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Rechtsnormen, welche das Zustandekommen und die Wirkungen von Verträgen regeln Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Das Vertragsrecht ist ein Rechtsgebiet, das sämtliche Rechtsnormen umfasst, die das Zustandekommen sowie die Abwicklung, Rechtswirkungen und Verletzung von Verträgen regeln.
Je nach Vertragsinhalt (Vertragsgegenstand) oder den beteiligten Vertragsparteien unterscheidet man verschiedene Vertragsarten. Der häufigste Vertrag des Alltags ist der Kaufvertrag. Darüber hinaus gibt es im Privatrecht unter anderem den Arbeitsvertrag, Bauvertrag, Grundstückskaufvertrag, Kreditvertrag, Leasingvertrag, Leihvertrag, Mietvertrag, Pachtvertrag oder Versicherungsvertrag. Im öffentlichen Recht ist der öffentlich-rechtliche Vertrag die wichtigste Vertragsart. Staaten untereinander schließen Staatsverträge oder völkerrechtliche Verträge ab.
Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch kennt keinen eigenen Abschnitt über Verträge. In kühler Abstraktion wird der Vertrag lediglich im ersten Buch, dem Allgemeinen Teil, als spezieller Unterfall der allgemeinen Kategorie Rechtsgeschäft behandelt, im zweiten Buch als Schuldverhältnis.
China und Japan teilen, bei allen Unterschieden, die eine Verbindung zu einem eigenen Rechtskreis verbieten, ein über Jahrhunderte gewachsenes ähnliches kulturelles und geistesgeschichtliches Fundament. Der konfuzianischen Tradition beider Länder entstammt eine gemeinsame Abneigung gegen vor staatlichen Gerichten einzuklagendes Recht. Viele, dem westlichen Juristen unverzichtbar scheinende Teilungen wie Recht und Moral, Verwaltung und Justiz, Öffentliches, Straf- und Privatrecht, Recht und Pflicht, materielles und Prozessrecht waren im China der Qing-Dynastie und dem Tokugawa-Japan unbekannt. Die jeweiligen Zentralregierungen beschränkten sich auf die Aufgaben der Verwaltung und sahen die Schlichtung von Streitigkeiten einzelner Personen durch Bereitstellung von Gerichten nicht als ihre Aufgabe an. Subjekte der staatlichen Verwaltung waren nicht einzelne Individuen, sondern die jeweiligen Dorf- oder Familienoberhäupter. Entsprechend diesem sozio-kulturellen Umfeld ist das westliche Rechtsinstitut Vertrag, als eine zwischen Individuen geschlossene, vor Gerichten einklagbare und durchsetzbare Vereinbarung, in China und Japan vor 1900 unbekannt.[1]
Unter dem Shogunat der Tokugawa-Familie (1603 bis 1867) entstand in Japan eine streng ständisch-feudale Gesellschaft. Der unterste Stand war der der Kaufleute. Über ihnen standen Handwerker, Bauern und Krieger. Kleinste Einheit waren die etwa 150.000 mura. Etwa 85 % der 30 Millionen Einwohner siedelten in Mura. Ihnen war ein großer Spielraum bei der Gestaltung ihrer inneren Angelegenheiten eröffnet, solange sie ihre Steuern zahlten und Dienste leisteten. Die räumliche und soziale Mobilität war äußerst gering. Die Funktion von Verträgen innerhalb dieser Mura wurde durch Vereinbarungen übernommen, deren Einhaltung durch soziale Kontrolle und im schlimmsten Fall durch Ausschluss aus der Gemeinschaft gewährleistet wurde.[1]
