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politischer und religiöser Führer des Iran Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Ali Chamenei ([Seyyed ’Ali Chamene’i, persisch سيد علی خامنهای, DMG Seyyed ‘Alī-ye Ḫāmene’ī, weitere Schreibweise Ali Khamenei; * 19. April 1939[1] in Maschhad) ist ein iranischer Politiker und Religionsführer. Er ist als „Oberster Führer“ seit 1989 das politische und religiöse Oberhaupt des mehrheitlich schiitischen Iran.[2] Chamenei ist in dem Sinne auch „Revolutionsführer“ (persisch رهبر انقلاب, DMG Rahbar-e enqelāb)[3] sowie höchste geistliche Instanz im Range eines Ajatollah und der Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte.[4]
], offiziell auchAli Chamenei, der heute mit seiner Familie im Beit-e Rahbari („Haus des Führers“), einem kilometerlangen Hochsicherheitstrakt in Teheran, lebt, wurde als zweites von acht Kindern des Klerikers Dschawad Hosseini Chamene’i in der Stadt Maschhad geboren. Ali Chameneis Vater war ein Aserbaidschaner aus Täbris,[5][6] seine Mutter stammte aus Yazd. Die Familie lebte laut offiziellen Angaben Chameneis in wirtschaftlich sehr schwierigen Verhältnissen.[3] Sein jüngerer Bruder ist der iranische Reformpolitiker und regimekritische Publizist Hadi Chamene’i. Chameneis Schwester Badri Hussein Chamenei war verheiratet mit dem oppositionellen Ajatollah und Chomeini-Schüler Ali Tehrani, der 1995 in Iran zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde.[7]
Bereits mit fünf Jahren besuchte er die Grundschule, später das religiöse Seminar in Maschhad. Seine Vorbilder waren der Attentäter Navvab Safavi und Ruhollah Chomeini, dessen Protegé er wurde. 1957 pilgerte er nach Nadschaf, um als Student seine religiösen Studien bei den bekanntesten Lehrern der damaligen Zeit zu beginnen. 1958 unterbrach er sein Studium auf Bitten seines Vaters und kehrte aus dem Irak zurück. Bis 1964 war er in Ghom als Student eingeschrieben, ohne einen Abschluss zu machen.[8] 1962 trat er der Oppositionsbewegung von Ajatollah Chomeini bei. Er war am stärksten durch die Schriften von Sayyid Qutb, dem führenden Kopf der ägyptischen Muslimbruderschaft, beeinflusst, die er zum Teil selbst in das Persische übersetzte, so 1967 das Buch Die Zukunft dieser Religion. Er las als junger Mann aber auch zahlreiche Romane und führte später Die Elenden als das Werk an, das ihn am meisten beeindruckt habe. Chamenei stand in enger Beziehung zu den einflussreichen Intellektuellen Ali Schariati und Dschalāl Āl-e Ahmad und generell mit säkularen Kreisen, die nach dem Sturz von Mohammad Mossadegh im Jahr 1953 durch die Operation Ajax zunehmend antiimperialistisch und antiamerikanisch geprägt wurden.[9] Mit der Ausweisung seines Mentors Chomeini im Jahre 1964 radikalisierte sich sein politisches Vorgehen. Chamenei wurde wegen seiner politischen Aktivitäten in der Zeit von 1963 bis 1978 sechsmal inhaftiert.
