Loading AI tools
zu den Partikeln gehörende Wortart Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Modalpartikeln (auch Abtönungspartikeln, Abtönungswörter oder MP) sind eine zu den Partikeln gehörende Wortart. Sie dienen unter anderem dazu, die subjektive Einstellung eines Sprechers zum ausgesagten Inhalt auszudrücken (verhalten sich aber selbst nicht als Teil des Satzinhalts). Beispiele: „Das ist ja witzig“ (der Sprecher entdeckt diesen Sachverhalt gerade für sich, erwartet aber nicht, dass er anderen neu ist) / „Männer sind eben so“ (der Sprecher resigniert gegenüber dem Sachverhalt).
Besonders verbreitet sind Modalpartikeln in der gesprochenen Sprache. Das Deutsche gilt als eine an Modalpartikeln äußerst reiche Sprache, was nicht selbstverständlich ist. In vielen Sprachen existieren nur wenige (z. B. Französisch, Spanisch) bis gar keine Partikeln dieser Klasse, sodass sie eine Herausforderung an Übersetzer darstellen. Aufgrund ihrer hohen Frequenz fallen sie auch beim Erlernen des Deutschen für Nicht-Muttersprachler ins Gewicht. Dies ist besonders deshalb problematisch, weil die Bedeutung sowohl der Klasse als auch der einzelnen Modalpartikeln nicht einfach fassbar ist. Andere Sprachen, in welchen Modalpartikeln eine größere Rolle spielen, sind das dem Deutschen eng verwandte Niederländisch sowie z. B. Griechisch, Indonesisch und Japanisch.
Abweichend von dieser Standardbedeutung findet sich vereinzelt ein Gebrauch der Bezeichnung „Modalpartikel“, mit dem „Satzadverb“ bzw. „Modalwort“ gemeint ist.[1] Normalerweise wird jedoch der Begriff Adverb von Partikel unterschieden (siehe Partikel (Grammatik) und Adverb #Adverb und Partikel) und ebenso zwei verschiedene Bedeutungen von „modal-“ in Modalpartikel im Gegensatz zu Modaladverb.
Die Modalpartikeln gehören in der deutschen Sprache neben z. B. den Fokuspartikeln oder Steigerungspartikeln zur Klasse der Partikeln im engeren Sinne, also den generell unflektierbaren Wortarten, die nicht den Präpositionen, Adverbien oder Konjunktionen zugerechnet werden können. Da alle Partikeln unflektierbar sind, müssen, wenn man eine Unterklassifikation vornehmen will, Unterschiede im Verhalten der einzelnen Partikeln im Satz berücksichtigt werden. Über die genauen Merkmale, die Modalpartikeln ausmachen, gab und gibt es eine lange sprachwissenschaftliche Diskussion. Als allgemein anerkannt gelten die folgenden Kriterien zum Erkennen der deutschen Modalpartikeln:
Auffällig an der angeführten Liste ist, dass die meisten Kriterien Negativ-Merkmale darstellen („sie können nicht ...“). Daher ist es schwierig, eine einfache Definition zu geben, was eine Modalpartikel ist. Genauer kann dafür gesagt werden, was sie nicht sind. In diesem Abschnitt wird ausführlicher auf einige wichtige Punkte der Liste eingegangen.
Zur Illustration dieses Punktes kann die Modalpartikel aber dienen. Die folgenden zwei Beispiele stimmen bis auf die Anwesenheit der Modalpartikel überein. Aus der Wahrheit des ersten Satzes in einer Situation folgt immer die Wahrheit des zweiten Satzes, und auch umgekehrt ist der Übergang stets möglich, ohne die Wahrheit der Aussage zu beeinträchtigen:
Diese Beobachtung ist nicht trivial, denn sie besagt, dass das Hinzufügen bzw. Weglassen der Partikel in einem Satz nichts an dessen Kernaussage ändert, d. h., dass die Modalpartikel nicht zur ausgedrückten Proposition gehört. Modalpartikeln fügen also der Aussage nichts hinzu, sondern stehen gewissermaßen über ihr. Sie geben dem Hörer stattdessen Hinweise auf den Informationsstand des Sprechers, auf Bewertungen oder auf andere Aspekte, die die Rolle der Aussage für den Kontext betreffen. (Mehr dazu siehe unten im Abschnitt #Die Bedeutung der Modalpartikeln.)
Aus diesem Zusammenhang heraus, dass sie nicht Teil der Proposition sind, lässt sich auch verstehen, warum Modalpartikeln nicht im Wirkungsbereich einer Negation stehen können, denn Negationen haben einen Einfluss auf Wahrheitswerte.
