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Dramatiker und österreichischer Staatsbeamter Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Tobias Philipp Gebler, ab 1763 von Gebler, ab 1768 Freiherr von Gebler, (* 2. November, wahrscheinlich zwischen 1720 und 1722, in Greiz, Heiliges Römisches Reich; † 9. Oktober 1786 in Wien) war ein Dramatiker und galt als einer der fortschrittlichst denkenden österreichischen Staatsbeamten seiner Zeit.
Tobias Philipp Gebler wurde am 2. November als Sohn bürgerlicher Eltern geboren. Sein Geburtsjahr ist nicht ausreichend belegt, vermutlich wurde er 1722, höchstwahrscheinlich jedoch im Zeitraum von 1720 bis 1722 geboren. Später als 1722 wurde er gewiss nicht geboren: die Eintragung im Totenbeschauprotokoll der Stadt Wien vom 9. Oktober 1786 im Zusammenhalt mit der Tatsache, dass er bereits im Mai 1737 an der Universität Jena inskribierte, legt dies nahe.
Sein Vater, Tobias Georg Gebler (1685–1753), war Kanzleidirektor und Konsistorialpräsident des Grafen Heinrich XI. von Reuß zu Obergreiz. Seine Mutter war die Pfarrerstochter Christiane Renate Klein-Nicolai (1698–1729). Als Geburtsort Geblers kann Greiz im Vogtland angenommen werden. In der Literatur werden als Geburtsjahr Geblers 1720, 1723, 1724, 1726 und 1728 angegeben. Später als 1722 wurde er gewiss nicht geboren, da diese Jahrangabe sich auf die Eintragung im Totenbeschauprotokoll der Stadt Wien vom 9. Oktober 1786 stützt.[1]
Was den Geburtsort Geblers betrifft, so nennen zeitgenössische Angaben zum Teil Greiz, andere Zeulenroda. Sicher ist nur, dass Gebler in der Grafschaft Reuß geboren wurde. In den Zeulenrodaer Kirchenbüchern der Jahre 1719 bis 1735 taucht der Name Gebler nicht auf, womit Zeulenroda als Geburtsort wohl auszuschließen ist; die Greizer Taufregister verbrannten im Jahre 1802.
Gebler starb am 9. Oktober 1786 in Wien.
Gebler studierte an den Universitäten Jena, Göttingen und Halle die Rechte. Im Jahr 1737 wurde in der Matrikel der Universität Jena vermerkt: „22.5.1737: Tobias Gebler, Greiza-Variscus“.[2] Im Protokollbuch findet sich die Eintragung: „Den 8. Martii 1738 disputirte Herr M. Christian Johann Antonius Corvinus ‚De prinzipio cognoscendi absolute primo‘. Der respondens war Tobias Geblerus, Greiza-Variscus…“. Diese Eintragungen stützen die Vermutung, dass Gebler aus Greiz im Vogtland stammt.
Zwei Monate später war Gebler in Göttingen; die diesbezügliche Matrikeleintragung lautet: „Nr. 979 Tobias Gebler, Graiza Variscus, L.L.C., ex Academia Jenensi – Mai 1738 -.“ Im Juli 1738 war er unter dem Vorsitz des Heinrich Christian von Senckenberg der respondens „De gravamine in legitima Romanis et Germanis usitato.“ Schließlich wurde Gebler am 2. Mai 1741 an der Universität Halle als Student der Rechte immatrikuliert. Gebler absolvierte seine Studien „mit vielem Lob“.[3]
Nach Kavaliersreisen, die ihn durch Deutschland, Dänemark, Norwegen und die Niederlande führten, trat er 1748 in Den Haag in die Dienste der Generalstaaten der Vereinigten Niederlande.[4] Er arbeitete von 1748 bis 1753 als Angestellter der holländischen Botschaft in Berlin. In dieser Stellung fand Gebler Gelegenheit, Österreich einen wichtigen diplomatischen Dienst zu erweisen,[5] was zur Folge hatte, dass er am 15. Februar 1754 einen Posten als erster Sekretär bei der Intendenza zu Triest erhielt. In dieser Funktion war Gebler Leiter dieser Behörde, welche einen sehr großen Aufgabenbereich zu betreuen hatte: Sie pflegte den Verkehr mit den Konsulaten in der Levante, in Frankreich, Spanien, Portugal, Neapel, im Vatikan, in England, Holland, Dänemark, Schweden, Russland, Ostindien usw. Hier liefen die „Kommerzialrelationen“ (Berichte) der Konsuln ein; die Intendenza hatte das gesamte Litorale zu verwalten, das Militärwesen, die Rekrutierung, die Erbauung von Befestigungsanlagen zu besorgen; Bergwesen, Kupferfabrikation und „Verschleiß per mare“ (Verkauf auf dem Seeweg), Eisen- und Bleihandel, Fabriken- und Manufakturwesen, Schifffahrt und Schiffbau, Rechtsprechung, Delinquentenverwahrung, Bistumsangelegenheiten in Triest, Zengg und Modruš, das Postwesen im Litorale sowie das Maut- und Zollwesen.
