sozialistischer Politiker Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Leó Frankel (Léo Frankel) (* 24. Februar1844 in Altofen-Neustift, Óbuda, Kaisertum Österreich; † 29. März1896 in Paris) war ein sozialdemokratischer Journalist, Mitglied der Pariser Kommune 1871 und korrespondierender Sekretär für Österreich-Ungarn der Internationalen Arbeiterassoziation.
Frankel war der Sohn des jüdischen Arztes Albert Frankel und wurde 1844 in Altofen-Neustift (heute Teil von Budapest) geboren. Zur Ausbildung zum Goldschmied ging er zunächst nach Deutschland. In Lyon gründete er 1867 eine Sektion der Ersten Internationale. Seit 1867 war er Korrespondent der Zeitung Der Social-Demokrat.[1] Dort erklärte er Moses Heß 1869 für einen ehrlosen Lohnschreiber.[2] Danach ging er nach Paris. In Frankreich wurde er wegen seiner politischen Aktivitäten („Teilnahme an einer geheimen Gesellschaft“) verhaftet und am 9. Juli 1870 zu zwei Monaten Gefängnis und 25 Franc Geldstrafe verurteilt.[3] Er wurde im Zuge des politischen Umbruchs am 4. September 1870 aus dem Gefängnis in Beauvais befreit. Während der Pariser Kommune im Jahr 1871 war er für Arbeit, Industrie und Handel sowie Finanzen zuständig, damit war er faktisch der erste „Arbeitsminister“ (Victor Adler) des ersten Arbeiterstaates. Unter anderem ließ er in allen Bezirken der Stadt Arbeitsämter einrichten. Frankel wurde bei der Verteidigung der Stadt am 25. Mai 1871 verwundet, konnte aber mit Elisabeth Dmitrieff, die mit ihm zusammengearbeitet hatte, in die Schweiz entkommen.
1871 ging er nach London und beteiligte sich führend an der Arbeit der Ersten Internationale. Am 22. August 1871 wurde er in den Generalrat der Internationale gewählt.[4] Frankel arbeitete eng mit Karl Marx und Friedrich Engels zusammen. Am 26. September 1871 wurde Frankel zum korrespondierender Sekretär der Generalrats der I. Internationale für Österreich und Ungarn gewählt.[5]
Außerdem schrieb er für die in Genf erscheinende Zeitung „Der Vorbote. Organ der Internationalen Arbeiterassociation“ von Johann Philipp Becker.
Für seine Tätigkeit während der Zeit der Kommune wurde Frankel in Frankreich am 19. September 1872 in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Frankel war regelmäßiger Gast bei der Familie Marx. Jenny Marx nannte ihn 1873 den „treuen Eckhart“[6] nach der Titelfigur aus Goethes Gedicht „Der getreue Eckart“.[7] Die englische Regierung verweigerte seine Auslieferung. Er war in sozialistischen Kreisen so berühmt, dass es eine Reihe von Personen gab, die sich für Frankel ausgaben, um so eine Unterstützung zu erhalten, so sei Wilhelm Blos mehrfach auf Betrüger reingefallen.[8]
Im Jahr 1876 kehrte Frankel nach Ungarn zurück. Er gründete dort die zweisprachige Arbeiter-Wochen-Chronik und war 1880 maßgeblich an der Gründung der „Allgemeinen Arbeiterpartei Ungarns“ beteiligt.[11] Der Staat reagierte mit Repressionen und 1882 wurde er zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. 1882 heiratete Frankel Adèle Perreard.[12] Nach seiner Freilassung ging er 1884 erneut ins Exil nach Wien. Frankel arbeitete für verschiedene Zeitungen unter anderem für die Zeitung Népszava in Budapest, Die Gleichheit, Stuttgart, "Volksstimme" und Arbeiter-Zeitung Wien. 1889 nahm er am Gründungskongress der Zweiten Internationale in Paris teil, ebenso am Brüsseler Kongress 1891 und am Züricher Kongress 1893.
Er starb an einer Lungenentzündung im Krankenhaus Hôpital Lariboisière in Paris und wurde auf dem Friedhof Père-Lachaise beigesetzt. „Auf seinen Wunsch hüllte man seinen Leichnam ‚in eine rote Fahne …, in die Fahne des internationalen Proletariats.‘“[13] Fünftausend Arbeiter begleiteten Fränkel auf seinem letzten Weg.[14]
Im September 1872 füllte Léo Frankel den Fragebogen in Den Haag für Jenny Marx aus. Die Fragen sind in der Handschrift von Eleanor Marx in französischer Sprache abgefasst.[16] Frankel beantwortete die Fragen in französischer Sprache:
Weitere Informationen Frage, Antwort ...