Spekulationen, denen zufolge die Wurzeln seiner Feindschaft gegenüber Israel und den Vereinigten Staaten auf diese Zeit zurückgehen, werden mit der Folter und Einzelhaft begründet, die Chamenei erlitt, da der SAVAK von der CIA und dem Mossad geschult wurde. Bei seiner letzten Festnahme im Jahre 1977 wurde er für drei Jahre nach Iranschahr verbannt, im Zuge der Vorrevolution jedoch Mitte 1978 freigelassen.[10][3] Chamenei war 1977 Gründungsmitglied der Vereinigung der kämpfenden Geistlichkeit[11] sowie Gründungsmitglied des Revolutionsrates und der Islamisch-Republikanischen Partei. Er hielt während der Islamischen Revolution Kontakt zur Tudeh-Partei.[12]
Nach der Revolution war Ruhollah Chomeini als Revolutionsführer der Herrscher Irans. Chamenei gehörte anfangs nicht zur Führungsriege. Chomeini wurde auf den „brillanten Redner mit durchdringender Stimme“ aufmerksam und ernannte ihn Anfang 1980 zum Freitagsvorbeter in Teheran.[13][14] Nachdem Chomeini am 3. Juli 1980 die Anweisung erlassen hatte, alle Ministerien hätten auf die Durchsetzung islamischer Kleidung bei Frauen zu achten, gab es landesweite Proteste gegen den Tschador. Chamenei, damals ein relativ unbekannter Mullah, äußerte sich öffentlich dazu:
„Ich will sie nicht Prostituierte nennen, denn was eine Prostituierte macht, betrifft nur sie selbst, doch was diese Frauen tun, betrifft die ganze Gesellschaft.“[15]
Bis 1981 fielen einige Führungskräfte um Chomeini Attentaten zum Opfer (z. B. Morteza Motahhari, Mohammad Beheschti, Mohammad Dschawad Bahonar) oder beim Revolutionsführer in Ungnade (z. B. Abolhassan Banisadr, Mohammad Kazem Schariatmadari). Chamenei gelang es nun, innerhalb der Mullah-Regierung aufzusteigen. Am 2. Oktober 1981 wurde er zum Staatspräsidenten gewählt. Seine Wahl stellte keine Überraschung dar, nachdem sich Chomeini auf ihn festgelegt hatte. Er erhielt 95 % aller abgegebenen Stimmen. Daneben übernahm er nach dem 30. August 1981 auch die Führung der Islamisch-Republikanischen Partei.
Am 23. Juni 1981 wurde ein Attentat auf Chamenei verübt. Eine Bombe, die in einem Tonbandgerät versteckt war, detonierte in der Moschee, in der Chamenei betete. Er kann seit diesem Anschlag seinen rechten Arm nicht mehr bewegen.[10]
Chameneis Haltung im Ersten Golfkrieg war unnachgiebig, die Losung unter ihm als Staatspräsidenten lautete: „Krieg, Krieg, bis zum Sieg.“[16] Zitate Chameneis zum Krieg:[17]
Ali Akbar Hāschemi Rafsandschāni löste 1988 auf Anweisung Chomeinis Chamenei als Oberbefehlshaber der Streitkräfte ab und machte damit erst die Annahme der UN-Resolution 598 im Irak-Iran-Krieg möglich.
Am 4. Juni 1989, einen Tag nach dem Tode Chomeinis, wählte der Expertenrat Chamenei überraschend zum neuen „Revolutionsführer“. Er wurde damit höchste geistliche und politische Instanz, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und Staatsoberhaupt Irans.[4] Um nicht Verfassungsbestimmungen hinsichtlich des obersten religiösen Führers zu verletzen, wurde die Verfassung im Nachhinein geändert und durch ein Verfassungsreferendum am 28. Juli 1989 vom Volk bestätigt. Die explizit in der Verfassung genannte Bedingung, dass der religiöse und politische Führer Irans auch der oberste Rechtsgelehrte sein muss, wurde entfernt und durch die Erklärung ersetzt, dass für das Amt geeignet sei, wer neben islamischer Gelehrsamkeit über angemessene politische, administrative und soziale Fähigkeiten verfüge. Da das Amt aber noch immer mit der geistigen und formal-religiösen Führung verbunden war, musste Chamenei eine „religiöse Aufwertung“ erfahren, also den religiösen Titel Ajatollah erhalten. Zuvor bekleidete er lediglich den Rang eines Hodschatoleslam. Die Berufung wurde damals von der übrigen schiitischen Geistlichkeit nur widerwillig hingenommen.[18]
Wie zuvor Chomeini steht Chamenei als Oberster Führer mit unumschränkten Machtbefugnissen über allen Institutionen. Er vertritt eine konservative Politik des Islamismus, die nur selten Reformen zulässt. Dabei stützt er sich auf den am 20. Februar 1980 gegründeten Wächterrat, der über alle politischen Vorgänge, Parlamentsbeschlüsse, Gesetze und die Zensur der Medien wacht und dessen Besetzung er zur Hälfte selber bestimmt, zur anderen Hälfte entscheidend beeinflusst. Er ernennt und beaufsichtigt die Freitagsprediger und bestimmt die Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates.
