinbar mit grundlegenden Prämissensystemischer Therapie anzusehen sind, etwa
die Vernachlässigung jeder Form von Auftragsklärung und Anliegenorientierung
die Verwendung mystifizierender und selbstimmunisierender Beschreibungen («etwas Größeres», «in den Dienst genommen» u.ä.)
die Nutzung uneingeschränkt generalisierter Formulierungen und dogmatischer Deutungen («immer, wenn», «schlimme Wirkung», «mit dem Tode bestraft», «der einzige Weg», «das Recht verwirkt» u.ä.).
der Einsatz potentiell demütigender Interventionen und Unterwerfungsrituale
die angeblich zwingende Verknüpfung der Interventionen mit bestimmten Formen des Menschen- und Weltbildes (etwa in Bezug auf Genderfragen, Elternschaft, Binationalität u.a.)
die Vorstellung, über eine Wahrheit verfügen zu können, an der eine Person mehr teilhaftig ist als eine andere. Dies führt zu der Verwendung verabsolutierender Beschreibungsformen und impliziert, dass keine partnerschaftliche Kooperationsbeziehung angestrebt wird.“
Die in dieser Potsdamer-Erklärung enthaltenen Vorwürfe werden von Wilfried Nelles in Die Hellinger-Kontroverse einzeln kritisch behandelt.[58] Gunthard Weber unterschrieb diese Potsdamer-Erklärung nicht, da er Hellingers Verdienste zur Aufstellungsarbeit darin[59] in unzureichender Weise gewürdigt verstand.[60]
Eine Vielzahl von Familienstellern, Therapeuten, Journalisten haben sich von Hellinger (mehr oder weniger halbherzig)[61] distanziert[62] wie 2003 auch die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie (DGSF), die Hellingers Methoden als ethisch nicht vertretbar und gefährlich für die Betroffenen beurteilt.[63]
Gottesgedanken. Ihre Wurzeln und ihre Wirkung. Kösel, Köln 2004, ISBN 3-466-30656-6.
Rachel weint um ihre Kinder. Familien-Stellen mit Überlebenden des Holocaust in Israel. Vorwort: Haim Dasberg. Herder, Freiburg 2004, ISBN 3-451-05443-4.
Mit Gabriele ten Hövel: Ein langer Weg. Gespräche über Schicksal, Versöhnung und Glück. Kösel, Köln 2005, ISBN 3-466-30694-9.
Colin Goldner (Hrsg.): Der Wille zum Schicksal. Die Heilslehre des Bert Hellinger. Ueberreuter Verlag, Wien 2003, ISBN 3-8000-3920-6.
Klaus Weber: Verhöhnung der Opfer durch Versöhnung mit den Tätern. Bert Hellingers Unterwerfungsprojekt. In: Klaus Weber: Blinde Flecken. Psychologische Blicke auf Faschismus und Rassismus. Argument, Hamburg 2003, ISBN 978-3-88619-296-0 (= Argument Sonderband AS, zugleich Habilitationsschrift an der Universität Oldenburg, zugleich in: Der Wille zum Schicksal. Die Heilslehre des Bert Hellinger. [Hg. Colin Goldner], S. 253–264.).
Werner Haas: Das Hellinger-Virus. Zu Risiken und Nebenwirkungen von Aufstellungen. Asanger, Kröning 2009, ISBN 978-3-89334-538-0.
Gert Höppner: Heilt Demut, wo Schicksal wirkt? Evaluationsstudie zu Effekten des Familien-Stellens nach Bert Hellinger. Profil, München 2001 (Diss. Univ. München 2001) ISBN 3-89019-508-3; Online-Ausgabe bei Auer, Heidelberg 2006, ISBN 978-3-89670-566-2.
Gunthard Weber, Fritz B. Simon, Gunther Schmidt: Aufstellungsarbeit revisited. … nach Hellinger? Carl-Auer Systeme Verlag, Heidelberg 2005.
Wilfried Nelles: Das Hellinger-Prinzip. Informationen und Klärungen. Herder, Freiburg 2003.
