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französische Architektin und Designerin Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Charlotte Perriand (* 24. Oktober 1903 in Paris; † 27. Oktober 1999 in Paris[1]) war eine französische Architektin, Innenarchitektin und Möbeldesignerin. Sie entwickelte innovative Gestaltungskonzepte, darunter modular aufgebaute und vorfabrizierte Strukturen, die den Bedürfnissen und Bewegungen ihrer Bewohner entsprachen. Sie revolutionierte das Design funktionaler Lebensräume mit der Überzeugung, dass gutes Design eine bessere Gesellschaft fördert. Sie beeinflusste nicht nur europäisches Design, sondern auch das japanische Industriedesign und hinterließ mit Projekten wie den Skiressorts in Les Arcs dauerhafte Spuren in der Architekturwelt.
Perriand studierte von 1921 bis 1925 Innenarchitektur an der von Henri Rapin geleiteten Kunstgewerbeschule Union Centrale des Arts Décoratifs in Paris bei Rapin und Maurice Dufrène. Nach Ende des Studiums brach sie mit dem traditionellen Kunstgewerbe und begann, Möbel zu entwerfen. Ihre Arbeiten wurden zuerst in der Société des Artistes Décorateurs präsentiert.
Aufsehen erregte ihre vollständig aus vernickeltem Kupfer und eloxiertem Aluminium konstruierte Bar sous le toit („Bar unterm Dach“), die sie für ihr eigenes Studio entwarf und die auf der Ausstellung Salon d’Automne im Jahr 1927 zu sehen war. Im gleichen Jahr, im Alter von 24 Jahren, begann ihre zehn Jahre währende Mitarbeit an sämtlichen Möbel- und Interiordesign-Projekten im Atelier von Le Corbusier und Pierre Jeanneret im Haus Rue de Sèvres 35 in Paris. Die meisten Möbeldesigns des Le-Corbusier-Studios aus dieser Zeit stammen von ihr, unter anderem die ersten Stahlrohrdesigns für Möbelsysteme Équipement de l’habitation (1928–1929), die vielbeachtet auf dem Salon d’Automne ausgestellt wurden. Da ihnen die Jury der Société des Artistes Décorateurs nicht genügend Ausstellungsfläche zur Verfügung stellte, traten Le Corbusier, Jeanneret und Perriand aus der Societé aus und gründeten die Künstlervereinigung Union des Artistes Moderne (UAM). 1930 machte Perriand die Bekanntschaft mit dem Maler Fernand Léger. Im Folgejahr stellte sie unter eigenem Namen bei der UAM aus.
Zur gleichen Zeit begann Charlotte Perriand, sich auch der Fotografie zu widmen.[2] Im März 1937 verließ sie das Studio Le Corbusier-Jeanneret, arbeitete jedoch auch danach intensiv an einzelnen Projekten der beiden mit, so z. B. an der Innenausstattung einschließlich der Küche der Unité d’Habitation in Marseille zwischen 1947 und 1950. 1940 eröffnet sie gemeinsam mit Jean Prouvé und Georges Blanchon ein Architekturbüro zur Gestaltung von Fertighäusern aus Aluminium.
1931 begann Charlotte Perriand, sich politisch zu engagieren und trat der KP-nahen Association des Écrivains et Artistes Révolutionnaires (AEAR) bei. Mitglieder waren unter anderen auch André Gide und André Malraux. Reisen führten sie nach Deutschland, in die Sowjetunion und nach Griechenland, wo sie 1933 am Kongress des Architektenverbandes CIAM teilnahm. Sie gehörte 1937 zur Vorbereitungsgruppe des CIAM-Kongresses in Paris. Im selben Jahr gestaltete sie mit Fernand Léger die grafische Präsentation des Agrarprogramms der französischen Volksfront-Regierung.[3] Als Reaktion auf den Hitler-Stalin-Pakt verließ sie 1939 die Kommunistische Partei Frankreichs, ohne jedoch ihre sozialistischen Überzeugungen aufzugeben.[4]
1940 reiste Charlotte Perriand auf Einladung des japanischen Ministeriums für Handel und Industrie nach Japan. Ihr Aufenthalt als Beraterin im Bereich Kunst und Kunsthandwerk hatte einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des japanischen Designs. Ihr Assistent in Japan war der Designer Sori Yanagi. Aber auch Perriands Entwürfe veränderten sich nun und nahmen Einflüsse des japanischen Handwerks auf. Zudem verwendete sie beispielsweise Bambus für ihre Möbel. Sie organisierte Ausstellungen und bekam Aufträge in Indochina, wo sie 1943 bis 1946 verschiedene Aktivitäten zur Ausbildung von Kunsthandwerkern koordinierte und als Innenarchitektin tätig war.
