Mimizuka
japanischer Hügel mit Kriegstrophäen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Mimizuka (japanisch 耳塚 ‚Ohrenhügel‘) ist ein Hügel in Higashiyama-ku, Kyōto, Japan, der Zehntausende menschlicher Nasen als Kriegstrophäen beherbergt.
Der Hügel entstand während der zweiten Invasion (1597–1598) des Imjin-Krieges, der ausgelöst wurde, als der japanische Feldherr Toyotomi Hideyoshi nach der Reichseinigung Japans als neues Ziel Korea unter der Joseon-Dynastie angriff. Verbündeter Koreas war das Kaiserreich China unter der Ming-Dynastie.
In Japan war es üblich, die Köpfe seiner Getöteten als Trophäen einzusammeln (Kopfjagd). Die jeweiligen Feldherren nahmen sich nach einer gewonnenen Schlacht die Zeit, die gesäuberten, auf Pfählen befindlichen Köpfe zu betrachten.[1] Bei der Invasion in Korea hätte jedoch der Transport der unzähligen Köpfe große logistische Probleme mit sich gebracht.[2] Zum leichteren Transport begann man daher bei der ersten Schlacht der zweiten Invasion des Imjin-Kriegs, der Belagerung von Namwon, von den 3726 gesammelten Köpfen nur noch die Nasen zu verwenden. Eine Ausnahme hiervon bildete jedoch der koreanische Heerführer.
Jede Einheit schickte ihre gesammelten, in Salz konservierten Nasen zum jeweiligen Armeehauptquartier, wo sie genau durchgezählt und dann gesammelt nach Japan zu Hideyoshi verschifft wurden.[2][3] Dadurch wurde die Anzahl der gesammelten Nasen einer Einheit zu einem Gradmesser für den Erfolg der jeweiligen Einheit. Von jedem japanischen Soldaten wurden mindestens drei Nasen verlangt.[4] So hat z. B. Kikkawa Hiroies Einheit nach knapp über einem Monat 18.350 Nasen eingeschickt und Nabeshima Katsushige 5.444 Nasen,[3] der Nabeshima-Klan sammelte im Gesamtverlauf 29.251 Stück.[4] Verschiedene Zählungen gehen insgesamt von mindestens 100.000 bis um 200.000 Nasen aus.[4] Die Opfer waren jedoch nicht ausschließlich feindliche Soldaten, sondern auch Zivilisten, darunter auch Frauen und Kinder.[3] Teilweise wurden auch Lebenden die Nasen abgeschnitten, so dass noch Jahrzehnte nach dem Krieg in Korea diese Taten sichtbar waren.[5]
Die gesammelten Nasen wurden in Kyōto vor der Halle mit dem – heute nicht mehr erhaltenen – Daibutsu des buddhistischen Tempels Hōkō-ji vergraben, und darüber wurde ein Hügel angelegt.[6] Dieser Hügel hieß ursprünglich Hanazuka (鼻塚 ‚Nasenhügel‘), und erst in den Schriften Hayashi Razans aus dem 17. Jahrhundert ist der Begriff Mimizuka („Ohrenhügel“) belegt.[5] Ohren sind dort jedoch eher nicht vergraben, da diese aufgrund ihrer Anzahl im Vergleich zu Nasen unpraktikabler als Kopfersatz sind.[4] Zur Beschwichtigung der Seelen der Gefallenen, deren Nasen hier vergraben wurden, ließ Hideyoshi buddhistische Rituale durchführen.[3] Die erste Messe und damit Einweihungszeremonie fand am 7. November 1597 (traditionell: Keichō 2/9/28) statt.[6][7] Der größte Beitrag von Nasen für den Mimizuka kam nach der Schlacht von Sacheon im Jahr 1598 mit 38.700 Stück zusammen.[2]
Auf dem Hügel befindet sich ein Gorintō – „Stupa der Fünf Ringe“ – worin auf jedem „Ring“, der jeweils einen anderen geometrischen Körper darstellt, ein Siddham-Schriftzeichen eingemeißelt ist.[8] Der Stupa kam erst später hinzu und ist erstmals auf einer Karte von 1643 verzeichnet.[9]
In ganz Japan legten auch die an der Invasion beteiligten Daimyō derartige, wenn auch weit kleinere, Hügel an.[10] Daher wird das Mimizuka in Kyōto nicht zwangsläufig die gesamte Anzahl von mindestens 100.000 Nasen allein beherbergen.
Während der Edo-Zeit unter dem Tokugawa-Shōgunat wurde die Natur der Anlage verschwiegen, und die Anlage verschwand weitestgehend aus dem kollektiven Gedächtnis. So erfolgte während dieser Zeit einerseits die Umbenennung in das irreführende „Mimizuka“ (Ohrenhügel), andererseits wurde eine große Bambuswand um die Anlage errichtet, um sie vor den Blicken zu verbergen.[5]
In den Anfängen der Meiji-Zeit, als auch Toyotomi Hideyoshi wieder große Verehrung zuteilwurde, wurde 1898 anlässlich seines 300. Todesjahres die Anlage wieder instand gesetzt und ein Gedenkstein namens Mimizuka Shūei Kuyōhi (耳塚修営供養碑; „Gedenkstein zur buddhistischen Todesandacht und Instandsetzung des Ohrenhügels“) errichtet.[6]
Am 12. April 1969 wurden der Tempel und mit ihm Mimizuka zur nationalen historischen Stätte „Hōkō-ji-Steinwall und Steinstupas“ (方広寺石塁および石塔, Hōkō-ji Sekirui oyobi Sekitō) ernannt.[11]
In den 1970er Jahren kam es in Südkorea unter Park Chung-hee zu starken Kontroversen um den Hügel, in deren Verlauf auch die Einebnung des Hügels gefordert wurde. Gegner des Hügels waren der Ansicht, dieser sei beschämend für Nord- und Südkoreaner. Teilweise wurde auch gefordert, den Hügel nach Südkorea zu verlegen, was die Seelen der Verstorbenen beruhigen sollte. In den 1980er Jahren kam es in Südkorea zu einer Reisewelle zu Trauerdiensten zum Mimizuka.[10][5] In japanischen Schulbüchern fanden sich bis Mitte der 1980er Jahre keine Erwähnungen des Hügels (siehe auch Japanischer Schulbuchstreit).[10]
Am 28. September 1997, zum 400. Jahrestag der Einweihung des Hügels, wurde eine Gedenkzeremonie abgehalten. Daran nahmen auch Südkoreaner, buddhistische Priester und christliche Pfarrer teil.[10] Veranstaltet wurde diese von südkoreanischen und japanischen Nichtregierungsorganisationen. Von diesem Zeitpunkt an wurde diese Zeremonie regelmäßig jedes Jahr abgehalten.[12]
Dennoch ist der Hügel weitgehend unbekannt in Japan und taucht in nur wenigen japanischen Reiseführern auf. Die meisten Besucher sind südkoreanischer Abstammung.[13][2]
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