Um die Bedingung für ein rasches Aufsteigen im österreichischen Staatsdienst zu erfüllen, trat Gebler noch vor seiner Bestellung von der protestantischen zur katholischen Konfession über. Mit dem 1. April 1756 wurde er zum Geheimen Hofsekretär am Wiener Kommerzdirektorium befördert, am 1. Jänner 1759 zum Wirklichen Kommerzien- und Bergrat. Als Bergwerksproduktenverschleißdirektor erwarb er sich durch sein kluges Management große Verdienste. Er erwies sich als vielseitiger, ambitionierter Geschäftsmann, der in vielem sehr moderne Strategien anwandte.[6]
Am 1. April 1762 wurde er in die böhmisch-österreichische Hofkanzlei berufen, war in erster Linie mit dem Referat der ober- und vorderösterreichischen Lande befasst und zeigte sich neuerlich als sehr geschickter, pflichtbewusster und fortschrittlich denkender Beamter. In diesem Zusammenhang ist z. B. auf die Förderung hinzuweisen, die er Josef Anton von Riegger angedeihen ließ.[7] Riegger war einer der ersten in Österreich, der an einer Universität deutsch vortrug und lebhaft auf Neuerungen und Verbesserungen drängte. 1768 verfasste Gebler zwei Schriften gegen die schwäbischen Reichsstände zu Gunsten der österreichischen Dominikalsteuer, die allgemein als Zeugnis seiner profunden juristischen Kenntnisse Anerkennung fanden.[8]
Am 14. November 1768 wurde Gebler zum Mitglied des Staatsrates in inländischen Geschäften ernannt und kämpfte dort erfolgreich für eine Besserstellung des Bauernstandes, Abschaffung der Folter,[9] weitgehende Beschränkung der Todesstrafe, Straffreiheit der Apostasie und mildere Ahndung der Gotteslästerung. Mit größtem Nachdruck vertrat er den Gedanken der Toleranz. Maria Theresia schätzte Gebler hoch und auch ihr zum Argwohn neigender Sohn schenkte ihm sein Vertrauen.
Das mit 13. Oktober 1781 datierte Toleranzpatent Kaiser Josephs II. hatte Gebler entworfen. Darüber hinaus erließ Joseph II. am 2. Jänner 1782 entsprechend einem Votum Geblers das Toleranzpatent für die niederösterreichischen Juden.
Um Österreichs Unterrichtswesen machte Gebler sich sehr verdient; er förderte den Wiener Schulmann Josef Mesmer und den Abt des Augustiner-Chorherrnstifts von Sagan, Johann Ignaz von Felbiger. Am 2. Dezember 1774 wurde in jedem Land ein Schulrat errichtet, vier Tage darauf eine allgemeine Schulordnung für die deutschen Normal-, Haupt- und Trivialschulen verkündet.[10]
Er bemühte sich auch, an den Universitäten so weit wie möglich Latein durch Deutsch zu ersetzen. Beredt befürwortete er eine Milderung der Zensur. Neben Fürst Wenzel Anton Kaunitz kann Gebler als das bedeutendste Mitglied des Staatsrates bezeichnet werden.[11]
Am 9. Oktober 1782 schließlich wurde er Vizekanzler der Vereinigten böhmisch-österreichischen Hofkanzlei, am 7. April 1785 wurde er mit der Leitung der „Robotabolitionsgesschäfte“ zur Reduzierung der bäuerlichen Frondienste und Abschaffung verschiedener gutsherrlicher Übergriffe betraut.[12]
Frühzeitig hatte er sich freimaurerisches Gedankengut angeeignet. 1784 bis 1786 übte er wichtige freimaurerische Ämter aus.[13] Der mit der Materie Gebler recht gut vertraute Gustav Gugitz fällt über Geblers Dramen ein Pauschalurteil:
„Seine Bühnenwerke sind indessen reine Verstandesprodukte mit der Tendenz, das Niveau des Theaters zu heben und von der Bühne aus gegen Vorurteile zu eifern. Sie haben einen rein zivilisatorischen Auftrag, aber keine theatralische und künstlerische Berufung in ihrem Dilettantismus; es fehlt an Originalität; Charakterzeichnung, Handlung und Sprache ist Papier.“[14]
Diese Aussage deckt sich in vielem mit Helene Maschers Meinung.[15] Sie ist weitgehend richtig, dürfte sich jedoch vor allem auf Lessings negative Kritik stützen. Goethe, dessen Urteil dem eines Lessing gewiss nicht unterzuordnen ist, beurteilte Gebler weit günstiger und wies ihm eine verhältnismäßig beachtliche Stelle in der Entwicklung der Literatur zu.[16] Christoph Martin Wieland bedachte Gebler in seinen Briefen mit zum Teil überschwänglichem Lob, mischte allerdings auch manch konstruktive Kritik darunter. Er machte Gebler darauf aufmerksam, dass sein Ausdruck der Situation oft nicht angemessen sei, lenkte sein Augenmerk auf Unwahrscheinlichkeiten in der Entwicklung der Handlung, auf mangelhafte psychologische Motivierung, auf eine gewisse Steifheit der Sprache.