In den Burgstädten, die Sitz der jeweiligen Shogun oder Daimyo waren, siedelten größtenteils Samurai und Händler. Es entwickelte sich eine rege Handelstätigkeit. In der Regel war diese auf Angehörige desselben Standes beschränkt. Die höhere Einwohnerzahl machte eine Überwachung durch soziale Sanktionen nur eingeschränkt möglich, die geschlossenen Vereinbarungen waren komplexer. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts schlossen sich Kaufleute zu Gilden zusammen, die die Durchsetzung von Vereinbarungen effizient durch informelle Übereinkünfte ermöglichten.[1]
In den seltenen Fällen, in denen die jeweiligen sozialen Verbünde einen Konflikt nicht konsensual beilegen konnten, konnte die Shogunatsverwaltung eingreifen. Darin ist kein Anspruch des Einzelnen auf Rechtsschutz zu sehen, sondern vielmehr ein Akt der Gnade zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Friedens. Die Beamten agierten dabei weniger als Richter denn als Mediator mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung. Eine Überprüfung dieser Mediation im Sinne einer Berufung gab es nicht.[1]
Die Entwicklung des modernen chinesischen Vertragsrechts kann deutlich in zwei Phasen eingeteilt werden: Eine erste von 1949 bis 1978 und eine zweite seit 1979. Die chinesische Wirtschaft befand sich 1949 in desolatem Zustand. Der Bürgerkrieg hatte das Land in mehrere regionale Einheiten gespalten. Daneben bestanden verschiedene wirtschaftliche Sektoren, die sich durch den Anteil des staatlichen Eigentums bzw. staatlicher Intervention unterschieden. Zur Wiederherstellung eines einheitlichen nationalen Wirtschaftsraums und der Verknüpfung des sozialistischen mit dem privaten Sektor wurde innerhalb Chinas zunächst freier Handel zugelassen. Wichtiger Schritt in der ersten Phase war der Erlass einer Vorläufigen Methode für Vertragsschlüsse zwischen Behörden, Staatsunternehmen und Kooperativen. Ihre Anwendbarkeit beschränkte sich somit auf den sozialisierten Sektor der Wirtschaft. Die wichtigsten Regelungsinhalte waren:
Verträge blieben in den 50er und 60er Jahren hauptsächlich Mittel staatlicher Wirtschaftsplanung und wurden durch Formulare geschlossen, in denen nur noch Namen, Mengen und Termine einzutragen waren. Das Wirtschaftsvertragsgesetz von 1981 ließ demgegenüber Vertragsfreiheit in gewissem Umfang zu. Auch dieses Gesetz galt jedoch nur für Verträge zwischen staatlichen Unternehmen. Für rechtliche Teilgebiete folgten in den Jahren 1985 und 1987 das Außenwirtschaftsvertragsgesetz und das Technikvertragsgesetz. Die Allgemeinen Grundsätze des Zivilrechts stellten 1986 den ersten Versuch, das Vertragsrecht auf eine breitere und systematischere Grundlage zu stellen. Das Nebeneinander verschiedener Gesetze, zahlreiche Ausführungsbestimmungen und über 50 Weisungen des Volksgerichtshofs führten jedoch zu großer Rechtsunsicherheit und zahlreichen Lücken – einfachste Grundlagen wie Angebot und Nachfrage oder die Aufrechnung blieben ungeregelt; gesetzgebungstechnisch wurden vage Formulierungen bevorzugt, um im Zweifel eine der Partei günstige Auslegung zu sichern. Mit dem langfristigen Ziel der Erarbeitung eines Zivilgesetzbuches begann im Oktober 1993 die Rechtsarbeitskommission des Nationalen Volkskongresses die Arbeiten zu einem einheitlichen und umfassenden Vertragsrecht. 1999 trat schließlich das Vertragsgesetz in Kraft. In Gesetzgebungstechnik und Inhalt stützt es sich in weiten Teilen auf das deutsche BGB.
