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deutscher Soziologe Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Werner Rammert (* 24. März 1949 in Oelde) ist ein deutscher Soziologe.
Werner Rammert studierte von 1969 bis 1973 Sozialwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Soziologie an den Universitäten in Bochum und Bielefeld sowie an der Northwestern University, Illinois. Seine Diplom legte er 1973 in Soziologie an der Universität Bielefeld bei Peter Weingart und Niklas Luhmann ab. Von 1975 bis 1978 war er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Soziologischen Forschungsinstitut (SOFI) in Göttingen im Bereich Industrie- und Arbeitssoziologie tätig. Danach arbeitete er bis 1984 als Wissenschaftlicher Assistent an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld. Dort war er Mitbegründer und geschäftsführender Direktor des Forschungszentrums „Zukunft der Arbeit“. Rammert promovierte 1981 bei Gert Schmidt und Claus Offe. Thema seiner Dissertation war die „Soziale Dynamik der technischen Entwicklung“. Im Jahr 1988 schloss er seine Habilitation (venia legendi in Soziologie) mit dem Thema „Technik aus soziologischer Perspektive“ bei Gert Schmidt, Peter Weingart, Burkart Lutz und Niklas Luhmann ab.
Werner Rammert folgte 1991 dem Ruf an die Freie Universität Berlin als Professor für Soziologie. Ab 1996 war er zeitweise Prodekan der Fakultät für Philosophie und Sozialwissenschaften und Geschäftsführender Direktor des Institutes für Soziologie. 1999 erhielt er einen Ruf an die Technische Universität Berlin als Professor für Techniksoziologie.
Werner Rammert gilt neben Hans Linde, Bernward Joerges und Karl H. Hörning als einer der Protagonisten der Techniksoziologie in Deutschland. Von 1982 bis 1992 war er Mitherausgeber des Jahrbuches „Technik und Gesellschaft“. Er gelangte zu einer funktionalistisch inspirierten Technikdefinition, die gegen den „materiellen Artefaktcharakter“ das „funktionale Operationsschema“ geltend macht.[1] Dabei identifiziert er einen Vorgang der „Technisierung“: „Eine Verknüpfung von Handlungen wird dadurch technisch, daß sie von anderen sinnhaften Bezügen, wie dem Erwarten einer Antwort oder dem verständigen Vollziehen eines vorher abgesprochenen Arbeitsganges, freigesetzt ist und die Kombination der abgelösten Elemente ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Ineinandergreifens und Funktionierens organisiert wird“.[2] So erweiterte er das Technikverständnis stark.
In der Folge prägte er die Debatte um die „agency“ von Technik maßgeblich. Ausgehend von einer Kritik am minimalistischen Handlungsbegriff der Akteur-Netzwerk-Theorie hat er zusammen mit Ingo Schulz-Schaeffer einen gradualisierten Handlungsbegriff entwickelt, der auch technischen Geräten „Handlungsträgerschaft“ zugesteht.[3] Dabei unterscheiden sie zwischen drei Handlungsebenen: veränderndes Einwirken, Wahlfreiheit und Intentionalität, nach denen sich sowohl menschliche Akteure als auch technische Artefakte entsprechend ihren jeweiligen Handlungsbeiträgen abgestuft ordnen lassen. Dieses gradualisierte Handlungsverständnis hat über die Soziologie hinaus Beachtung gefunden und Diskussionen angeregt.[4]
Einen neuen Forschungsschwerpunkt Rammerts bildet das Phänomen der Innovation, das die moderne Gesellschaft inzwischen so sehr prägt, dass von einer „Innovationgesellschaft“ gesprochen werden kann.[5] In dieser sind technische, ökonomische und soziale Innovationen eng miteinander verwoben. Das Gegenteil technischer Innovationen bilden nicht soziale Innovationen, sondern nicht-technische Innovationen (etwa künstlerische, rechtliche).[6] Als soziale Innovationen im engeren Sinn wären etwa institutionelle Neuerungen zu betrachten.
Ausgehend von der funktionalen Differenzierung moderner Gesellschaften postuliert er einen neuen Typus sozialer Differenzierung: die fragmentale Differenzierung.[7] Diesen neuen Begriff gewinnt er aus Andrew Abbotts Überlegungen zu einer fraktalen Disziplingeschichte,[8] aber verwendet ihn analytisch und gesellschaftsheoretisch. Damit soll die immer kleinteiligere, situativere soziale Integration quer zu den traditionellen Funktionssystemen (wie Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Kunst) eingefangen werden, die in Form von Praktiken und Netzwerken erfolgt.
Werner Rammert war von 1982 bis 1992 Mitherausgeber des Jahrbuches „Technik und Gesellschaft“. Von 1984 bis 1990 war er Geschäftsführender Herausgeber der Zeitschrift für Soziologie. Von 1992 bis 1997 leitete er als Vorsitzender die Sektion Wissenschafts- und Technikforschung der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. 1999 gründete er mit anderen das DFG-Forschungsprogramm “Sozionik”. Von 2001 bis 2010 war er Sprecher des interdisziplinären Forschungszentrums „Technik und Gesellschaft“ an der TU Berlin.
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