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Typen von Argumenten
Typ einer Aussage zum Belegen einer anderen Aussage Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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In Argumentationstheorie und Rhetorik, vereinzelt auch in anderen Fachgebieten, werden verschiedene Typen von Argumenten beschrieben.
Intakte Argumente
Zusammenfassung
Kontext
Deduktive Argumente
Als Argumentum ad veritatem (Wahrheitsbeweis) werden deduktive (oder deduktiv gültige) Argumente bezeichnet, bei denen die Konklusion logisch aus den Prämissen folgt, die Konklusion also wahr ist, falls die Prämissen wahr sind. Siehe auch Syllogismus.
Logisches Nutzwertargument
Das logische Nutzwertargument besteht aus zwei oder mehr Prämissen sowie der logischen Konklusion. Beispiel: „Dieses neue Auto verbraucht nur fünf Liter pro 100 Kilometer und sein Tankinhalt beträgt 50 Liter. Das bedeutet, Sie können mit einer Tankfüllung 1.000 Kilometer reisen, ohne unterwegs tanken zu müssen.“
Vergrößerung
Sie stellt zwei Sätze mathematisch miteinander in Bezug. Aus dem rechnerischen Ergebnis wird die Plausibilität einer Ersparnis oder eines Gewinnes dargestellt. Beispiel: „Bei Einsparungen von nur 1,7 Cent pro Druckseite sparen Sie bei Ihrer Auflage bereits 20.000 × 0,017 = 340 Euro im Monat.“
Verkleinerung
Sie dient der Relativierung möglicher Gegenargumente, z. B. Anschaffungskosten oder laufenden Belastungen. Beispiel: „Das Auto kostet zwar 24.000,- Euro, bei einer Nutzungsdauer von 20 Jahren sind das allerdings nur 100 Euro pro Monat.“ Allerdings berücksichtigt obige Rechnung nicht den Zins und Zinseszinseffekt. Daher ist die Wirtschaftlichkeitsrechnung günstiger.
Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere
Das argumentum a posteriori (von a posteriori, ‚im Nachhinein‘, ‚aus dem Folgenden‘) arbeitet mit einem auf die Erfahrung gestützten Beweis. Diese Schlussfolgerung dient dazu, spezielle Erkenntnisse aus allgemeinen Theorien zu gewinnen. Beispiel: „Seit 6000 Jahren ist Krieg eine der immer wiederkehrenden Strategien zur Sicherstellung knapper Ressourcen. Auch heute beobachten wir knapper werdende Ressourcen. Es wird folglich wieder Krieg geben.“ Oder: „Alle Menschen, die ich kannte, sind gestorben. Also werde auch ich sterben müssen.“ Diese Form ist logisch unsauber, weil vom Bereich des Erfahrenen auf etwas noch nicht Erfahrenes geschlossen wird.
Bilanzierung
Die Bilanzierung oder Nutzwertanalyse stellt die Pro-und-Contra-Argumente gegenüber und versieht sie mit einem Gewichtungsfaktor. Die Summation ergibt ein mathematisch eindeutiges Ergebnis.
Prokatalepsis
Bei der Prokatalepsis wird zunächst ein schwaches Gegenargument aufgeführt und unmittelbar darauf durch ein stärkeres Pro-Argument entkräftigt. Beispiel: „Ich sehe ja ein, dass wir zum Schutz der Bienen mehr Bio-Produkte kaufen sollten. Aber seit Jahren werden Pflanzenschutzmittel eingesetzt und wie du siehst, fliegen ja immer noch überall Insekten im Garten herum.“
Induktive Argumente
Induktive Argumente stützen sich auf empirische Beobachtungen und Erfahrungen. Dabei wird von Einzelfällen auf das Allgemeine geschlossen. Es ist zwar rational, die Konklusion für wahr zu halten, wenn alle Prämissen wahr sind, die Konklusion folgt jedoch nicht logisch zwingend, sondern ist nur in gewissem Grade wahrscheinlich.