Im sogenannten Feldermodell des deutschen Satzes werden Sätze durch die Positionen des Verbs, die sogenannte Satzklammer, in drei Teile gegliedert: Vorfeld, Mittelfeld und Nachfeld, wie in den folgenden Beispielen. Die Modalpartikel findet sich jeweils im Mittelfeld:
Vorfeld | linke Klammer | Mittelfeld | rechte Klammer | Nachfeld |
---|---|---|---|---|
Er | wird | ja | gemerkt haben | dass mir das nicht gefällt. |
Sie | braten | wohl gerade Fisch in der Mensa. | ||
Peter | hat | aber großen Hunger | gehabt | wie es scheint! |
Die Partikeln ja, wohl, aber können nicht ins Vorfeld gestellt werden, allenfalls ergeben sich andere Bedeutungen:
Vorfeld | linke Klammer | Mittelfeld | rechte Klammer | Nachfeld | |||
---|---|---|---|---|---|---|---|
* Ja | wird | er | gemerkt haben | dass mir das nicht gefällt | |||
* Wohl | braten | sie gerade Fisch in der Mensa. | |||||
# WOHL | braten | sie gerade Fisch in der Mensa! | |||||
# Aber | -- | hat | Peter großen Hunger | gehabt? | (* wie es scheint) |
Im ersten Beispiel oben ist die Voranstellung der Modalpartikel ja ins Vorfeld unakzeptabel (durch einen *Stern markiert), im zweiten Beispiel ist die Voranstellung unakzeptabel, wenn die Modalpartikel, wie üblich, unbetont ist; das dritte Beispiel zeigt, dass ein betontes wohl zwar im Vorfeld stehen kann, aber eine andere Bedeutung vorliegen muss (markiert durch das Rautezeichen #): Dieses ist nicht die Modalpartikel, die sich mit „wahrscheinlich“ umschreiben ließe, sondern ein andersartiges Element (ein Adverb), das Widerspruch zu einer vorhergehenden Äußerung markiert. Im letzten Beispiel kann der Satz mit vorangestelltem aber nur als Fragesatz interpretiert werden, so dass der Zusatz des wie-Satzes nicht mehr möglich ist. Folglich ist es ein Verb-Erst-Satz mit aber nicht als Partikel, sondern als Konjunktion in der linken Peripherie des Satzes (im sogenannten Anschlussfeld). Insgesamt ist also zu sehen, dass Modalpartikeln nicht im Vorfeld vorkommen können.
Zu der Hauptklasse der Modalpartikeln – die gelegentlich auch Abtönungspartikeln genannt werden – zählen aber, auch, bloß, denn, doch, eben, eigentlich, etwa, halt, ja, mal, nur, schon, vielleicht und wohl. Eines der Kriterien aus der Liste besagt, dass Modalpartikeln Homonyme in anderen Wortarten haben. Das bedeutet, dass gleich klingende und geschriebene Wörter in anderen Funktionen im Satz auftreten können. So kann z. B. ja als Antwort auf eine Frage fungieren und gehört in diesem Fall zu den sogenannten Antwortpartikeln. Vielleicht kann z. B. als Satzadverb („Vielleicht ist der Termin morgen“) verwendet werden und so allein im Vorfeld stehen. Diese Homonyme weisen also z. T. ein gänzlich anderes Verhalten auf als in der Kriterienliste beschrieben. In diesen Fällen haben sie jedoch auch eine andere Bedeutung.
Daneben existiert noch eine Klasse von Modalpartikeln (manchmal ‚Partikeln mit abtönender Bedeutung‘ oder ‚abtönungsfähige Partikeln‘ genannt), die oft ebenfalls zu den Modalpartikeln gezählt werden, jedoch vorfeldfähig sind. Dazu gehören z. B. fein, ganz, gerade, gleich, einfach, erst, immerhin, schließlich, überhaupt und ruhig. Die Bedeutung dieser Partikeln ändert sich nicht, ob sie im Vor- oder im Mittelfeld stehen; daher müssen sie auch keine Homonyme in anderen Wortarten haben.
