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Despot von Serbien Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Stefan Branković (kyrillisch Стефан Бранковић; auch Stefan Djuradović Branković genannt; * um 1417 – 9. Oktober 1476 Burg Belgrado (nicht mehr vorhanden) in Varmo bei Udine, Italien) stammte aus der serbischen Dynastie der Branković und war vom 20. Februar 1458 bis 21. März 1459 der letzte Despot von Serbien seines Hauses. Wegen seiner 1441 erfolgten Blendung durch die Osmanen wurde er auch „Stefan der Blinde“ (Стефан Слепи), genannt.
Ein wesentlicher Teil seines Lebens wurde durch das Schicksal seines Vater Despot Đurađ Branković geprägt, der unter schwierigsten Verhältnissen von 1427 bis 1456 als Despot (Fürst) von Serbien regierte und durch den sein Sohn Stefan die dramatischen Auseinandersetzungen zwischen dem expandierenden Osmanischen Reich, den Balkanstaaten und den westlichen Mächten miterlebte. Traumatisierend war dabei wohl auch, dass sein Vater als osmanischer Vasall Truppen zur Eroberung von Konstantinopel durch Sultan Mehmed II. abstellen musste und damit Anteil am Untergang des Byzantinischen Reiches hatte, obwohl er mit dessen Kaisern verwandt und verschwägert war. Da Stefan blind war, folgte nicht er auf seinen Vater als Despot von Serbien, sondern sein jüngerer Bruder Lazar Branković – der einzige der verbliebenen Söhne mit Augenlicht – der von 1456 bis 1458 regierte.
Stefans eigene Regierungszeit betrug nur knapp ein Jahr. Er wurde auf Grund einer Intrige seiner Schwägerin Helena Palaiologina durch Matthias Corvinus, König von Ungarn, und Stjepan Tomaš Kotromanić, König von Bosnien, am 8. April 1459 abgesetzt und durch Helenas Schwiegersohn Stjepan Tomašević (* 1438; † Juni 1463 in Carevo Polje) ersetzt; dieser regierte anschließend nur vom 8. April bis 20. Juni 1459 als letzter Despot von Serbien, da die Osmanen das Land eroberten und dem Osmanischen Reich einverleibten und ihn zur Flucht zwangen. Er konnte sich anschließend 1461 bis 1463 als König von Bosnien halten. Stefan Branković floh seinerseits 1459 zunächst nach Albanien zu dem Fürsten Georg Kastriota „Skanderbeg“, heiratete dort dessen Schwägerin Angelina Arianiti, ging jedoch schließlich nach Norditalien ins Exil und lebte in der Festung Belgrado in Friaul, die Verwandten, den Grafen von Cilli, gehörte.
Trotz Exil, Landlosigkeit, Blindheit und offensichtlicher Machtlosigkeit wurde er von Zeitgenossen als wesentliche Stütze für die Kreuzzugspläne angesehen, die nach seiner Vertreibung geplant und durchgeführt wurden, um die Expansion des Osmanischen Reiches zu verhindern bzw. verloren gegangene Territorien zurückzugewinnen. Er war in deren Vorbereitungen involviert, indem er u. a. Gesandte an Papst Pius II. sandte und in verschiedenen Kreuzzugsplänen ausdrücklich als wesentlicher Faktor eines derartigen Unternehmens genannt wurde. Letztlich waren diese Bemühungen jedoch mangels Koordination und Unterstützung aus dem Westen vergeblich. Stefan starb nach 17 Jahren im Exil 1476 in der Burg Belgrado.
Die Nachwirkung seiner Person und seiner Familie beruht einerseits auf deren religiöser Bedeutung, da nicht nur er selbst und seine Ehefrau, Angelina Arianiti, als Heilige der Serbisch-Orthodoxen Kirche verehrt werden, sondern bereits seine Urgroßeltern Lazar Hrebeljanović „Zar Lazar“ von Serbien und dessen Gemahlin Milica Hrebeljanović, sein Vater Đurađ Branković, sowie auch zwei seiner Söhne, Djordje Stefanović Branković und Jovan Stefanović Branković.
Andererseits beruht seine Nachwirkung auf der Bedeutung seiner familiären Beziehungen, wie sich aus der Liste seiner Vorfahren ergibt, da diese über den vermuteten Umkreis eine regionale Dynastie des Balkans hinausgehen, indem dort nicht nur Vertreter führender Dynastien des Balkans, wie etwa die alte serbische königliche bzw. kaiserliche Dynastie der Nemanjić aufscheinen, sondern auch Herrscher des Byzantinischen Reiches, des 1204 gegründeten Lateinischen Kaiserreiches, bis hin zu Königen von Kastilien und von Aragón und selbst zu Kaiser Friedrich I. Barbarossa, auch bestanden Schwägerschaften zu Sultanen der Osmanen.