Arist von Schlippe, Jochen Schweitzer: Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung I. Das Grundlagenwissen. 2. (komplett überarbeitete) Auflage, Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2013 (Erstausgabe 1996). ISBN 978-3-525-40185-9.
Arist von Schlippe, Jochen Schweitzer: Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung II. Das störungsspezifische Wissen. 5. Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014 (Erstausgabe 2006), ISBN 978-3-525-46256-0.
„Er absolvierte, so zumindest die Legende, eine pychoanalytische Ausbildung, die psychoanalytische Vereinigung [Die Psychoanalytische Vereinigung existiert damals und heute nicht.] habe ihm allerdings die Anerkennung verweigert. Angeblich, weil er sich den Ideen des seinerseits (und bis heute) heftig umstrittenen Primärtherapeuten Arthur Janov geöffnet habe.“ (Ursula Nuber: Eine unheimliche Ordnung. Bedürfnis nach Autorität und Führung. In: Der Wille zum Schicksal [Hrsg.: Colin Goldner], Wien 2003, S. 10 f).
Hellinger: Familienstellen und Gewissen. In: Praxis der Systemaufstellung, Heft 2/2001, S. 8: „„Es [das Familienstellen] bringt die Ordnungen des kollektiven Gewissens wieder zur Geltung, ohne jedoch die Errungenschaften des persönlichen Gewissens preiszugeben. Vielmehr verbindet es sie auf einer höheren Ebene, die es dem einzelnen ermöglicht, über die Grenzen seiner eigenen Gruppe hinaus sich in ein größeres Ganzes einzufügen, das die Unterschiede zwischen den einzelnen Menschen und Gruppen so weit aufhebt, dass sie das Trennende überwinden können, ohne das ihnen je Eigene zu opfern. In diesem Sinne dient das Familien-Stellen vor allem der Versöhnung.“ “
Marco de Carvalho, Jörgen Klußmann, 2010: Konfliktbearbeitung in Afghanistan. Die Systemische Konflikttransformation im praktischen Einsatz bei einem Großgruppenkonflikt (PDF; 791kB), S. 42: „Der Druck des schlechten Gewissens bietet dem Menschen bzw. der Gruppe die Gelegenheit zur Korrektur. Einige systemische Analysten sprechen von zwei verschiedenen Ebenen des Gewissens: das individuelle Gewissen, das über den Bestand der nahen Bindungen wacht und damit deutlicher als gutes oder schlechtes Gewissen wahrnehmbar ist, und das kollektive Gewissen, das weniger bewusst wahrgenommen wird und über die Gesamtheit der Kollektive wacht sowie auf einer höheren Ebene für Ausgleich sorgt. Die höhere Ebene sorgt dafür, dass die Kräfte unbewusst und im Verborgenen wirken. Durch systemische Ansätze können sie sichtbar gemacht und in den Dienst der Versöhnung gestellt werden.“
Thomas Gehrmann / Ursula Steinbach:Gehen mit dem Geist. Ein Lehrbuch für das geistige Familienstellen nach Bert Hellinger. 2. überarbeitete Auflage 2015. Verlag ISM Kassel, Kassel 2014, ISBN 978-3-9816863-0-2, S.208.
