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Oberbegriff für den westafrikanischen Vodun und die von ihm beeinflussten Religionen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Voodoo [[1] Wudu oder Wodu ist eine synkretistische Religion, die im Kontext der transatlantischen Sklaverei in Saint-Domingue, dem heutigen Haiti, entstand. Sie vereint Elemente westafrikanischer Religionen, insbesondere aus den Kulturen der Fon und Yoruba, mit Einflüssen des Katholizismus und indigenen Glaubensvorstellungen.
], auch Vodun, Vodou,Voudou, Vaudou,Der haitianische Voodoo, entstanden im Kontext der transatlantischen Sklaverei, verkörpert eine synkretistische Verschmelzung westafrikanischer religiöser Traditionen mit katholischen und indigenen Einflüssen. Der Begriff „Voodoo“ stammt aus einer Fon-Sprache Westafrikas, wo er ursprünglich Schutz- und Ahnengeister sozialer Gruppen bezeichnete. Durch den Austausch und die Vermischung vielfältiger Kulte und Glaubenspraktiken entwickelte sich Voodoo zu einem eigenständigen, komplexen Glaubenssystem, das heute als offizielle Religion in Benin und nach langer Verfolgung seit 2003 auch in Haiti anerkannt ist. Voodoo weist strukturelle Ähnlichkeiten mit afrobrasilianischen und afrokubanischen Religionen wie Candomblé und Santería auf, die jedoch stärker von der Yoruba-Religion beeinflusst sind.
Die Einführung westafrikanischer Sklaven nach Saint Domingue begann im 17. Jahrhundert durch französische Kolonialisten. Im frühen 18. Jahrhundert wurden verstärkt Menschen aus dem Königreich Dahomey verschleppt, darunter viele Fon, deren religiöse Vorstellungen stark von den Yoruba geprägt waren. Da die Praxis afrikanischer Religionen in den französischen Kolonien verboten war, setzten die Versklavten katholische Rituale ein, um ihre traditionellen Glaubensvorstellungen synkretistisch anzupassen. Durch diesen Prozess der kulturellen und religiösen Verschmelzung überlebten viele Elemente der westafrikanischen Religionen, wenn auch in veränderter Form, um den sozialen und spirituellen Bedürfnissen der versklavten Gemeinschaften unterdrückender Verhältnisse gerecht zu werden.
Im Laufe mehrerer Jahrhunderte entwickelte sich der haitianische Voodoo aus den Praktiken verschiedener westafrikanischer Religionen, beeinflusst vom französischen Katholizismus und Elementen indigener Glaubenssysteme. Auch Einflüsse der Freimaurerei fanden indirekt über die Sklavenhalter Eingang in die Rituale. Eine schriftliche Kodifizierung oder institutionelle Struktur existiert bis heute nicht, und aufgrund der bis 1987 gesetzlich verbotenen Ausübung in Haiti sind keine genauen Zahlen zur Anhängerschaft bekannt.[2]
Im Zentrum des haitianischen Voodoo stehen die „Loa“ (oder „Lwa“), die als Mittler zwischen dem Schöpfergott Bondjé und den Menschen fungieren. Bondjé wird als unnahbare Gottheit angesehen, während die Lwa mit menschlichen Attributen und Tätigkeiten beschrieben werden. In vielen Darstellungen erscheinen die Lwa als katholische Heilige, eine symbolische Überschneidung, die auf ikonographischen Ähnlichkeiten beruht.
Die Lwa sind in Gruppen organisiert, die „Nanchon“ (Nationen) genannt werden und auf verschiedene afrikanische Ethnien verweisen. Die wichtigsten Ritualtypen sind Rada, Kongo und Petro. Das Rada-Ritual ehrt Lwa des ehemaligen Dahomey und gilt als friedvoll, während Kongo-Rituale mit Lwa des Bantu-Kults verbunden sind. Petro umfasst kreolische Lwa, die als rachsüchtig und brutal gelten. Die Rada-Lwa, als gute Geister angesehen, werden häufig mit dem Erfolg des haitianischen Sklavenaufstandes und der Unabhängigkeit Haitis 1804 assoziiert. Daneben existiert das Nago-Ritual für Yoruba-Lwa, das oft in Rada-Rituale integriert wird. Im Voodoo sind Gut und Böse nicht als Gegensätze zu verstehen, vielmehr verkörpern die Lwa verschiedene Facetten des Menschseins.