1946 kehrte sie zurück nach Paris und arbeitete erneut mit Le Corbusier, Pierre Jeanneret, Georges Blanchon und Jean Prouvé zusammen, in dessen Werkstatt in Nancy ihre Möbelentwürfe ausgeführt wurden. Neben privaten Auftraggebern, dem Vertrieb von Möbeln über die Pariser Galerie Steph Simon (von 1956 bis 1974) waren es vor allem Projekte für staatliche Institutionen und Unternehmen wie Air France, die bei ihr Möbel und Einrichtungen in Auftrag gaben. Für Air France entwarf sie 1957 das Londoner Büro, 1959 bis 1970 das Konferenzzimmer für die Vereinten Nationen in Genf. Weitere Gestaltungen waren beispielsweise zwischen 1946 und 1949 Möblierungen für Ferienhäuser in Méribel-les-Allues.
Viele Projekte wie etwa die Einrichtung von 2000 Studentenappartements in Antony bei Paris (mit Jean Prouvé) lassen zudem ihr soziales Engagement erkennen. Ende der 1960er Jahre beteiligte sie sich am Entwurf von Hotels und Wohnungen in den französischen Alpen, bekannt unter dem Namen Les Arcs.[5][6] In den 1980er Jahren leitete Perriand für kurze Zeit die Jury International Competition for New Office Furniture, die das französische Kultusministerium unterstützte.
Heute werden ihre Möbel vor allem als hochwertige Sammlungsgegenstände begriffen. Da es sich nicht um Produkte im herkömmlichen Sinn handelt, die von Möbelherstellern in großen Stückzahlen gefertigt wurden, sondern um Kleinserien-Objekte, die oft für bestimmte architektonische Projekte gedacht waren, hat sich ein Markt für Perriand-Möbel entwickelt. Tische und kleinere Regale von Charlotte Perriand erzielen üblicherweise bei Auktionen mindestens fünfstellige Summen. Ein halbbogenförmiger Arbeitstisch erzielte auf einer Auktion des Pariser Auktionshaus Artcurial im Oktober 2017 einen Rekordpreis von 703.400 Euro.[7][8] In einer der wenigen deutschsprachigen Veröffentlichungen über ihre Notizbücher aus der Zeit bei Le Corbusier und Pierre Jeanneret findet sich ein Aufsatz Zwischen Luxus und Askese, der die Bandbreite des Schaffens von Perriand umreißt: Einerseits steht sie mit den von ihr mitgeschaffenen LC-Möbeln für einen teuren zeitgenössischen Einrichtungsstil, doch ihre Absichten zielten auf eine Verbesserung der Wohnverhältnisse breiter Schichten. Ihre Stahlrohrmöbel der 1920er und 1930er Jahre werden dem Internationalen Stil zugeordnet.
Etliche Ausstellungen widmeten sich dem Leben und Werk von Charlotte Perriand, beispielsweise große Retrospektiven in Japan (1955), Paris (1956, 1985) und London (1998). Viele Buchpublikationen dokumentieren ihre Arbeit als die einer der wichtigsten Persönlichkeiten der gestalterischen Moderne.
Als die Innenarchitektin und Galeristin Heidi Weber Ende der 1950er Jahre vier Avantgarde-Sessel von Le Corbusier, Charlotte Perriand und Pierre Jeanneret in einer ersten Kleinserie in Zürich produzierte und in ihrer Galerie Mezzanin ausstelle, wurde die Urheberschaft der Designermöbel noch ausschließlich Le Corbusier zugeschrieben. Neben diesen Sesseln, deren Rechte Cassina infolge großer Nachfrage von der Galeristin erwarb, hat der italienische Hersteller in den letzten Jahren etliche ihrer Möbelentwürfe wieder aufgelegt. Perriand betreute diese Wiederauflage als Beraterin.[1] Auch ihr zu Lebzeiten unausgeführt gebliebenes Projekt einer Berghütte aus Aluminium und Holz[9] hat Cassina 2012 realisiert.
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