Vgl. Albert Lenz: Interventionen bei Kindern psychisch kranker Eltern: Grundlagen, Diagnostik und therapeutische Maßnahmen. Göttingen 2008, S. 29: „Boszormenagy-Nagy betrachtet Parentifizierung als Ungleichgewicht des gegenseitigen Gebens und Nehmens, wobei weniger exekutive als vielmehr emotionale Funktionen im Vordergrund stehen.“
Oliver König: Familienwelten. Theorie und Praxis von Familienaufstellungen. Stuttgart 2004, S. 100: „Gerechtigkeit und Loyalität, so die Annahme von Stierlin und Boszormenyi-Nagy, sind der normative Kern der familiären Reziprozität. Bert Hellinger hatte diese Gedanken aufgegriffen, ergänzt und verdichtet und zugänglicher formuliert, als dies in den eher sperrigen Schriften von Boszormenyi-Nagy der Fall ist. Gerechtigkeit wird hierbei nicht als moralische Kategorie verstanden, sondern als Produkt eines Austauschprozesses, der durch die familiäre Dynamik in Gang gebracht und gehalten wird.“
Vgl. Hellinger: Grundordnungen des Lebens (Memento vom 14. Juni 2015 im Internet Archive): „Die Ordnung von Geben und Nehmen wird uns durch unser Gewissen vorgegeben. Sie dient dem Ausgleich von Geben und Nehmen und damit dem Austausch in unseren Beziehungen. Sobald wir von jemandem etwas nehmen oder bekommen, fühlen wir uns verpflichtet, ihm ebenfalls etwas zu geben, und zwar etwas Gleichwertiges. Das heißt: Wir fühlen uns bei ihm solange in Schuld, bis wir ihm etwas Entsprechendes zurückgeben und damit die Schuld begleichen. Danach fühlen wir uns ihm gegenüber wieder unschuldig und frei. Dieses Gewissen lässt uns solange keine Ruhe, bis wir ausgeglichen haben. Alle Gewissensbewegungen fühlen wir als Schuld oder Unschuld, in welchen Bereichen auch immer.“
Christa Renoldner, Eva Scala, Reinhold Rabenstein: Einfach systemisch. Systemische Grundlagen und Methoden für Ihre pädagogische Arbeit. Münster 2007, S. 104 ff.
Das Recht auf Zugehörigkeit gilt für die Einzelnen des Familiensystems, bei Organisationen müsste es korrekt lauten: Dass niemand aus dem Organisationssystem leichtfertig ausgeschlossen werden darf. Hellinger formuliert wie folgt: „Sobald einem Mitglied der Familie diese Zugehörigkeit verweigert oder abgesprochen wird, entsteht eine Unordnung mit weittragenden Folgen.“ (Grundordnung 1: Das gleiche Recht (Memento vom 14. Juni 2015 im Internet Archive))
Vgl. Werner Haas: Familienstellen nach Hellinger - ein destruktiver Kult? (Skeptiker 1/2008): „Hellinger schwört auf das Senioritätsprinzip: Wer vorher da war, ist kraft dieses Faktums als höherrangig einzustufen. Die Dynamik von Geben und Nehmen wird hauptsächlich aus der Perspektive der Weitergabe des Lebens betrachtet, das Individuum somit weitgehend reduziert auf seine Funktion als Gattungswesen. Kinder sind per Definition Nehmende und Eltern Gebende.“
Süddeutsche Zeitung, 19. Mai 2010: Psycho-Guru: Seelenheilung im Minutentakt, S. 2: Er [Klaus Weber] debattiert darüber regelmäßig mit Studenten: „Wenn ich im Seminar Sätze laut vorlese, in denen Hellinger behauptet, dass nur eine rechte ‚Ordnung‘ zur Gesundung führt, wissen vernünftige Menschen oft nicht, ob sie darüber lachen oder bestürzt sein sollen.“
Viktoria Joelle Jost: Systemische Aufstellungsarbeit: Überwindung symbiotischer Verstrickungen. Hamburg 2012, S. 19: „Insbesondere die Anhänger der strukturellen Familientherapie (u. a. Minuchin) sind der Ansicht, dass die hierarchische Ordnung zwischen Eltern und Kindern […]“
Colin Goldner: Rottenführer der Psychoszene: „Der Grund für die enorme Akzeptanz Hellingers liegt in der erzreaktionären und damit zeitgeistkompatiblen Ausrichtung des Glaubenssystems, das hinter seinem Ansatz steht: Zurück hinter alles, was die Frauenbewegung erkämpft hat, hinter ’68, die bürgerlichen Errungenschaften des 19. und 18. Jahrhunderts, Humanismus und Aufklärung - zurück zu alttestamentarischmosaischen Welt- und Werteordnungen, in denen patriarchale Sippen- und Familienhierarchien noch unhinterfragt Geltung hatten.“
Vgl. die Strategie der Äquivalenzreihe (Laclau/Mouffe 1991) – als gleichbedeutend verknüpft/konnotiert werden etwa (Schultz 2006): „kulturell“, „sozio-kulturell“, „religiös“, „sexistisch“, „patriarchal“, „fundamentalistisch“, „konservativ“ oder „regressiv“ (Susanne Schultz: Hegemonie – Gouvernementalität – Biomacht. Reproduktive Risiken und die Transformation internationaler Bevölkerungspolitik. Münster 2006, S. 181).