Chamenei schuf 1990 als „graue Eminenz“ erstmals ein Sondergericht für die Geistlichkeit, um die Opposition aus religiösen Kreisen unter Kontrolle zu halten. Der Revolutionsführer greift üblicherweise nicht in die aktuelle Tagespolitik ein, hat aber durch verschiedene Kontroll- und Berufungsfunktionen aufgrund seines Amtes einen nicht zu unterschätzenden Einfluss. Wahlverlierer von Präsidentenwahlen werden meist durch andere Posten entlohnt (z. B. 1997 Ali Akbar Nateq Nuri und 2005 Rafsandschani), um keiner Strömung die absolute Oberhand zu belassen. Machtpolitisch einflussreiche und damit gefährliche Ajatollahs wurden entweder
Nach dem Tode des Großajatollah Mohammad Ali Araki im Jahr 1994 versuchte Chamenei, dessen vakanten Posten als Großajatollah zu übernehmen. Damit hätte Chamenei langfristig die Möglichkeit gehabt, wie unter Chomeini, der oberste (politische) Rechtsgelehrte und zugleich oberster religiöser Führer zu sein. Die Geistlichen in Ghom standen dieser Bewerbung ablehnend gegenüber, auch aufgrund seiner mangelnden Studienzeit, bis letztlich Chamenei mit den Worten „der Titel ist für mich nicht wichtig“[19] darauf verzichtete.
Die 1997 erfolgte Wahl von Mohammad Chātami zum Staatspräsidenten stärkte die Reformbewegung und führte zu einer gewissen politisch-wirtschaftlichen Liberalisierung. Doch während bei der Parlamentswahl 2000 etwa 60 % der Abgeordneten aus dem Reformlager kamen, wurde 2004 den meisten reformerischen Politikern der Kandidatenstatus vom Wächterrat aus „religiösen Gründen“ aberkannt. Das Parlament wird seither wiederum zu über 90 % von konservativen Parteien dominiert.
Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2009 hatte Chamenei eine Wahlempfehlung für Amtsinhaber Mahmud Ahmadineschād ausgesprochen. Am Wahlabend, noch vor dem amtlichen Endergebnis, erkannte er den Wahlsieg an. Am 13. Juni 2009 gratulierte er im iranischen Fernsehen Ahmadinedschad zu seinem Sieg:
„Dass 24 Millionen Iraner für ihn gestimmt hätten, sei ein Anlass zum Feiern und eine Bestätigung für die Republik. […] Der Wahlausgang sei ein Beweis, dass das Volk dem psychologischen Krieg des Feindes Widerstand leiste und dass es selbständig bleibe. Er dankte dem Innenministerium, der Polizei und allen, die zum Wahlausgang beigetragen hätten.“[20]
Wegen der anhaltenden Proteste nach der Präsidentschaftswahl 2009 kündigte Chamenei am 15. Juni eine Prüfung der Wahl durch den Wächterrat an.[21] In der mit Spannung erwarteten Freitagspredigt, am 19. Juni, nahm Chamenei Stellung zu den Präsidentschaftswahlen. Dabei erklärte er vor der anberaumten Wahlprüfung durch den Wächterrat die Wahl für rechtens[22] und stellte fest, dass die iranische Republik „niemals Verrat begehen und die Stimmen der Menschen manipulieren würde“. Die Rechtsstrukturen und die iranischen Wahlgesetze würden keinen Wahlbetrug erlauben.[23] Gleichzeitig rief er alle Parteien auf, die Gewalt zu beenden,[24] und gestand ein, den Ansichten des Wahlsiegers Ahmadinedschad näher zu stehen als denen der anderen Kandidaten.[25] Bei einem Treffen mit dem wiedergewählten Präsidenten Ahmadinedschad am 7. September 2009 warnte er diesen vor Selbstüberschätzung mit den Worten: „Auch wenn das Votum des Volkes Quelle des Stolzes sein kann, sollte jede Selbstüberschätzung vermieden werden, weil sie eine der größten Fallen des Teufels ist.“[26]
