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schienengebundenes System zum Ziehen („Treideln“) von Schiffen auf Wasserwegen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eine Treidelbahn ist ein schienengebundenes System zum Ziehen („Treideln“) von Schiffen auf Wasserwegen.
Das Treideln von Schiffen erfolgte zunächst stromauf durch Menschenkraft oder Zugtiere. Am Rhein ist es seit dem 8. Jahrhundert belegt. Mit dem Bau von Kanälen wurde das Treideln auch längs dieser künstlich geschaffenen Wasserwege und an deren Schleusen und Tunneln erforderlich. Meist beidseitig wurden Wege angelegt, die als Treidel- oder Leinpfade bezeichnet werden.
Mit der Erfindung der Dampfmaschine und dem Aufkommen von Dampflokomotiven begann vielerorts der Ersatz des bisherigen Verfahrens durch mechanische Antriebe. Während stationäre Anlagen Schiffe nur über begrenzte Strecken ziehen konnten, beförderten Schleppschiffe und Lokomotiven die Boote über größere Entfernungen hinweg.
Die Treidellokomotiven liefen auf Gleisen, die auf den Leinpfaden verlegt wurden. Erste Treidelloks wurden 1873 am französischen Canal de Bourgogne eingesetzt. Sie waren mit einer Dampfmaschine ausgerüstet und liefen nur einseitig auf einer Schiene, die andere Seite hingegen ähnlich den Lokomobilen auf einem Fahrweg. Zwischen 1898 und 1901 wurde am Finowkanal eine entsprechende elektrische Treidellok von Siemens getestet. Obwohl sich die von Carl Köttgen entwickelte Maschine bewährt hatte, entschied man sich nach dem Ende der Versuche gegen dieses System.[1]
Anstelle schienengebundener Fahrzeuge wurden in Frankreich von 1896 bis 1904 zum Treideln auch Cheval électrique (elektrisches Pferd) genannte elektrisch betriebene Traktoren[2] verwendet. 1911 gab es Versuche mit einer Zugmaschine am Canal de Bourgogne, später kamen Diesel-Zugmaschinen, vor allem des Nutzfahrzeugherstellers Latil,[3][4] und ab den 1930er Jahren am Ostabschnitt des Canal de la Marne au Rhin auch gummibereifte elektrische Zugmaschinen[5] zum Einsatz.[6]
Treidelbahnen sind zweckgebundene Systeme, die nicht mit dem übrigen Eisenbahnnetz verbunden sind. Die Gleisanlagen beschränken sich auf das Notwendige, wozu auch Unterstellmöglichkeiten für die Fahrzeuge und ggf. Anlagen für den Betrieb der Dampflokomotiven zählen. Daher existieren neben Lokomotivschuppen und Weichen meist auch Anlagen für die Stromversorgung der Elektrolokomotiven (Oberleitungen, Unterwerke).
Zunächst wurden zum Ziehen der Schiffe auf schmalspurigen Gleisen laufende kleine Dampflokomotiven eingesetzt. 1890 lief am Oder-Spree-Kanal eine zweiachsige Dampflok auf 900 mm breiten Gleisen, die mit bis zu sieben gezogenen Kähnen eine Treidelgeschwindigkeit von 7 km/h erreichte. Es gab aber auch regelspurige Bahnen wie die 1916 errichtete Treidelbahn am Eisernen Tor am serbischen Ufer der Donau. Sie wurde von der deutschen Reserve-Eisenbahn-Baukompanie Nr. 25 aufgebaut, war abschnittsweise zweigleisig und wurde anfangs mit Eisenbahn-Tenderlokomotiven preußischer Bauarten betrieben.
Elektrolokomotiven kamen ab dem frühen 20. Jahrhundert zum Einsatz. Für die 1914 eröffnete Schleusentreppe Niederfinow bauten die Siemens-Schuckertwerke 1913 acht 12 t schwere Maschinen, die auf Meterspurgleisen liefen.[1] Eine dieser Loks ist als Denkmal am Schiffshebewerk Niederfinow erhalten.
