Siegfried Buchenau war das vierte Kind[2] des Bremer Botanikers und Pädagogen Franz Georg Philipp Buchenau und seiner Frau Margarethe Auguste, geb. Adami († 1905). Der Numismatiker Heinrich Buchenau war sein ältester Bruder.
Er ging nach Mexiko, heiratete Anna Emilie, geb. Vermehren und war in Torreón sehr erfolgreich im Landhandel tätig. Gemeinsam mit seinem Schwiegervater, dem Vizekonsul des Deutschen Reichs in Torreon Julius (Julio) A. Vermehren[3] besaß er dort große Landflächen.[4]
Am 1. Mai 1913 pachtete er das Herrenhaus Niendorf nebst Zubehör und Jagd (Gut Weißenrode) von der Stadt Lübeck, das er bis zu seinem Tod bewirtschaftete und bewohnte.[5] 1920 erwarb er das Gut Warleberg (Gemeinde Neuwittenbek) hinzu, das bis heute von seinen Nachkommen bewirtschaftet wird.[6]
1921 erklärten Senat und Bürgerschaft in Lübeck der Situation und dem Druck der Sozialdemokraten folgend „das (Reiter)Standbild bestmöglich zu verwerten“.[8] Buchenau erstand die Plastik und ließ es im Park des Herrenhauses aufstellen. Das Denkmal gelangte 1934 wieder in den Besitz der Stadt und steht heute zwischen dem Lindenplatz und Bahnhof.
Zu den Gästen des Paares auf Niendorf gehörte der Kapellmeister und Komponist Hermann Hans Wetzler, der hier 1922 seine Symphonische Phantasie für Orchester, op. 10 vollendete, ihr den Titel Weissenrode gab und sie Anna und Siegfried Buchenau widmete.[9]
Bedeutend wurde Siegfried Buchenau als Kunstsammler und Mäzen. Er gehörte zu den Stiftern der von Karl Schaefer 1918 initiierten Overbeck-Gesellschaft. Der Kulturkritiker Abram B. Enns hebt hervor, dass es zwei qualifizierte Privatsammler in Lübeck gab, die es dem engagierten Museumsdirektor Carl Georg Heise in den Zwanziger Jahren und bis zu seiner Entlassung 1933 ermöglichten, in Lübeck mehrfach moderne Kunst (auch solche aus dem Ausland) auszustellen, neben dem bekannteren Max Linde nennt er Siegfried Buchenau.[10]
Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte der Lübecker Museumsdirektor Hans Arnold Gräbke den 1940 „frei gewordenen“ Sockel des Jünglings von Georg Kolbe[11] im Garten des Behnhauses dank einer Leihgabe der Erben Buchenaus mit dem Ehernen Zeitalter des Bildhauers Auguste Rodin besetzen, diese Leihgabe, die von der Sammlung Max Linde an Siegfried Buchenau übergegangen war, wurde jedoch in den 1950er Jahren zurückgezogen.[12]
Der Sohn Franz (Wilhelm) Buchenau (* 29. September 1900 in Torreón; † 13. März 1969 in Mexiko-Stadt) wurde Manager des Solinger Export-Unternehmens Heinrich Böker.[13]
Die Tochter Margarete (* 1913) heiratete den Drucker Alfred Zantop (* 1900 in Wildungen)[14], der seit 1925 in Barcelona lebte, dort eine Druckerei betrieb und den die Alliierten verdächtigten, ein Abwehr-Agent der deutschen Nationalsozialisten in Spanien zu sein[15] und der in Sachen Raubkunst über eine direkte Ansprechebene bei Hermann Göring verfügte.[16] Er verkaufte mehrere Kunstwerke über den nationalsozialistischen Kunsteinkäufer Alois Miedl.[17] 1955 wird Zantop als Leihgeber der Westberliner „Adolph Menzel“-Ausstellung in Berlin im Katalog erwähnt.[18] Ein Sohn von Alfred und Margarete Zantop war der gemeinsam mit seiner Frau Susanne 2001 ermordete[19] Geologe und Professor am Dartmouth CollegeHalf Zantop, in deren Nachlass Sammlungsbestandteile der Sammlung Siegfried Buchenau dokumentiert sind.