Zweifellos ist es richtig, dass Geblers Werke, zwei bis drei ausgenommen, künstlerisch ohne jede Bedeutung sind. Zu diesen Ausnahmen zählt insbesondere Thamos, König in Ägypten. Ein heroisches Drama in fünf Aufzügen, das in Wien am Ostermontag des Jahres 1774 uraufgeführt wurde. Geblers Pathos ist in diesem Falle glaubwürdig und angebracht, die Handlung geschickt aufgebaut, das Verhalten der Personen ist logisch und gut motiviert. Geblers Freimaurerbruder Wolfgang Amadeus Mozart schuf Chöre und Zwischenaktmusiken, welche die Aufführung ergänzen sollten. 1780 führte Emanuel Schikaneder auf Mozarts Wunsch das Schauspiel in Salzburg auf. Im November 1980 brachte Nikolaus Harnoncourt diese Musikstücke mit dem Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam und den Chören Collegium Vocale und Netherlands Chamber Choir zur Aufführung. Den Oberpriester Sethos gab der Bass Thomas Thomaschke.[17]
„Dieses Schauspiel von Tobias Gebler […] ist das eigentliche Vorbild und die Grundlage für die Handlung der ‚Zauberflöte‘ und aus ihm stammt der von Thamos hergeleitete Name des Prinzen Tamino, aber auch der ägyptische Schauplatz mit dem Sonnentempel als Mittelpunkt und der göttliche Weise, der im Sonnentempel herrscht.“[18]
Nicht nur in der Handlung gibt es weitgehende Parallelen zwischen Thamos und der Zauberflöte, sogar im Text finden sich wörtliche Anklänge.
Das Drama Adelheid von Siegmar, Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen, ist nach Thamos Geblers bestes Werk. Die Handlung entwickelt sich folgerichtig, fast zwangsläufig, der Knoten ist geschickt geschürzt. Constantin von Wurzbach nennt Adelheid von Siegmar „eine zu früh vergessene dramatische Arbeit Geblers.“[19] Das Stück wurde am 12. November 1774 in Wien uraufgeführt.
Als dritte Ausnahme kann hier noch der am 16. Juni 1770 in Wien uraufgeführte Einakter Die Übereilung erwähnt werden. Das Stück ist problemlos, spritzig und amüsant. Situationskomik ist reichlich vorhanden. Der Einakter ist eine freie Übersetzung von Fagans „Étourderie“.[20]
Jedenfalls ist festzustellen, dass Geblers Tätigkeit als Theaterdichter für die Entwicklung des Wiener Dramas von großer Bedeutung war. Er hatte wesentlichen Anteil daran, dass in Österreich alte Vorurteile gegenüber dem Theater fielen, dass das deutsche Schauspiel von dem Odor, eine Belustigung der misera plebs zu sein, befreit wurde, dass das geregelte Drama den Sieg über die Bernardoniaden errang, dass ernsthafte Dramatiker für ernstzunehmende Schauspieler schrieben. Er regte auch die Gründung des Leopoldstädter Theaters an.[21]
Gebler betätigte sich sehr eifrig als Freimaurer. Nach der Gründung der Provinzialloge von Österreich war er Großmeister der Distrikts-Großloge „Zum neuen Bund“, nach dem Freimaureredikt Josephs II. Stuhlmeister der einen der beiden Wiener Logen Zur neugekrönten Hoffnung. In seinem Briefwechsel mit dem ihm befreundeten Nicolai in Berlin von 1771–1786, veröffentlicht von Richard Maria Werner (Berlin 1888), sind die freimaurerischen Verhältnisse in Wien eingehend erörtert.[22]
Gebler heiratete am 18. Juni 1758 Maria Anna Edle von Werth (1732–1810)[23], eine Tochter des kursächsischen Hofrats Christoph Edler von Werth und der Katharina von Gaun. Das Paar hatte zwei Söhne und eine Tochter:[24]
Gebler erlebte eine Reihe von Ehrungen. So erhielt er 1763 den Reichsritterstand, 1768 wurde er in den Freiherrenstand erhoben, 1782 wurde er zum Geheimen Rat ernannt.
1894 wurde die Geblergasse in Wien-Hernals (17. Bezirk) nach ihm benannt.
Es existieren zumindest noch drei Porträts von Gebler. Alle drei besitzt die Porträtsammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Nummer 2 findet sich auch in der Porträtsammlung des Historischen Museums der Stadt Wien
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