Stefans Nachwirkung beruht darüber hinaus auf seinen Nachkommen, und insbesondere auf denen seiner Tochter Maria Branković, die mit Bonifaz III. Palaiologos, Markgraf von Montferrat von 1463 bis 1494, verheiratet war; durch sie zählen zu seiner Nachkommenschaft zahlreiche europäische Dynastien – darunter u. a. das Haus Habsburg-Lothringen – die durch ihn mit seinen Vorfahren – und daher sowohl mit den spätmittelalterlichen Abwehrkämpfen gegen die osmanische Expansion, aber auch mit hochmittelalterlichen Gestaltern europäischer Geschichte sowie mit der Dynastie der osmanischen Sultane verbunden sind.
Stefan Branković stammt aus einer serbischen Adelsfamilie, die bereits zur Zeit, als die Dynastie der Nemanjić als Könige und Zaren in Serbien regierte, als Hofwürdenträger und Magnaten wichtige Funktionen ausübte. Die ältesten namentlich bekannten Vertreter waren zwei Brüder, Nicola und Mladen, die Gefolgsleute des Königs Stefan Uroš III. Dečanski waren, der von 1321 bis 1331 regierte, und anschließend im Dienst von Zar Stefan Uroš IV. Dušan standen, wobei Nicola als Zupan (Graf) in Nordalbanien diente und Mladen – der nähere Stammvater der Familie – unter der Regierung von König Stefan Milutin (regiert von 1282 bis 1321) und von 1322 bis 1323 als serbischer Woiwode (Feldherr) in Zahumlje diente. Dessen Sohn Branko Mladenović wurde zum Namensgeber der Familie.
Der Aufstieg der Familie stützte sich zunächst auf die gezielt aufgebauten verwandtschaftlichen Beziehungen zu den führenden serbischen Familien. Sie konnten darauf verweisen, dass sie in weiblicher Linie über Milica Nemanjić, Heilige der Serbisch-Orthodoxen Kirche, von der seit Jahrhunderten regierenden serbischen Herrscherfamilie der Nemanjić abstammten.
Gegen Ende der Dynastie der Nemanjić übernahm das Haus Mrnjavčević eine führende Rolle, indem Vukašin Mrnjavčević von 1365 bis 1371 und dessen Sohn Marko Kraljević von 1371 bis 1394/95 den Titel König von Serbien trugen. Die Branković waren mit diesen verschwägert, da Nikola Radonja Branković († nach 1365) seit 1350 mit Jelena Mrnjavčević, einer Schwester von König Vukašin, verheiratet war.
Auch mit der anschließend dominierenden Familie, den Lazarević, waren die Branković eng verbunden, da Vuk Branković (* 1345; † 6. Oktober 1397), Knez (Fürst) von Raska-Kosovo von 1371 bis 1396, mit Mara Lazarević († 1426), einer Tochter von Lazar Hrebeljanović, verheiratet war, der zum bedeutendsten serbischen Fürsten und nach seinem Tod in der ersten Schlacht auf dem Amselfeld am 15. Juni 1389 zum Märtyrer und Heiligen der Serbisch-Orthodoxen Kirche aufstieg. Über die Lazarevic bestanden u. a. auch Schwägerschaften zu den Balšić, Herren der Zeta, und zu den Kosača, Voivoden von Bosnien.
Stefan Branković selbst war mit dem albanischen Freiheitshelden Georg Kastriota, genannt „Skanderbeg“, verschwägert, da dieser mit Donica Arianiti, der Schwester seiner Frau, verheiratet war. Zugleich war Stefan dadurch mit bedeutenden albanischen Adelsfamilien wie den Fürsten Arianiti und den Fürsten Dukagjini verschwägert.
Stefan Brankovic hatte auch zu den damals angesehensten regionalen Dynastien – etwa zu den byzantinischen Kaiserfamilien, wie der Kantakuzenos und den Palaiologos und selbst zu der der Sultanen der Osmanen – familiäre Beziehungen, denn sein Großvater war mit Mara Lazarević verheiratet und durch deren Schwester Dragana Lazarević mit deren Gemahl Bayezid I., genannt „yıldırım“ (der Blitz), verschwägert, der von 1389 bis 1402 als Sultan des Osmanischen Reiches regierte. Stefan war selbst direkt mit den Osmanen verschwägert, denn seine Schwester Mara Branković († 1487) war seit 1435 mit Sultan Murad II. verheiratet und spielte eine wichtige politische Rolle.