Nach den Präsidentschaftswahlen 2009 erklärte Chamenei vor ausgesuchten Studenten und Professoren: „Die meisten Humanwissenschaften basieren auf materialistischen Philosophien und betrachten den Menschen als ein Tier“. Er sei „beunruhigt, dass zwei Millionen Hörer in geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern eingeschrieben sind.“ Damit werden, so Chamenei, den jungen Leuten säkulare Gedanken beigebracht und „Zweifel an den islamischen Prinzipien und Misstrauen in unsere Werte gesät.“ Erste Hinweise auf die Ankündigung eines neuen Kulturkampfes gab es im Schauprozess nach den Protesten nach den iranischen Präsidentschaftswahlen. Said Hajjarian musste in seinem Geständnis öffentlich den Philosophen Max Weber, Talcott Parsons und Jürgen Habermas abschwören.[27]
Im Zuge der Proteste nach der Präsidentschaftswahl 2009 schränkte Chamenei, nach Art. 110 der Iranischen Verfassung „Leiter aller Medien des Iran“, die ohnehin praktisch nicht vorhandene Meinungs- und Pressefreiheit stark ein. Bereits seit 2006 verschärfte sich die Internetzensur im Iran mittels Filtersoftware und Verringerung der Übertragungsgeschwindigkeit sowie Sperrung verschiedener Webseiten, wie Facebook. Am 13. Dezember 2012 meldete sich Chamenei jedoch selbst bei Facebook an, was bei Bloggern Verwunderung hervorrief, da die Seite „für ihn erlaubt, fürs Volk strafbar“ sei.[28] Ab Rohanis Amtsantritt im August 2013 verschlechterte sich Beobachtern zufolge die Situation mit einer „regelrechten Jagd auf Blogger und Internet-Aktivisten“ nochmals dramatisch.[29]
Bezüglich der Proteste im Iran seit September 2022 erklärte Chamenei, dass der Tod von Mahsa Amini nicht Ursache der Unruhen sei, sondern „dass diese Unruhen und Unsicherheiten von Amerika und dem zionistischen Regime und ihren Mitarbeitern geplant“ worden seien. Chamenei ergänzte u. a.: Zu den „gewalttätigen Ausschreitungen“ gegen den iranischen Staat sei es gekommen, weil „jemand Unsicherheit auf den Straßen“ geschürt habe.[30] Im Dezember veröffentlichte der Neffe von Chamenei einen Brief seiner Mutter (Schwester von Chamenei), in der diese die despotische Führung ihres Bruders verurteilte und erklärte, dass sie hoffe „den Sieg der Bevölkerung und den Sturz dieser Iran regierenden Tyrannei bald zu sehen“. Sie drückte in dem Brief auch ihr Mitgefühl „mit allen Müttern aus, die die Verbrechen des Regimes der Islamischen Republik […] betrauern“. Sie warf der Staatsführung ihres Bruders vor, „Iran und Iranern nichts als Leiden und Unterdrückung“ gebracht zu haben. Sie selbst könne wegen ihrer körperlichen Verfassung nicht an den Protesten teilnehmen.[31]
Bezüglich des von Ruhollah Chomeini ausgesprochenen Todesurteils gegen Salman Rushdie wegen dessen Romans Die satanischen Verse äußerte sich Chamenei 1989 folgendermaßen:
„Der schwarze Pfeil des Todes ist abgeschossen und auf dem Weg zu seinem Ziel.“[32]
2019 erklärte Chamenei aus Anlass des 30. Jahrestages dieser Fatwa gegen Rushdie, dass Chomeinis damaliges Urteil auf heiligen Versen basiere und unwiderruflich sei.[33] Am 12. August 2022 wurde Rushdie durch einen Mordversuch eines Sympathisanten der iranischen Revolutionsgarde lebensgefährlich verletzt.[34][35][36][37][38][39][40][41][42][43] Iranische Stellen hatten im Laufe der Jahre das Kopfgeld für die Ermordung Rushdies auf insgesamt rund 4 Millionen US-Dollar erhöht.[44][45][46][47]
Am 6. August 1991 wurde in Paris der letzte Ministerpräsident des Schahs, Schapur Bachtiar, in seiner Wohnung ermordet. Der Auftragsmord wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit vom obersten Revolutionsführer angeordnet, wie einer der festgenommenen Attentäter in der Gerichtsverhandlung aussagte.
