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österreichische Organisation Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF[1]) ist eine Behörde, die in der Integration von Migranten tätig ist. Sie wurde 1960 vom UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR und vom Bundesministerium für Inneres als Flüchtlingsfonds der Vereinten Nationen gegründet und wird zum Großteil vom Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres finanziert. Seit 2002 ist der ÖIF für die Umsetzung der Integrationsvereinbarung mitverantwortlich. Er ist auch für die Abwicklung der Projekte des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) zuständig. Der ÖIF betreibt in jeder österreichischen Landeshauptstadt ein Integrationszentrum.
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Staatliche Ebene | Bundesebene (Österreich) | ||
Aufsicht | Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten | ||
Gründung | 1960 | ||
Hauptsitz | Wien, Österreich | ||
Behördenleitung | Franz Wolf | ||
Bedienstete | 380 | ||
Website | www.integrationsfonds.at |
Der Anlass für die Gründung des ÖIF war der Ungarische Volksaufstand im Jahr 1956 und die damit verbundene Flüchtlingswelle. Das Kerngebiet des ÖIF bestand damals aus der Wohnraumbeschaffung für Flüchtlinge. Ab 2005 wurden 270 Wohnungen, die im Eigentum des ÖIF standen, verkauft. Im Februar 2017 wurden beim ÖIF wegen des Verdachts, dass die Wohnungen zwischen August 2006 und August 2011 um rund sechs Millionen Euro unter dem Verkehrswert „an nahestehende Personen“ verkauft worden wären, Hausdurchsuchungen durchgeführt.[2][3] Laut Profil hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Juli 2023 „Anklage gegen fünf Beschuldigte und zwei Verbände in der Causa um angeblich zu günstig verkaufte Immobilien des Integrationsfonds (ÖIF) eingebracht haben.“[4] Der ÖIF hat sich dem Strafverfahren angeschlossen und fordert eine Schadenssumme von rund 11 Mio. Euro.[5] Im August 2024 begann der Prozess.[5]
Im Juni 2011 wurde Sebastian Kurz unter ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zum Integrationsstaatssekretär des Bundesministeriums für Inneres ernannt.[6][7] 2011 entstand als gemeinsame Kampagne des Integrationsstaatssekretariats mit dem Österreichischen Integrationsfonds und dem Unterrichtsministerium die Aktion Zusammen:Österreich. Sogenannte „Integrationsbotschafter“ besuchten Schulen, um mit Migranten über deren Identifikation mit dem Land Österreich zu diskutieren.[8][9] Auch Kurz war bei manchen Schulbesuchen dabei.[10][11] Insgesamt waren mehr als 300 „Integrationsbotschafter“ in ganz Österreich unterwegs.[12] Der Österreichische Integrationsfonds war Kurz’ erste Möglichkeit, „seine politischen Vorstellungen mit Geld und Personal umzusetzen. [...] Der Fonds ist seither stark gewachsen. [...] Johanna Mikl-Leitner nahm alle Probleme und Angriffe rund um das Thema Asyl und Flucht auf sich. Kurz’ Image dagegen sollte makellos bleiben. Ihm wurde gestattet, mit Positivthemen zu glänzen: Er ließ sich mit erfolgreichen Migranten aus Wirtschaft und Kultur ablichten. Er besuchte Schulen und Diskussionsrunden, etablierte sich als „Chef der Ausländer“. Vieles davon wurde über den ÖIF organisiert und abgewickelt.“[13]