Beispiel: „Bei allen bisherigen Versuchen, die Rechtschreibung zu reformieren, zeigte sich, dass die Leistungen der Schüler nachließen. Also werden die Leistungen der Schüler bei Einführung der aktuellen Rechtschreibreform wieder nachlassen.“
Auch wenn die Aussage „Alle bisherigen Reformen führten zu schlechteren Leistungen“ durch empirische Studien ausnahmslos bestätigt sein sollte, gilt das Argument nur in einem statistisch abgesicherten Rahmen, da ein einziges Gegenbeispiel die Allgemeingültigkeit widerlegen würde.
Die Gültigkeit induktiver Argumente ist stark umstritten.[1]
Indirekte Argumente
Ein Umkehrschluss (argumentum e contrario, Beweis durch Widerspruch) untermauert die eigene These mit der Falsifizierung des Gegenteils (indirekter Beweis). Beispiel: Euklids Beweis für Irrationalität von Wurzel 2 oder: „Die Gegner der Rechtschreibreform behaupten, dass die Schüler mit den neuen Regeln mehr Fehler machen würden. Neueste Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Fehlerquote seit Einführung um 20 Prozent gesunken ist.“
Weitere individuelle Argumenttypen
Grundannahme
Mit dem argumentum a priori wird ein Beweis mittels rein logischer Schlussfolgerungen geführt, der ohne Erfahrungswissen auskommt. Diese Annahme ist jedoch nicht falsifizierbar. Beispiel: „Wenn man annimmt, dass alle Menschen sterblich sind, und Sokrates ein Mensch ist, so folgt daraus, dass Sokrates sterblich sein muss.“
Überhöhung
Das argumentum a fortiori zeigt auf, dass die bestehende Behauptung noch sicherer ist als eine bereits mit hinlänglicher Sicherheit bewiesene. „Es ist mittels Untersuchungsreihen zweifelsfrei erwiesen, dass eine Konzentration von 10 mg/kg des fraglichen Mittels gesundheitsschädlich wirkt. Mein Mandant wurde jedoch einer wesentlich höheren Konzentration erheblich länger ausgesetzt, so dass der gesundheitliche Schaden meines Mandanten außer Frage steht.“
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Fehlschluss- und andere problematische Argumente
Zusammenfassung
Kontext
Systematik nach Damer
Einen Versuch, auf Fehlschlüssen beruhende Argumente (engl. fallacies) zu systematisieren, hat 1980 der amerikanische Philosoph T. Edward Damer unternommen. Damer geht davon aus, dass ein gutes Argument fünf Prinzipien genügt:
- Strukturprinzip
- „Wer für oder gegen eine Position argumentiert, sollte ein Argument verwenden, das den grundlegenden strukturellen Anforderungen eines wohlgeformten Arguments genügt. Ein solches Argument verwendet keine Begründungen, die einander widersprechen, die der Schlussfolgerung widersprechen oder die explizit oder implizit die Wahrheit der Schlussfolgerung voraussetzen.“[2]
- Relevanzprinzip
- „Wer ein Argument für oder gegen eine Position vorlegt, sollte nur solche Gründe verwenden, die Belege für die Wahrheit der Schlussfolgerung bieten.“[2]
- Akzeptabilitätsprinzip
- „Wer ein Argument für oder gegen eine Position vorlegt, sollte solche Gründe vorlegen, die von einer reifen, rationalen Person wahrscheinlich akzeptiert werden und die den Standardkriterien von Akzeptabilität entsprechen.“[3]
Als „nicht akzeptabel“ stuft Damer etwa solche Argumente ein, die sich selbst oder dem Augenschein widersprechen.[4] - Zulänglichkeitsprinzip (sufficiency principle)
