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deutscher Geistlicher, Bischof von Mainz und Politiker (Zentrum), MdR Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wilhelm Emmanuel Freiherr von Ketteler (* 25. Dezember 1811 in Münster; † 13. Juli 1877 im Kloster Burghausen, Landkreis Altötting) war ein deutscher Theologe, römisch-katholischer Bischof von Mainz und Politiker (Deutsche Zentrumspartei). Ketteler ist der Gründer der Katholischen Arbeitnehmerbewegung und wurde aufgrund seines Engagements für die Arbeiterschaft der Arbeiterbischof genannt. Er war ein Großonkel von Clemens August Kardinal Graf von Galen.
Ketteler wurde als sechstes von neun Kindern des Landrates Maximilian Freiherr von Ketteler (1779–1832) und dessen Gattin Clementine geb. von der Wenge (1778–1844) geboren. Seine älteren Brüder waren Clemens (1806–1881), August Joseph (1808–1853) und der Politiker Wilderich Freiherr von Ketteler (1809–1873). Sein jüngerer Bruder Richard (1819–1855) war Ordensoberer. Er entstammte dem westfälischen Uradelsgeschlecht von Hüsten, das sich später von Ketteler nannte. 1828 schloss er das Abitur im Jesuiteninternat des Kollegium Spiritus Sanctus in Brig / Wallis (Schweiz) ab, danach studierte er Rechtswissenschaften und Staatswissenschaft in Göttingen, wo er sich dem Corps Guestphalia anschloss. Bei einem Duell verlor er hier seine Nasenspitze.[1]
Seine Studien setzte er dann ab 1831 in Berlin fort. Dort hörte er unter anderem Friedrich Carl von Savigny. Nach Abschluss des Jurastudiums in Berlin und Staatsexamen in Münster leistete er seine einjährige Militärzeit als Unteroffizier ab und wurde Gerichtsreferendar. Anschließend schlug Ketteler zunächst eine juristische Laufbahn in Preußen ein, quittierte jedoch den Staatsdienst aus Glaubens- und Gewissensgründen, unter anderem wegen der Verhaftung und Inhaftierung des Kölner Erzbischofs Clemens August Droste zu Vischering.[2] Anschließend studierte er von 1841 bis 1843 Theologie in München, wo er dem Kreis um Joseph Görres angehörte. Am 1. Juli 1844 wurde Ketteler in Münster zum Priester geweiht. Bereits als Kaplan an St. Stephanus in Beckum wurde sein Interesse an der Sozialen Frage deutlich. Auf seine Anregung entstand dort ein Krankenhaus für die unteren Schichten, welches bis heute besteht. Im November 1846 übernahm er die verwahrloste Gemeinde Hopsten.
Die Jahre bis 1848 als „Bauernpastor“ haben Ketteler entscheidend geprägt. Sein unermüdlicher Einsatz galt der Linderung des durch Armut, Krankheit und mangelnde Ausbildung hervorgerufenen Elends.
1848/49 war er Mitglied der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche. Im August 1849 legte er sein Mandat nieder, als er zum Propst an St. Hedwig in Berlin und zum Fürstbischöflichen Delegaten für Brandenburg und Pommern ernannt wurde, jedoch nur für kurze Dauer.[3] Schon am 15. März 1850 wurde Ketteler, gewählt aus drei vom Domkapitel dem Papst benannten Kandidaten (darunter Heinrich Förster),[4] zum Bischof von Mainz ernannt und am 27. Juli durch den Freiburger Erzbischof Hermann von Vicari zum Bischof geweiht.
1871/72 war er Mitglied des deutschen Reichstags. Gemeinsam mit Ludwig Windthorst gründete er die Zentrumspartei als Gegengewicht zu den protestantischen Parteien. Er legte sein Mandat aber zugunsten seines Domkapitulars Christoph Moufang nieder.[5]
Zwei im Rahmen des Kulturkampfs im Mai 1873 beschlossene Gesetze griffen in die Autonomie der Kirche ein, z. B. mit Regelungen zur Vorbildung und Anstellung der Geistlichen (Näheres hier). Von Ketteler prangerte im Oktober 1873 in Kevelaer vor mehr als 25.000 Menschen in seiner Predigt diese Regelungen bzw. Gesetze an. Da die Erörterung staatlicher Angelegenheiten nach dem Kanzelparagraphen in der Ausübung ihres Amtes verboten war, wurde er nach seiner Ansprache verhaftet und zur Höchststrafe von zwei Jahren Festungshaft verurteilt, was heftige Proteste auslöste.