Neben der Heiratspolitik beruhte der Aufstieg der Familie Branković auf dem Zerfall des serbischen Kaiserreiches, der sich 1371 mit dem Ableben von Zar Stefan Uroš V. verstärkte und dadurch der Familie Gelegenheit bot, sich territorial auszuweiten. So musste der letzte nominelle serbische König, Marko Kraljević, der von 1371 bis 1394/95 regierte, auch zugunsten der Familie Branković erhebliche Gebietsverluste hinnehmen. Dies ermöglichte es den Branković, die Grundlagen für die Errichtung des serbischen Despotates zu schaffen.
Stefans Vater Đurađ Vuković Branković (* 1375; † Smederevo 24. Dezember 1456),[1] war der erste seines Hauses, der als Nachfolger seines Onkels Stefan Lazarević 1427 als Despot von Serbien fürstlichen Rang erlangte und der zugleich derjenige der Familie war, der am längsten, nämlich von 1427 bis 1456 regierte und sich „Despot des Königreiches Rascia und Herr von Albanien“ nannte.[2]
Đurađ Branković lebte in schwierigen Zeiten, da Serbien ein Ziel der Expansionsbestrebungen des Osmanischen Reiches war und 1439 von den Osmanen besetzt wurde, was die Familie ins Exil zwang. Der Kreuzzug von 1443 unter der Führung des polnisch-ungarischen Königs Władysław III. und von Johann Hunyadi befreite Serbien von der osmanischen Besatzung und Djuradj Brankovic gewann seine Herrschaft zurück. In der Folge sah er sich jedoch gezwungen, sich zur Absicherung seiner Herrschaft dem Sultan zu unterwerfen. Er weigerte sich daher 1448, am Kreuzzug Johann Hunyadis gegen die Osmanen teilzunehmen, was wohl zur Niederlage der christlichen Truppen in der zweiten Schlacht auf dem Amselfeld (1448) beitrug. Besonders schwerwiegend erscheint, dass er sich als türkischer Vasall gezwungen sah, 1453 Truppen zur Eroberung von Konstantinopel abzustellen, und damit einen Beitrag zum Untergang des Byzantinischen Reiches leistete. Trotz dieses Beweises seiner Loyalität eroberten die Osmanen bereits im nächsten Jahr weite Teile Serbiens, wodurch sich Djurad gerade noch in seiner Hauptfestung Smederevo halten konnte. Djuradj begab sich nach Wien, um am Kaiserhof um Unterstützung zu bitten. Auf der Rückreise wurde er bei Belgrad vom Schwager Hunyadis Mihály Szilágyi als Verräter abendländischer Interessen gefangen genommen. Später freigelassen, verstarb er im Jahre 1456. Er war seit 26. Dezember 1414 mit Irene Kantakuzene verheiratet.
Stefans Mutter war Irene Kantakuzene (* um 1400; † 3. Mai 1457), die aus der bedeutenden byzantinischen Dynastie der Kantakuzenos stammte, eine Tochter des Theodoros Palaiologos Kantakuzenos und damit eine Nachkommin des byzantinischen Kaisers Johannes VI. Kantakuzenos war, der von 1341 bis 1354 regierte.
Die Genealogie der Kantakuzenos ist nicht ganz gesichert. Der hier wiedergegebenen Darstellung beruht auf dem Masarelli Manuscript,[3] dem auch die entsprechende Darstellung in der Wikipedia in englischer Sprache folgt. Theodoros Kantakuzenos war demnach mit Helena Ouresina Palaiologina (Nemanjić) verheiratet, einer Tochter von Jovan Uroš Nemanjić († 1422), „Kaiser der Serben und Griechen“, der von 1370 bis 1373 in Thessalien herrschte, und dessen Gemahlin, die eine Tochter von Radoslav Hlapen, einem serbischen Herren in Makedonien, war.
Stefan Branković wurde um 1417 als viertes Kind und dritter Sohn seiner Eltern geboren. Er wuchs gemeinsam mit seinen Geschwistern auf.