Ein weiteres zentrales Konzept ist die Zweiteilung der menschlichen Seele in „ti bon anj“ und „gwo bon anj“ (kleiner und großer guter Engel). Nach dem Tod verlässt die gwo bon anj den Körper, während die ti bon anj im Erdreich verweilt oder im Wasserreich existiert. Manche Priester sollen die Fähigkeit besitzen, die gwo bon anj zu manipulieren und dadurch „Zombies“ zu schaffen – ein Thema, das jedoch im religiösen Alltag wenig Bedeutung hat.[3]
Die Beziehung zu den Lwa wird als lebenslange, wechselseitige Verpflichtung verstanden. Die Gläubigen, als „Kinder“ eines bestimmten Lwa bezeichnet, erweisen diesem Ehrerbietung durch Opfergaben auf einem Hausaltar und durch aufwändig inszenierte Zeremonien, zu denen häufig Speiseopfer und gelegentlich Tieropfer gehören. In besonderen Ritualen erlauben es die Gläubigen dem Lwa, in ihren Körpern zu erscheinen, was als ekstatische Trance oder Besessenheit erlebt wird und teils auch eine therapeutische Funktion erfüllt.
Voodoo-Gemeinschaften, „Sosjetés“ genannt, stellen die Grundstruktur der religiösen Organisation dar. Diese Gruppen werden von „Houngan“ (Priester) oder „Mambo“ (Priesterinnen) geleitet, die durch Ausbildung und Initiation bestimmte spirituelle Fähigkeiten entwickeln. Die Priesterschaft wird häufig durch einen „Ruf“ eines Lwa motiviert, der sich in unkontrollierten Besessenheitszuständen ausdrückt. Die Initiation ermöglicht es, diese Zustände zu beherrschen, die Lwa zu kontrollieren und Divinationstechniken zu erlernen, mit denen Priester zwischen Menschen und Lwa vermitteln. Häufig werden Krankheiten als Folge spiritueller Verstöße interpretiert, die es durch Versöhnung mit dem Lwa zu heilen gilt.[4]
Heute ist der haitianische Voodoo auch außerhalb Haitis, insbesondere in Nordamerika und Europa, verbreitet. Außerhalb Haitis steht häufig die private Verehrung der Lwa auf Hausaltären im Vordergrund, während die gemeinschaftlichen Rituale in den Sosjetés seltener praktiziert werden. Haitians Voodoo ist zudem oft mit kulturellen Missverständnissen konfrontiert; über den Film und populäre Darstellungen haben sich seit der Kolonialzeit stark verzerrte Bilder des Voodoo verbreitet, die das tatsächliche religiöse System nur unzureichend widerspiegeln und häufig xenophobe Vorstellungen widerspiegeln.[5]
Die gebürtige Schweizerin Marianne Lehmann lebt seit fast 50 Jahren in Haiti und zog dort mit ihrem haitianischen Ehemann vier Kinder groß. Seit ihr vor über 25 Jahren ein Voodoopriester ein Kultobjekt zum Kauf anbot, begann sie, diese Objekte zu sammeln und gleichzeitig ein tiefes Verständnis für diesen wichtigen Teil der haitianischen Kultur zu entwickeln. Inzwischen sehen die haitianischen Voodoopriester in ihr eine „Beschützerin“ ihrer Kultgegenstände, die sie meist aus materieller Not veräußern. Marianne Lehmann baute in den letzten 25 Jahren eine Sammlung auf bestehend aus bisher über 2500 Gegenständen haitianischer Voodoo-Objekten. Damit stellt sie einen wertvollen Beitrag zur Erhaltung haitianischen Kulturerbes dar.[6]
Die Sammlung ist in Europa mehrfach ausgestellt worden, z. B. in Berlin.[7] Die letzte Möglichkeit, die Sammlung in Europa zu sehen, bestand in Bremen im Überseemuseum. Die Ausstellung endete am 29. April 2012.[8] Danach sollte die Sammlung in Toronto und schließlich in New York gezeigt werden. Ziel der Ausstellungen ist es, auf die wertvollen Inhalte des haitianischen Voodoo hinzuweisen und gleichzeitig auf die Bedrohung dieser Kultur durch vielfältige Einflüsse aufmerksam zu machen. Gleichzeitig sollen Spenden gesammelt werden, die für den Bau eines Museums in Haiti selbst eingesetzt werden, um diese einmalige Sammlung dauerhaft dem haitianischen Volk zurückzugeben.
Das 1995 von Gert Chesi gegründete Museum der Völker in Schwaz, Tirol, zeigt eine Reihe hochwertiger Kunstwerke. Unter anderem finden sich im Museum eine bedeutende Kollektion von Terrakotten aus der Nok-Kultur sowie zeitgenössische afrikanische Voodoo-Figuren und Utensilien des Animismus. Dieser Mix aus unterschiedlichsten Artefakten zieht sich über einen Zeitraum von viertausend Jahren und gibt einen Einblick in das kultische und künstlerischen Schaffen der Menschheit. Als Autor von zwanzig Büchern und zahlreichen Artikeln hat Gert Chesi das Museum mit Informationen ausgestattet, die nicht nur die weltweiten Zusammenhänge der Traditionen verständlich machen, sondern darüber hinaus diese akribisch erklären.[9][10]
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