Ägyptisches Museum (Kairo)
Museum in Kairo Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Das Ägyptische Museum (arabisch المتحف المصري) in Kairo ist das bisher größte Museum für altägyptische Kunst. Es enthält Objekte aus verschiedenen Epochen der altägyptischen Kultur und Geschichte: Frühgeschichte, Thinitenzeit, Altes Reich, Mittleres Reich, Neues Reich, Dritte Zwischenzeit und Spätzeit sowie Griechisch-Römische Zeit.
Das Gebäude steht am Al-Tahrir-Platz in der Innenstadt von Kairo und wurde 1900 nach Plänen des französischen Architekten Marcel Dourgnon im neoklassischen Stil erbaut. Die Eröffnung fand 1902 statt. Träger des Museums ist die heutige Behörde Supreme Council of Antiquities, ehemals Antikendienst der Arabischen Republik Ägypten.
Die ägyptische Regierung gründete 1835 den Service des Antiquités de l’Egypte, um die weitere Plünderung archäologischer Schätze sowohl durch einheimische wie auch fremde Schatzsucher zu verhindern. „So entstand die erste, von der ägyptischen Regierung zusammengetragene Sammlung ägyptischer Kunstwerke.“ Die Sammlung fand zuerst ihren Platz in einem kleinen Gebäude im Esbekieh-Garten in Kairo und wurde später in die Saladin Festung überführt. 1858 eröffnete Auguste Mariette ein neues Museumsgebäude in Bulaq. Als im Jahr 1878 nach einer Überschwemmung des Museums in Bulaq viele Objekte fortgeschwemmt oder gestohlen worden waren, setzte sich Mariette besonders dafür ein, ein großes Museum für ägyptische Monumente zu errichten. Bevor der Khedive Ismail Pascha 1879 Ägypten verließ, ließ er die verbliebenen Sammlungen aus dem Bulaq-Museum in einen Anbau des Giza Palastes bringen, wo sie bis zur Eröffnung des Ägyptischen Museums im Jahr 1902 verblieben.[1] Die Grundsteinlegung zum neuen Museumskomplex im Stadtteil Midan al-Tahrir (Altstadt) erfolgte am 1. April 1897 in Gegenwart des Khediven Abbas Hilmi II. und dem Leiter des Service des Antiquités de l'Égypte, Gaston Maspero, der auch die Bauarbeiten mit überwachte. Die Bauzeit betrug vier Jahre und acht Monate und der Bau mit 15.000 m² Grundfläche kostete L. E. 240.000. Von Anfang März bis Mitte Juli 1902 wurden die Artefakte von Gizeh über den Nil nach Kairo gebracht. Am 15. November 1902 eröffnete Abbas Hilmi II das Ägyptische Museum.
Die Inschrift über dem Haupteingang ist lateinisch und lautet:
Deutsche Übersetzung:
Nach der Eröffnung 1902 waren im Ägyptischen Museum ca. 50.000 Ausstellungsstücke zu sehen. Mit mehr als 150.000 Artefakten beherbergt es heute die größte Sammlung altägyptischer Kunst weltweit.[2] Die Ausstellung erstreckt sich über zwei Stockwerke mit über 100 Sälen. Im Erdgeschoss sind die Objekte nach den Epochen chronologisch geordnet, das heißt von der Prädynastik bis hin zur Griechisch-römischen Zeit sowie Funde aus nubischen Gräbern. Einen Sonderbereich innerhalb des Ausstellungsbereichs zum Neuen Reich nimmt die sogenannte Amarna-Gallery ein. Im 1. Obergeschoss befinden sich die Objekte, die ungestört oder nahezu ungestört aufgefunden wurden, also als geschlossener Fundkomplex präsentiert werden. Hier sind Fundstücke aus dem Grabschatz des Tutanchamun, Modell-Boote, Königsmumien, die Grabbeigaben von Juja und Tuja, die Mumienportraits aus dem Fayyum sowie Ostraka und Papyri ausgestellt.
