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Übersichtsartikel Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Proteste gegen die seit dem Sieg der kubanischen Revolution 1959 über Diktator Fulgencio Batista gegen die danach ebenfalls diktatorisch regierende sozialistische Regierung unter Fidel Castro (1959–2006), Raúl Castro (2006–2019) und Miguel Díaz-Canel (seit 2019) sind sehr selten.[1] Normalerweise weiß der kubanische Sicherheitsapparat dies durch massive Einschüchterung zu verhindern. Dennoch kam es seitdem zu vereinzelten Protesten und Unruhen, die international bekannt wurden.
Nach den landesweiten Protesten im Jahr 2021, den größten nach der Revolution, hat sich die Protestkultur jedoch wieder gewandelt. Viele Unzufriedene konnten seit dem das Land verlassen. Man demonstriert nun gegen lokale Probleme, wie Versorgungsengpässe.[2]
Am 5. August 1994, auf dem Höhepunkt der sogenannten Spezialperiode nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und der darauffolgenden extremen Wirtschaftskrise, kursierten Gerüchte, man könne über, zum Teil gekaperte, Fähren eine Überfahrt in die USA ergattern. Tausende Menschen füllten zunächst die Umgebung des Hafens von Havanna und später die gesamte Uferstraße, den Malecón. Die Situation beruhigte sich, nachdem Staatschef Fidel Castro höchstpersönlich auftauchte, und mit seinem Charisma die Leute beruhigen konnte.
Diese Unruhen sind unter den Bezeichnungen Maleconazo oder Habanazo in die Geschichte eingegangen.
Am 11. Juli 2021, kam es zu spontanen landesweiten Protesten. Ausgehend von der Kleinstadt San Antonio de los Baños nahe Havanna breiteten sich die Proteste, motiviert von massenhaft in sozialen Medien geteilten Videos, schnell über die Hauptstadt Havanna im ganzen Land aus. Zentraler Auslöser waren die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, Folgen der Währungsreform Anfang des Jahres 2021, wo der Peso convertible durch eine virtuelle Währung namens MLC (Kurzform für Moneda Libremente Convertible – frei konvertierbare Währung) ersetzt wurde, sowie Embargo-Verschärfungen durch die Trump-Administration. Zentraler Slogan der Proteste war der Patria y Vida, der Titel eines wenige Monate zuvor erscheinenden Liedes verschiedener kubanischer Musiker, u. a. Yotuel, Gente de Zona und Decemer Bueno. Die Proteste wurden unter zum Teil massiver Gewaltanwendung niedergeschlagen. Beteiligte wurden häufig zu drakonischen Haftstrafen von bis zu 25 Jahren verurteilt, darunter auch der in Dresden lebende Deutsch-Kubaner Luis Frómeta Compte, der zufällig in Havanna zu Besuch war und die Demonstrationen filmte.
Aufgrund des Datums, an dem die Proteste stattfanden, kennt man die Proteste auch unter dem Kürzel 11J.