Stefan Branković wurde um 1417 und damit zu einem Zeitpunkt geboren, zu dem sein Vater Djuradj Branković noch nicht regierte, sondern der Autorität seines Onkels Stefan Lazarević (* 1377; † 1427) unterstand, der von 1402 bis 1427 als Despot von Serbien regierte. Stefan Branković war daher wohl anwesend, als nach dem Tod von Stefan Lazarević eine Versammlung des serbischen Adels im Jahre 1427 seinen Vater als dessen Nachfolger als Despot von Serbien anerkannte, wodurch die Familie Branković in die Reihe der Herrscher Serbiens aufstieg. Formell erhielt sein Vater im Mai 1429 durch einen Gesandten des Byzantinischen Kaisers Johannes VIII. Palaiologos. den byzantinischen Herrschertitel „Despot“. Zu diesem Kaiser, der von 1425 bis 1448 regierte, bestand insofern eine Verschwägerung, da er von 1421 bis 1426 mit Sophia von Montferrat (+ 21. August 1434) verheiratet war, deren Großneffe, Bonifazio III. Markgraf von Montferrat im Jahre 1485 zum Schwiegersohn von Stefan Branković wurde.[15]
Urkundlich erwähnt wird Stefan mit seinen Eltern und Geschwistern in einer Urkunde seines Vaters Đurađ vom 11. September 1429, mit der dieser zugunsten des Klosters Esphigmenou Monastery at Mount Athos eine Stiftung errichtet.[16] Während seiner langen Wartezeit auf die Nachfolge im Despotat erlebte Stefan Brankovic die dramatische Verschärfung des Konfliktes mit dem expandierenden Osmanischen Reich sowie die verschiedenen Bemühungen des Westens, durch Kreuzzüge die verlorenen Gebiete wieder zurückzuerlangen.
Die Bindung an benachbarte Mächte war eine wesentliche Überlebensstrategie zu dieser Zeit, wodurch es – je nach den Machtverhältnissen – öfters auch zu Wechseln kam. So war Djurad durch den Titel Despot an Byzanz gebunden, musste sich aber der Souveränität des Osmanischen Reiches unterwerfen und sich zum ungarischen Vasallen machen, um am Kreuzzug von Varna teilnehmen zu können. Ähnlich erscheint Stefan im Jahre 1435 als Bürger der Republik Venedig, die dadurch ihre eigenen Interessen am Balkan zu stützen versuchte.
Stefan dürfte sich bald darauf seinem ältesten Bruder Grgur Branković angeschlossen haben, der bereits in der Urkunde von 1429 mit dem Titel Despot aufscheint. Der Bezug zum Kaiserreich von Byzanz war durch diesen Titel zwar theoretisch gegeben, ausschlaggebend waren jedoch die konkreten Machtverhältnisse, die immer wieder vom Osmanischen Reich dominiert wurden. So war bereits Stefans Großvater von Sultan Murad I. vertrieben worden, der Stefans Vater um 1398/1402 große Teile dieses Besitzes restituierte, ihn jedoch dazu verpflichtete, als Kommandant serbischer Truppen an seiner Seite am 20. Juli 1402 in der Schlacht bei Ankara zu kämpfen, in der Sultan Murad I. unterlag und in Gefangenschaft des Gründers des Reiches der Timuriden auf dem Gebiet des heutigen Afghanistan, Iran und Zentralasien, Timur Lenk (* 9. April 1336; † 17./19. Februar 1405) geriet.
Bald nach der Übernahme der Herrschaft durch Stefans Vater Djuradj Branković, sah sich dieser einer doppelten Herausforderung gegenüber, da die Ungarn in seinen Herrschaftsbereich einmarschierten, um – gemäß einer Vereinbarung mit Djuradjs Vorgänger – Mačva und Belgrad wieder unter ihre Kontrolle zu bringen, während gleichzeitig die Osmanen im Süden Niš, Kruševac und Golubac eroberten und darauf bestanden, dass Djuradj sich der osmanischen Souveränität unterwarf.
Die Enge der Beziehung zum Osmanischen Reich unterstreicht nicht zuletzt der Umstand, dass 1433 Stefans Tante Mara Branković Sultan Murad II. zur Frau gegeben wurde.
Im Jahr 1439 kam es zu einem osmanischen Angriff auf das Despotat Serbien, bei dem Skanderbeg als osmanischer Vasall mitwirkte, wobei große Teile des Despotates erobert wurden.[17] Stefans Vater Djuradj Brankowic wurde zur Flucht gezwungen und zog sich mit seiner Familie nach Smederevo zurück, wo er am Zusammenfluss der Flüsse Morava und Donau eine mächtige Festung erbaut hatte. Dieses Herrschaftszentrum erwies sich jedoch als von geringer Dauer, da die Festung kurz darauf von den Osmanen erobert wurde, wodurch sich der von Stefans Vater beherrschte Teil Serbiens im Wesentlichen auf Novo Brdo im Kosovo beschränkte, wohin sich nunmehr der Sitz der Herrschaft – und der Familie – verlagerte.
