Viva con Agua

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Viva con Agua de St. Pauli e. V. (span. „lebe mit Wasser“) ist eine 2006 gegründete entwicklungspolitische Non-Profit-Organisation mit Zentralsitz in Hamburg-Hammerbrook. Das internationale Netzwerk von Menschen und Organisationen setzt sich für einen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung ein.[1]

Schnelle Fakten Viva con Agua de Sankt Pauli e. V., Rechtsform ...
Viva con Agua de Sankt Pauli e. V.
(Viva con Agua)
Rechtsform gemeinnütziger eingetragener Verein
Gründung 2006
Gründer Michael Pahl, Matthias Rüsch und Benjamin Adrion (Gründungsvorstand)
Sitz Hamburg
Motto Wasser ist Leben!
Zweck Weltweiter Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung
Geschäftsführung Katharina Weichel, Carolin Stüdemann
Umsatz 4.784.282 Euro (2019)
Beschäftigte 30 (2019)
Website vivaconagua.org
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In der Schweiz gibt es Viva con Agua seit 2009 als eigenständigen Verein.[2] Weitere Ableger folgten 2014 in Österreich, 2015 in den Niederlanden sowie 2016 in Uganda in der Hauptstadt Kampala.[3] Seit 2020 befinden sich auch Viva con Agua South Africa und Viva con Agua California formell in der Gründung.[4][5]

Ziele und Aufbau

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In der Mülltonne werden gespendete Pfandbehältnisse zugunsten Viva con Agua auf dem Orange Blossom Special Festival 2022 gesammelt.

Viva con Agua setzt sich dafür ein, die Trinkwasserversorgung und Verfügbarkeit sanitärer Anlagen zu verbessern, mit einem Fokus auf Ländern des globalen Südens. Größter Partner bei Projekten im globalen Süden ist die Welthungerhilfe.[6] Der Verein versteht sich als „All-Profit-Organisation“ mit einem „Offenen Netzwerk“.[7] Das „Offene Netzwerk“ lebt vorwiegend von individueller Initiative, die vom Verein unterstützt wird.

„All-Profit“ steht nach eigenen Angaben dafür, dass alle Beteiligten etwas von ihrem Engagement haben sollen, Empfänger wie Unterstützer. Unterstützung wird dabei nicht unbedingt als Spende, sondern als Investition in Wasserprojekte und damit in eine bessere Zukunft für alle gesehen. Der Ansatz soll zu einem gesellschaftlichen Umdenken bezüglich der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen dem Norden und dem Süden beitragen.[8]

Weltweit unterstützen mehr als 15.000 Ehrenamtliche Viva con Agua, die sich in Ortsgruppen, sogenannte „Crews“ organisieren und Spendenaktionen umsetzen. In Deutschland existieren Ortsgruppen in über 50 Städten.[9]

In den ersten sechs Jahren wurden über 2 Mio. Euro an Spenden gesammelt.[10] Das Projektvolumen für das Jahr 2019 beträgt nach eigenen Angaben 3,6 Mio. Euro.[11] Durch die damit finanzierten Wasserprojekte konnten seit 2006 nach eigenen Angaben die Lebensbedingungen von über drei Millionen Menschen verbessert werden.[11]

Geschichte

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Erstes Projekt in Kuba und Gründung

Im Januar 2005 reiste die erste Mannschaft des FC St. Pauli zum Trainingslager nach Kuba. Aktiviert durch die Reise wollte Benjamin Adrion, damals Mittelfeldspieler des FC St. Pauli, sich sozial in Kuba engagieren. Mit der Vision, die Folgen der katastrophalen Zustände in Kuba aufgrund der mangelnden Wasserversorgung zu lindern, legte er den Grundstein für Viva con Agua (VcA).[12]

In Kooperation mit der Deutschen Welthungerhilfe startete daraufhin im Mai 2005 das erste Projekt von VcA in Havanna, wo in 120 Kindergärten Wasserspender zur Versorgung mit sauberem Trinkwasser aufgestellt werden sollten. Bis Juni 2006 wurden über 50.000 Euro an Spenden akquiriert und so 153 Kindergärten und vier Sportschulen auf Kuba mit Trinkwasserspendern ausgestattet.[13]

Im Juli 2006 wurde auf der Gründungsversammlung die Vereinssatzung von Viva con Agua de St. Pauli beschlossen. Es folgte die offizielle Gründung des Vereins Viva con Agua de Sankt Pauli im September desselben Jahres.[14]