Angesichts der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste im Juli 2021, aber des in der Verfassung verankerten Demonstrationsrechts versuchten oppositionelle Kreise eine legale Demonstration zu organisieren. Diese wurde jedoch von offizieller Seite mit dem vorrangigen Verfassungsartikel, dass der Sozialismus in Kuba unumkehrbar sei, abgelehnt.[3]
Am 18. und 19. August 2022 kam es in der Stadt zentralkubanischen Stadt Nuevitas zu den bis dahin größten Protesten gegen die regelmäßigen Stromausfälle und anhaltender Versorgungskrise. Auch hier wurden Beteiligte zu langjährigen Haftstrafen, zumeist zwischen zehn und fünfzehn Jahren verurteilt, darunter eine 22-jährige Mutter einer dreijährigen Tochter. Sie hatte die Demonstrationen live auf Facebook gestreamt. Offizieller Vorwurf: „fortgesetzte Feindpropaganda“ und „Aufruhr“.[4][5]
Am 6. Mai 2023 wurde die Kleinstadt Caimanera bei Guantánamo im Südosten Kubas Schauplatz einer der raren Anti-Regierungsprotesten in Kuba. Im ganzen Land wurde daraufhin für mehrere Stunden das Internet abgeschaltet, um ein Ausweiten auf andere Städte, wie bei den landesweiten Protesten im Juli 2021 zu verhindern. Die Proteste wurden schnell von Spezialeinheiten des Innenministeriums beendet. Offiziellen Statements zufolge hätten lediglich einige alkoholisierte Personen „Parolen gegen den sozialen Prozess in Kuba“ gerufen, die die Anwesenheit staatlicher Ordnungskräfte erforderte.[6]
Am 17. März 2024 kam es erneut zu nennenswerten Protesten, diesmal vor allem in Santiago de Cuba und etwas kleiner in Bayamo. Die Gründe waren im Prinzip die gleichen wie bei den landesweiten Protesten im Juli 2021: Man protestierte vor allem gegen die anhaltende Wirtschaftskrise, die sich seitdem noch verstärkt hatte. Der Staat sah sich kaum noch in der Lage, die Bevölkerung mit den grundlegendsten Dingen des täglichen Bedarfs auf Basis des Bezugsscheinheftchens Libreta zu versorgen. Es mangelte an so ziemlich allem: Brot, Medikamenten, Benzin, es gab täglich Stromabschaltungen über mehrere Stunden. Kurz zuvor kündigte die Regierung eine Preiserhöhung für Benzin um 500 Prozent an, was zwar nicht viel mehr als eine Anpassung an die Inflation und den Kursverfall des kubanischen Peso am informellen Devisenmarkt bedeutete.
Die Proteste bildeten sich am Nachmittag des 17. März 2024, einem Sonntag, in der Umgebung der Carretera del Morro / Calle 9 im Südwesten Santiagos, zwischen dem Zentrum und der Festung Castillo del Morro. In den in diversen sozialen Medien geteilten Videos war eine friedlich demonstrierende Menge zu sehen, die vor allem „Corriente y comida“ (Strom und Essen) und auch „Patria y vida“ (Vaterland und Leben), dem neuen oppositionellen Slogan, als Gegensatz zur offiziellen Parole „Patria o muerte“ (Vaterland oder Tod), skandierten. Die Regierung regierte mit einem massiven Aufmarsch von Sicherheitskräften. Das Mobilfunknetz wurde abgeschaltet. Zur weiteren Beruhigung der Bevölkerung wurden Reis, Bohnen und Milchpulver in die Stadt gebracht und am nächsten Tag über das Bezugsscheinsystem verteilt.[7] Die Proteste griffen auch in die Hauptstadt der Nachbarprovinz Bayamo über, wo man „Abajo Díaz-Canel“ (Nieder mit Díaz-Canel) und „El pueblo unido jamás será vencido.“ (Das vereinte Volk wird niemals besiegt werden.) hörte, was eigentlich eine offizielle Parole ist. Auch sang man dort die Bayamesa, die kubanische Nationalhymne, die die Einwohner, im historischen Kontext der kubanischen Unabhängigkeitskriege, zum Kampf gegen ihre Unterdrücker aufruft.[8]
Am 18. Oktober 2024 kam es nach einer Havarie im größten Kraftwerks Kubas, dem Antonio Guiteras zu einem mehrere Tage andauernden landesweiten Stromausfall. Erst nach mehr als zwei Tagen konnten Teile der Bevölkerung wieder mit Strom beliefert werden, was wiederholt die Unzufriedenheit der Bevölkerung auf die Spitze trieb. Vereinzelt kam es deshalb wieder zu Protesten. Eine typische Protestform war Krach machen, in dem Töpfe geschlagen wurden und durch laute Rufe. Kubas Präsident Díaz-Canel warnte, dass man eine solche „Störung der öffentlichen Ordnung“ nicht hinnehmen und die Teilnehmer strafrechtlich verfolgen werde.[9]
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