Stefans Bruder Grgur Branković unterwarf sich daraufhin dem Osmanischen Reich und wurde daraufhin um 1439 von Sultan Murad II. zum Gouverneur der Besitzungen des Hauses Branković im südlichen Serbien eingesetzt, wozu wohl auch seine Tante Mara, die Gemahlin des Sultans beigetragen haben dürfte. Stefan Branković begab sich daher bald darauf an den Hof seines Bruders. Die dadurch erreichte Absicherung der Herrschaftsansprüche der Familie erwies sich jedoch als von kurzer Dauer, da Grgur 1441 beschuldigt wurde, gegen die osmanische Herrschaft zu intrigieren. Er wurde daraufhin abgesetzt, gemeinsam mit seinem Bruder Stefan nach Amasya gebracht, wo beide im Auftrag von Sultan Murad II. grausam geblendet – und für eine Herrscherfunktion ausgeschlossen wurden. Stefan trug von da an den Beinamen Stefan der Blinde.[18] Im selben Jahr wurde im Juni 1441 auch Novo Brdo von den Osmanen erobert und Serbien damit zur Gänze annektiert. Zwei Jahre später traf Sultan Mohammed ein schwerer Schlag, da 1443 sein geliebter Kronprinz, Alaeddin Ali Celebi, von dem Hofbeamten Kara Hidr Pascha erwürgt wurde. Nach Skanderbegs Gesandten in Rom wäre der Kronprinz einer Verschwörung zum Opfer gefallen, bei der Skanderbeg eine treibende Kraft gewesen wäre. Eine Hypothese, die mit der Blendung der Brüder Branković zusammenhängen könnte, da die Gemahlin des Sultans, Mara Branković von der Blendung ihrer Neffen sehr betroffen war und zugleich auch ihr bevorzugter Stiefsohn – der spätere Sultan Mehmed II. – größtes Interesse daran hatte, den bevorzugten Bruder aus dem Weg zu räumen.[19]
Das durch den Zusammenbruch Serbiens entstandene Machtvakuum führte zu Überlegungen im Westen, die Lage am Balkan durch einen Kreuzzug zu stabilisieren, wozu beitrug, dass es nach langen Verhandlungen 1439 am Konzil von Ferrara/Florenz zur Union zwischen der Katholischen und der Orthodoxen Kirche gekommen war. Am Neujahrstag des Jahres 1443 verkündete Papst Eugen IV. die Kreuzzugsbulle. Geplant war ein Zangenangriff zu Land und zur See von Norden aus Ungarn und von Süden über das Mittelmeer. Die Wiederherstellung des Serbischen Despotats war dabei ein ausdrückliches Ziel, wie Ibrahim von Karaman in einem Schreiben an Johann Hunyadi festhielt: „Du marschierst von Westen. Ich aus dem Osten. Rumelien wird dein. Anatolien mein. Wir werden Djuradjs Land zurückgewinnen“.[20]
Stefans Familie – landlos und vertrieben – setzte ihre Hoffnung in den auf päpstliche Initiative erfolgenden ungarisch-serbischen Kreuzzug von Varna des Jahres 1443, der unter der Leitung von Władysław III. König von Polen und Ungarn, von Johann Hunyadi, Voivode von Transsylvanien und Herzog Philip dem Guten von Burgund stand und bei dem Stefans Vater Đurađ Branković einer der Kommandeure war. Möglicherweise begleitete Stefan dabei seinen Vater. Der Kreuzzug verlief anfangs erfolgreich, da es am 8. November 1443 in der Schlacht von Niš zu einem Sieg der westlichen Truppen kam, durch den Smederovo, Niš und Sofia zurückerobert werden konnten. Im anschließenden Friedensvertrag erklärte sich Sultan Murad II. dazu bereit, der Erneuerung des serbischen Staates unter Stefans Vater und einem zehnjährigen Waffenstillstand zuzustimmen. Stefans Vater, glücklich darüber, wider Erwarten seine Herrschaft über das Despotat Serbien neuerlich erlangt zu haben, weigerte sich, an dem im darauf folgenden Jahr 1444 erfolgenden Angriff der Kreuzfahrer – der im Widerspruch zu dem jüngsten Friedensabkommen stand – teilzunehmen und setzte sich – auf Veranlassung seiner Tante, der Sultana Mara Branković – vergeblich – für einen Frieden mit den Osmanen ein. Anschließend kam es am 10. November 1444 zur Schlacht bei Warna, die