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deutscher Literaturwissenschaftler und Historiker (1926-2012) Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Thomas Michael Höhle (* 10. Dezember 1926 in Aue; † 9. Januar 2012 in Magdeburg[1]) war ein deutscher Literaturwissenschaftler und Historiker. Er lebte und wirkte von 1963 bis 2008 in Halle an der Saale. Höhle folgte in seinen wissenschaftlichen Arbeiten der marxistischen Richtung der Literaturwissenschaft, die er dialektisch auffasste und dadurch einer starren Betrachtungsweise entging. Er war bis 1999 verheiratet und hatte aus dieser Ehe zwei Kinder.
Aufgewachsen ist Thomas Höhle zunächst in Schwarzenberg/Erzgebirge. 1932 siedelte die Familie nach Erkrath bei Düsseldorf über. Hier wurde Thomas Höhle eingeschult. Gleich nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde der Vater als Mitglied der KPD 1933–1934 in einem KZ inhaftiert. Die Erfahrung blieb für die spätere Entwicklung prägend. Nach der Entlassung des Vaters siedelte die Familie nach Kassel über. Dort besuchte er das Wilhelmsgymnasium. Da die Familie 1943 ausgebombt wurde, setzte er die Schule in Göttingen fort. 1944 erfolgte die Einberufung zur Wehrmacht und er beendete sein Abitur mit einem Notreifevermerk.
Noch vor Ende des Zweiten Weltkrieges desertierte er und kehrte zu seinen Eltern nach Zierenberg bei Kassel zurück. Er begann eine Ausbildung zum Bankkaufmann, bevor er noch 1945 ein Studium der Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte an der Philosophischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen begann. Seine Lehrer in Göttingen waren u. a. Klaus Ziegler und Kurt May. Bereits Mitglied der KPD, gründete er eine kommunistische Studentengruppe.
Aus politischen Überzeugungen wechselte Thomas Höhle 1947 an die Universität Leipzig in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone. Hier hörte er bei Hans Mayer, Ernst Engelberg, Walter Markov und Wieland Herzfelde sowie Werner Krauss, Hermann Budzislawski und Ernst Bloch. Noch während des Studiums wurde er wissenschaftlicher Assistent bei Hans Mayer. 1950 schloss Thomas Höhle dieses Studium als Diplom-Gesellschaftswissenschaftler ab.
1951 wurde Thomas Höhle an die Gewerkschaftshochschule „Fritz Heckert“ in Bernau berufen. Hier lernte er Hermann Duncker kennen. Mit einer Arbeit über Franz Mehring promovierte er 1954 an der Universität Leipzig. Er habilitierte sich 1978 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Im Jahr 1957 erhielt er einen Lehrauftrag an der Humboldt-Universität zu Berlin. Schwerpunkt seiner Arbeit da waren die Aufklärung und besonders Gotthold Ephraim Lessing. Im Alter von nur 33 Jahren wurde er Professor mit Lehrauftrag und war damit einer der jüngsten Professoren in der DDR.
Von 1960 bis 1963 war er außerordentlicher Professor und Leiter der Germanistischen Fachrichtung an der Universität Warschau. Nach den verheerenden Folgen des Nazi-Regimes für Polen und den daraus resultierenden Ressentiments gegen alles Deutsche war dies eine besondere Herausforderung. Hauptgebiete der Lehrtätigkeit in Warschau waren Aufklärung, Klassik und Romantik. Das 20. Jahrhundert wurde durch Spezialvorlesungen über Bertolt Brecht und Arnold Zweig behandelt.
Von 1963 bis zu seiner Emeritierung 1992 wirkte Thomas Höhle in der Nachfolge Ernst Hadermanns als Germanist an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Bis 1970 war er Direktor des Germanistischen Institutes, ab da Inhaber des Lehrstuhles und Leiter des Wissenschaftsbereiches für Neuere Deutsche Literatur. Im Vordergrund seiner Lehr- und Forschungstätigkeit stand die Literatur der Zeit von 1750 bis 1850, insbesondere Gotthold Ephraim Lessing, Christoph Martin Wieland, Gottfried August Bürger und Johann Wolfgang von Goethe. Die wissenschaftliche Untersuchung Mehrings und seiner Wirkung blieb trotz der hier genannten Schwerpunkte über die gesamte Zeit seiner aktiven Laufbahn ein Kernpunkt. Gerade in den letzten Jahren bemühte er sich in mehreren Publikationen um eine wissenschaftliche Verknüpfung der literaturgeschichtlichen mit den historischen Phänomenen, vor allem auch mit der Geschichte der Arbeiterbewegung. Hier ist beispielsweise Mehrings Verdienst um die geistige Bildung einfacher Arbeiter für Höhle von besonderer Bedeutung. Welchen Eindruck dieses Bemühen Mehrings auf den Forscher machte, unterstreicht die Einleitung Höhles zum Lessing-Lesebuch (Lessing – Ein Lesebuch für unsere Zeit), das in der Mehring'schen Tradition die wesentlichen Ideen und Werke des großen Aufklärers einem breiten Publikum zugänglich zu machen versuchte.
Auch nach seiner Emeritierung hielt er Gastvorlesungen an den Universitäten in Halle (Saale) und Chemnitz. Nach Beendigung dieser Vorlesungen blieb er bis zu seinem Tod wissenschaftlich tätig.
Thomas Höhle war 40 Jahre lang Vorsitzender der Ortsvereinigung der Goethe-Gesellschaft in Halle (Saale). 2002 wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft der Internationalen Goethe-Gesellschaft Weimar e.V. verliehen.
Des Weiteren war Höhle Mitglied der Ernst-Ortlepp-Gesellschaft in Zeitz sowie Gründungsmitglied eines Fördervereines für das Gottfried-August-Bürger-Museum in Molmerswende im Harz. Dieses kleine Literaturmuseum im Geburtshaus des Münchhausen-Dichters wurde seit 1972 von ihm konzeptionell gestaltet. Schwerpunkt der Sammlung sind Übersetzungen der Münchhausen-Texte sowie auch Illustrationen zum Teil international bekannter Künstler zu Münchhausen-Geschichten. Ebenso werden Vertonungen von Bürger-Gedichten verschiedener Komponisten zusammengetragen.
Thomas Höhle zeichnete sich durch umfassendes kulturelles Interesse aus. Dies führte in den 60er bis 80er Jahren zur Beteiligung an diversen Initiativen zur Erhaltung und Pflege wertvoller Einrichtungen und Anlagen. Ihm und seinem Kollegen, dem Kunsthistoriker Hans-Joachim Mrusek, gelang die Erhaltung von Reichardts Garten in Halle, der einer Erweiterung des Bergzoos Halle zum Opfer fallen sollte. Eine Gedenktafel ist gegenwärtig durch Vandalismus unleserlich. Johann Friedrich Reichardt war phasenweise ein enger Freund Goethes, der sich mehrmals in Giebichenstein aufhielt. Die Erhaltung des Gartens als eines Ortes des Goethe-Gedenkens und letztlich auch der Erinnerung des Komponisten und Revolutionsfreundes Reichardt ist Ergebnis dieses Engagements. Mrusek und Höhle initiierten auch die Erhaltung des Bauhauses in Dessau, dessen Bausubstanz in Gefahr geraten war.
Des Weiteren war Höhle seit 1957 bis zu dessen Ende Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR.
Thomas Höhle siedelte aus familiären Gründen Anfang 2008 nach Magdeburg über, wo er kurz nach Vollendung seines 85. Lebensjahrs verstarb.
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