Unter Sebastian Kurz wurden die Satzungen des ÖIF geändert und ein neuer Aufsichtsrat eingesetzt. Kurz war erst 25 Jahre alt, als er im Jahr 2011 unter der damaligen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zum Integrationsstaatssekretär ernannt wurde. Vorsitzender wurde Stefan Steiner, Büroleiter von Sebastian Kurz im Integrationsstaatssekretariat. Ein weiteres Mitglied des Aufsichtsrates wurde die jetzige Integrationsministerin Susanne Raab. Zum neuen Geschäftsführer wurde ab 2013 Franz Wolf, früherer stellvertretender Büroleiter von Sebastian Kurz. Mit der Bestellung von Wolf folgte der Aufsichtsrat einstimmig der Empfehlung der eingesetzten Bestellungskommission. Er ist gebürtiger Oststeirer und studierte Internationale Wirtschaftsbeziehungen in Eisenstadt. Er trat 2003 als Projektleiter eines Flüchtlings-Integrationsprojekts in den ÖIF ein und ist seitdem in verschiedenen Funktionen im Integrationsbereich tätig.[14][15]
Der ÖIF fördert gemäß Integrationsgesetz seit 2016 Deutschkursplätze an Standorten in ganz Österreich. 2023 wurde dies im Rahmen des „Startpaket Deutsch & Integration“ von der Vergabe von Fördermitteln auf ein öffentliches Ausschreibungsverfahren an die finanziell und inhaltlich am besten bewerteten Angebote von Sprachschulen umgestellt. Im „Startpaket Deutsch & Integration 2023“ ist für Kurse von Alphabetisierung bis zum Sprachniveau C1 für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte sowie ukrainische Vertriebene je Bundesland ein Auftragnehmer mit der Abwicklung der Deutschkurse beauftragt, in Wien sind es acht Auftragnehmer. Ab dem Sprachniveau A2 ist die Absolvierung einer ÖIF-eigenen Abschlussprüfung verpflichtend.[16]
Die Praxis der bevorzugten Vergabe von Fördermitteln an „kostengünstige Billiganbieter, vornehmlich profitorientierte Unternehmen“ sorgte bei DaF-Lehrenden für Kritik. Der ÖIF sorge durch diesen Preisdruck für schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen in der Sprachkursbranche.[17]
Für jedes Sprachniveau gibt der ÖIF ein Rahmencurriculum vor, das jeweils einen Bereich „Werte- und Orientierungswissen“ einschließt. Dieses umfasst gesellschaftliche Werte, Regeln, Konventionen und Orientierungswissen über Österreich. Dieses Wissen wird auch in den ÖIF-eigenen Abschlussprüfungen abgefragt.
2012 warf der ÖIF einer privaten Sprachschule vor, „mehrmals gegen die Prüfungsordnung verstoßen zu haben, nicht zertifizierte Lehrkräfte in den Kursen eingesetzt und fehlerhaft bewertet zu haben.“ 2015 entschied das Verwaltungsgericht Wien, dass die Vorwürfe nicht zuträfen, doch der wirtschaftliche Schaden war bereits zu groß, und die Sprachschule musste Konkurs anmelden.[18]
In den Integrationszentren bietet der ÖIF Beratung für Migranten und vermittelt finanzielle Unterstützungen, etwa für Deutschkurse oder Berufsausbildungen. Interessierte erhalten Auskünfte über die Integrationsvereinbarung und Fördermöglichkeiten. Außerdem fördert der ÖIF im Rahmen von Zusammen:Österreich Akademie Studierende mit Migrationshintergrund sowie Stipendien für Diplomarbeiten zu Integrationsthemen an Studenten österreichischer Universitäten oder Fachhochschulen.
Das vierteljährlich erscheinende und kostenlos erhältliche Magazin Zusammen informiert gesellschaftliche Multiplikatoren aus den Bereichen Politik, Bildung, Gesundheit, Sicherheit und Freizeit über aktuelle Integrationsthemen. Jährlich werden ein Statistisches Jahrbuch zu Integration und Migration und weitere Broschüren mit Zahlen und Fakten zu ausgewählten Themen publiziert. Wissenschaftliche Publikationen zu Hintergrundaspekten des Integrationsthemas und zu Herkunftsländern von Migranten sind online kostenlos verfügbar.