In fast allen modernen Privatrechtskodifikationen wie auch in den Regeln des common law gilt der Grundsatz, dass als bindend anzuerkennen ist, was die Parteien vereinbart haben. Es gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Exemplarisch ist etwa die Formulierung des schweizerischen Obligationenrecht
„Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden.“
Ähnlich ist es im Artikel 1134 des französischen Code civil formuliert:
« Les conventions légalement formées tiennent lieu de loi à ceux qui les ont faites »
Die Begründungen für diesen Grundsatz lassen im Groben in zwei Lager einteilen: eine naturrechtliche und eine utilitaristische. Eingeschränkt werden musste dieser Grundsatz freilich in denjenigen Fällen, in denen einer der Kontrahenten nicht die notwendige Urteilsfähigkeit besaß, die Folgen des Vertrages abzuschätzen, das heißt dann, wenn er nicht geschäftsfähig war; ferner in den Fällen, bei denen der Vertragspartner das Geschäft nur durch Täuschung oder Drohung zum Abschluss bringen konnte. Diesen Fällen rein prozeduraler Unwirksamkeit wurden im Laufe des 20. Jahrhunderts auch Fälle beigesellt, bei denen der Vertrag aus inhaltlichen Gründen nicht als wirksam erachtet werden sollte: So wurde der Grundsatz der Vertragsfreiheit etwa durch Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen und im Besonderen durch Maßnahmen der Sozialgesetzgebung im Bereich des Arbeits- und Wohnraummietrechts eingeschränkt.
In allen entwickelten Rechtssystemen kommen Verträge durch Angebot und Annahme zustande. Eine Besonderheit hat sich u. a. durch die Entwicklung des Medienrechts für den Vertragsabschluss entwickelt. So ist in Deutschland zu unterscheiden, was jeweils Vertragsgrundlage ist:[3]
Das anglo-amerikanische Recht misst dem Angebot die geringste Bindung bei: Es ist grundsätzlich frei widerruflich, selbst dann, wenn der Anbietende sich innerhalb einer Frist für gebunden erklärt hat. Konstruktiv wird dies damit gerechtfertigt, dass das common law für jegliche Bindung eine Gegenleistung (siehe Consideration (Vereinigte Staaten)) fordert. Im Grundsatz gilt diese Regelung auch im romanischen Rechtskreis, wurde jedoch durch die Rechtsprechung insoweit eingeschränkt, als dem Adressaten ein Schadensersatzanspruch zusteht, wenn der Anbietende sich innerhalb einer Frist für gebunden erklärt hat. Das deutsche BGB hält den Anbietenden nach § 145 BGB für gebunden: Ein Widerruf ist, zumindest innerhalb angemessener Frist, ohne jegliche Wirkung; ähnliches gilt auch für die übrigen Länder des deutschen Rechtskreises, wie der Schweiz, Österreich, Portugal und Griechenland.
Die Vereinheitlichung auf internationaler Ebene gestaltete sich aufgrund der stark divergierenden Lösungen schwierig. Für die CISG gelang ein Kompromiss, der der deutschen Lösung recht nahekommt: Das Angebot ist zwar grundsätzlich frei widerruflich, jedoch enthält Art. 16 Abs. 2 CISG Ausnahmen, die die praktisch wichtigsten Fälle hiervon ausnehmen und eine Bindung an das Angebot statuieren.
Dem römischen Recht war das Konzept der Stellvertretung nicht bekannt. Sie ist seit dem 17. Jahrhundert als Produkt wirtschaftlicher Notwendigkeit in einer modernen arbeitsteiligen Gesellschaft entstanden. „Ursprünglich gibt es nirgends direkte Stellvertretung. Sie ist ein juristisches Wunder.“[4] Ausgangspunkt für die moderne Lehre von der Stellvertretung war die naturrechtliche Vorstellung der Parteiautonomie durch Hugo Grotius und Christian Wolff. Über Robert-Joseph Pothier kam die Stellvertretung schließlich in den Code civil, dessen Art. 1984 den Auftrag wie folgt definiert:
« Le mandat ou procuration est un acte par lequel une personne donne à une autre le pouvoir de faire quelque chose pour le mandant et en son nom. »
Der Code civil trennt dabei nicht zwischen dem zugrunde liegenden Schuldverhältnis (dem mandat ‚Auftrag‘) und Befugnis zur Vertretung, d. h. der Vollmacht. Auch das österreichische ABGB ordnet die Bevollmächtigung den vertraglichen Schuldverhältnissen zu. Die Vollmacht ist hier mit dem Auftrag letztlich identisch. Einen Unterschied zwischen beiden behauptete erst von Jhering 1847, ihre abstrakte Wirksamkeit Laband.