Frage
Antwort
Ihre Lieblingstugend (Votre vertu favorite)
Modestie (malgré Goethe qui dit: Nur Lumpen sind bescheiden)
– beim Mann (– bdans l'homme)
Franchise
– – bei der Frau (–dans la femme)
Se faisant [faire] obéir, en se faisant aimer
– Haupteigenschaft (– Idée Votre caracteristique)
Susceptible
Auffassung vom Glück (Idée du bonheur)
Liebend geliebt zu werden
– – Unglück (– – malheur)
d' être expulsé de l'Internationale
Das Laster, das Sie entschuldigen (Le vice que vous excusez)
Tous ceux qui résultent de notre sociéte
– – verabscheuen (– – détestez)
platitude, hypocrisie
Ihre Abneigung (Votre aversion)
Les gens qui trouvent toutes les institutions bonnes, parce qu'elles existent
Die historische Person, die Sie am meisten mögen (Les caractęres de l'histoire que vous admirez le plus)
Am 20. Mai 1951 wurde anlässlich des 80. Jahrestages der Pariser Kommune in Ungarn eine Briefmarke mit seinem Porträt herausgegeben. (60 ungarische Forint)
In Budapest ist eine Straße nach ihm benannt. (Frankel Leó utca)
In Paris ist die Rue Léo-Frankel im 13. Arrondissement nach ihm benannt.
Die Proklamation der sozialrepublikanischen Kommune in Paris. In: Der Volksstaat. Leipzig Nr. 31 vom 15. April 1871.[18]
Die Arbeiter und die Zollfrage. Mit besonderem Bezug auf Ungarn. Vorwärts, Leipzig 1876 Nr. 1 vom 1. Oktober, Nr. 2 vom 4. Oktober, Nr. 3. vom 6. Oktober und Nr. 4 vom 8. Oktober.[19]
anonym: Weder - Noch! In: Vorwärts, Leipzig 1877 Nr. 104 vom 5. September.
Karl Marx. Arbeiter-Wochen-Chronik, Budapest 1883. Nr. 12 vom 25. März 1883.[20]
Karl Marx als Denker und Agitator. o. O. und o. J.[21]
Die französischen Arbeiter-Gewerkschaften. In: Socialpolitisches Centralblatt. Hrsg. von Heinrich Braun. Erster Band. (Januar – Oktober 1892). J. Guttenberg, Berlin 1892, No. 12. S.156–157.Digitalisat
Der französische Senat und die Beschränkung der Arbeitszeit. In: Socialpolitisches Centralblatt. Hrsg. von Heinrich Braun. Erster Band. (Januar – Oktober 1892). J. Guttenberg, Berlin 1892, No. 17. S.215–217. Digitalisat
Ein Schutzgesetz für die Gewerkschaften in Frankreich. In: Socialpolitisches Centralblatt. Hrsg. von Heinrich Braun. Erster Band. (Januar – Oktober 1892). J. Guttenberg, Berlin 1892, No. 24. S.295–297. Digitalisat
Der Streik von Carmaux. In: Socialpolitisches Centralblatt. Hrsg. von Heinrich Braun. Erster Band. (Januar – Oktober 1892). J. Guttenberg, Berlin 1892, No. 39. S.484–485.Digitalisat
Einigungs- und Schiedsämter in Frankreich. In: Socialpolitisches Centralblatt. Hrsg. von Heinrich Braun. Zweiter Band. (Oktober 1892 bis September 1893). Carl Heymanns Verlag, Berlin 1893, No. 9. S.108–109. Digitalisat
Der Gesetzentwurf zu Gunsten des Koalitionsrechtes vor dem französischen Senate. In: Socialpolitisches Centralblatt. Hrsg. von Heinrich Braun. Zweiter Band. (Oktober 1892 bis September 1893). Carl Heymanns Verlag, Berlin 1893, No. 25. S.293–294. Digitalisat
Unfallversicherung in Frankreich. In: Socialpolitisches Centralblatt. Hrsg. von Heinrich Braun. Zweiter Band. (Oktober 1892 bis September 1893). Carl Heymanns Verlag, Berlin 1893, No. 43. S.516–517. Digitalisat
Die sozialpolitische Seite der französischen Kammerwahlen. In: Socialpolitisches Centralblatt. Hrsg. von Heinrich Braun. Zweiter Band. (Oktober 1892 bis September 1893). Carl Heymanns Verlag, Berlin 1893, No. 51. S.607–608. Digitalisat
Mitunterzeichnete Dokumente
27. April 1871 République Française No. 212. Commune de Paris. Ministère des trauvaux Publics.[22]
17. Oktober 1871 Beschlüsse der Delegiertenkonferenz der Internationalen Arbeiterassoziation, abhalten zu London vom 17. bis 23. September 1871.[23]
24. Oktober 1871 Allgemeine Statuten und Verwaltungs-Verordnungen der Internationalen Arbeiterassoziation.[24]
5. März 1872 Die angeblichen Spaltungen in der Internationale. Vertrauliches Zirkular des Generalrats der Internationalen Arbeiterassoziation.[25]
2. April 1872 Polizeiterror in Irland. Erklärung des Generalrats der Internationalen Arbeiterassiation.[26]
17. April 1872 Erklärung des Generalrats der Internationalen Arbeiterassoziation zum Auftreten Cochranes im Unterhaus.[27]
20. Mai 1872 Erklärung des Generalrats der Internationalen Arbeiterassoziation.[28]
8. August 1872 An die spanischen Sektionen der Internationalen Arbeiterassoziationen.[29]
21. Juli 1873 Ein Komplott gegen die Internationale Arbeiterassoziation. Im Auftrage des Haager Kongresses verfaßter Bericht über das Treibeen Bakunins und der Allianz der sozialistischen Demokratie.[30]
Briefe von und an Leo Frankel
Leo Frankel an Karl Marx 30. März 1871. (Deutsche Übersetzung).[31]
Leo Frankel an Wilhelm Liebknecht. 27. März 1896.[46]
Georg Simmel: Ein Wort über soziale Freiheit. In: Socialpolitisches Centralblatt. Hrsg. von Heinrich Braun. Erster Band. (Januar – Oktober 1892). J. Guttenberg, Berlin 1892, No. 27. S.333–335.Digitalisat
Leo Frankel. In: Volks-Lexikon. Nachschlagebuch für sämmtliche Wissenzweige mit besonderer Berücksichtigung der Arbeiter-Gesetzgebung Gesundheitspflege, Handelswissenschaften. Sozial-Politik. Nebst Resister. Hrsg. von Emanuel Wurm. Vierter Band, Wörlein & Comp., Nürnberg 1897, S.746–747.