Als Mainzer Bischof war Wilhelm Emmanuel von Ketteler qua Verfassung von 1851 bis 1877 Mitglied der ersten Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen.
Ein von preußischen Historikern entwickeltes Geschichtsbild, wonach Preußen eine Mission in Deutschland und der Welt zukomme, verurteilte er als Borussianismus. Kirchenpolitisch setzte er sich für die Autonomie und Macht der katholischen Kirche ein und war erklärter Gegner der Trennung von Staat und Kirche, was ihn zum Widersacher Bismarcks im Kulturkampf machte, der durch die Veröffentlichung des Syllabus errorum, eines Verzeichnisses moderner theologischer und gesellschaftlicher Anschauungen und Lehren durch Papst Pius IX. von 1864, die von der Kirche abzulehnen seien, ausbrach. Die katholische Kirche, und damit auch von Ketteler, wollte sowohl die Ächtung philosophischer Vorstellungen, wie die des Naturalismus, Pantheismus und Rationalismus, als auch die Ablehnung von Sozialismus, Kommunismus, Nationalismus und Liberalismus propagieren.
Unter dem Einfluss seines Münchener Studienfreundes Adolph Kolping erkannte er die Bedeutung der Sozialen Frage in der neu entstehenden Industriegesellschaft und bereitete die Hinwendung der katholischen Kirche zur Sozialtätigkeit zum Wohle der Arbeiterschaft vor, die schließlich von Papst Leo XIII. (Papst von 1878 bis 1903) vollzogen wurde. Er gilt damit als Mitbegründer der Katholischen Soziallehre und erhielt den Beinamen „Arbeiterbischof“. Mit Relevanz einer lehramtlichen Aussage erläuterte Ketteler 1848 während seiner Mainzer Adventspredigten die Sozialpflichtigkeit des Eigentums, insofern es sich um Güter handelt, die „zum Zwecke der Fürsorge und Verwaltung“ verteilt sind und „im Interesse der Ordnung und des Friedens“ wirksam sein sollen.[6]
Allerdings sind in Kettelers Äußerungen auch antijudaistische Denkweisen festzustellen, z. B. vertrat er die Gottesmordthese, dass „das Judenvolk seinen Beruf auf Erden verloren hat, als es den Messias kreuzigte“. Auch kombinierte er wiederholt die Begriffe „Juden und Heiden und falsche Brüder“.[7][8]
Obwohl Bischof Ketteler ein Gegner der auf dem Ersten Vatikanischen Konzil beschlossenen Unfehlbarkeitserklärung des Papstes war, unterwarf er sich dem Konzilsbeschluss.
Auf seiner Rückreise vom Konzil brachte Ketteler eine Kopie des Gnadenbildes Unserer Lieben Frau von der immerwährenden Hilfe mit und machte es in der Folge in Deutschland bekannt.[9] Er wünschte sich auch, dass es als Kopie auf seinem Grab in Mainz aufgestellt würde.
Ketteler starb 1877 während einer Rückreise von Rom im Kapuzinerkloster Burghausen und wurde am 18. Juli 1877 in der Marienkapelle des Mainzer Doms beigesetzt.
Er war Mitglied der Accademia dei Quiriti in Rom, römischer Patrizier, päpstlicher Thronassistent und Hausprälat, Kommandeur 1. Klasse des Großherzoglich Hessischen Ludwigsordens und Ritter des preußischen Roten Adlerordens 2. Klasse.
Zu Ketteler gibt es sehr viel Literatur. Eine von Christoph Stoll und Bernd Goldmann 1995 erstellte Bibliographie enthält über 1.300 Titel;[13] seither kamen zahlreiche weitere hinzu.
in der Reihenfolge des Erscheinens:
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