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behülltes DNA-Virus mit überwiegend doppelsträngigem Genom, Auslöser von Hepatitis B Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Hepatitis-B-Virus (HBV) ist ein behülltes DNA-Virus mit überwiegend doppelsträngigem Genom und der Auslöser der Hepatitis B.[2] Das Hepatitis-B-Virus entstammt der Gattung Orthohepadnavirus innerhalb der Familie der Hepadnaviridae.[3]
Hepatitis-B-Virus | ||||||||||||||||||
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3D-Rekonstruktion | ||||||||||||||||||
Systematik | ||||||||||||||||||
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Taxonomische Merkmale | ||||||||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||||||||
Hepatitis B virus | ||||||||||||||||||
Kurzbezeichnung | ||||||||||||||||||
HBV | ||||||||||||||||||
Links | ||||||||||||||||||
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HBV vermehrt sich nahezu ausschließlich in Leberzellen. Es ist zwar selbst nicht zytopathogen und verursacht daher keinen zytopathischen Effekt; so verlieren Leberzellen nicht ihre Funktion, auch wenn sie sehr viele Viren herstellen. Jedoch verursacht die Immunreaktion eine zunehmende Schädigung der Hepatozyten. Eine zu starke Reaktion kann eine fulminante Hepatitis zur Folge haben. Zusätzlich zur Hepatitis B verursacht HBV in chronischen Verläufen (bei einer zu schwachen Immunreaktion) durch die fortlaufende Entzündung eine Leberfibrose und dann Leberzirrhose.[4] Als Folge der Zirrhose kann Leberkrebs entstehen. Durch die kontinuierliche Wachstumsstimulation zum Ersetzen der durch das Immunsystem zerstörten infizierten Hepatozyten und durch die Zytokine mit teilweise wachstumsfördernden Eigenschaften und durch die teilweise Insertion in die zelluläre DNA entstehen vermehrt Kopierfehler in der DNA während der Mitose (in der S-Phase), was ebenfalls die Entstehung von Tumoren begünstigt.[5][6][7]
Möglicherweise existiert auch ein Zusammenhang mit anderen Krebsarten wie Pankreaskrebs.[8][9]
Das Virion besitzt eine Virushülle und ein 28 nm großes, ikosaedrisches Kapsid. Das Kapsid ist aus 180 Kopien des HBV-Kernproteins (auch hepatitis B core antigen HBcAg) aufgebaut und umschließt die virale DNA und eine DNA-abhängige DNA-Polymerase mit einer Reverse-Transkriptase-Aktivität (RT), ähnlich einer retroviralen Polymerase.[10] Die Virushülle enthält als Membranprotein das HBsAg und das Pre-S1-Protein zur Bindung an die Wirtszelle.[5] Mit einem Durchmesser von 42 nm gehört das sphärische HBV (auch Dane particle genannt) eher zu den kleineren Tierviren.[11]
Es existieren auch nicht-infektiöse filamentöse Formen ohne Kapsid von 22 nm Durchmesser als Sphäre bzw. auch als Röhrenform, da HBsAg im Überschuss in der Leber Infizierter gebildet wird und im Blut zirkulieren.[11][4] Diese Virosomen bestehen aus HBsAg in einer Lipiddoppelschicht.[12] Aufgrund der Immunogenität ohne Infektiosität wurden sie bei der ersten Generation von Hepatitis-B-Impfstoffen als sogenannte Plasmaimpfstoffe verwendet.[4] Mittlerweile werden HBV-Impfstoffe gentechnisch erzeugt. Das HBcAg kann bei rekombinanter Expression (ohne HBsAg) ebenfalls Virosomen bilden.[13]
HBV erreicht im Blut eine Viruskonzentration zwischen 104 und 109 Virionen pro Milliliter, die Virosomen aus HBsAg erreichen sogar Partikelkonzentrationen bis zu 1012 Partikel pro Milliliter.[5]
Das Genom des HBV besteht aus zirkulär-geschlossener DNA, jedoch ist die DNA nicht vollständig doppelsträngig und ein Strang durchgängig.[11] Ein Ende des durchgängigen Strangs von circa 3020–3320 Nukleotide bindet die virale DNA-Polymerase, während der kürzere Strang mit 1700 bis 2800 Nukleotiden deutlich kürzer ist.[14]
Der durchgängige (−)-Strang (nicht-codierend) ist revers-komplementär zur viralen mRNA. Die virale DNA ist bereits kurz nach der Infektion im Zellkern nachweisbar. Die teilweise doppelsträngige DNA wird am (+)-Strang vervollständigt und eine RNA-Sequenz am (+)-Strang entfernt. Zuletzt werden überhängende Nukleotide entfernt und der (−)-Strang zum Ring geschlossen.