Frankel, Leo. In: „Vaterlandslose Gesellen“. Kurze Biographien der verstorbenen hervorragenden Sozialisten des 19. Jahrhunderts. J. H. W. Dietz Nachf., Stuttgart 1901, S.40. Digitalisat archive.org
Krejcsi Rezső: Frankel Leó, a párisi commun magyar vezére. Közokt. Népbizottság, Budapest 1919.
Magda Aranyossi: Frankel Leó. Magyar Munkásmozgalmi Int. [Titelübersetzung: Der Arbeiterführer Leó Frankel, 1844-1896] Szikra, Budapest 1952. (2. Aufl. Akadémiai, Budapest 1974)
Magda Aranyossi: Leo Frankel. Übersetzt von Dr. Géza Engl. Mit 14 Bildbeilagen. Dietz Verlag, Berlin 1957.[49]
Uj dekumentumok Frankel Léo munkásságárol. In: Párttörténiti közleményck. Budapest 1969. Nr. 2, S.121–144.
Jean Bruhat, Jean Dautry, Emile Tersen: Die Paris Kommune von 1871. Hrsg. der deutschen Ausgabe Heinz Köller. Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1971, S.325. (Kurzbiografie)
János Jemnitz: Leo Frankel. In: International review of social history. Amsterdam 1972 ISSN1469-512X, Band. 17.1972, 1 (Apr.), S.391–394.
The Hague Congress of the first International. September 2–7, 1872. Minutes and Documents. Progress, Moscow 1976.
Die Geschichte der Zweiten Internationale. Band 1. Progress, Moskau 1983.[50]
Julien Chuzeville: Léo Frankel, communard sans frontières, Libertalia, 2021.
Wilhelm Liebknecht an Moses Heß 28. November 1869. Wilhelm Liebknecht. Briefwechsel mit deutschen Sozialdemokraten. Band I. 1862-1878. Hrsg. von Georg Eckert. Van Grocum, Assen 1975, S.271–272, hier S.272.
Jenny Marx an Eleanor Marx nicht vor dem 3. Mai 1873. In: Rolf Hecker, Angelika Limmroth (Hrsg.) Jenny Marx. Die Briefe. Karl Dietz Verlag, J. G. Cotta,rlin 2014, S.473.
Familie Marx privat. Akademie Verlag, Berlin 2005 Abb. 48, ISBN 3-05-004118-8, S. 328–329. Erstmals als Faksimile gedruckt in: Magda Aranyossi: Leo Frankel, S. vor S. 63.
Abgedruckt in: Magda Aranyossi: Leo Frankel. (1957), S. 362–369; Ihre Namen leben durch die Jahrhunderte fort. Kondolenzen und Nekrologe zum Tode von Karl Marx und Friedrich Engels. Dietz Verlag, Berlin 1983, S. 199–204.
Victor Adlers Aufsätze, Reden und Briefe. Hrsg. vom Parteivorstand der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs. Erstes Heft: Victor Adler und Friedrich Engels. Wiener Volksbuchhandlung, Wien 1922, S. VII.
Marx-Engels-Gesamtausgabe. Abteilung III. Band 30 Friedrich Engels: Briefwechsel. Oktober 1889 bis November 1890. Akademie Verlag, Berlin 2013. ISBN 978-3-05-006024-8, S.616 und S.1359.
Gedruckt in: Victor Adlers Aufsätze, Reden und Briefe. Hrsg. vom Parteivorstand der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs. Erstes Heft: Victor Adler und Friedrich Engels. Wiener Volksbuchhandlung, Wien 1922, S. 140–141.
sozialdemokratischer Journalist, Mitglied der Pariser Kommune 1871 und korrespondierender Sekretär für Österreich-Ungarn der Internationalen Arbeiterassoziation