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Der so genannte Antimodernisteneid war ein am 1. September 1910 von Papst Pius X. mittels des motu proprio „Sacrorum antistitum“ eingeführter Eid. Im Kontext der Antimodernismus-Strömung innerhalb der katholischen Kirche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts musste er von den Klerikern abgelegt werden. Der Eid wendet sich gegen jene Lehren, die als Modernismus bezeichnet werden und bereits 1864 im Syllabus errorum des Papstes Pius IX. verurteilt wurden. In ihm wird auf die damals bekannten Dokumente Pascendi und Lamentabili (beide aus dem Jahr 1907) verwiesen.
1967 schaffte Papst Paul VI. den Antimodernisteneid ab und ersetzte ihn durch ein Glaubensbekenntnis. Ohne Wiederholung der Lehrverurteilungen bekräftigte derselbe Papst aber 1968 die wesentlichen Glaubensinhalte des Katholizismus im Credo des Gottesvolkes.
Der Eidleistende schwört, die Glaubensaussagen des kirchlichen Lehramtes anzunehmen, insbesondere folgende fünf Hauptpunkte, die den „Irrtümern der Gegenwart“ gegenüberstünden:
In diesem Abschnitt ist die Zustimmung zu folgenden Verurteilungen zu beschwören:
Den Eid mussten ablegen:
Als Papst Pius X. 1910 den Antimodernisteneid verlangte, löste er eine jahrelang andauernde Polemik aus. Der liberale Protestantismus, die Leben-Jesu-Forschung, ganze Schulen der Bibelwissenschaft sowie der Darwinismus wurden scharf abgelehnt; wer dem Papst darin nicht folgen wollte, musste seine kirchliche Tätigkeit einschränken oder sogar einstellen. Wie die grundlegenden Studien von Judith Schepers im Historischen Archiv der Glaubenskongregation erwiesen haben, betrachteten die Kardinäle des Sanctum Officium den Eid allerdings nicht als Glaubensbekenntnis, sondern lediglich als disziplinäre Erklärung der Anhänglichkeit an die kirchliche Autorität. Eidverweigerer wie der deutsche Kirchenhistoriker Franz Wieland (1872–1957) wurden deshalb nicht exkommuniziert, sondern lediglich von der Seelsorge ausgeschlossen. Die Kardinäle stellten sich damit gegen die Ansicht der Verfasser des Eides, die Konsultoren Louis Billot und Wilhelmus Marinus van Rossum.
Gegner sahen in diesem Eid eine anstößige Verletzung der wissenschaftlichen Freiheit. Im Berliner Tageblatt wurde die Frage aufgeworfen, ob den Geistlichen, die den Antimodernisteneid geschworen haben, „noch die gleichen staatsbürgerlichen Rechte zugebilligt werden können, wie den Deutschen, die keinem Ausländer den Eid unbedingten Gehorsams geschworen haben“.[2] Der liberale Politiker Karl Schrader thematisierte den Antimodernisteneid im Dezember 1910 in einer Reichstagsdebatte: „Was soll dazu eine Regierung sagen, wenn die katholischen Priester so verpflichtet sind? Werden sie nicht in diesem Sinne auch alle erziehen, die ihnen anvertraut sind? Aber auch das überlasse ich der katholischen Kirche. Aber haben wir nun noch die Möglichkeit, einem solchen Mann staatliche Ämter anzuvertrauen? Können wir ihm anvertrauen die Schulaufsicht, den Religionsunterricht in der Schule? Das geht doch nicht mehr an.“[3] Der Eid bedeute „den Wendepunkt für die Geschicke der theologischen Fakultäten“ an den deutschen Universitäten, war man sich in der Kölnischen Zeitung sicher.[4] „Mit dem von Rom angeordneten Modernisten-Eid ist das Schicksal der katholischen Fakultäten besiegelt; ihre Abschaffung ist nur mehr, darüber gibt man sich sogar in kirchlichen Kreisen keiner Täuschung mehr hin, eine Frage der Zeit.“[5] Befürworter des Antimodernisteneides begrüßten die profilierte Abgrenzung einer „rechtgläubigen“, traditionsverbundenen Theologie z. B. gegenüber Modeerscheinungen.
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