Vor allem in Frankreich,[7] wo im 18. und 19. Jahrhundert zahlreiche schiffbare Kanäle entstanden waren, wurden Treidelbahnen gebaut. 1904 wurde eine erste elektrische Treidellokomotive vorgestellt, 1907 zwischen Béthune und dem Bassin rond auf 80 Kilometer Länge der elektrische Treidelbetrieb konzessioniert. In den 1920er Jahren erhielten alle bedeutenden Binnenschifffahrtswege der Region Nord-Pas-de-Calais Treidelbahnen. 1926 wurde die Compagnie Générale de Traction sur les Voies Navigables (C.G.T.V.N.) gegründet, die die Aktivitäten mehrerer bis dahin unabhängiger Betreiber bündelte.[8] Ab 1931 wurden am Canal de la Marne au Rhin auch in Lothringen und dem Elsass Treidelbahnen angelegt.[9]
Noch 1936 entstand bei Demange-aux-Eaux eine elektrische Bahn zum Ziehen der Péniches auf dem Canal de la Marne au Rhin.[10] Da die Lokomotiven in Mehrfachtraktion verkehren konnten,[11] erhielten sie Zug- und Stoßeinrichtungen (Kupplungen und Puffer).
Mit dem Aufkommen der Motorschiffe schwand die Bedeutung der Treidelbahnen und die Anlagen wurden stillgelegt. Am Schiffshebewerk Niederfinow kam letztmals im April 1978 eine Treidellokomotive zum Einsatz.[1]
Am 2. Juni 1906, kurz nach der Fertigstellung des Teltowkanals, wurde die dazugehörende Treidelbahn in Anwesenheit Kaiser Wilhelms II. feierlich eröffnet. Das Treideln diente dem Schutz der sandigen Sohle und des Ufers sowie der Vermeidung von Rauchbelästigung durch Schleppschiffe. Zunächst wurde, einem Vorschlag der Firma Siemens & Halske für elektrischen Betrieb folgend, eine rund 1,3 Kilometer lange Versuchsstrecke innerhalb der unteren Kanalhaltung von Albrechts Teerofen bis zum Griebnitzsee errichtet.[12]
Die Bahn umfasste zwei Abschnitte mit insgesamt 26 Elektrolokomotiven,[13] größtenteils mit nur einem Führerstand. Vom oberen Ende des Griebnitzsees bis zur Schleuse Kleinmachnow wurde auf rund 5 Kilometer Länge getreidelt. Auf der Höhe des Machnower Sees war die Weiterführung der Eisenbahntrasse aufgrund des unwegsamen Geländes nicht möglich. Die Schiffe wurden dort vom elektrisch betriebenen Schleppschiff Teltow weitergezogen. Die zweite Treidelstrecke führte vom Machnower See bis zur oberen Kanalmündung bei Grünau und war ca. 28 Kilometer lang. Mit einer Spurweite von 1000 mm wurden die aus Vignolschienen gefertigten Gleise auf die beiderseitigen Leinpfade verlegt. Damit die Lokomotiven im Ringbetrieb verkehren konnten, überquerten sie an den Streckenendpunkten den Kanal auf Brücken. Weitere Brücken wurden über den Einfahrten der als Stichhäfen ausgeführten Hafenbassins angelegt.[14]
Von den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg blieb auch die Treidelbahn nicht verschont. Sowjetische Besatzungstruppen wurden zwischen 1949 und 1952[13] mit der Demontage und dem Abtransport der Überreste betraut. Nur die Fahrzeuge mit den Nummern 2 und 26 blieben erhalten. Nr. 2 ist heute an der Emil-Schulz-Brücke als Denkmal aufgestellt, Nr. 26 ist im Deutschen Technikmuseum Berlin ausgestellt.
Am belgischen Kanal von Lüttich (Liège) nach Maastricht existierte eine Treidelbahn, deren Lokomotiven mit Dreiphasenwechselstrom betrieben wurden.[15]
Anfang des 20. Jahrhunderts erhielt der Miami and Erie Canal in den USA eine Treidelbahn mit Regelspurweite. Die Motoren der 18 t schweren, zweiachsigen Lokomotiven wurden mit Dreiphasenwechselstrom gespeist. 1913 wurde der Kanal nach einem außergewöhnlichen Hochwasser aufgegeben.[16]
Als bekannteste Treidelbahnen der Welt gelten die Zahnradbahnen der Schleusen des Panamakanals. Deren Lokomotiven können auf bis zu 45 Grad steilen Rampen Seeschiffe von einer Schleusenkammer zur nächsten ziehen.
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