Modalpartikeln unterliegen einer Reihe von schwer beschreibbaren Restriktionen. So können Modalpartikeln oft nicht beliebig kombiniert werden. So ist zwar
möglich. Nicht jedoch die umgekehrte Variante:
Weiterhin können die jeweiligen Partikeln nur in bestimmten Satzmodi vorkommen. So lässt sich vielleicht zwar in Ausrufen verwenden („Hat der vielleicht ein schönes Auto!“), jedoch nicht in echten Fragen („*Hat der vielleicht ein schönes Auto?“).[2]
Um genau zu verstehen, was Modalpartikeln bedeuten, ist es wichtig, sich klarzumachen, was genau Bedeutung ist. Dabei wurde zwischen zwei Ebenen der Bedeutung unterschieden (siehe z. B. Sprechakttheorie). Auf der einen Seite steht der schon angedeutete, wörtlich zu nehmende Satzinhalt: die Proposition. Auf der anderen Seite steht die sogenannte Illokution, der Handlungszweck einer Äußerung oder einfacher: was mit der Äußerung eines Satzes ausgedrückt werden sollte. Dieser Unterschied ist deshalb wichtig, weil mit ein und demselben Satz in unterschiedlichen Kontexten Verschiedenes gemeint sein kann (Pragmatik). Während der Großteil der Wörter einer Sprache zur Proposition beiträgt, gibt es auch Wörter (wie die Modalpartikeln), die sozusagen auf einer Metaebene nicht zur Proposition gehören, sondern im illokutiven Bereich wirken. In vielen theoretischen Ansätzen wird daher zur Erklärung ihrer Bedeutung auf Modelle des gemeinsamen Wissens (Common Ground) Bezug genommen.[3] Maria Thurmair fasst die Bedeutung der Modalpartikeln für die illokutive Ebene wie folgt zusammen:
„Im wesentlichen dienen die Modalpartikeln dazu, eine Äußerung in den Interaktionszusammenhang einzubinden. Mit ihnen kann auf den Gesprächspartnern gemeinsames Wissen verwiesen werden, auf Annahmen oder Erwartungen von Sprecher oder Hörer, es kann ein bestimmter Bezug zu einer vorangegangenen Äußerung angezeigt werden, oder es kann der Stellenwert, den der Sprecher der Äußerung beimißt, gekennzeichnet werden.“[4]
So kann mit der Modalpartikel ja darauf verwiesen werden, dass das im Satz ausgedrückte Wissen als bereits geteilt und damit als vorausgesetzt betrachtet wird, oder mit der Partikel halt angezeigt werden, dass es sich um Wissen handelt, über welches nicht weiter diskutiert werden muss.[5] In dieser Weise können also Umschreibungen für die Bedeutung von Modalpartikeln gegeben werden, die wahrheitsrelevante Aussagen formulieren; nur ist der Status der so transportierten Inhalte in der Äußerung nicht wahrheitsrelevant.
Beispiele für deutsche Modalpartikeln sind:
Die folgende Übersicht zeigt die wichtigsten Modalpartikeln im Deutschen, für die Polyfunktionalität charakteristisch ist.[7]
Wort | Modal- partikel |
Gliederungs- partikel |
Steigerungs- partikel |
Temporal- adverb |
Konjunktional- adverb |
Koordinierende Konjunktion |
Adverbiale Bestimmung |
Vergleichs- partikel |
Adjektiv | Satz- adverbial |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
vielleicht | ja | nein | nein | nein | nein | nein | nein | nein | nein | ja |
wohl | ja | ja | ||||||||
halt | ja | nein | ||||||||
ja | ja | ja | unklar | |||||||
etwa | ja | nein | ja | |||||||
nur | ja | ja | ja | |||||||
auch | ja | ja | ja | |||||||
bloß | ja | ja | ja | ja | ||||||
eben | ja | ja | ja | ja | nein | ja | ||||
schon | ja | ja | ja | ja | nein | |||||
doch | ja | ja | nein | nein | ja | ja | ja | |||
aber | ja | nein | nein | ja | ja | |||||
denn | ja | ja | ja | ja |
Die Genese der Modalpartikeln setzte bereits im Mittelhochdeutschen ein, und die geläufigsten der heute gebräuchlichen Modalpartikeln haben sich vor dem 17. Jahrhundert herausgebildet.[8] Bereits im Althochdeutschen vorhanden waren denn und doch; schon dem Mittelhochdeutschen bekannt da und halt. Als besonders produktiv erweisen sich das 16. bis 19. Jahrhundert, aber auch in der Gegenwartssprache lässt sich die Entwicklung neuer Modalpartikeln in statu nascendi (zum Beispiel langsam) beobachten. Andere wiederum sind im Lauf der Sprachgeschichte aus der Schriftsprache verschwunden, so beispielsweise das mittelhochdeutsche ëht, das in den deutschen Dialekten aber noch weit verbreitet ist.[9]
Entwickelt haben sie sich aus
Die moderne Erforschung der Modalpartikeln begann in den 1960er Jahren. Vor der Publikation von Harald Weydts Buch Abtönungspartikeln. Die deutschen Modalwörter und ihre französischen Entsprechungen 1969 wurden Modalpartikeln oft als „inhaltslose Redefüllsel“[11] oder als „Flickwörter“[12] abgetan. Ludwig Reiners bezeichnete sie gar als „Läuse in dem Pelz unserer Sprache“.[13] Mit Harald Weydt und einer Dissertation über Modalpartikeln von 1963[14] begann eine umfangreiche linguistische Erforschung der Modalpartikeln. Vereinzelt gab es aber auch schon früher Beschreibungen und Würdigungen des Modalpartikel-Gebrauchs, im 18. Jahrhundert etwa von Johann Christoph Gottsched und Johann Friedrich Heynatz.[15]
Seamless Wikipedia browsing. On steroids.
Every time you click a link to Wikipedia, Wiktionary or Wikiquote in your browser's search results, it will show the modern Wikiwand interface.
Wikiwand extension is a five stars, simple, with minimum permission required to keep your browsing private, safe and transparent.