1,1'-Carbonyldiimidazol (auch abgekürzt mit CDI) ist eine farblose kristalline organische Verbindung. Es wird unter anderem als Reagenz in der Peptidchemie und in der organischen Synthese verwendet.

Schnelle Fakten Strukturformel, Allgemeines ...
Strukturformel
Struktur von Carbonyldiimidazol
Allgemeines
Name Carbonyldiimidazol
Andere Namen
  • 1,1'-Carbonyldiimidazol
  • N,N′-Carbonyldiimidazol
  • CDI
Summenformel C7H6N4O
Kurzbeschreibung

kristalliner farbloser bis gelblicher Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 530-62-1
EG-Nummer 208-488-9
ECHA-InfoCard 100.007.718
PubChem 68263
Wikidata Q418617
Eigenschaften
Molare Masse 162,15 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

116–120 °C[1]

Löslichkeit
  • Zersetzung mit Wasser[1]
  • löslich in Tetrahydrofuran, Benzol, Chloroform, Dimethylformamid[2]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302314
P: 280305+351+338310[3]
Toxikologische Daten

1071 mg·kg−1 (LD50, Ratte, oral)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0°C, 1000 hPa).
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Sie ist auch als Staab-Reagenz bekannt nach Heinz A. Staab, der sie in den 1950er Jahren in die organische Synthese einführte.[4][5]

Herstellung

CDI wird direkt durch die Umsetzung von Phosgen mit vier Äquivalenten Imidazol unter wasserfreien Bedingungen hergestellt.[6][7][2] Nach der Entfernung des Nebenproduktes Imidazol-hydrochlorid und des Lösungsmittels wird CDI in einer Ausbeute von etwa 90 % erhalten.[8]

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Bei dieser Reaktion fungiert Imidazol sowohl als Nukleophil als auch als Base. Bei der Hydrolyse von CDI entsteht wieder unter Abspaltung von Kohlenstoffdioxid das Imidazol. Durch Bestimmung der hierbei entwickelten Menge Kohlenstoffdioxid kann der Gehalt an CDI bestimmt werden.[9]

Eigenschaften

Carbonyldiimidazol bildet farblose Kristalle, die zwischen 117 °C und 122 °C schmelzen.[7] In Wasser erfolgt eine schnelle Hydrolyse unter Freisetzung von Kohlendioxid.[2] Die Verbindung ist thermisch instabil. Eine DSC-Messung zeigt ab 186 °C eine stark exotherme Zersetzungsreaktion mit einer Wärmetönung von −507 kJ·kg−1 bzw. −82,2 kJ·mol−1.[10]

Gebrauch in der organischen Synthese

CDI wird hauptsächlich bei der Umsetzung von Alkoholen und Aminen zu den entsprechenden Harnstoff-, Carbamat- oder Kohlensäureester-Derivaten benutzt.[6] CDI ist ein sicheres Syntheseäquivalent von Phosgen, da dessen Giftigkeit deutlich geringer ist.

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Carbonsäurederivate

CDI kann zur Aktivierung von Carbonsäuren benutzt werden. Hierbei bildet sich zuerst ein gemischtes Anhydrid, welches anschließend unter Eliminierung von Kohlenstoffdioxid in ein Acylimidazol übergeht. Diese aktivierten Spezies reagieren in Folgereaktionen wie die entsprechenden Carbonsäurehalogenide, sind jedoch um einiges leichter zu handhaben und haben so ein breiteres Anwendungsspektrum.[9]

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Der Mechanismus dieser Transformation ist noch nicht abschließend aufgeklärt. Nach der Bildung des gemischten Anhydrids werden zwei Wege diskutiert: (A) Intermolekularer nukleophiler Angriff eines abgespaltenen Imidazols, gefolgt von der Eliminierung von Kohlenstoffdioxid und Imidazol[11] oder (B) Intramolekularer nukleophiler Angriff der „Anhydrid-Imidazol“-Gruppe, gefolgt von Ringöffnung und Kohlenstoffdioxid-Eliminierung.[6]

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Bei der Peptidsynthese wird die so aktivierte Carbonsäure mit einer geeigneten Aminosäure oder Peptid versetzt und es wird unter Abspaltung von Kohlenstoffdioxid und Imidazol das um die entsprechende Aminosäure erweiterte Peptid erhalten.[12] Die Racemesierungsneigung der Aminosäuren ist hier aufgrund der milden Bedingungen gering.

CDI kann auch für Veresterungen verwendet werden. Da sich die CDI-Addukte von Carbonsäuren ähnlich wie Carbonsäurehalogenide verhalten, ist das Produkt der Umsetzung selbiger mit starken Nukleophilen wie Alkoholaten der entsprechende Ester. Aber auch die Reaktion mit Thiolen und Selenolen sind bekannt und führen zum entsprechenden Schwefel- bzw. Selen-Analogon eines Esters.[13] Wird ein Acetal als Nukleophil eingesetzt, so erhält man das entsprechende Glycosid.[14]

Anstelle des Alkohols kann auch eine Carbonsäure als Nukleophil verwendet werden, das Produkt ist das entsprechende Anhydrid. Dabei wird am besten – wenn die Carbonsäure preiswert ist – die Carbonsäure im doppelten Überschuss eingesetzt, da hier dann das unlösliche bzw. leicht abtrennbare Salz des Imidazols als Nebenprodukt anfällt. Wird Ameisensäure als Nukleophil eingesetzt, so erhält man ein potentes Formylierungsreagenz.

Andere Reaktionen

Bei der Reaktion mit einem Ylid wird ein Phosphonium-Salz gebildet. Diese können in einem weiteren Schritt, nach Deprotonierung, in einer Wittig-Reaktion zu einer α,β-ungesättigten Carbonylverbindung umgesetzt werden.

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Die Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid hingegen liefert den Aldehyd und nur wenig Alkohol oder Amin. Bei der Umsetzung mit Grignard-Reagenzien erhält man in analoger Weise das Keton.[6]

Mit Acetylacetat-Anionen wird unter Bildung einer neuen Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung ein substituiertes 1,3-Diketon erhalten.[15]

CDI kann als Carbonyl-Äquivalent in der Synthese von Tetronsäuren oder Pulvinonen auftreten. So reagiert beispielsweise Acetol (Hydroxyaceton) mit CDI unter basischen Bedingungen zur Tetronsäure.[16]

Einzelnachweise

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