Vgl. Sigrid Vonwinckel: Hellinger – eine Backlash-Episode. Kritik aus feministischer Sicht. In: Der Wille zum Schicksal (Hg. Colin Goldner), S. 178 ff.
Colin Goldner: Esoterischer Firlefanz. Die Szene der Hellingerianer. In: Der Wille zum Schicksal. Die Heilslehre des Bert Hellinger. (Hg. Colin Goldner), S. 66 ff.
Arist von Schlippe, Jochen Schweitzer: Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1996; 2013 (2. Auflage, Übersetzungen in 7 Sprachen). ISBN 978-3-525-40185-9.
Vgl. Klaus Weber: Verhöhnung der Opfer durch Versöhnung mit den Tätern. Bert Hellingers Unterwerfungsprojekt. In: Der Wille zum Schicksal. Die Heilslehre des Bert Hellinger. (Hg. Colin Goldner), Berlin 2003, S. 253–264. Vgl. Klaus Weber, 2005: Hellingers Familienstellen. Darstellung und kritische Würdigung eines pseudotherapeutischen Dauerschlagers. In: Die Sehnsucht nach Gesundheit, Heil und Heilung (PDF; 222kB), S. 37 ff.
Arist von Schlippe, 2. Mai 2004: Offener Brief von Arist von Schlippe an Bert Hellinger (Memento vom 7. April 2014 im Internet Archive) (PDF) zitierte hierin Hellinger u.a. wie folgt: „(Das) jüdische Volk (findet) erst dann seinen Frieden mit sich selbst, mit seinen arabischen Nachbarn und mit der Welt, wenn auch der letzte Jude für Hitler das Totengebet gesprochen hat.“ (aus: Mit der Seele gehen, 2001, S. 50 – dort lautet die entsprechende Textstelle: „Dieser (chassidische) Lehrer sagte eines Abends, dass das jüdische Volk erst dann seinen Frieden mit sich selbst, mit seinen arabischen Nachbarn und mit der Welt findet, wenn auch der letzte Jude für Hitler das Totengebet gesprochen hat. Das ist groß.“). Über jene Abweichung vom Originalzitat wurde Arist von Schlippe von einem der Herausgeber (Bertold Ulsamer) betreffender Publikation (kritisch) aufmerksam gemacht – vgl. Offener Brief von Dr. Bertold Ulsamer an Dr. Arist von Schlippe (Memento vom 17. November 2015 im Internet Archive).
Arist von Schlippe, November 2004: „… und deshalb bist du ein Elch!“ Ein offener Brief und seine Folgen (PDF; 461 kB), S. 1: „Meine eigentliche Kritik entstammt einem Gefühl von Verantwortung als Vorsitzender der Systemischen Gesellschaft, einem Bewusstsein, dass der Begriff „systemisch“ und „systemisches Denken“ sich auf eine bestimmte Tradition bezieht, die nicht beliebig verwässert werden kann, ohne ihre Aussagekraft zu verlieren.“ Auf S. 8 findet sich ebenda die Stellungnahme einer jüdischen Psychotherapeutin veröffentlicht: „Wir alle haben von Bert Hellinger immer nur Achtung und eine tiefe Verbundenheit mit dem jüdischen Schicksal gespürt und erfahren. Er hat klar die Täter als Mörder bezeichnet und Hitler als den Täter hinter den Tätern. Es gab nie auch nur den leisesten Zweifel an seiner Gesinnung und das Vertrauen, das ihm Hunderte von Juden in und außerhalb Israels geschenkt haben beweist das. Es ist die vielleicht schlimmste und zugleich zynischste Form von Antisemitismus dieses Vertrauen zu verhöhnen, indem man aus Bert nun einen Hitler-Verehrer macht, so als ob die Juden, die mit Bert gearbeitet haben, nicht gemerkt hätten, oder unfähig seien zu merken, dass sie sich in die Hände eines Judenverachters begeben hätten. Die Hetzkampagne gegen Bert Hellinger hat uns lange sprachlos gemacht, wir dachten dass Schweigen und Nichtreagieren die gemäße Antwort auf die Besudelungen Berts Arbeit seien.“ (Dr. Yasmin Guy, Klin. Psychologin und Psychotherapeutin, Israel).