Anfang Oktober 2017 veröffentlichte der ÖIF die Ergebnisse einer Untersuchung über 16 Wiener Moscheevereine, „für die Imame befragt und Freitagspredigten angehört und ausgewertet wurden. Präsentiert wurde sie durch den ehemaligen Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und den beiden Studienautoren Heiko Heinisch und Imed Mehmedi.[19] Dabei kam heraus, dass nur zwei der 16 Moscheen eine Integration in Österreich einfordern und unterstützen, während sechs (vor allem türkische) Moscheevereine ‚die Integration in die Gesellschaft aktiv behindern und zum Teil fundamentalistische Tendenzen aufweisen‘. Besonders negativ fiel eine Moschee der Millî-Görüş-Bewegung auf, wo neben einer ‚prinzipiellen Ablehnung der Mehrheitsgesellschaft und ihrer Werte‘ auch eine ‚islamische Überlegenheit‘ und ein ‚damit einhergehender Weltherrschaftsanspruch, der notfalls auch gewaltsam durchgesetzt werden soll‘ gepredigt wurde.“[20]
Im Februar 2023 wurde eine Folgestudie zum selben Thema veröffentlicht. Autoren waren wiederum Heiko Heinisch und Imed Mehmedi. Im Gegensatz zum ersten Teil der Studie wurde diese ohne großen Aufwand veröffentlicht. So war die zuständige Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) nicht informiert worden.[21] Laut der Studie habe sich die Lage in den Predigten verbessert. Diese seien „weltoffener“ geworden, jedoch fehle an einer „emotionalen Verbundenheit“ zu Österreich.[22] Die Aussagekraft der Studie sei jedoch fragwürdig, die Religionssoziologin Astrid Mattes, Assistenzprofessorin an der Universität Wien, kritisiert: „Es ist ein verqueres Religionsverständnis, dass Menschen Demokratie über Religion vermittelt bekommen sollen. Religionen sind zwar Teil der Demokratie, aber in sich keine demokratischen Systeme.“[23][24]
Im September 2020 warf Alexander Pollak von SOS Mitmensch dem ÖIF vor, die Themen Rassismus, Diskriminierung und Hetze gegen Muslime wie die „Pest“ zu meiden. Zudem liefere er ausgewählten Ministern „politische Munition“.[25]
Im Zuge der Inseratenaffäre ermittelt die WKStA auch gegen den Österreichischen Integrationsfonds. So soll der ÖIF Inserate vor allem im Boulevard geschaltet haben und unsaubere Umfragen veröffentlicht haben, die dem persönlichen Interesse von Sebastian Kurz gedient haben. Inserate wurden in der Zeitung des ÖVP-nahen Österreichischen Cartellverband geschaltet. In Studien des ÖIF wurde abgefragt: „Wenn am kommenden Sonntag Nationalratswahlen wären, welche Partei würden Sie dann am ehesten wählen?“ und „Haben Sie von Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz eine eher gute oder eher keine Meinung?“.[14] Im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss veröffentlichte Nachrichten zeigen wie das Kabinett von Sebastian Kurz dem ÖIF „Feedback“ für eine Medienkampagne namens „Stolz drauf“ gab. Die E-Mails geben auch Einblick in Details der Medienarbeit des damaligen Außenministers.[26] Entgegen von etwaigen Berichten hat die Wirtschafts- und Korruptionsanwaltschaft (WKStA) keinen neuen Kronzeugen gegen Ex-Kanzler Kurz. Die Ermittlungen hätten nichts miteinander zu tun wurde von der Behörde bekanntgegeben. Das Verfahren zum Österreichischen Integrationsfonds habe nichts mit Kurz zu tun, berichteten Medien. Es gehe stattdessen um die Frage, ob damalige Manager des ÖIF Wohnungen zu günstig verkauft hätten.[27]
Im Zuge einer Informationskampagne über Corona-Maßnahmen im April 2020 soll der ÖIF Migranten unvollständig informiert haben. So soll in Videos und in SMS nicht erwähnt worden sein, dass erlaubt sei lediglich spazieren zu gehen, um Luft zu schnappen. Der Nationalratsabgeordnete Yannick Shetty (NEOS) brachte dazu eine parlamentarische Anfrage ein.[28]