Seit Juli 2007 sammelt VcA auf Festivals Geld, indem Festivalbesucher ermutigt werden, ihre Pfandbecher zu spenden.[15]

Viva con Agua Stiftung und sozialunternehmerische Tätigkeit

Im Jahr 2010 folgte die Errichtung der Viva con Agua Stiftung. Sie hat als Satzungszweck die Förderung der Entwicklungszusammenarbeit und des Umweltschutzes, der öffentlichen Gesundheitspflege, der Jugendhilfe und des Sports.[16] Gründungsstifter waren Bela B, Mark Tavassol, Marcel Eger und Renate Eger.[17] Die Stiftung ist Inhaberin der Markenrechte an Viva con Agua.[18]

Viva con Agua ist Mitglied im Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland.[19]

Im Jahr 2020 unterstützt VcA nach eigenen Angaben „WASH-Projekte“ (Water, Sanitation, Hygiene) in zwölf Ländern, zum Beispiel in Nepal, Uganda, Mosambik, Simbabwe oder Äthiopien.[20] Zu diesen Projekten gehört beispielsweise die Kooperation mit der Welthungerhilfe und dem uganischen Unternehmen SPOUTS of Water: Dieses stellt aus lokalem Ton Keramikfilter für bessere Trinkwasserqualität her und plant so, durch im Wasser enthaltene Keime verursachten Krankheiten Einhalt zu gebieten.[21]

Verbindung zum FC St. Pauli

Viva con Agua wird unterstützt vom FC St. Pauli und dessen Fans: Der Fußballclub stellt Teile des Millerntor-Stadions für das seit 2011 stattfindende soziale Kunst- und Kulturfestival „Millerntor Gallery“ zur Verfügung. Des Weiteren ermöglicht der Fußballclub Viva con Agua das Sammeln von Pfandbechern bei Heimspielen. Nachdem die Anhänger des 1. FC Nürnberg im Millerntor-Stadion jedes Jahr einen neuen Spendenrekord für den Auswärtsblock aufstellen konnten,[22][23] sammeln seit der Bundesligasaison 2018/19 auch die Nürnberger im heimischen Max-Morlock-Stadion mittels Pfandbecherspenden für Trinkwasserprojekte in Äthiopien.[24]

Auch bekannte Künstler wie Gentleman, Clueso, Maeckes, Marteria, Schandmaul, Wir sind Helden und Bela B haben Benefiz-Konzerte zugunsten der Projekte Viva con Aguas gegeben. Auch mit Festivals und Festivalveranstaltern wie zum Beispiel dem Reeperbahn Festival[25] und FKP Scorpio[26] arbeitet Viva con Agua eng zusammen.

Aktionen

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Pfandbecher-Spendentonne

Im August und September 2007 fand unter dem Titel „Viva con Agua Wassertage“ ein erstes Charity-Festival in Hamburg statt.[27] Mit 5.000 Besuchern konnten bei der Veranstaltung 30.000 Euro Spenden akquiriert werden, die fünf Brunnen im Millenniumsdorf Manigri in Benin finanzierten. Die Band Irie Révoltés veröffentlichte 2007 ein Musikvideo, um für die Wassertage zu werben[28] und spendete Quelleinfassungen in Ruanda.[29] Es folgten weitere Wassertage 2009 und 2011.

2008 marschierten Viva-con-Agua-Aktivisten unter dem Titel „Wasser!Marsch“ zu Fuß in 39 Tagen 1055 km von Hamburg nach Basel zum Eröffnungsspiel der EURO 2008. Die Aktion war auch der Grundstein für den Vereinsableger in der Schweiz.[30]

Seit 2008 trampen viele Unterstützer der Organisation zudem im Sommer in Form eines Tramprennens durch verschiedene Städte in ganz Europa, um auf den weltweiten Trinkwassermangel aufmerksam zu machen. Aus dieser Bewegung wurde 2014 der Club of Roam-Autostop! e. V. gegründet, welcher bis jetzt weiterhin das Tramprennen organisiert und bis 2017 auch Spenden für Viva con Agua sammelte.[31]