mit einer schweren Niederlage der Kreuzfahrer endete. Stefans Vater erneuerte hingegen seine Loyalität gegenüber dem Osmanischen Reich. Am 17. September 1445 scheint Stefan als Mitunterzeichner einer Urkunde auf, mit der sein Vater die Privilegien der Stadt Ragusa bestätigt. Zu einer neuerlichen Niederlage christlicher Kreuzfahrer kam es im Oktober 1448 in der zweiten Schlacht auf dem Amselfeld, wozu beitrug, dass sich Stefans Vater wegen des Loyalitätskonfliktes – er war Vasall sowohl Ungarns wie auch der Osmanen – geweigert hatte, an dieser Schlacht teilzunehmen. Eine Haltung, die ihm Stefan Hunyadi nicht verzieh. Umgekehrt war Djuradj Branković bemüht, unter osmanischem Schutz seine Herrschaft zu erweitern. Er lieferte sich Kleinkriege mit Bosnien und schickte Gesandte in Murads Lager, um Hilfe gegen Venedig zu erbitten um die Herausgabe des Küstenlandes um Skutari zu erlangen.[21]
Eine tiefgreifende historische Wende war der durch die Niederlagen der Kreuzfahrer im Jahre 1448 ermöglichte Fall von Konstantinopel im Jahre 1453. Dabei war Stefans Vater als türkischer Vasall gezwungen, Truppen zur Eroberung von Konstantinopel abzustellen und damit einen Beitrag zum Untergang des Byzantinischen Reiches zu leisten. Zugleich kam es zu einer Flüchtlingswelle der griechischen Bevölkerung, die auch Serbien erreichte, wobei Stefans Vater viele griechische Sklaven loskaufte.
In den Jahren 1454 und 1454 erfolgten neuerliche türkische Angriffe, durch die das Herrschaftsgebiet der Familie auf das Gebiet nördlich des westlichen Morawa-Flusses reduziert wurde.
Nicht die Osmanen, sondern die früheren ungarischen Verbündeten beendeten das Leben von Stefans Vater. Er wurde von ungarischen Truppen unter Mihaly Szilágyi gefangen genommen. Die an ihn gestellten Lösegeldforderungen blieben erfolglos, da Djuradj Branković am 24. Dezember 1456 verstarb.
Die Nachfolge übernahm Stefans jüngerer Bruder Lazar Branković, da seine beiden älteren Brüder 1441 von den Osmanen geblendet worden waren und daher für Regierungsgeschäfte nicht geeignet erschienen. Lazar musste sich während seiner kurzen Herrschaft in den Jahren 1457 bis 1458 in erster Linie um Streitigkeiten mit seiner Mutter und seinen Geschwistern kümmern. Im Jahre 1457 unterwarf er sich den Osmanen und schwor Sultan Mehmed II., dem Sohn und Nachfolger von Sultan Murad I., Gehorsam, wohl um eine Invasion osmanischer Truppen zu vermeiden. Er verstarb nach einer sehr kurzen Regierungszeit am 20. Februar 1458.
Nach dem Tod Lazars blieben nur noch dessen blinde Brüder Stefan und Lazar Branković als mögliche Erben des serbischen Despotates über. Stefan gelang es, sich den Thron durch Zusammenarbeit mit seiner Schwägerin, der Witwe Lazars, Helena Palaiologina zu sichern, die eine Tochter von Thomas Palaiologos, Despot von Morea und der Catherina Zaccaria, die aus dem Fürstentum Achaia war. Seine Regierungszeit war jedoch sehr kurz, vom 20. Februar 1458 bis 8. April 1459, da König Matthias Corvinus von Ungarn und Stjepan Tomaš, König von Bosnien – der Vater von Stjepan Tomašević – Stefan Branković am 8. April 1459 absetzten. Stefans Schwägerin Helena stand keineswegs bedingungslos hinter ihrem Schwager, sondern verfolgte eigene Interessen: nachdem sie eine ihrer Töchter mit Stjepan Tomašević verheiratet hatte, sorgte sie dafür, dass sie ihrem Schwiegersohn die Nachfolge als Despoten von Serbien sicherte. Diese Funktion endete jedoch bereits am 20. Juli 1459, als die Osmanen Smederevo ohne Schwertstreich eroberten und damit das serbische Despotat endgültig beseitigten.[22][23] Stefan Tomasević regierte von 1461 bis 1463 als Nachfolger seines Vaters als letzter König von Bosnien.