Nach dreieinhalbjährigem Prozess verurteilte das Berliner Kammergericht im April 1997 Kazem Darabi und den Libanesen Abbas Rhayel wegen Mordes mit besonderer Schwere der Schuld zu lebenslanger Freiheitsstrafe im Mykonos-Prozess. Das Urteil stellte klar, dass der Auftrag zum Mord an vier iranisch-kurdischen Exilpolitikern von staatlichen Stellen des Iran erteilt worden war und der Religionsführer Ali Chamenei sowie der ehemalige Staatspräsident Akbar Hāschemi Rafsandschāni über das Attentat vorab informiert waren (Aktenzeichen: (1) 2 StE 2/93 [19/93]).[48]
In einem Brief an den Vorsitzenden des Expertenrats, Akbar Hāschemi Rafsandschāni, hat der schiitische Geistliche Mohsen Kadivar im August 2010 die Absetzung des Revolutionsführers Ali Chamenei gefordert. Kadivar begründet dies damit, dass das Staatsoberhaupt systematisch versucht habe, den Expertenrat an der Wahrnehmung seiner Pflichten und Aufgaben zu hindern. Kadivar bezeichnete in dem offenen Brief Chamenei als Despoten, der „sowohl die Gesetze und die Verfassung als auch die Rechte der Bürger eklatant missachtet und den Grundsätzen des Islam zuwidergehandelt habe“.[49]
Im Iran sind nach Walter Posch drei Kategorien antijüdischer Vorurteile auszumachen:
Die erste Kategorie ist für Chamenei durch eine Fatwa obsolet – er erklärte in einem seiner Rechtsgutachten Juden, Christen, Zarathustrier und die Sabäer für kultisch rein. Die zweite Kategorie wird im Wesentlichen von Chamenei teils in stiller Duldung bzw. aktiver Förderung eingesetzt. Für die dritte Kategorie sind bei Chamenei im Laufe der Jahre teilweise widersprüchliche Positionen auszumachen; die Rhetorik reicht von der radikalen Vernichtung des Staates Israel bis zur „Auflösung von Israel durch eine Volksabstimmung“. Im Folgenden Aussagen von Chamenei:[51]
Chamenei leugnete den Holocaust, den er als Märchen bezeichnet, und unterstützt andere Holocaustleugner.[68][69] Unter anderem äußerte er sich zum Holocaust wie folgt:
Auch 2014 stellte Chamenei die Realität der Massenvernichtung der europäischen Juden in Frage.[73] Am 27. Januar 2016, dem Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust, veröffentlichte Chamenei auf seiner Webseite ein dreiminütiges Video mit Bildmontagen, in dem er behauptete, es sei unklar, ob bzw. wie der Holocaust sich ereignet habe. Weiter sagte er, dass niemand in Europa wage, darüber zu sprechen, und diejenigen, die Zweifel äußerten, von denen verfolgt und inhaftiert würden, die für sich, so Chamenei, beanspruchen würden, Unterstützer der Freiheit zu sein.[74] Ende 2019 lobte Chamenei den französischen Holocaustleugner Roger Garaudy erneut und bezeichnete ihn als „mutig“ und „unermüdlich“.[75]
Laut Chamenei betrachtet sich der religiöse Führer im Verständnis der Islamischen Republik Iran und deren Verfassung nicht als Diktator, sondern vom Gesetz des Propheten und damit vom göttlichen Auftrag geleitet.[76] Nach Artikel 109 der Iranischen Verfassung bedarf es für den religiösen Führer neben persönlicher islamischer Voraussetzungen auch Eigenschaften wie „vernünftige politische und gesellschaftliche Weitsicht, Besonnenheit, Tapferkeit, administrative Fertigkeiten und adäquate Führungsfähigkeiten.“[77] Chamenei versteht wie Ruhollah Chomeini seine Aufgabe nicht darin, sich in aktuelle Tagespolitik einzumischen, dafür gibt es das Amt des Präsidenten, jedoch hat er bei außenpolitisch für den Iran/Islam wichtigen Angelegenheiten klar Stellung bezogen, so z. B. beim Irakkrieg, Atomstreit, Mohammed-Karikaturen, Papstzitat von Regensburg etc. Diese Stellungnahmen, auch mittels Fatwa, binden den iranischen Präsidenten bei dessen politischen Entscheidungen und geben langfristig die außenpolitische Richtung des Iran vor.
