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Zeitraum für aufbewahrungpflichtige Schriftstücke Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Aufbewahrungsfrist ist der Zeitraum, innerhalb dessen aufbewahrungspflichtige Schriftstücke geordnet archiviert werden müssen.
Abgeschlossene Geschäftsvorgänge können nochmals Bedeutung erlangen, insbesondere wenn Verjährungsfristen noch nicht abgelaufen sind und eine Verwirkung noch nicht eingetreten ist. Auch Gewährleistungsfristen und Produkthaftungsfristen erfordern eine längere Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen, da mit ihrer sofortigen Vernichtung eine nachteilig wirkende Beweisnot einhergeht. Eventuell auftretende Rechtsstreitigkeiten oder sonstige beweispflichtige Vorgänge erfordern daher eine Archivierung von Unterlagen, um aus ihnen jederzeit nicht mehr erinnerbare Vorgänge ableiten zu können.
Am weitesten verbreitet und bekannt sind die Aufbewahrungsfristen nach Handels- und Steuerrecht. Daneben gibt es branchen- oder anwendungsspezifische Aufbewahrungsfristen für Schriftgut der Justizbehörden aufgrund der Schriftgutaufbewahrungsverordnungen, aber auch in der Pharmaforschung, Lebensmittel- und Pharmaproduktion, in Krankenhäusern, der Qualitätssicherung, im Umweltschutz, in der Telekommunikation und Energieerzeugung, im Bauwesen usw. Von Aufbewahrungspflichten werden nicht nur Unternehmen betroffen, sondern auch Privathaushalte.
Im Handelsgesetzbuch (§§ 238 und 257 HGB) und in der Abgabenordnung (§ 147 AO) ist geregelt, wie lange kaufmännische Dokumente aufbewahrt werden müssen. Diese Vorschriften betreffen nur Kaufleute.
Nach § 257 Abs. 1 Nr. 2 und 3 HGB sind empfangene Handelsbriefe, Wiedergaben (Kopien, Durchschriften) abgesandter Handelsbriefe, Geschäftspapiere und sonstige Unterlagen mit kaufmännischer und steuerlicher Bedeutung sechs Jahre aufzubewahren.
Nach § 257 Abs. 1 Nr. 1 und 4 HGB sind Handelsbücher, Inventare, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Einzelabschlüsse nach § 325 Abs. 2a HGB, Lageberichte, Konzernabschlüsse, Konzernlageberichte sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen zehn Jahre aufzubewahren. Das gilt auch für Buchungsbelege zu den nach § 238 Abs. 1 HGB zu führenden Büchern. Eingangs- und Ausgangsrechnungen sind ebenfalls zehn Jahre aufzubewahren (§ 14b Umsatzsteuergesetz).
Rechtsanwälte (§ 50 BRAO) und Patentanwälte (§ 44 PAO) haben Handakten abgeschlossener Aufträge sechs Jahre aufzubewahren.
Im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Schwarzarbeit sind auch Nichtunternehmer (Privatpersonen) verpflichtet, Rechnungen und Belege über steuerpflichtige Leistungen zwei Jahre lang aufzubewahren (§ 14b Abs. 1 S. 5 Nr. 1 UStG). Davon sind besonders Eigenheimbesitzer betroffen, die handwerkliche Arbeiten im Haus und am Grundstück in Auftrag geben. Sämtliche Rechnungen über beispielsweise bauliche und planerische Leistungen, sowie Reinigungs-, Instandhaltungs- oder Gartenarbeiten unterliegen einer zweijährigen Aufbewahrungspflicht. Handwerkliche Leistungen, die einer Gewährleistungspflicht unterliegen, sollten bis zu fünf Jahre lang aufbewahrt werden.
„Dauerwert“ ist ein Begriff aus der öffentlichen Verwaltung, der die dauerhafte, also unbefristete Aufbewahrung von Dokumenten umschreibt. Entsprechende Akten werden dort meist mit einem „D“ gekennzeichnet. Hierzu gehören insbesondere Unterlagen von geschichtlicher Bedeutung, Akten über Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht mit der betroffenen Behörde als Partei, Gesetzesurschriften, Grundstücksunterlagen, Personenstandsbücher, Konstruktionspläne für Bauwerke und vieles mehr.[1]
In der Wirtschaft gibt es zwar aus handels- und steuerrechtlicher Sicht keine längeren Aufbewahrungsfristen über 10 Jahre hinaus, doch ist es allgemein üblich, Gesellschafterverträge, Grundstücksunterlagen, Baupläne, Patente, Versicherungsscheine, Gerichtsurteile oder Personalakten ebenfalls dauerhaft aufzubewahren.
Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahrs, in dem die letzte Eintragung in das Handelsbuch gemacht, das Inventar aufgestellt, die Eröffnungsbilanz oder der Jahresabschluss festgestellt, der Einzelabschluss nach § 325 Abs. 2a oder der Konzernabschluss aufgestellt, der Handelsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist.[2] Sie endet nach Ablauf der Frist mit dem Ende des Kalenderjahres.
Patientenakten sollten aus versicherungstechnischen Gründen zehn Jahre aufbewahrt werden. In einzelnen Bereichen gilt eine längere gesetzliche Aufbewahrungsfrist, so etwa nach der Strahlenschutz- beziehungsweise der Röntgenverordnung sowie für Aufzeichnungen nach dem Transfusionsgesetz eine Frist von bis zu 30 Jahren.[3]
Die ärztlichen Unterlagen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge sind mindestens 40 Jahre nach der letzten Vorsorge aufzubewahren, soweit sie Tätigkeiten mit krebserzeugenden oder erbgutverändernden Stoffen oder Zubereitungen der Kategorie K1 oder K2 im Sinne der Gefahrstoffverordnung betreffen. Darüber hinaus sollten bei Tätigkeiten, die zu Berufskrankheiten gemäß Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) führen und eine längere Latenzzeit haben können, die ärztlichen Unterlagen von arbeitsmedizinischer Vorsorge nach Arb-MedVV ebenfalls 40 Jahre aufbewahrt werden.[4]
Gemäß § 10 Abs. 1 der Berufsordnung (Satzung) der Ärztekammer Schleswig-Holstein (BOÄK) ist der Arzt verpflichtet, über die in Ausübung seines Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen (Patientendokumentation, Patientenakte). Diese ärztlichen Aufzeichnungen müssen auch nach Abschluss der Behandlung grundsätzlich zehn Jahre aufbewahrt werden (§ 10 Abs. 4 BOÄK).
Gemäß § 5 Satz 1 Nr. 1 der Schülerunterlagenverordnung in Bayern sind das Schülerstammblatt, Zeugnisse in Abschrift und Urkunden, die zum Führen der Berufsbezeichnung berechtigen in Abschrift 50 Jahre aufzubewahren, andere Unterlagen ein bzw. zwei Jahre.[5]
Gemäß § 132 Bundesabgabenordnung besteht für Bücher, Aufzeichnungen, Belege und Geschäftspapiere eine Aufbewahrungspflicht von sieben Jahren. Beispiel: Für Unterlagen des Kalenderjahres 2008 endet die Frist am 31. Dezember 2015 (Beachte: bei abweichendem Wirtschaftsjahr dürfen nur Belege vernichtet werden, welche sich auf das im Jahr 2008 endende Wirtschaftsjahr beziehen).
Aufzeichnungen und Unterlagen, welche Grundstücke betreffen, müssen gemäß § 18 Abs. 10 UStG für 12 Jahre aufbewahrt werden. Bei bestimmten, gemischt genutzten Grundstücken kann sich diese Frist auf 22 Jahre verlängern.
Grundsätzlich gilt auch, dass alle Unterlagen dann länger aufzubewahren sind, wenn sie bei anhängigen Abgabenverfahren (§ 132 Abs. 1 AO) oder bei einem anhängigen gerichtlichen oder behördlichen Verfahren, von Bedeutung sind (§ 212 UGB). Wenn die Steuererklärungen sehr spät abgegeben wurden, kann sich durch die Festsetzungsverjährung eine längere Aufbewahrungsfrist als zehn Jahre ergeben.
Im Obligationenrecht unter Artikel 958f[6] befindet sich folgender Eintrag:
Im Mehrwertsteuergesetz unter Artikel 70[7] ist ein ähnlicher Eintrag zu finden:
Die Aufbewahrungsfrist für Geschäftsunterlagen beträgt gemäß Art. 70 Ziff. 3 MwStG 20 Jahre.
Die Aufbewahrungsfrist (englisch Retention Period) spielt im englischsprachigen Raum eine wichtige Rolle in Schriftgutverwaltungslösungen zur Verwaltung aufbewahrungspflichtiger Unterlagen.
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