Die vier Gene des HBV werden als C (core), X, P (polymerase) und S (surface) bezeichnet. Das core-Protein HBcAg wird aus einem Präprotein durch Proteolyse erzeugt. Das Gen S des Proteins HBsAg enthält drei Leseraster-konforme Start-Codons (AUG), wodurch drei Proteine entstehen, pre-S1 (synonym L), pre-S2 (synonym M) und S.[15]
Verschiedene nicht-codierende RNA wurden im Genom des HBV identifiziert. Diese werden als Hepatitis B virus PRE alpha, Hepatitis B virus PRE beta und HBV RNA encapsidation signal epsilon bezeichnet.[16][17]
Das Virion des HBV besteht aus vier strukturellen Proteinen, weiterhin kommt das lösliche HBeAg außerhalb des Virions vor.
HBsAg (englisch HBV surface antigen ‚HBV-Oberflächenantigen‘) ist ein Oberflächenprotein des Virions, das im Zuge der Immunreaktion von Antikörpern als Antigen erkannt wird. Es ist durch eine virologische Diagnostik im Blut von Infizierten nachweisbar und zeigt an, ab wann ein Patient nicht mehr ansteckend ist. In der Histologie wird HBsAg durch eine Shikata-Orceinfärbung nachgewiesen.[18]
Historisch wurde HBsAg zuerst als Australia Antigen bekannt, da es zuerst von Baruch Samuel Blumberg im Blutserum von australischen Aborigines entdeckt wurde.[19] Alfred Prince entdeckte 1968 den Zusammenhang mit einer Hepatitisform. Der erste Hepatitis-B-Virus-Impfstoff (Heptavax) wurde aus dem Blutplasma von HBV-Infizierten gereinigt, aufgrund des Kontaminationsrisikos durch andere Pathogene wurde später auf rekombinante Proteine aus der Bäckerhefe umgestellt.
Das Hepatitis-D-Virus benötigt HBsAg, um pathogen zu werden.[20]
HBcAg (englisch core antigen ‚Antigen des Viruskerns‘) dient der Verpackung der viralen DNA und wird zum Nachweis einer momentanen Infektion verwendet. Es ist das Kapsidprotein des HBV.
HBeAg (englisch extracellular antigen ‚extrazelluläres Antigen‘) ist eine Spleißvariante aus den offenen Leserastern core-ORF und pre-C-ORF. HBeAg wird sezerniert und kommt nicht im Virion vor. HBeAg wird ebenso wie HBcAg zum Nachweis einer momentanen Infektion eingesetzt. Vermutlich dient es der Minderung der Genexpression von Toll-like Rezeptor 2 auf Hepatozyten und Monozyten und somit einer Dämpfung der Immunantwort gegen HBV. HBeAg ist nicht essentiell, d. h. Virionen ohne eine HBeAg-Expression sind infektiös und pathogen.[21]
Die DNA-Polymerase des HBV dient der Replikation der viralen Genoms. Lamivudine und Penciclovir hemmen bei nichtresistenten HBV-Stämmen die Polymerase.[22][23]
Das X-Protein HBx ist ein kleiner transkriptioneller Transaktivator, der die zelluläre Transkription von HBV-Genen reguliert.[11] Darüber hinaus ändert er den Zellzyklus und bildet einen Proteinkomplex mit dem zellulären Protein HBX interacting protein (HBXIP), der mit dem Spindelapparat während der Zellteilung interagiert.[24]
Möglicherweise entstammt das X-Protein einer DNA-Glykosylase.[25] HBx erhöht die Ausschüttung von Calciumionen aus den Mitochondrien.[26][27] Weiterhin interagiert HBx mit Damaged DNA Binding Protein 1 (DDB1) und hemmt die CUL4-DDB1-E3-Komplexe und dadurch das Ubiquitin-Proteasom-System.[28] HBx fördert die Zellteilung und fördert dadurch die Entstehung von Tumoren.[29] HBx hemmt die Protein-Arginin-Methyltransferase PRMT1, was die Replikation des HBV verstärkt.[30]
HBV werden in vier Serotypen (adr, adw, ayr, ayw) eingeteilt, je nach den antigenen Epitopen auf ihren Hüllproteinen, genetisch werden sie, je nach ihren Mutationen, 9–10 Genotypen (A–J) zugeordnet. Die einzelnen Genotypen haben eine unterschiedliche geografische Verteilung und werden zur epidemiologischen Bestimmung der Transmission und der viralen Evolution herangezogen. Die unterschiedlichen Genotypen weisen auch Unterschiede in den Krankheitsverläufen, der Häufigkeit von Komplikationen sowie in der Therapie- und der Impfstoffwahl auf.[31][32]