Viva con Agua ist auf vielen Festivals im deutschsprachigen Raum vertreten. Vor Ort werden durch jeweils 10 bis 40 ehrenamtliche Unterstützer unter anderem Pfandbecher von den Festival-Besuchern entgegengenommen. 2012 konnten so auf über 70 Festivals mehr als 90.000 Euro an Spenden für die Projekte des Vereins gesammelt werden.[10] 2019 sammelte Viva con Agua auf Festivals und Konzerten mehr als 1,3 Millionen Euro durch Pfandbecher-Spenden.[11]

Im Sommer 2017 fand das Netzwerktreffen von Viva con Agua mit 500 Teilnehmenden auf dem Gelände des Kliemannslandes statt.[32] Im Mai 2022 kündigte Viva con Agua an, alle Geschäftsbeziehungen zu Kliemann, inklusive aller angegliederten Unternehmen, aufgrund von Betrugsvorwürfen, zu beenden.[33][34]

2018 startete Viva con Agua zusammen mit Fotografen die #waterisahumanright-Kampagne.[35] Bis zum Frühjahr 2020 ließen sind knapp 200 Prominente für die Kampagne ablichten.[36] Seit Juni 2019 existiert auch bei Snapchat und Instagram ein Filter mit dem „Water-is-a-human-right“-Pappschild.[37]

Ebenfalls 2018 rief Viva con Agua zusammen mit Goldeimer die „#kickshit Challenge“ ins Leben.[38] Bei der Aktion musste eine Klopapierrolle so lange wie möglich mit dem Fuß jongliert werden. Ziel der Spendenaktion war, Gelder für Sanitärprojekte von VcA und Goldeimer zu sammeln.

Sozialunternehmerische Tätigkeit

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Viva con Agua Wasser GmbH

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Goldeimer Klopapier und Viva con Agua Mineralwasser

Unter der Marke Viva con Agua verkauft die Ende 2010 gegründete Viva con Agua Wasser GmbH Mineralwasser in Flaschen. Der Verein Viva con Agua e. V. ist an der Gesellschaft mit 20 Prozent beteiligt, weitere 40 Prozent besitzt die Stiftung.[39] 40 Prozent der GmbH sind über die Viva con Agua Beteiligungs GmbH & Co. KG im Besitz privater Investoren, die nach Aussage des Vereins keine Profitinteressen verfolgen.[40]

Das Viva con Agua Mineralwasser wird in Lizenz von dem Husumer Mineralbrunnen produziert. Es kann deutschlandweit bei Großhändlern, Getränkefachmärkten, im Einzelhandel und in der Gastronomie bezogen werden.[41] Der Verein erhält Lizenzgebühren, deren Höhe von der Menge der verkauften Flaschen abhängt. Darüber hinaus erhält der Verein Gewinne der GmbH.[42] 2017 konnte das Unternehmen deutschlandweit über 20 Millionen Flaschen Wasser absetzen.[43] 2019 wurden nach eigenen Angaben über 35 Millionen Flaschen abgesetzt.[11]

2017 expandierte das Viva-con-Agua-Mineralwasser über den Lizenznehmer Goba AG in den Schweizer Markt.[44]

Goldeimer gGmbH

Die 2014 gegründete Goldeimer gGmbH betrieb anfangs mobile Kompost-Sanitäranlagen auf Musikfestivals.[45] Auf 12 Veranstaltungen im Sommer 2014 erzielte der Betrieb einen Umsatz von etwa 33.000 €.[46] Unter der Marke „Goldeimer Klopapier“ wird seit 2016 auch Recycling-Toilettenpapier vertrieben.[47] 20 Cent pro Packung fließen in das Sanitär-Projekt des Kooperationspartners Welthungerhilfe.[47] Hergestellt und bedruckt wird das Toilettenpapier von Wepa Hygieneprodukte in Mainz.[48] Das bedruckte Toilettenpapier dient ebenfalls als Werbefläche für die Projekte, die die Nutzer mit dem Kauf unterstützen. Im Frühjahr 2020 begann Goldeimer, Mund-Nasen-Schutz-Masken zu produzieren. Pro Maske gehen 2,50 Euro an Corona-Nothilfefonds der Welthungerhilfe.[49] Innerhalb eines Quartals konnten so nach eigenen Angaben mehr als 43.000 € Spenden gesammelt werden.[50]

Die Eigentümerstruktur der Goldeimer gGmbH ist mit der Viva con Agua Wasser GmbH identisch.

