Zermelo-Mengenlehre
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Die Zermelo-Mengenlehre ist die erste publizierte axiomatische Mengenlehre; sie stammt von Ernst Zermelo und ist datiert auf den 30. Juli 1907. Sie wurde am 13. Februar 1908 in Band 65 (2. Heft) der Mathematischen Annalen unter dem Titel Untersuchungen über die Grundlagen der Mengenlehre veröffentlicht und ist die Grundlage der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre, die heute als Basis der Mathematik dient.
Um der Mengenlehre eine solide formale Basis zu verleihen, hatte Bertrand Russell 1903 seine Typentheorie veröffentlicht, welche jedoch aufgrund ihrer syntaktisch komplizierten Form nur schwer zugänglich war. Zermelo wählte daher den eleganteren Weg des axiomatischen Aufbaus der Mengenlehre. Seine sieben Mengenaxiome, die vor allem die Existenz von Mengen sichern, erwiesen sich als tragfähig und gestatten in der erweiterten Form der Zermelo-Fraenkel-Mengenlehre die vollständige Ableitung von Cantors Mengenlehre. Zermelo formulierte seine Axiome noch verbal; heute werden sie dagegen meist in prädikatenlogischer Form präzisiert.
Zermelo formulierte seine sieben Axiome für einen Bereich von Dingen, der die Mengen als Teilbereich enthält. Er definierte nämlich Mengen als elementhaltige Dinge oder die Nullmenge (leere Menge). Das Axiomensystem erlaubt aber als Elemente auch andere elementlose Dinge, die er später Urelemente nannte. Man kann bei ihm also Elemente und Dinge gleichsetzen, aber nicht Mengen und Elemente. In der ursprünglichen Benennung und Nummerierung und im originalen verbalen Wortlaut, der im Folgenden nur kommentierende Einschübe mit synonymen Formulierungen weglässt, lauten seine Axiome:
I. Axiom der Bestimmtheit:
II. Axiom der Elementarmengen:
III. Axiom der Aussonderung:
IV. Axiom der Potenzmenge:
V. Axiom der Vereinigung:
VI. Axiom der Auswahl:
VII. Axiom des Unendlichen:
Das Axiom des Unendlichen fordert eine induktive Menge (abgeschlossen bezüglich der Zählung a+1 = {a}). Im Anschluss daran gab Zermelo die erste präzise explizite Definition der natürlichen Zahlen als kleinste Menge Z, die das Axiom des Unendlichen erfüllt. Mit dieser Definition sind alle Peano-Axiome beweisbar und das Beweisprinzip der vollständigen Induktion.
Das Axiomensystem ist geringfügig redundant, denn die Elementarmenge 0 lässt sich durch Aussonderung aus der unendlichen Menge Z mit der Klassenaussage x≠x gewinnen und die Elementarmenge {a} durch die Paarmenge {a,a} definieren. Man benötigt also nur die dritte Elementarmenge {a,b}.
In einem Aufsatz von 1930 erweiterte Zermelo seine Mengenaxiome von 1907. Er ergänzte das Ersetzungsaxiom, das Abraham Fraenkel 1921 zur vollständigen Ableitung von Cantors Mengenlehre einführte, und eliminierte die beiden entbehrlichen Elementarmengen, die Fraenkel abgeleitet hatte. Diesem modifizierten Axiomensystem gab er den Namen „Zermelo-Fraenkel-System“ oder „ZF-System“. Dem Axiom von Fraenkel gab er folgenden Wortlaut:
Axiom der Ersetzung:
Das Axiom der Ersetzung bedeutet, dass Bilder von Mengen auch Mengen sind. Zermelo wies darauf hin, dass das erweiterte Axiomensystem redundant ist: Das Axiom der Aussonderung ist mit dem Axiom der Ersetzung beweisbar, und die Elementarmenge ist mit dem Ersetzungsaxiom aus der Potenzmenge und der Nullmenge ableitbar (denn {a,b} ist das Bild der doppelten Potenzmenge der Nullmenge). Er kannte also bereits ein optimiertes ZF-Axiomensystem, das mit den Zermelo-Axiomen I,VI,V,VII,VIII und der Ersetzung auskommt.
Zermelos Aufsatz galt aber eigentlich seiner allgemeinen Mengenlehre, seinem „ergänztem ZF-System“ oder „ZF′-System“. Hier ließ er das Unendlichkeitsaxiom weg, tauschte das Auswahlaxiom gegen den Wohlordnungssatz aus und ergänzte das Fundierungsaxiom, das zirkelhafte Mengen ausschließt, darunter alle Mengen, die sich selbst als Elemente enthalten. Er formulierte es für beliebige Dinge des Bereichs, dazu gehören ausdrücklich auch Urelemente.
Axiom der Fundierung (zweite Formulierung Zermelos):
Spätere formalisierte ZF-Systeme unterscheiden sich in mehreren Punkten vom Original:
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