Der Reservoirwirt des HBV ist hauptsächlich der Mensch, daneben kommt HBV auch in Menschenaffen und Gibbons vor.[33] Die mindestens neun bekannten Genotypen des HBV werden A bis I benannt.[34][35] Möglicherweise existiert auch ein Genotyp J, der in auf den Ryūkyū-Inseln in Japan identifiziert wurde.[36] Die unterschiedlichen Genotypen sprechen unterschiedlich auf Therapien an.[37]
Die Genotypen unterscheiden sich mindestens um acht Prozent auf der Genomebene und haben unterschiedliche geographische Häufigkeiten. Der Genotyp F unterscheidet sich von den anderen am stärksten, mit vierzehn Prozent Unterschied. Der Genotyp A ist prävalent in Europa, Afrika und Südasien, einschließlich der Philippinen. Die Genotypen B und C sind vorherrschend in Asien; der Genotyp D tritt im Mittelmeerraum, dem Nahen Osten und Indien auf. Der Genotyp E existiert in Afrika südlich der Sahara. Der Genotyp F (oder H) kommt in Zentral- und Südamerika vor. Der Genotyp G wurde in Frankreich und Deutschland gefunden. Die Genotypen A, D und F dominieren in Brasilien und alle Genotypen kommen mit ethnischen Häufungen in den Vereinigten Staaten vor.
Innerhalb der Genotypen (außer E und G)[35] sind Subtypen beschrieben, die in ihrer DNA-Sequenz untereinander um vier bis acht Prozent abweichen.
HBV ist ein typischer Vertreter der Gattung der Orthohepadnaviren, die drei weitere Vertreter aufweist: das Ground squirrel hepatitis virus, das Woodchuck hepatitis virus, und das Woolly monkey hepatitis B virus. Die Familie der Hepadnaviridae enthält noch zwei weitere Gattungen, die Avihepadnaviren und eine noch zu Benennende. Die Familie ist noch keiner Ordnung zugeordnet.[40] HBV-ähnliche Viren wurden bereits in allen Altweltaffen gefunden (Orang-Utans, Gibbons, Gorillas und Schimpansen) und auch in Neuweltaffen wie dem Wollaffen nachgewiesen, was einen älteren Ursprung dieses Virus in Primaten nahelegt.
Der Transport von HBV in die Leber erfolgt über Adsorption an Apolipoprotein E in Lipoprotein-Remnants.[41]
Der Replikationszyklus des HBV in Leberzellen:
Synthetic anti-lipopolysaccharide peptides (SALPs) hemmen die Bindung von HBV an Heparansulfat.[41] Myrcludex B, Ezetimibe, Cyclosporin A und -Derivate, Ibersartan, Ritonavir, Rosiglitazon, Zafirlukast, Triax, Sulfasalazin, Troglitazon und Vanitaracin A hemmen die Bindung von HBV an den Rezeptor NTCP.[41] Gefitinib und Erlotinib hemmen die Bindung des HBV-NTCP-Komplexes an EGFR.[41] Pitstop-2 und Dynasore hemmen die Clathrin-vermittelte Endozytose des HBV-NTCP-EGFR-Komplexes.[41] Lamivudine und Penciclovir hemmen bei nichtresistenten HBV-Stämmen die Polymerase.[22][23]
Als behülltes Virus ist das Hepatitis-B-Virus empfindlich gegenüber chemischen oder physikalischen Desinfektionsverfahren, wird jedoch aufgrund des hohen Proteinanteils und eines niedrigen Lipidanteils in der Virushülle im Vergleich zu anderen behüllten Viren durch Alkohole oder Tenside nur relativ langsam inaktiviert. Die Inaktivierung von HBV durch Desinfektionsverfahren kann mit dem MAD-Test bestimmt werden.[45]
In Deutschland ist jeder direkte oder indirekte Nachweis vom Hepatitis-B-Virus namentlich meldepflichtig nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes.
In der Schweiz ist der positive laboranalytische Befund zu einem Hepatitis-B-Virus meldepflichtig und zwar nach dem Epidemiengesetz (EpG) in Verbindung mit der Epidemienverordnung und Anhang 3 der Verordnung des EDI über die Meldung von Beobachtungen übertragbarer Krankheiten des Menschen.
