Werner war der Name von vier aufeinanderfolgenden Gaugrafen, die während der Regierungszeit der mit ihnen verwandten salischen Könige im 11. Jahrhundert großen Einfluss im Reich gewannen. Ihr Geschlecht stammte aus Schwaben und erlangte zunehmenden Einfluss in Hessen. Zumindest seit Werner I. hielt die Familie das erbliche Reichsamt des primicerius et signifer regis, des Vorstreiters und Bannerträgers des Königs, das mit dem Reichslehen von Burg und Stadt Grüningen (heute Markgröningen) verbunden war.
- Sein Sohn und Nachfolger als Reichssturmfähnrich, Werner II. „vom Neckargau“, fiel zusammen mit seinem Bruder Adalbert II. von Winterthur und ihrem Vetter Burkhard II. von Nellenburg am 18. Juni 1053 in der Normannenschlacht bei Civitate. Werner II. zählte zu den Anführern des überwiegend aus Schwaben rekrutierten deutschen Kontingents im vernichtend geschlagenen Heer des mit ihnen verwandten Papstes Leo IX.[2]
- Werner III. († 1065) war vermutlich der erste, der sich auch „Werner von Grüningen“ nannte, wohl um damit anzuzeigen, dass er ein Spross der Familie war, die das Amt des Reichssturmfähnrichs und die damit verknüpfte Grafschaft Grüningen erblich innehatte. Er hatte neben der Kaiserinwitwe Agnes von Poitou und dem Erzbischof Adalbert von Bremen erheblichen Einfluss auf den jungen König Heinrich IV. und die Reichspolitik, wurde aber schon 1065 im Alter von nicht einmal 25 Jahren in einem Handgemenge in Ingelheim erschlagen.[3]
- Werner IV. „von Grüningen“ begleitete Heinrich IV. und Heinrich V.[4] Er hatte auf Grund der erfolgreichen Arrondierungspolitik seiner Vorfahren und von Erbschaften ausgedehnten Besitz im Hessengau und Lahngau, im Raum Lorch und Worms sowie im Neckargau, Thurgau und im Elsaß. Zudem hatte er die Vogteien über die Klöster Breitenau, Hasungen, Kaufungen und Zwiefalten sowie des Stiftes Fritzlar. Als er 1121 ohne männlichen Nachfolger starb, war der Reichssturmfähnrich der mächtigste Graf in Hessen.
Bis auf das Wittum seiner Gattin Gisela vermachte Werner IV. seine hessischen Eigengüter an das Kloster Breitenau. Seine hessischen Lehensrechte fielen zunächst an Giso IV. aus dem Grafengeschlecht der Gisonen, die im Oberlahngau weitläufigen Besitz hatten, kam aber nach dem Tod von dessen Sohn Giso V. im Jahre 1137 über Hedwig, die Erbtochter Gisos IV., an den Landgrafen Ludwig I. von Thüringen.
Die Grafschaft Ruchesloh hingegen fiel teilweise an die Herren von Merenberg auf der Burg Gleiberg und teilweise an die Bilsteiner, deren Anteil dann durch Erbfall ebenfalls an Ludwig von Thüringen überging. Die Merenberger verkauften einen Teil ihrer Rechte (den südlichen Teil der Grafschaft) 1237 an Erzbischof Siegfried III. von Mainz, was in der Folgezeit zu langem Streit zwischen dem Erzstift und der Landgrafschaft Hessen führte.
Vom schwäbischen Nachlass profitierten verschiedene Geschlechter, darunter die Herren und späteren Grafen von Württemberg.
- Johann Samuel Ersch: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Band 2, Leipzig 1830, S. 166 link zu google.books
- Ludwig Friedrich Heyd: Geschichte der Grafen von Gröningen. Stuttgart 1829.
- Paul Kläui: Die schwäbische Herkunft des Grafen Werner. In: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde, Bd. 69, 1958, S. 9–18.
- Erich König, K. O. Müller (Hrsg.): Die Zwiefaltener Chroniken Ortliebs und Bertholds. Stuttgart 1941.
- Wilhelm Christian Lange: Werner IV. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 42, Duncker & Humblot, Leipzig 1897, S. 22–27.
- Karl Hermann May: Reichsbanneramt und Vorstreitrecht in hessischer Sicht. Münster/Köln 1952.
- Max Perlbach: Der Feldzug Heinrichs III. gegen Böhmen 1039-1041. In: Forschungen zur deutschen Geschichte, Zehnter Band, Göttingen, 1870, PDF
- Gustav Freiherr Schenk zu Schweinsberg: „Das Wernerische Grafenhaus im Neckargau, Hessengau, Lahngau und zu Worms.“ In: Correspondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine, 23/7 (1875), S. 49–52.
- Stefan Schipperges: Der Bempflinger Vertrag von 1089/90. Esslingen am Neckar 1990.
Quelle: Annales von Lambert von Hersfeld, Übersetzung von Ludwig Friedrich Hesse u. Wilhelm Wattenbach: Die Jahrbücher des Lambert von Hersfeld, Leipzig 1893, S. 65–76. Digitalisat
Beispiel: Comes „Wernerus de Grueninche[n]“ bzw. „Werinher de Gruoninge“ als Zeuge in einer am 3. August 1101 ausgestellten Urkunde Heinrichs IV. für die Abtei Prüm. Quelle: Heinrich Beyer (Hrsg.), Urkundenbuch zur Geschichte der mittelrheinischen Territorien, Band 1, Koblenz 1860, S. 459f, Nr. 403 Google-Digitalisat.