Im Oktober 2003 wurde von Chamenei, in Übereinstimmung mit der religiösen Führung in Ghom hinsichtlich der religiösen Grundsätze des Islam, die Entwicklung und der Gebrauch von Massenvernichtungswaffen untersagt.[78] Am 24. Juni 2004 sprach Chamenei im iranischen Fernsehen: „Wir haben keinen Bedarf für eine Atombombe. Wir haben unsere Feinde überwunden, auch ohne Atombombe.“[79] Am 5. November 2004 unterstrich Chamenei diesen Satz während der Freitagspredigt an der Universität Teheran: „Wir denken nicht an Atomwaffen. Ich sagte dies bereits viele Male. Unsere Atomwaffe ist dieses Volk.“[80]
Im August 2005 hat Chamenei eine Fatwa erlassen (und der IAEA notifiziert), die Herstellung und Gebrauch atomarer Waffen verbietet.[81] Zum Atomstreit nahm Chamenei im Januar 2006 nochmals öffentlich Stellung: „Wir wollen keine Atomwaffen, der Westen weiß das.“ Der Besitz von Nuklearwaffen, so Chamenei, widerspreche den politischen und ökonomischen Interessen des Landes und sei gegen die islamische Lehre.[82] Gleichzeitig betonte er, der Iran wolle das Nuklearprogramm ausbauen.
Am 4. Mai 2008 erklärte Chamenei zum neuen Gesprächsangebot westlicher Staaten im Atomstreit mit dem Iran, dass Drohungen den Iran nicht zum Rückzug bewegen würden.[83]
Am 11. September 2009 erklärte Chamenei in seiner Freitagspredigt in Teheran: Wenn der Iran auf seine Rechte verzichten würde, seien es nukleare oder andere, bedeute dies den „Niedergang der Islamischen Republik“. Mehr als 200 Jahre, so Chamenei, gäbe es ein „heimtückisches Verhalten der amerikanischen und britischen Regierungen“ gegenüber dem Iran. „Also, was soll es. Sie können uns nicht mehr einschüchtern.“[84]
Am 16. Februar 2013 nahm Chamenei nochmals Stellung im Atomstreit: „Wir planen keine Nuklearwaffen, nicht wegen des Unbehagens der USA, sondern weil wir überzeugt sind, dass Atomwaffen ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind.“ Wenn Iran die Absicht hätte, Atomwaffen zu bauen, so Chamenei, werde dies niemand verhindern können.[85]
Am 6. Mai 2004 sprach Chamenei über den Irakkrieg: „die Amerikaner stecken im Irak fest und haben keinen Ausweg. Sie sind wie ein Wolf, dessen Schwanz in einer Falle gefangen wurde […] Sie sind tief im Sumpf.“[86] Am ersten Freitag des islamischen Fastenmonats Ramadan, dem 14. September 2007, verglich Chamenei US-Präsident George W. Bush mit Adolf Hitler und Saddam Hussein, der vor ein Kriegsgericht und zur Rechenschaft gezogen werde. „Warum hat ein reiches Land wie der Irak kein Wasser, keinen Strom, keine Krankenhäuser und keine Schulen? Das Einzige, was die Amerikaner in den Irak gebracht haben, ist der Terrorismus.“[87]
Während Gespräche mit den USA über die Lage im Irak für Chamenei – nach seiner Rede vom 21. März 2006 – keine Probleme darstellen („Wenn iranische Vertreter dafür sorgen können, dass die USA einige Themen im Irak verstehen, dann gibt es kein Problem mit Verhandlungen.“),[88] lehnte Chamenei nach Angaben des iranischen Fernsehens vom 27. Juni 2006 direkte Verhandlungen mit den USA im Atomstreit mit den Worten „Mit Amerika zu verhandeln erbringt keine Vorteile für uns und wir brauchen solche Verhandlungen nicht“ ab.[89]
In einer Rede am 3. Januar 2008 nahm Chamenei nach Angaben der Nachrichtenagentur Mehr zu den Beziehungen zu den USA Stellung: „Der Abbruch der Beziehungen zu den USA sei bisher eine der Grundlagen der iranischen Politik. Aber wir haben nie gesagt, dass diese Unterbrechung für immer ist“. Mit der Regierung von George W. Bush werde es keine besseren Beziehungen geben.