Stefan floh daraufhin nach Albanien und fand dort im Sommer 1459 bei Skanderbeg Zuflucht. Durch dessen Vermittlung heiratete Stefan im November 1460 dessen Schwägerin, Angelina Arianiti, die aus der albanischen Magnatenfamilie der Arianiti stammte.[24] Skanderbeg gab Stefan Branković dazu als Apanage einen namentlich nicht bekannten Gutsbesitz in Albanien. Auch zu Skanderbeg bestand bereits eine Verwandtschaft, da nach Oliver Jens Schmitt[25] Skanderbegs Mutter Voislava vermutlich eine Tochter von Grgur Branković war. Darüber hinaus heiratete Ivan Kastriota, der Sohn Skanderbegs, eine Tochter von Stefans Bruder Lazar Branković. Stefan Branković begab sich auf Skanderbegs Empfehlung 1461 nach Norditalien und ließ sich in der Burg Belgrado in der Gemeinde Varmo in der Region Friaul nieder, die sich im Besitz der Grafen von Cilli befand, aus der Graf Ulrich II. seit 1432/34 mit Katharina Branković, einer Schwester Stefans verheiratet war. Dort wurde u. a. auch seine Tochter Maria Branković im Jahre 1466 geboren. Von den berühmten „sette Castelli“ in Belgrado sind heute nur noch geringe Reste – etwa in der Pfarrkirche – der ehemaligen Schlosskapelle – vorhanden.[26]
Im Jahre 1463 wurden in Rom Überlegungen zur Durchführung eines Kreuzzuges gegen die Osmanen angestellt, nachdem Herzog Philipp III. von Burgund († 1467) sich auf prunkvollen Festen und mit feierlichen Schwüren verpflichtet hatte, gegen die Osmanen in den Krieg zu ziehen. Der Orden vom Goldenen Vlies sollte dabei die Verteidiger des Kreuzes zusammenschließen. Papst Pius II. (Enea Silvio Piccolomini), Burgund und Venedig würden eine Flotte mit italienischen und abendländischen Soldaten über die Adria führen sich dort mit einheimischen Christen vereinigen und von Norden würde König Matthias Corvinus angreifen.[27] Paolo Morosini, der venezianische Gesandte beim Heiligen Stuhl, war Verfasser eines noch ausgereifteren Planes, nach dem ganz Bulgarien, Serbien, Bosnien, Makedonien, Epirus, Thessalien, Attika und der Peloponnes erobert werden sollten. Dafür hielt er 80–100.000 Mann erforderlich, die von Polen, Böhmen, dem serbischen Despoten Stefan Branković, dem Woiwoden der Walachei, von Ungarn und von Italien aufgebracht werden sollten.
Bemerkenswert ist dabei, dass sich Stefan Branković – trotz Blindheit und Machtlosigkeit nach Vertreibung aus seinen Ländern – in Europa eine beachtliche Reputation als Kämpfer gegen das Osmanische Reich bewahrt hatte. Stefan Branković wird 1463 auch in einem Schreiben Skanderbegs an den Herzog von Mailand, Francesco I. Sforza erwähnt, in dem dieser von der Ankunft des landflüchtigen Stefan Branković berichtet, den er als vorbildlichen Christen beschreibt, „der vor den wilden und ruchlosen Türken wegen seiner Liebe zur Christenheit aus seinem Reich vertrieben wurde“[28] Stefan Branković spielte – trotz Absetzung und Exil – in den Vorbereitungen des Kreuzzuges tatsächlich eine gewisse Rolle, da er – gemeinsam mit Skanderbeg – an Papst Pius II. am Donnerstag nach Ostern 1463 einen Gesandten in dessen Urlaubsort Petriolo sandte, um seinen Vorschlägen Gehör zu verschaffen.
Die Vereinbarung zum Kreuzzug gegen das Osmanische Reich wurde von Papst Pius II., Herzog Philipp dem Guten von Burgund und Venedig schließlich am 12. September 1463 beschworen. Jedoch lösten sich Im folgenden Jahr alle einschlägigen Vorbereitungen auf, da Papst Pius II. am 15. August 1464 verstarb, Frankreich gegen die Beteiligung von Burgund war, Venedig nur eine minimale Flotte bereitstellen wollte und Sultan Mehmed II. der Eroberer durch die Eroberung Bosniens die Landverbindung zwischen Ungarn und Skanderbegs Herrschaft unterbrochen hatte.[29]
Stefan Branković verstarb im Exil auf Schloss Belgrado in Friaul am 9. Oktober 1476. Nach dem Tod von Stefan Branković blieb seine Witwe mit den Kindern vorerst in Belgrado, übersiedelte jedoch 1479 nach Kärnten in Österreich, da ihr Kaiser Friedrich III. das Schloss Weitersfeld im Gurktal (heute nicht mehr vorhanden) übertragen hatte.
