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deutscher Minnesänger und Spruchdichter Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Tannhäuser, mittelhochdeutsch Tanhūser (* im 1. Viertel des 13. Jahrhunderts; † nach 1256), oft Der Tannhäuser genannt, war ein deutscher Minnesänger und Spruchdichter. Seine Lebensdaten sind unbekannt; tätig war er um die Mitte des 13. Jahrhunderts, mindestens wohl zwischen 1245 und 1256.
Der Vorname des Minnesängers Tannhäuser ist nicht bekannt. In der jüngsten Forschung wird in Erwägung gezogen, dass der Name ein Pseudonym sein könnte, das auf seine unsichere Existenz als fahrender Dichter hinweist, der – zeitweilig – im Wald zu hausen gezwungen war.[1] Schon Johannes Siebert sah es als am wahrscheinlichsten an, dass er einer Reichsministerialenfamilie „de Tanhusen“ aus dem Grenzgebiet von Mittelfranken und der Oberpfalz entstammte,[2] deren Mitglieder 1145[3], 1215[4], 1240[5], 1242[6] und 1246[7] urkundlich fassbar sind und in enger Beziehung zur Familie Rindsmaul standen.[8] In der Klosterkirche von Kastl wurde im Wappenfries aus 69 beschrifteten Wappen ein Tannhausen-Wappen neben das Wappen der Familie Rindsmaul gemalt. In Thannhausen, heute ein Ortsteil von Freystadt, befand sich westlich der Kirche eine mit Wall und Graben umgebene Turmburg, die nach Karl Bosl eine Reichsministerialenburg gewesen war.[9] Weniger wahrscheinlich erscheint, dass der Minnesänger von den niederadeligen Herren und späteren Freiherren von Thannhausen (Tannhausen im Ostalbkreis) abstammt, denn diese Herren waren Ministeriale der Grafen von Oettingen.[10]
Aus Tannhäusers Dichtungen kann man als einigermaßen gesichert nur entnehmen, dass er sich 1245/46 in Wien am Hof seines Gönners Herzog Friedrich II. von Österreich aufhielt und dessen Ambition auf die Erhöhung vom Herzog zum König unterstützte (Lied Nr. 1, Vers 53ff.). Dieser letzte Herzog von Österreich und der Steiermark aus dem Hause der Babenberger fiel gegen die Ungarn am 15. Juni 1246 in der Schlacht an der Leitha. Daraufhin verlor Tannhäuser seine Güter, die ihm Herzog Friedrich II. offenbar als Lehen überlassen hatte: einen Hof zu Wien, Leopoldsdorf und ein schönes Gut bei Himberg; deren Einkünfte gingen ihm nun ab (Nr. 14, Strophe V). In Nr. 6 (wohl nicht vor 1256) beklagte Tannhäuser, dass es keine Mäzene mehr gäbe. Nr. 13, das sog. „Kreuzlied“, kontrastiert das angenehme Leben in Apulien mit den Unbilden einer Schiffspassage in das Heilige Land. Daraus wird man nicht ohne weiteres wie Siebert eine Teilnahme des Dichters am Kreuzzug Friedrichs II. 1228/29 erschließen können, gar als Ritter des Deutschen Ordens, zumal Jerusalem nach diesem Kreuzzug für christliche Pilger bis zur Rückeroberung durch die Muslime 1244 frei zugänglich war. Damit ist auch Tannhäusers Geburtsjahr um 1200/05 zweifelhaft. Möglich ist somit durchaus auch, dass er etwa zwanzig Jahre später zur Welt kam. Der Illustrator der Manesseschen Handschrift bildet ihn um 1300 als Ordensritter ab und tatsächlich gab es einen Siboto III. von Tannhausen, der in der Ordensniederlassung zu Nürnberg als Ordensbruder zweimal genannt wurde, nämlich 1259 und 1261,[11] und in der Deutschhauskirche in Würzburg seine Grabstätte fand. Dieser befand sich wahrscheinlich mit Lupold von Tanhusen am 29. August 1246, also kurz nach dem Tod von Herzog Friedrich, in Augsburg unter den 52 Zeugen eines Grundstücksgeschäftes in Gegenwart des jungen Konrad IV., dem Sohn und präsumptiven Nachfolger von Kaiser Friedrich II.[12] Plausibel wäre, dass Tannhäuser nach dem Tod seines Gönners im Gefolge des Konrad schnell nach einem neuen Mäzen suchte. Ob der Dichter mit Siboto oder auch Lupold identifiziert werden kann, muss gleichwohl offen bleiben, zumal das Wappen in der Miniatur nicht dem der Familie Tanhusen entspricht.
