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Die Problematik bis zuletzt mit der Definition von Megalith und den Einbezug oder Ausschluss aufgrund äußerlicher Kriterien der Steine oder ihrer Setzung selbst (noch kritischer waren Funde im Umfeld, deren Herkunft nie sicher
Megalithkultur (von altgriechisch μέγας mégas „groß“ und λίθος líthos „Stein“) ist ein archäologisch und ethnographisch begründeter Ausdruck, der gelegentlich im Bezug auf das weltweite Phänomen, aber vor allem im Bezug auf „die rund 35.000 über ganz Europa verstreuten typischen Megalith-Bauwerke, […] die meist irgendwann zwischen dem 5. und 3. Jahrtausend vor der Zeitenwende errichtet wurden“, verwendet wurde.
Die „Bezeichnung ‚Megalithkultur‘ als Klammer für dieses Phänomen haben Archäologen aber mittlerweile im Wesentlichen zu den Akten gelegt: Von einer zusammenhängenden Kultur mit gemeinsamer Idee oder ideologischer Wurzel könne man angesichts der weit verstreuten, unterschiedlich alten und enorm vielfältigen Steinartefakte kaum sprechen.“[Anm 1]
Um auf die insbesondere auf der Altersbestimmung der Bauten beruhenden Unsicherheiten in der Theoriebildung einzuwirken, wurden seit 2017 eine Vielzahl von Radiocarbondatierungen vorgenommen, wobei diese „Analysen [..] auffällige Hinweise auf eine allmähliche Ausbreitung der Megalith-Idee aus einem Ursprungszentrum heraus (ergaben), die wohl vor 4500 v. Chr. im Nordwesten Europas ihren Anfang nahm.“[1]
„Die Hypothese, dass alle Megalith-Kulturen einen gemeinsamen Ursprung haben, wurde schon vor mehr als 100 Jahren aufgestellt. Damals galt aber der Nahe Osten als Ausgangsort. Frühere Datierungen widerlegten diese Theorie jedoch, sodass man lange Zeit von einer gleichzeitigen Entwicklung an mehreren Orten ausging.“[2]
Die Bezeichnung Megalithkultur hatte mehrere Bedeutungen, wobei diese in erster Linie von einem weltweiten Phänomen ausging:
Karl Josef Narr verweist (1956) darauf, dass Ethnographie und Archäologie mit verschiedenen Definitionen von „Megalithkultur“ arbeiten. Er macht darauf aufmerksam, dass „sich die prähistorische Megalithik nicht mit irgendeiner, durch archäologische Mittel herauszuarbeitenden Formengruppe deckt oder mit einiger Wahrscheinlichkeit als in einem derart aufgestellten Komplex wurzelnd erweisen läßt.“[11]
Die Problematik in allen Überlegungen war der Umstand der unsicheren Datierung der einzelnen Objekte und Bauten, da Bautechniken und „Formengruppen“ (Narr) nicht zur Konstituierung von Zugehörigkeit ausreichen. Dabei stand auch noch eine Art ‚weltweite Verbreitung‘ im Blickfeld, während die neuere Forschung sich in erster Linie auf die Konzentration megalithischer Bauten im westlichen Mittelmeerraum, entlang der (anschließenden) östlichen Atlantikküste und dem zugehörigen europäischen Festlandsblock bezieht.
„In den 1970er Jahren (hatte) Colin Renfrew […], der Pionier der Kohlenstoffdatierung, einen ersten Versuch unternommen“, Altersbestimmungen vorzunehmen. 1973 veröffentlichte er die vielbeachtete Arbeit Before Civilisation: The Radiocarbon Revolution and Prehistoric Europe, in der er die Annahme bezweifelt, dass prähistorische kulturelle Neuerungen im Nahen Osten entstanden seien und sich anschließend über Europa verbreitet hätten.
Die ‚Neue Forschung‘ ist nicht ideengeschichtlich, sie beruht auf einem Fortschritt in der Messtechnik zur Altersbestimmung in der Archäologie.
Projektiert von der Universität Göteborg hatte seit 2015 die Jungsteinzeitforscherin Bettina Schulz Paulsson „sich mit ihrem Team zum Ziel gesetzt, eine umfassende und genauere Zeitreihe möglichst vieler europäischer Megalith-Fundstellen mit Radiokarbonanalysen aufzustellen. […] Mit deutlich verbesserter Analysetechnik konnte Paulssons Team nun aber viel mehr Fundstücke wesentlich exakter und sicherer datieren: Sie bestimmte so das Alter von 2410 Fundstellen anhand von zum Teil bereits früher untersuchten Proben im Kontext der Megalithbauten und von gleich alten Artefakten benachbarter Kulturen. […] Insgesamt stellte Schulz-Paulsson 35.000 Megalith-Objekte fest.“[Anm 2]
Schulz Paulsson fasste 2017 die Arbeit in Buchform zusammen[12]; anderthalb Jahre später veröffentlichte die wissenschaftliche Fachzeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America) ihren Bericht und konstituierte sie damit als Grundlagenforschung:
„There are two competing hypotheses for the origin of megaliths in Europe. The conventional view from the late 19th and early 20th centuries was of a single-source diffusion of megaliths in Europe from the Near East through the Mediterranean and along the Atlantic coast. Following early radiocarbon dating in the 1970s, an alternative hypothesis arose of regional independent developments in Europe.“
Die „Analysen ergaben auffällige Hinweise auf eine allmähliche Ausbreitung der Megalith-Idee aus einem Ursprungszentrum heraus, die wohl vor 4500 v. Chr. im Nordwesten Europas ihren Anfang nahm. […] Ein Muster „von drei Ausbreitungswellen mit Ursprung in Nordwestfrankreich“ seien über Seerouten zu bestimmen.“[14]
Die „Ausbreitungswellen“ werden im Rahmen einer Küstenschifffahrt angenommen.
„Das könnte bedeuten, dass die Menschen der Steinzeit bereits überraschend gute Seefahrer waren. ‚Die maritimen Fähigkeiten, das Wissen und die Technologie dieser Gesellschaften müssen weiter entwickelt gewesen sein als bisher angenommen‘, sagt Schulz Paulsson. Sollte sich dies bestätigen, könnten die Anfänge der Seefahrt 2.000 Jahre weiter zurückliegen als gedacht. ‚Das eröffnet eine neue wissenschaftliche Diskussion über die maritime Mobilität und Organisation der neolithischen Gesellschaften und die Natur ihrer Wechselbeziehungen.‘“[15]
„‚They were moving over the seaway, taking long distance journeys along the coasts‘, says Schulz Paulsson. This fits with other research she has carried out on megalithic art in Brittany, which shows engravings of many boats, some large enough for a crew of 12.“[16]
Paulsson zieht aus ihren Arbeiten insgesamt vorsichtige Schlussfolgerungen: „In jedem Fall sei es angebracht, den europäischen Megalith-Horizont angesichts der neuen Daten und der möglichen maritimen Interaktionen wissenschaftlich noch einmal neu zu diskutieren.“[17]
In ihrer universitären Selbstdarstellung gibt Paulsson den Hinweis auf ein weiteres Forschungsprojekt, Mein Projekt „Symbol and Stone“ ist eine vergleichende Untersuchung der Megalithkunst in Europa, um zu analysieren und zu erklären, wie der interkulturelle Austausch zwischen prähistorischen Gesellschaften (4500-2500 v. Chr.) die Megalithkunst geprägt hat, und um die Funktion und Bedeutung dieser Bilder zu theoretisieren und zu interpretieren.[18]
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