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Beschreibung der eigenen Lebensgeschichte Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eine Autobiografie (altgriechisch αὐτός autós „selbst“, βίος bíos „Leben“ und -graphie) oder Selbstbiographie ist die Beschreibung der eigenen Lebensgeschichte oder von Abschnitten derselben aus der Retrospektive (im Gegensatz etwa zum Tagebuch). Das Besondere dieser literarischen Form besteht in der Identität zwischen Autor, Erzähler und Protagonisten. Trotz ihrer explizit subjektiven Perspektive hat die Autobiografie einen größeren Objektivitätsanspruch als der autobiografische Roman. Die der Autobiografie verwandte Form der Memoiren legt ein besonderes Gewicht auf die Darstellung zeitgeschichtlicher Ereignisse. Ihr „Grenzgängertum zwischen Geschichte und Literatur“ bringt die Autobiografie in eine literarische „Randposition“.[1] Mit ihrer Hilfe werden jedoch auch Kernbereiche der Literaturwissenschaft grundlegend neu definiert (etwa von Paul de Man).
Autobiografien beziehen sich in gewisser Weise auf die historische Realität, dies macht die Autobiografie zu einem referentiellen Text. Andererseits ist es auch offenkundig, dass sie diesem Anspruch nicht genügen kann, da der objektiven Berichterstattung die subjektive Autorposition gegenübersteht. Es ist offensichtlich, dass niemand in der Lage ist, die subjektive Wahrnehmung hinter sich zu lassen. Die Autobiografie ist, im Gegensatz zu den rein fiktionalen Gattungen, durch die strukturelle Offenheit zum Ende hin gekennzeichnet: den eigenen Tod hat noch kein Autobiograf beschrieben. In der Literatur gibt es allerdings zahlreiche Beispiele, wo Schriftsteller ihren eigenen Tod imaginiert und vorweggenommen haben, siehe das Testament des François Villon und Franz Kafkas Die Verwandlung. Einige autobiografische Bücher, die der Bewältigung der eigenen, lebensbedrohlichen und auf Dauer traumatisierenden Erlebnisse in den Konzentrationslagern der Nazis dienten, so beispielsweise Imre Kertész, beinhalten auch Todeserfahrungen. Die Grenze zwischen autobiografischen und fiktionalen Texten wird dann fließend, wenn ein Autor ein fiktives Geschehen mit autobiografischen Elementen kombiniert, sodass ein autofiktionaler Text entsteht.
In diesem Sinne schreibt Wilhelm II. seine Memoiren; Goethes Autobiografie Dichtung und Wahrheit endet mit seinem ersten großen Bucherfolg.
Zahlreiche Beispiele in → Liste autobiografischer Werke
Bei der Feststellung der griechischen Autobiografie der klassischen Zeit stößt man auf Probleme. So gibt es zwar Texte mit autobiografischen Tendenzen, aber keine Autobiografie an sich. Ein Beispiel ist der nur in Fragmenten erhaltene Reisebericht des Ion von Chios (FGrHist 392 F 4-7). Auch in den nächsten beiden Punkten wird deutlich, dass man sich anderer Gattungen bedienen muss, um autobiografische Texte abzufassen.
Die Entwicklung der literarischen Gattung Autobiographie wird häufig mit der Entfaltung des Bürgertums der freien Städte in Verbindung gebracht.[2] Allerdings gab es bereits vorher, insbesondere was den deutschsprachigen Raum betrifft, mittelalterliche Erlebnisberichte von Mystikerinnen und Mystikern, die autobiographische Bezüge aufweisen, so beispielsweise in den Schriften von Mechthild von Magdeburg (1207–1290), Margareta Ebner (1291–1351) und Katharina Tucher († 1488).[3] Nach Bihlmeyer gilt die Vita des Dominikaners und Mystikers Heinrich Seuse (ca. 1295–1366) als das „wohl erste Beispiel einer vom Helden selbst verfassten, bzw. autorisierten und herausgegebenen Autobiographie in deutscher Sprache“.[4]
Der Verfasser der ersten modernen deutschsprachigen Autobiographie war Burkard Zink (1396–1474). Weitere frühneuzeitliche Autobiografien stammen von Johann Steinwert von Soest (1448–1506), Ludwig von Diesbach (1452–1527), Hans Frenzel (1463–1526), Johannes Butzbach (1477–1516), Matthäus Schwarz (1497–1574), Thomas Platter (1499–1582) und Hermann von Weinsberg (1518–1597). Diese Werke sind als echte Autobiografien aufzufassen und enthalten Darstellungen des gesamten Lebens, einschließlich Kindheit und Jugend.
Mit der wachsenden Rolle des Individuums ab der Renaissance wuchs das Potential für autobiografisches Schrifttum (vgl. zum Beispiel Francesco Petrarca). Eine besondere Schwelle stellt dabei die Aufklärung im 18. Jahrhundert dar (Jean-Jacques Rousseaus „Bekenntnisse“ als säkularisiertes Pendant zu den Confessiones des hl. Augustinus).
Seit dem 19. Jahrhundert hat sich die Produktion autobiographischer Literatur stetig vermehrt und ist heute Teil des boomenden Sachbuchmarktes geworden. Politiker, Künstler und andere Prominente verfassen, häufig mithilfe von „Ghostwritern“, Autobiografien, die nicht selten den Charakter von Rechtfertigungsschriften haben. Für Autobiografien, die aus dem Wunsch heraus geschrieben werden, eine vorübergehende Berühmtheit kommerziell zu nutzen, hat Paul Delaney den Begriff der Ad-hoc-Autobiografie geprägt. Aber auch die sogenannten „einfachen“ und „kleinen“ Leute lassen sich beim Verfassen ihrer Lebensgeschichten immer häufiger von professionellen Ghostwritern helfen.
Wissenschaftlich findet seit den 1970er Jahren im Zuge der Forschungsausrichtung Geschichte von unten und der sozialwissenschaftlichen Biografieforschung die populare Autobiografik vermehrtes Interesse. Es handelt sich dabei in der Regel um privat für den Familienkreis verfasste Schriften, die als Quellen für vergangene historische Verhältnisse dienen können. Auch die Oral History von Zeitzeugen wird zunehmend in Interviewform schriftlich festgehalten. Die Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen an der Universität Wien verfügt etwa über eine Sammlung von etwa 3000 solcher autobiografischer Lebenszeugnisse. Ähnliche Institutionen finden sich heute in nahezu allen europäischen Ländern. Ein besonders prominenter Sammler autobiografischer Zeugnisse war der deutsche Schriftsteller Walter Kempowski (Das Echolot).
Ein Name für solch ein Werk in der Antike war apologia. Es handelte sich dabei eher um eine Rechtfertigung als um Introspektion. John Henry Newmans Autobiografie ist eine Apologia pro vita sua. Augustinus benutzte den Titel Confessiones für sein autobiographisches Werk und Jean-Jacques Rousseau übernahm diesen Titel auf Französisch: Confessions.The Autobiography of Benjamin Franklin, die erste säkulare Biografie, die in den USA publiziert wurde, diente späteren US-amerikanischen Autobiografien als Modell. Otto von Bismarck schrieb Gedanken und Erinnerungen als Apologie. Zu den bekanntesten deutschsprachigen Autobiografien zählen Goethes Dichtung und Wahrheit und Johann Gottfried Seumes Mein Leben.
Elias Canetti hat einen mehrteiligen Autobiografie-Zyklus veröffentlicht, für den er u. a. 1981 den Nobelpreis für Literatur bekam. Mark Twain war wahrscheinlich die erste Person, die Fotografien in ihre Autobiografie aufnahm.
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