Der Codex Manesse (abgekürzt: C, um 1300) überliefert 16 Dichtungen von Tannhäuser, die sich in drei Gruppen einteilen lassen: Nr. 1–6: Leiche; Nr. 7–11: Minnelieder; Nr. 12–16: Sangspruchdichtungen, wobei Nr. 16 ein Rätsel ist, im Einzelnen:
Nr. 9 ist zusätzlich in der Berliner Liederhandschrift mfg922 (1. Viertel des 15. Jahrhunderts) und mit „Ton“ (also mit der dem Reimschema eines Leichs zugeordneten Melodie) in der Kolmarer Liederhandschrift (2. Hälfte des 15. Jahrhunderts) überliefert, Nr. 12 mit „Ton“ in der Berliner Handschrift mgq414 (niedergeschrieben von Hans Sachs 1517/18). Alle weichen mehr oder weniger deutlich von den Fassungen in C ab. Weitere, Tannhäuser zugeschriebene „Töne“ existieren zu mutmaßlich apokryphen Texten, etwa dem Bußlied „Es ist hiute eyn wunnyclicher tac“ aus der Jenaer Liederhandschrift, auf dem wesentlich die Tannhäuser-Sage basiert, bzw. gelten aufgrund des Reimschemas als „Ton“ zu Liedern des Tannhäuser, z. B. der Conductus „Sion egredere“ zum Frauenlob Nr. 4.[13]
Der frivole Leich Nr. 2, das Kreuzlied Nr. 13 und das ernste, teilweise allerdings als apokryph angesehene Bußlied mit der Hinwendung zu geistlichen Werten bildeten wohl den Ausgangspunkt für die Tannhäuser-Sage (Aufenthalt im Venusberg, Bußfahrt nach Rom), für die erste Zeugnisse seit etwa 1430 vorliegen. In den Tannhäuser-Balladen seit 1450 bildete sich parallel zu anderen Dichtersagen (Bremberger-, Möringer-Ballade) diese Legende literarisch aus. Sie erzählt von dem Ritter Tannhäuser, der sich vom Venusberg zum Papst (Urban IV., 1261–1264) nach Rom begibt, um dort für sein sündiges Treiben mit Frau Venus Vergebung zu erhalten. Dieser weist ihn jedoch ab: Ebenso wenig wie der Stab in seiner, des Papstes, Hand, zu grünen beginne, so wenig könne Tannhäuser auf Gottes Gnade hoffen. Der Ritter kehrt in den Venusberg zurück; die Boten des Papstes, dessen Stab zu grünen begonnen hat, erreichen ihn nicht mehr. 1515 in Nürnberg erstmals gedruckt, entfaltete die Ballade große Wirkung. Vor allem nach ihrer Aufnahme in die Gedichtsammlung Des Knaben Wunderhorn (1805–1808) erzählten die Dichter der Romantik die Legende in diversen Fassungen neu (Ludwig Tieck Der getreue Eckart und der Tannenhäuser 1799; Heinrich Heine 1836[14]). Der Mythos um sein Leben lieferte schließlich Richard Wagner den Grundstoff für seine romantische Oper Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg (Uraufführung 1845). Der Salzburger Autor Wolfgang Kauer vergleicht Tannhäusers Venusberg mit Ulrich von Liechtensteins Minneturm.[15]
Ein Auszug aus Tannhäusers Bußlied wurde von der deutschen Mittelalter-Rockband In Extremo unter dem Titel Tannhuser auf ihrem Album Mein rasend Herz (2005) vertont.
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