Am 21. März 2009 nahm Chamenei Stellung zu der Videobotschaft[90] des neuen amerikanischen Präsidenten Barack Obama[91] an das iranische Volk und die Führung des Iran anlässlich des Neujahrsfestes: „Die USA sind in der Welt verhasst und müssen aufhören, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Länder einzumischen.“ Zugleich betonte er: „Wir haben keine Erfahrung mit der neuen amerikanischen Regierung und dem neuen amerikanischen Präsidenten. Wir werden sie beobachten und urteilen. Wenn Sie Ihre Haltung ändern, werden wir unsere Haltung ändern.“[92] „Wenn unter diesem Samthandschuh eine eiserne Faust versteckt ist, hat diese Geste keinen Wert.“[93] Obama beabsichtigte laut der Zeitung New York Times, „das Verbot von direkten Kontakten zwischen US-Diplomaten und iranischen Repräsentanten in aller Welt aufzuheben“[94] und darüber hinaus eine direkte Kommunikation mit Chamenei anzustreben.[95]
Am 21. März 2010 hat Chamenei dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama vorgeworfen, ein Komplott gegen die Islamische Republik zu schmieden. „Sie haben Briefe geschrieben und Mitteilungen geschickt, in denen sie sagten, sie wollten die Beziehungen zur Islamischen Republik normalisieren. Aber in der Praxis haben sie das Gegenteil getan.“ Die USA hätten schon bei den Unruhen nach der Präsidentenwahl im Juni 2009 die „schlechtestmögliche Position“ eingenommen, indem Randalierer als Bürgerrechtler bezeichnet wurden.[96] Am 17. April 2010 sprach er in einer Grußbotschaft zur Eröffnung eines Nukleargipfels in Teheran: „Der einzige Nuklearkriminelle der Welt behauptet fälschlich, im Kampf gegen die Verbreitung von Atomwaffen zu sein […] übernimmt jedoch definitiv keine ernsthaften Maßnahmen in Bezug auf die Frage.“[97]
Zum Karikaturenstreit bemerkte Chamenei im iranischen Fernsehen, „die Wut unter den Muslimen ist gerechtfertigt und sogar heilig. Sie wendet sich jedoch nicht gegen die Christen weltweit, sondern gegen einige diabolische Kräfte, die an dieser teuflischen Affäre beteiligt sind. […] Die Affäre um die Karikaturen ist eine Verschwörung der Zionisten, um Spannungen zwischen Muslimen und Christen zu erzeugen“.[98]
Das Papstzitat von Regensburg (ein im September 2006 publiziertes Diktum von Benedikt XVI.) bezeichnete Chamenei als das „letzte Glied eines Komplotts für einen Kreuzzug.“[99]
Im Dezember 2004 würdigte Chamenei den verstorbenen Jassir Arafat für „seine herausragende Rolle im Kampf für die Rechte seines Volkes und gegen Israel.“[100] Die Nachfolger des Palästinenserpräsidenten dürften nicht vergessen, dass die Fortführung von Intifada und Widerstand eine strategische Entscheidung des Volkes seien.
Im Zusammenhang mit der Gefangennahme von 15 britischen Marinesoldaten am 23. März 2007 auf dem Schatt al-Arab an der Grenze zu Iran kam es zu einem brieflichen Kontakt zwischen dem Papst Benedikt XVI. und dem Ajatollah Chamenei.[101] Beide Seiten waren darauf bedacht, die Situation mit einer Geste des guten Willens, im Angesicht der wichtigen Feiertage des christlichen Osterfestes und dem Geburtstag des islamischen Propheten Mohammed, zu entspannen.[102]
Chamenei hat vier Söhne:[103]
und zwei Töchter,
Die Schwester Chameneis war mit dem Dissidenten Scheich Ali Tehrani verheiratet. Dessen Sohn, Mahmud Tehrani, lebt (Stand 2009) im Exil in Paris. Er äußerte 2009 die Vermutung, sein Onkel sei ein Spielball der Iranischen Revolutionsgarde, von Mahmud Ahmadinedschad oder von Mesbah Yazdi.[104][105]
Chamenei hat aus dem Arabischen ins Persische übersetzt:
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