Skyrmion
Modellbegriff der Festkörperphysik, Wirbel von Solitonen in Feldern / aus Wikipedia, der freien encyclopedia
Als Skyrmion (nach Tony Skyrme) wird in der theoretischen Physik ein Modell topologisch stabiler Solitonen-Wirbel in Feldern bezeichnet. Diese Wirbel verhalten sich wie Teilchen bzw. Quasiteilchen endlicher Masse.[1]
Skyrmionen verwendete man als Modell ab 1958 bei Versuchen, die bis dahin rätselhafte Starke Wechselwirkung zu erklären. Ihr unterliegen insbesondere Protonen, Neutronen und Pionen. Tony Skyrme wollte die Starke Wechselwirkung damit erklären, dass Protonen und Neutronen Wirbel in Pionenfeldern wären.[2][3][4][5] Man nannte die stabilen Wirbel "Skyrmionen". Um 1965 wurde klar, dass Protonen, Neutronen und Pionen aus Quarks bestehen. Damit bedurfte man in der Kernphysik keiner Skyrmionen als Erklärungsmodell mehr.
Ab den 1980er Jahren übernahm man den Modellbegriff in der Festkörperphysik und er wurde auch in der Teilchenphysik mit Arbeiten von Edward Witten und verschiedenen Bag-Modellen für Hadronen populär (siehe auch Kenneth A. Johnson). In der Festkörperphysik wurde er u. a. beim Quanten-Hall-Effekt in zweidimensionalen Elektronengasen diskutiert. Derzeit untersucht man Skyrmionen auch an Oberflächen und Grenzflächen magnetischer Systeme.[6][7]
Anfang 2009 konnte an der TU München von Sebastian Mühlbauer, Christian Pfleiderer, Peter Böni, dem Theoretiker Achim Rosch (Universität zu Köln) und anderen erstmals ein Skyrmionengitter in einem magnetischen Festkörper (Mangansilizium bei −245 °C und in einem Magnetfeld von 0,2 Tesla) direkt nachgewiesen werden.[8] Eine im September 2010 eingereichte und im Juli 2011 veröffentlichte Publikation einer Forschergruppe der Universitäten Kiel und Hamburg sowie des Forschungszentrums Jülich beschreibt den ersten Nachweis von Skyrmionen ohne externes Magnetfeld.[9][10] 2013 gelang es an der Universität Hamburg, Skyrmionen gezielt auf Oberflächen zu erzeugen und zu löschen.[11] Da man stabile Skyrmionen auch bei Zimmertemperatur nachwies, erscheint ihr Einsatz in schnellen Informationsspeichern künftig möglich. Hierbei unterscheidet man in Kristallen Néel- und Bloch-Skyrmionen sowie Anti-Skyrmionen als Mischung aus Néel- und Bloch-Zuständen.[12] 2019 gelang die dreidimensionale Auflösung der magnetischen Struktur von Skyrmionen, wobei die rund 100 nm großen Skyrmionen in Vielfachschichten von Ta/CoFeB/MgO untersucht wurden.[13][14] Dabei stellte sich die Dipol-Dipol-Wechselwirkung zusammen mit der Wechselwirkung mit dem äußeren magnetischen Feld als besonders wichtig für die Stabilisierung heraus.[15]