Micha Hilgers: Der Pseudotherapeut. Klinische Argumente gegen Hellinger. In: Der Wille zum Schicksal (Hg. Colin Goldner), Berlin 2003, S. 64: „… nach gleichermaßen unverständlichen Regeln …“
ZIST Akademie für Psychotherapie, Stavros Mentzos, 2006: Familienaufstellungen – Versuch einer Kritik, aber auch einer Würdigung vom psychoanalytischen Gesichtspunkt aus: „Also das oft vermittelte Bild eines überheblichen, eigensinnigen, indirekt sadistischen, rücksichtslosen Hellingers, der die Patienten mit seiner Autorität und seinen Bemerkungen zur Verzweiflung oder sogar zum Selbstmord bringen kann, entspricht nach meinen Erfahrungen und Informationen nicht der Realität, obwohl manchmal, selten, einiges in die Richtung Verdächtiges nicht von der Hand zu weisen ist.“
Innerhalb der Potsdamer-Erklärung wurde Hellinger kurz wie folgt gewürdigt: „Hellingers Verdienst bleibt es, dazu beigetragen zu haben, die Aufstellungsarbeit zu verdichten. Vor allem was die mögliche Auflösung von Verstrickungsdynamiken anbetrifft, hat er neue und innovative Vorgehensweisen entwickelt.“ Vgl. Pressemitteilung der Systemischen Gesellschaft vom 1. Juli 2007
Gunthard Weber: Zur Kritik an Bert Hellinger. Ein nachträglicher, kurzer Ausflug. In: Aufstellungsarbeit revisited. … nach Hellinger? Heidelberg 2005, S. 140 f: „Die Potsdamer Erklärung habe ich aber vor allem deshalb nicht unterschrieben, weil in der Erklärung die Verdienste Bert Hellingers, nämlich seine ungezählten, wertvollen, innovativen und weit reichenden Einsichten und Fokussierungen in vielen Bereichen und die Fülle der von ihm entwickelten Vorgehensweisen in keinster Weise hinreichend gewürdigt sehe.“
Werner Haas: Familienstellen nach Hellinger - ein destruktiver Kult? (Skeptiker 1/2008): „Das Gros der sich offen zu Hellinger bekennenden Aufsteller ist zwar eher der Eso-Szene zuzurechnen. Aber trotz des wissenschaftsscheuen und unverhohlen antiaufklärerischen Grundtenors finden sich darunter nicht wenige diplomierte und promovierte ärztliche sowie psychologische Therapeutenkollegen. Sie tragen meines Erachtens ihre akademischen Grade zu Unrecht. Hinzu kommt, dass unter dem Druck kritischer Berichte und Analysen über die hellingerschen Praktiken eine Welle der halbherzigen Distanzierung von dem Gründervater eingesetzt hat, ohne dass man sich wirklich von den zentralen Inhalten der gängigen Aufstellungsphilosophie und -praxis verabschiedet hat.“
Siegfried Rosner: Systemaufstellung als Aktionsforschung. Grundlagen, Anwendungsfelder, Perspektiven. Band 1. München und Mering 2007, S. 153: „Man musste sich also von Hellinger distanzieren, um überhaupt als seriös wahrgenommen zu werden.“