Siegfried Buchenau erwarb eine umfangreiche Kunstsammlung, die er seiner Frau vermachte und aus der seine Witwe Anna Buchenau und die Erben in den folgenden Jahren einzelne Stücke veräußerten. Eine vollständige Dokumentation dieser bedeutenden Sammlung im Zusammenhang ist nicht bekannt, allerdings sind Recherchen zu einzelnen Sammlungsbestandteilen verfügbar. Zur Sammlung Buchenau gehörten nach heutigem Stand der Provenienzforschung aufgrund dokumentierter Transaktionen am Kunstmarkt folgende Werke (nach Verkäufen bzw. letzten Besitznachweisen geordnet):
Jakob Philipp Hackert: Italienische Stadt mit Wasserfall (Isola de Sora; Die Cascata Grande in Isola die Sora) (1794), ca. 1937 verkauft an die Kunsthandlung Hildebrand Gurlitt[26]
(Kopie nach) Philips de Koninck: Wide River Landscape, erworben nach 1915, 1967 im Besitz der Tochter Margarete Zantop[27]
Gabriel Metsu (?): Christus und die Ehebrecherin (ca. 1650), erworben vor 1928, 1939 ausgestellt durch Jacques Goudstikker, vermutlich 1940 verkauft an niederländische Privatsammlung[29]
Hans Thoma: Der Hüter des Tales, Fassung von 1889, 1937 über Karl Haberstock an Adolf Hitler für den Berghof (Obersalzberg) verkauft, seit 1945 verschollen[34]
Kopie des 19. Jh. aus der Sammlung Charles Crews in London nach Philips de KonincksFlusslandschaft, 1967 im Eigentum der Tochter Buchenaus, Margarete Zantop, in Barcelona[36]
Quiringh van Brekelenkam: Young woman looking in the mirror, with a maidservant in an interior (1662), erworben 1930, 1950 in einer Lübecker Privatsammlung[38]
Jan Steen: The marriage of Tobias and Sarah (Tobit 7) (1667–1672), erworben 1928 über Karl Haberstock, 1958 durch Alfred Zantop in Barcelona verkauft an Karl Girardet[39]
1922 erwarb er das ursprünglich zur Aufstellung auf dem Lübecker Markt vorgesehene Reiterdenkmal Kaiser Wilhelm I. von Louis Tuaillon[48] und ließ es im Park von Gut Niendorf aufstellen; 1934 erwarb die Stadt Lübeck es zurück.
Eines der Hauptwerke des Bildhauers Johannes Junge ist die um 1420 datierte sogenannte Niendorfer Madonna im St.-Annen-Museum Lübeck, benannt nach dem damals von Buchenau gepachteten Lübecker Stadtgut Niendorf, wo sie am Giebel einer Scheune angebracht in den 1920ern wieder aufgefunden wurde. Sie soll dort mit drei weiteren Skulpturen seit Anfang des 19.Jahrhunderts gestanden haben.[49] Das Gut gehörte zu der Zeit dem Lübecker MaireFriedrich Adolph von Heintze. Es wird vermutet, dass sie ursprünglich zur Ausstattung einer der Anfang des 19. Jahrhunderts abgebrochenen Lübecker Nebenkirchen oder Kapelle der Gotik gehört haben könnten.
Enns, Kunst und Bürgertum. Die kontroversen zwanziger Jahre in Lübeck. Christians/Weiland, Hamburg/Lübeck 1978, S. 173 ISBN 3-7672-0571-8; so auch Carl Georg Heise selbst in seiner Bestandsaufnahme Lübecker Kunstpflege, 1920-1933: Im Auftrage der Vorsteherschaft des Museums für Kunst- und Kulturgeschichte, Museen für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck, Freie und Hansestadt Lübeck 1934, S. 80
Jürgen Buchenau: Tools of Progress: A German Merchant Family in Mexico City, 1865-present. Albuquerque: UNM Press 2004, ISBN 978-0-8263-3088-8, S. 111 und 211
First Supplement to the Appendix U.S. and Allied Efforts To Recover and Restore Gold and Other Assets Stolen or Hidden by Germany During World War II - Finding Aid to Records at the National Archives at College Park, 1997, S. 199: Guide to Goering Paperspdf
Ausstellung Adolph von Menzel aus Anlass seines 50. Todestages: Berlin, Mai bis Juni 1955 im Museum Dahlem, Arnimallee, Nationalgalerie (West), Museum Dahlem 1955, S. 17; 50
Walter A. Liedtke: Dutch Paintings in the Metropolitan Museum of Art. New York: Metropolitan Museum of Art 2007, ISBN 978-1-58839-273-2, S. 407 f., Anm. 3
Auktionskatalog (Mementodes Originals vom 24. September 2015 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sothebys.com, abgerufen am 3. Januar 2015
Walter Paatz: Die lübeckische Steinskulptur der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts (= Veröffentlichungen zur Geschichte der Freien und Hansestadt Lübeck 9, ZDB-ID520795-2). Schmidt-Römhild, Lübeck 1929; Hildegard Vogeler: Madonnen in Lübeck. Lübeck 1993, Nr. 40, S. 82.; Anna Elisabeth Albrecht: Steinskulptur in Lübeck um 1400: Stiftung und Herkunft. Reimer, Berlin 1997, S. 86 ff. ISBN 3-496-01172-6