2017 war Goldeimer für den Next Economy Award in der Kategorie Change nominiert,[51] sowie für den Zeit-Wissen-Preis Mut zur Nachhaltigkeit.[52] 2018 erhielt Goldeimer den KfW Award Gründen, als Landessieger Hamburg[53] und wurde als Preisträger beim „Projekt Nachhaltigkeit“ ausgezeichnet.[54]

Viva con Agua ARTS gGmbH

Viva con Agua ARTS wurde 2016 gegründet.[55] Die gemeinnützige GmbH entwickelte sich aus der Millerntor Gallery heraus und arbeitet mit einem großen Netzwerk aus ehrenamtlichen Künstlern und Kreativen zusammen. Die Millerntor Gallery ist ein viertägiges internationales Kunst-, Musik- und Kultur-Festival. Seit 2011 findet es jährlich im Hamburger Millerntor-Stadion statt. Die Veranstaltung wurde initiiert von Viva con Agua zusammen mit dem FC St. Pauli. Durchschnittlich spenden die Künstler 70 % des Erlöses aus dem Kunstverkauf im Rahmen der Millerntor Gallery.[56]

Neben der Millerntor Gallery unterstützt Viva con Agua ARTS Projekte von Viva con Agua mit der Organisation von Veranstaltungen und Kunstprojekten.[57]

Villa Viva Holding GmbH

Die Villa Viva Holding GmbH wurde im Jahr 2017 gegründet, mit Benjamin Adrion als Geschäftsführer.[58] Der Verein Viva con Agua hält 33 Prozent und die Viva con Agua Stiftung hält 34 Prozent der Holding, während 33 Prozent bei einer Gruppe privater Investoren liegt.[59] Die Villa Viva Holding GmbH hält 100 Prozent an der operativen Villa Viva Haus GmbH und 60 Prozent an der Betreibergesellschaft Villa Viva Gasthaus GmbH.[58] Die anderen 40 Prozent an der Gasthausgesellschaft hält die Heimathafen Hotel Gruppe. Als Tochter der Villa Viva Holding GmbH baut die Villa Viva Haus GmbH seit Juli 2021 die Villa Viva Hamburg im Münzviertel.[60] Die Villa Viva Hamburg soll voraussichtlich ab dem dritten Quartal 2023 die Büroräume von Viva con Agua sowie ein Gasthaus, in Zusammenarbeit mit Heimathafen Hotels, beherbergen.[61]

2020 wurde die Villa Viva Cape Town Holding GmbH gegründet.[62] Mit dem Geld von insgesamt 21 Investoren und Investorinnen konnte so ein Hostel in Kapstadt, Südafrika gekauft werden. Als Villa Viva Cape Town wurde dieses am 7. Oktober 2021 neu eröffnet. Auch die Villa Viva Kapstadt verfolgt ein soziales Geschäftsmodell, dass seinen Profit in WASH-Projekte investiert, im Falle der Villa Viva Kapstadt mit einem Fokus auf Projekte in Südafrika.[63]

Kritik

In einer Sendung des ZDF Magazin Royale vom 2. September 2022 wurde das Unternehmensgeflecht, der Tochter- oder Partnergesellschaften von Viva con Agua kritisch beleuchtet. Dabei standen insbesondere der Bau eines Hotels in Hamburg und der Vertrieb von Mineralwasser im Fokus. Der Vorwurf ist, dass der Lifestyle gewinnmaximierend vermarktet wird und der eigentliche Organisationszweck hinten angestellt wird, denn die Produktion von Mineralwasser hat global gesehen einen großen negativen Einfluss auf die Versorgung mit Trinkwasser.[64][65] 2011 sollte bei einem Wettbewerb ein Werbeplakat für Viva con Agua gestaltet werden, das anschließend als 10 × 10 m großes Poster auf der Hamburger Reeperbahn montiert werden sollte. Zum Sieger wählte die Jury ein Motiv, das die Oberweite einer Frau zeigte mit der Unterzeile „Spende mich naß!“. Der Pressesprecher von Viva con Agua wurde anschließend unter anderem zitiert mit „[…] In diesem Plakat bündelt sich alles, was Viva con Agua ausmacht“. Nach harscher Kritik im Umfeld des FC St. Pauli unter anderem mit dem Vorwurf, das Motiv sei „sexistisch“, bat Viva con Agua darum, das Poster nicht aufzuhängen und distanzierte sich wiederum von dem Siegermotiv.[66]

Auszeichnungen

Commons: Viva con Agua – Sammlung von Bildern
Tochterunternehmen
Eigenständige Viva con Agua Vereine im Ausland

Belege

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