Im Juli 2020 veröffentlichte der ÖIF eine Studie mit dem Titel „Soziale Brennpunkte im Kontext von Migration und Integration“. Diese wurde von Günther Ogris, Leiter des Forschungsinstituts SORA, in einem Gastkommentar für die österreichische Tageszeitung Der Standard als „wissenschaftlich wertlos“ bezeichnet, da diese eine „Maximum an Verzerrung“ liefere: „Ein wissenschaftlich sauberes, inhaltlich fundiertes und der Sache gerecht werdendes Bild ist mit diesen Daten nicht produzierbar, die Studie eignet sich für tendenziöse Betrachtungen und die Verstärkung von Stereotypen.“[29]
Internationale Schlagzeilen machte die Veröffentlichung des Sammelbandes „Islam europäischer Prägung“[30] im Januar 2018. In dem darin veröffentlichten Essay „Islam auf dem Balkan – ein historischer Überblick bis hin zur Gegenwart“ der Schweizer Romanistin Saïda Keller-Messahli sollten die „Ursachen für den politisch-religiösen Fundamentalismus“ in der Region ergründet werden. Der Text wurde aufgrund Unwissenschaftlichkeit, Falschinformationen und dem Vorwurf, muslimische Bosniaken würden als radikale Islamisten dargestellt, kritisiert.[31][32][33] Einige auf den Balkan spezialisierte Historiker nannten den Text „bösartige Propaganda“ und forderten den Integrationsfonds in einem offenen Brief auf, das Thema neu durch einen der vielen Experten mit Südosteuropa-Kompetenz erarbeiten zu lassen.[34]
2017 veröffentlichte Lorenzo Vidino eine vom BVT (10 000 Euro) und ÖIF (80 000 Euro) finanzierte Studie mit dem Titel „Muslim Brotherhood in Austria“. Diese Studie war bereits im „Projekt Ballhausplatz“ enthalten, die Studie sollte auf Vorschlag der Abgeordneten Stephanie Krisper (NEOS) Gegenstand des ÖVP-Korruption-Untersuchungsausschusses werden.[35] Diese Studie von Lorenzo Vidino war später Grundlage für die Operation Luxor, während der Amtszeit von Herbert Kickl (FPÖ) als Innenminister wurde sie „analysiert“.[36] In diesem Zusammenhang erstatten BVT-Beamte eine Anzeige gegen ehemalige Vorgesetzte.[37] Über diese Studie schrieb der Religionswissenschaftler Franz Winter, Professor an der Universität Graz: „Wie vielfach schon angemerkt wurde, besteht das Grundproblem dieser Arbeit darin, dass sie primär die vielen Gerüchte, die in verschiedenen österreichischen Medien über die Jahre kolportiert wurden, zitiert, affirmativ aufnimmt und ohne weitere Hintergrundausstattung oder zusätzliche Beweise im Raum stehen lässt. Es fehlt oft an Unterfütterung für die Behauptungen und in vielen Fällen werden zum Teil sehr alte Vorwürfe ohne Abwägung wiederaufgenommen.“[38] Anlässlich der Anschuldigungen zu seinen Publikationen erklärte Vidino in einem Wiener-Zeitung-Interview: „Wenn meine Arbeit fehlerhaft ist und ihnen Schaden zugefügt hat: Warum verklagen sie mich dann nicht? Es handelt sich nur um allgemeine Kritik, persönliche Angriffe und leere rechtliche Drohungen: Das ist für mich ziemlich enthüllend.“[39] Anas Schakfeh führte dazu aus, dass „in den USA ansässige Personen in Österreich so gut wie gar nicht geklagt werden können.“ Zudem fragt er, ob „nicht geklagt zu werden die falsche Behauptung beweisen“.[40] Die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) unterließ laut Eigenangaben eine Klage, da Lorenzo Vidino seinen Wohnsitz in den USA habe und somit eine Klage in Österreich „praktisch unmöglich“ sei. Zudem zitiert diese eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Graz in der es heißt, dass die „unter anderem auf der Vidino-Studie und Nachgesagtem aufbauende Einschätzung im Gutachten Scholz/Heinisch“ als Beweismittel ungeeignet sind.[41]
2024 wirft die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) einem ehemaligen ÖIF-Geschäftsführer sowie vier weiteren Personen bzw. zwei Verbänden Untreue bzw. Bestimmung und Beteiligung bzgl. zu günstig verkaufter Immobilien des ÖIF vor.[42] Ermittlungen dazu finden seit 2015 statt.[42]
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