Sortierung der Gruppierungen nach den Fundzeiten der Objektgruppen:
Die 1902 gegründete Museumsbibliothek ist auf die Kultur des Alten Ägypten spezialisiert und wird weltweit als eine der wichtigsten Bibliotheken hierzu angesehen. Unter den Themengebieten sind unter anderem Geschichte, Literatur, Mathematik oder Kunst vertreten. Die Bibliothek umfasst in etwa 42500 Bücher, aber auch Magazine und Periodika in verschiedenen Sprachen. Sie wird monatlich um ca. 20 bis 30 weitere Exemplare ergänzt.
Die Bibliothek des Ägyptischen Museums in Kairo steht unter Aufsicht des Highest Council of Monuments. Das Ausleihen ist Mitarbeitern dieser Institution und Forschern vorbehalten, wohingegen das Lesen in der Bibliothek für Forscher des Fachgebietes und Studenten, auch aus dem Ausland, möglich ist.[3]
Der Antikendienst (Service d’Antiquités Egyptien) betrieb im Ägyptischen Museum in Kairo ab 1902 im Raum 56 im Erdgeschoss einen Verkaufssaal (Salle de ventes)[4] in dem originale altägyptische Kunstwerke und andere originale Artefakte verkauft wurden.[5] Darüber hinaus konnten Händler oder Sammler bis in die siebziger Jahre im Kairoer Museum Antiquitäten zur Inspektion am Donnerstag vorbeibringen, und wenn die Museumsbeamten keine Einwände hatten, konnten sie sie in bereit stehende Kisten verpacken, diese versiegeln und für die Ausfuhr freigeben lassen.[6] Viele Objekte, die heute in privaten Sammlungen oder öffentlichen Museen aufbewahrt werden, stammen von hier. Nach jahrelangen Debatten über die Strategie für den Verkauf der Antiquitäten, wurde der Verkaufssaal im November 1979 endgültig geschlossen.
Zahlreiche Artefakte befinden sich in dem für Besucher nicht zugänglichen Untergeschoss und dem 2. Obergeschoss. Die Fundstücke in den Kellerräumen des Museums lagerten dort jahrelang ohne in den Bestandslisten erfasst oder dokumentiert worden zu sein. Auf einer Fläche von 10.500 m² wurden die Grabungsfunde aller archäologischen Grabungen eingelagert, die nach der Fundteilung Ägypten zugesprochen worden waren.
2004 wurde Wafaa El Saddik die erste Generaldirektorin des Ägyptischen Museum.[7] Dank der Genehmigung von Sondermitteln durch das Supreme Council of Antiquities wurde unter ihrer Leitung (2004–2010) eine Inventur im Untergeschoss durchgeführt und im Anschluss daran mit den Arbeiten an einer modernen Datenbank für die Objekterfassung begonnen. Es wurden rund 2.000 verschlossene Holzkisten inventarisiert, die die Namen der einzelnen Grabungsmissionen, jedoch keine Inventarlisten über die Funde enthielten. Darunter unter anderem Kisten aus den Grabungsjahren 1914, 1922, 1923 oder 1939 in Deir el-Bahari, Memphis, Sakkara und Tanis. Weitere Funde im Kellergeschoss waren etwa 600 Särge und in Regalen gelagerte Mumien, Totenschädel aus nubischen Gräbern, verschiedene Keramiken, Stelen, Skulpturen und Reliefs. Stichproben ergaben eine Anzahl von ungefähr 40.000 aufbewahrten Einzelobjekten. Den Arbeiten in den Kellerräumen folgte eine Sonderausstellung im Museum: „Meisterstücke aus dem Keller“.[8]
Die Untersuchungen und Aufräumarbeiten im 2. Obergeschoss ergaben eine der im Keller vergleichbare Fundsituation. Hier fanden sich beispielsweise vollständige Sarg-Ensembles, das heißt in einander passende Särge für eine verstorbene Person.[9]
Das Inventar des Ägyptischen Museums ist in mehreren Inventar-Listen erfasst[10]:
Nachdem ein Großteil der Funde im Keller auf verschiedene Lager verteilt worden war, beispielsweise auf das Imhotep-Museum in Sakkara, wurden die Kellerräume renoviert und teilweise in Büros für die Kuratoren des Museums umgestaltet. Im östlichen Teil des Untergeschosses wurde ein Labor für DNA-Untersuchungen an Mumien eingerichtet.[11]
Im Januar 2010 eröffnete im westlichen Teil des Kellergeschosses auf Initiative der damaligen Generaldirektorin Wafaa el-Saddik ein Kindermuseum, das speziell auf die Bedürfnisse junger Besucher ausgerichtet ist. Das Kindermuseum ermöglicht es, die bisherigen museumspädagogischen Angebote, die sich sowohl an Gruppen von nichtbehinderten Kindern und Jugendlichen wie auch an Behinderte (beispielsweise Blinde) richten, noch zu erweitern.