- „Wer ein Argument für oder gegen eine Position vorlegt, sollte versuchen, relevante und akzeptable Gründe der richtigen Art anzubieten, die in ihrer Gesamtheit in Zahl und Gewicht ausreichen, um die Zustimmung zur Schlussfolgerung zu rechtfertigen.“[3]
- Widerlegungsprinzip (rebuttal principle)
- „Wer ein Argument für oder gegen eine Position vorlegt, sollte in dieses Argument eine wirksame Widerlegung jeder zu erwartenden ernsthaften Kritik einschließen, die gegen das Argument selbst oder gegen die Position vorgebracht werden könnte, die es unterstützt.“[3]
Defekte Argumente ordnet Damer dementsprechend in fünf Gruppen ein:
Weitere Systematiken
Damers Systematisierungsversuch ist nur einer von mehreren, die im englischsprachigen Raum in den vergangenen 40 Jahren vorgenommen worden sind. Einen weiteren Systematisierungsvorschlag hat der amerikanische Philosoph Patrick J. Hurley (University of San Diego) 1982 in seinem einflussreichen Werk A concise introduction to logic vorgelegt:[65]
Auswahl weiterer individueller Fehlschluss- und anderer problematischer Argumente
Cum hoc ergo propter hoc: Scheinkausalitäts-Argument
Hierbei fungieren zwei Ereignisse als Prämissen, aus deren Gleichzeitigkeit (Cum hoc ergo propter hoc: gleichzeitig, also deswegen) bzw. zeitlichen Abfolge (Post hoc ergo propter hoc: danach, also deswegen) ein unbewiesener Kausalzusammenhang konkludiert wird. Zum Beispiel: Eisverkäufe korrelieren stark (und robust) mit Kriminalitätsraten. Daher verursacht Speiseeis Verbrechen. Dieses Argument ist fehlerhaft, weil es eine tatsächliche Erklärung außer Acht lässt und keine Kausalität zwischen Kriminalitätsraten und Speiseeis besteht.
Explizite Weiterführung
Das argumentum ex concesso beruht auf einer bereits als wahr zugestandenen Aussage. „Sie haben zugegeben, zur fraglichen Zeit am Tatort gewesen zu sein. Da es nun wegen des Aufbaus des Tatortes unumgänglich ist, den Blutfleck zu sehen, wenn man die Wohnung betritt, stellt sich die Frage, warum Sie behaupten, nichts gesehen zu haben.“
Hypothetisches Argument
Dieses Argument konkludiert angenommene Prämissen mit tatsächlichen. Die Konklusion ergibt kein (notwendig) wahres Urteil, da hierzu die Wahrheit der Prämissen erwiesen sein muss. Beispiel: „Wenn das jetzt Ihr Kind auf der Intensivstation wäre, Herr Doktor, was würden Sie alles unternehmen, um sein Leben zu retten? Sie würden alles versuchen!“
Scheinargumente
Ein Scheinargument, das mit der Absicht verwendet wird, andere zu täuschen, wird als Sophismus bezeichnet. Dabei handelt es sich um Argumentationen, die bei korrekter Handhabung logisch einwandfrei sind, jedoch auch zu (absichtlichen) Fehlschlüssen verwendet werden können. Während deduktive sowie (bedingt) induktive und analogisierende Argumente tatsächlich zum Beweis einer These dienen, handelt es sich bei den sogenannten Fehlschlüssen um keine gültigen Argumente. Es wird zwar aus den Prämissen eine Schlussfolgerung gezogen, diese erfolgt aber nicht nach den Gesetzen der Logik.
Ein logischer Irrtum, dem der Argumentierende erliegt, kann z. B. der falsche Gebrauch der beteiligten Begriffe durch einen Paralogismus oder eine nicht berücksichtigte Antinomie sein, die auch auf einem falschen Dilemma beruhen kann.
Während bei Fehlschlüssen noch versucht wird, sachbezogen (ad rem) und rational zu argumentieren, benötigt ein Scheinargument keinen logischen Aufbau.