Alle kontinentalen Rechtsordnungen kennen neben Irrtum und Täuschung die Drohung als Nichtigkeitsgrund eines Vertrages. Die Drohung wird dabei einerseits gegenüber physischem Zwang abgegrenzt, andererseits gegenüber der Ausnutzung einer bestehenden Zwangslage. Das common law im engeren Sinne zieht die Grenze dagegen anders: Erklärungen sind nur dann unter duress zustande gekommen, wenn sie durch Androhung körperlicher Gewalt oder Freiheitsberaubung herbeigeführt wurden. Eine Korrektur erfuhr diese enge Auffassung durch die Figur des undue influence bei den equity-Gerichten; auch wenn diese Figur primär auf die Ausnutzung von Vertrauenslagen zugeschnitten ist, wird sie dennoch auch auf Fälle angewandt, die nach kontinentaler Vorstellung als Drohung aufgefasst werden.
Die Fälle physischen Zwangs sind unproblematisch zu entscheiden: Handlungen, die unter physischem Zwang stattfinden, sind rechtlich nicht existent. Schwieriger ist es, diejenigen Fälle der Drohung ausfindig zu machen, die einen Vertrag zu Fall bringen sollen: Die Drohung, ein Arbeitsangebot abzulehnen und für einen Konkurrenten zu arbeiten, wenn der potentielle Arbeitgeber die Gehaltsvereinbarung nicht erhöht, wird in allen Rechtsordnungen nicht als Wirksamkeitshindernis für den Vertrag aufgefasst. Es müssen also aus den Fällen der Drohung diejenigen ausgesondert werden, die rechtlich zu missbilligen sind.
In den kontinentaleuropäischen Kodifikationen werden diese Fälle nur generalklauselartig umschrieben: Das deutsche BGB verlangt, dass die Drohung „widerrechtlich“ sein muss (§ 123 BGB), ebenso § 870 ABGB in Österreich, Art. 29 Abs. 1 OR in der Schweiz und Art. 3:44 Abs. 2 des niederländischen NBW. Damit werden zunächst alle Fälle erfasst, in denen das angedrohte Verhalten gegen geltendes Recht verstößt: etwa strafrechtliche Tötungs- oder Eigentumsdelikte gegen den Vertragspartner.[5]
Die klassische ökonomische Analyse des Rechts sieht den Ansatzpunkt zur Scheidung von einklagbaren und nicht einklagbaren Verträgen in der utilitaristischen Funktion des Vertrages. Als Faustformel gilt: Ist ein Versprechen der Preis dafür, durch Kooperation produktiver zu sein als ohne Kooperation, so soll es einklagbar sein. Wird das Versprechen dadurch erreicht, dass damit gedroht wird Werte zu zerstören oder unfreiwillig umzuverteilen, so soll es nicht einklagbar sein.[6]
Die erbrachte Leistung kann aus verschiedenen Gründen nicht der vertraglich vereinbarten entsprechen:
In all diesen Fällen stellt sich die Frage, ob der Vertrag dadurch hinfällig geworden ist, ob der Gläubiger weiterhin auf Erfüllung bestehen kann oder ob der Gläubiger Schadensersatz fordern kann.
Einführungen
Umfassende Darstellungen, Enzyklopädien
Rechtskreise und Rechtsgeschichte
Rechtsvergleichende Darstellungen einzelner Problemstellungen
Zur ökonomischen Analyse des Vertragsrechts
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