Bei der Revolution in Ägypten 2011 kam es zu Plünderungen und Beschädigungen der Sammlung.[12][13] Der ehemalige Minister für Altertumsgüter, Zahi Hawass, meldete am 12. Februar 2011, dass nach einer ersten Bestandsaufnahme acht Objekte vermisst wurden[14]:
Insgesamt wurden 54 Ausstellungsstücke gestohlen, von denen 25 bis 2013 wiedergefunden und restauriert wurden. Nach Restaurierung der im Museum beschädigten und der zurückerhaltenen Objekte waren insgesamt 29 in der Sonderausstellung Damaged and Restored („Beschädigt und restauriert“) zu sehen. Darunter zwei vergoldete Holzstatuen Tutanchamuns, eine Statue Echnatons, Uschebtis nubischer Könige sowie eine Kindermumie und eine Vase aus polychromem Glas.[15]
Während der Revolution in Ägypten 2011 soll sich, laut der Aussage des damaligen Direktors, Tarek el-Awady, in dem Museum zudem eine Kommandozentrale des Geheimdienstes befunden haben und am 9. März von der Militärpolizei Folterkammern in den Kellern eingerichtet worden sein. Dies soll entgegen Internationalen Konventionen, die die Nutzung von Museen zu militärischen Zwecken verbieten, geschehen sein.[16]
Die Besucherzahlen lagen einst bei etwa 2,5 Millionen Personen jährlich, sind jedoch seit der Revolution 2011 stark gesunken. Der Associated Press zufolge verringerten sich die Einnahmen des Museums im Zeitraum Oktober 2010 bis Oktober 2013 von 16 Millionen US-Dollar auf 1,1 Millionen US-Dollar.[17]
Mit dem fortlaufenden Anwachsen seiner archäologischen Sammlung konnte das Ägyptische Museum seine Exponate im Laufe der Zeit immer weniger angemessen präsentieren. Daher plante die Regierung zwei neue Museen, zunächst das Nationalmuseum der Ägyptische Zivilisation(NMEC) (internationale Name: National Museum of Egyptian Civilization, kurz NMEC) in Fustat und das Große Ägyptische Museum in Gizeh.
Die Mumiemsammlung war von diesem Umstand besonders betroffen. 1881 wurden zahlreiche in der Cachette von Deir el-Bahari und 1898 im Grab von Amenophis II. entdeckt und seither mehrfach umgelagert, bis sie schließlich im Ägyptischen Museum untergebracht wurden. Bis 2021 enthielten zwei Räume des ägyptischen Museums zahlreiche Mumien von Königen und Familienmitgliedern der königlichen Familien aus dem Neuen Reich von der 18. bis zur 20. Dynastie. Ein Raum mit 27 Königsmumien aus der Pharaonenzeit wurde 1981 auf Anordnung des damaligen Präsidenten Anwar Sadat geschlossen und wurde 1985 mit einer leicht verringerten Ausstellung von Königen und Königinnen des Neuen Reichs wieder eröffnet.
Am 3. April 2021 wurden 22 Mumien, darunter 18 Könige und vier Königinnen in das Nationalmuseum der ägyptischen Zivilisation überführt. Die Überführung wurde als die Goldene Parade der Pharaonen bekannt. Folgende Mumien wurde überführt:[18]
Im Jahr 2002 wurde in der Nähe der Pyramiden von Gizeh der Grundstein für einen neuen Museumsbau gelegt.[19]
Ende 2024 soll das Große Ägyptische Museum (Grand Egyptian Museum GEM) in Gizeh nahe bei den Pyramiden von Gizeh eröffnet werden, das Teile der Sammlung des Ägyptischen Museum und weitere Artefakte aus ganz Ägypten aufnehmen soll.[20] Im Anschluss daran, soll das rund 100-jährige Bauwerk des Ägyptischen Museums von Grund auf saniert werden.[21]
Unruhen 2011
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