Schweigen als Argument
Mit dem argumentum ex silentio wertet der Historiker das Nichterwähnen eines bestimmten Ereignisses durch eine bestimmte historische Quelle als Indiz dafür, dass dieses Ereignis nicht stattgefunden hat. Dieses Argument gilt in der Geschichtsforschung nicht als zwingend, aber wenn eine Quelle über Zeit und Ort des fraglichen Ereignisses sehr dicht berichtet, besitzt dieses Argument eine gewisse Plausibilität.
Im Rahmen der juristischen Auslegungstechnik wird mitunter auf ein solches argumentum ex silentio zurückgegriffen. Hier wird das Argument „aus dem Schweigen des Gesetzes“ als Erkenntnisquelle verwendet. Ein Beispiel:
- „Bei nahezu allen Haftungsnormen des Zivilrechts wird als haftungsbegründende Voraussetzung ein subjektives Element (also Vorsatz oder Fahrlässigkeit) verlangt. Bei der Haftungsnorm der Tierhalterhaftung nach § 833 BGB aber schweigt das Gesetz zum Vorliegen eines subjektiven Elements. Aus dem Schweigen des Gesetzes kann geschlossen werden, dass im Rahmen der Tierhalterhaftung gerade kein Vorsatz sowie keine Fahrlässigkeit vorliegen muss.“[66]
Wiederholung
Mit dem argumentum ad nauseam (lat. ,zur Übelkeit, Brechreiz‘) wird ein Fehlschluss bezeichnet, nach dem eine Aussage durch ständiges Wiederholen scheinbar richtiger wird.
„Ich war es nicht!“
„Man hat Sie zum Tatzeitpunkt am Ort gesehen.“
„Ich war es nicht!“
„Sie hatten eine Pistole in der Hand.“
„Ich war es nicht!“
„Sie haben gestern Abend dem Opfer gedroht.“
„Ich war es nicht!“
Abgesehen davon, dass man den anderen Diskutanten zum Aufgeben bewegt oder, trickreicher, so tut, als hätte man die Einwände durch Abwandlung der Wiederholung widerlegt, verlässt man damit den Rahmen rationaler Diskussion, da es nur noch auf das Beharren der eigenen Meinung ankommt. Eine Abwandlung davon: Es kommt oft vor, dass Proponenten einer Meinung unredlicherweise längst widerlegte Argumente gegenüber Leuten wiederholen, von denen sie glauben, dass diese die Widerlegung noch nicht kennen.
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Argumenttypen, die außerhalb der Argumentationstheorie beschrieben worden sind
- Totschlagargument, Killerphrase
- Umgangssprachliche Bezeichnungen für einen Red Herring (insbesondere ein Argumentum ad rem), mit dem Widerspruch gegen eine Position ohne Argumentum ad veritatem per Machtspruch des sich Deutungshoheit anmaßenden Sprechenden erstickt werden soll. Beispiel: „Das kommt nicht in Frage, denn das haben wir noch nie so gemacht.“ Der Ausdruck „Killerphrase“ geht auf Charles H. Clarks Beiträge zum Brainstorming (Managementlehre) zurück. „Totschlagargument“ ist eine Lehnübertragung des englischen Knock-out argument, bezeichnet inhaltlich aber im weitesten Sinne das, was im Englischen mit dem Psychologen Robert Jay Lifton als Thought-terminating cliché bezeichnet wird. Ein verwandter Begriff ist der des TINA-Prinzips (Akronym für There Is No Alternative, engl. für „Es gibt keine Alternative“) als nicht fachsprachliche Bezeichnung für Red Herrings, mit denen ein Sprecher seine Position als über jede Kritik erhaben herausstellen will.
Siehe auch
Weblinks
- Webseite des Lehrstuhls für Anwendungsorientierte formale Verifikation: Michael Christian Nikelsky: Induktive Logik: Confirmation and Confirmability (deutsch; PDF; 132 kB), Erläuterung über Probleme bei der Konstruktion oder Rechtfertigung eines wissenschaftlichen, induktiven Logik-Systems
Einzelnachweise
Wikiwand - on
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