Stefan Branković stiftete um 1450 nahe dem Dorf Jakovo in der heutigen Gemeinde Surčin – etwa 25 km von Belgrad entfernt – das Kloster Fenek (Манастир Фенек) der Serbisch-Orthodoxen Kirche. Das Kloster wurde der heiligen Märtyrerin Mutter Paraskeva geweiht und als Festtag der 26. Juli, nach gregorianischem Kalender der 8. August festgelegt. Nach Aufzeichnungen des 18. Jahrhunderts wurde die alte Klosterkirche in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts im Geist serbischer mittelalterlicher Architektur errichtet. Durch Stefans Gemahlin Angelina Arianiti wurde die Kapelle des Klosters erbaut, die jedoch um 1600 durch einen Neubau ersetzt wurde. Das Kloster unterstand bis 1717 der osmanischen Regierung. Die neue Kirche wurde zwischen 1793 und 1797 errichtet. Um diese Zeit war das Kloster ein Ort historischer Begegnungen. So traf hier 1788 Knez Alexa Nenadović Kaiser Joseph II., während nach dem ersten serbischen Aufstand im Jahre 1813 dessen Anführer, Đorđe Petrović genannt „Karadjordje“ und sein Sohn einen Monat im Kloster lebten und sich gleichzeitig Mönche aus dem Kloster Studenica mit den Reliquien des heiligen Königs Stefan Uroš I., dem „Erstgekrönten“ († 1280) bis 1815 dort aufhielten. Das Kloster wurde im Ersten Weltkrieg niedergebrannt und im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört, jedoch 1991 wieder aufgebaut. An die Zeit der Stifter erinnern jedoch nur noch archäologische Reste.
Stefan Branković wird von der serbisch-orthodoxen Kirche als Heiliger verehrt.
Stefan Branković, der nach seiner Absetzung Schutz bei Skanderbeg in Albanien gesucht hatte, heiratete durch dessen Vermittlung 1461 in Skutari Angelina Arianiti († Krušedol 30. Juli 1520),[30] eine Tochter von Gjergj Arianiti († vor Juni 1461), Herr von Cerminica, von Mochino und von Spatenniaus, aus dessen erster Ehe mit Maria Muzaki († vor 1444), die eine Tochter von Andrea Musaki und der Ana Zenevesi war.[31] Sie stammte aus einer der ältesten albanischen Adelsfamilien und war eine Schwester von Andronika (Donika) Arianiti, der Ehefrau des albanischen Freiheitskämpfers Georg Kastriota bekannt als „Skanderbeg“.[32] Stefan Branković kam durch diese Ehe u. a. auch in Schwägerschaft mit drei Mitgliedern der prominenten albanischen Magnatenfamilie Dukagjini sowie mit Jovan Crnojević († 1490), Fürst der Zeta von 1465 bis 1490 und Gojko Stresi Balšić († nach 1478) Herr von Misja und mit Costantino Arianiti Comneno, Titulat-Despot von Mazedonien und Thessalien.[33] Serbische Chroniken vermerkten aus Anlass dieser Ehe, Stefan Branković hätte damit in ein Geschlecht kaiserlichen Geblütes eingeheiratet. Nach denselben serbischen Quellen wäre Angelina Arianiti eine hochgebildete und kluge Dame gewesen.[34] Angelina zog sich als Nonne in das von ihr gegründete Kloster Krušedol in der Fruška Gora zurück und wird in der serbisch-orthodoxen Kirche als Heilige verehrt. Festtag: 30. Juli.
Die nachstehende Ahnenliste von Stefan Branković illustriert dessen familiäre Vernetzung. Die Nummerierung erfolgt nach dem System von Stephan Kekule von Stradonitz, wonach der Vater jeweils die doppelte Zahl erhält als sein Kind und die Mutter die doppelte Zahl plus eins.
Eltern:
Großeltern
Urgroßeltern:
Vorfahren 4. Generation:
Vorfahren 5. Generation:
Vorfahren 6. Generation:
Vorfahren 7. Generation:
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