Die genaue Bestimmung der frühen Evolution des HBV ist problematisch. Die Aufspaltung der Hepadnaviren in Ortho- und Avihepadnaviren erfolgte vor ungefähr 125.000 Jahren (95 % Intervall 78,297–313,500).[25] Sowohl Avi- als auch Orthohepadnaviren begannen etwa vor 25.000 Jahren, sich stärker zu verändern.[25] Zu dieser Zeit erfolgte die Aufspaltung in die acht Genotype. Humane Hepadnaviren trennten sich etwa vor 7.000 (95 % Intervall: 5,287–9,270) bis 10.000 Jahren (95 % Intervall: 6,305–16,681). Den Avihepadnaviren fehlt das X-Protein, jedoch sind noch Reste im Entenhepadnavirus zu finden.[46] Die Rate nicht-synonymer Mutationen des HBV wurde auf etwa 2×10−5 Aminosäuresubstitutionen pro Stelle pro Jahr geschätzt.[47] Die mittlere Häufigkeit von Nukleotidsubstitutionen pro Stelle pro Jahr wurde mit etwa 7.9 × 10−5 beziffert. Eine andere Schätzung vermutet den letzten gemeinsamen Vorfahren der humanen HBV-Stämme vor 1.500 Jahren und eine Trennung von den Avihepadnaviren vor 6.000 Jahren bei einer Mutationsrate von etwa 10−6 Substitutionen pro Stelle pro Jahr.[48]
Die schriftliche Erwähnung des Hepatitis-B-Virus lässt sich bis ins 5. Jahrhundert v. Chr. zurückverfolgen und HBV wird sogar in babylonischen Tontafeln erwähnt. Später beschrieb Hippokrates von Kos eine Gelbsucht-Epidemie bei seinen Patienten, die durch eine Gelbfärbung der Haut und des Weißen der Augen gekennzeichnet war. Die Gelbsucht ist ein klinisches Anzeichen für eine Hepatitis-B-Virusinfektion.[49][50] Aufgrund der langen Zeitspanne (in Wochen) zwischen der Exposition gegenüber dem Erreger und dem Auftreten der Krankheit wurde die Gelbsucht jedoch erst im 20. Jahrhundert als Infektionskrankheit anerkannt.[51] Die ersten dokumentierten Fälle von Hepatitis-B-Virusinfektionen traten 1883 auf, nachdem ein Pockenimpfstoff, der menschliche Lymphe enthielt, einer Gruppe von Menschen verabreicht worden war.[51] Der Pockenimpfstoff wurde Werftarbeitern in Deutschland verabreicht, und die Arbeiter entwickelten später Hepatitis-Symptome.[51] Die Serumhepatitis, die heute als Hepatitis B bekannt ist, wurde häufig nach der Verwendung von kontaminierten Nadeln und Spritzen beobachtet. Diese kontaminierten Nadeln und Spritzen wurden nicht ordnungsgemäß gereinigt und/oder bei Patienten wiederverwendet.[52] 1943 wurde die Übertragung des Hepatitis-B-Virus über Blut noch deutlicher, als Paul Beeson Gelbsucht bei Patienten beschrieb, die gerade Bluttransfusionen erhalten hatten. Eine weitere Gelbsucht-Epidemie wurde 1942 bei Soldaten beobachtet, nachdem sie einen Gelbfieber-Impfstoff erhalten hatten.[52] Die Unterscheidung zwischen Hepatitis-A-Virus und Hepatitis-B-Virus wurde erst 1947 getroffen, als sie durch zahlreiche Studien an menschlichen Freiwilligen als zwei verschiedene filtrierbare Erreger anerkannt wurden.[52]
1965 wurde das „australische Antigen“ entdeckt und als das Oberflächenantigen des Hepatitis-B-Virus HBsAg identifiziert. Dies war einer der ersten Durchbrüche in den Bemühungen, die Pathologie der viralen Hepatitis zu verstehen, die bei HBV-Infizierten eine Gelbsucht auslöst. Sie ermöglichte es den Industrieländern, asymptomatische Träger des Hepatitis-B-Virus zuverlässig zu diagnostizieren, und die Entdeckung bot den Mitarbeitern in Gesundheitsberufen die Möglichkeit, Blut vor der Verabreichung von Bluttransfusionen auf Hep B zu untersuchen.[52][51]
Heute lässt sich eine Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus leicht vermeiden, indem man sich mit einem der Hepatitis-B-Impfstoffe impfen lässt. Der aus Plasma gewonnene HepB-Impfstoff wurde 1981 zugelassen und 1986 durch den rekombinanten HepB-Impfstoff ersetzt. Engerix B wurde 1989 und Heplisav-B 2017 zugelassen.[53][54][51] Alle diese Impfstoffe bieten Schutz gegen HBV.
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