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Text, der die philosophische Basis der Hermetik bildet und der als Grundlagentext der Alchemie gilt Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Tabula Smaragdina (betont tábula smarágdina, lateinisch für „smaragdene Tafel“) ist ein traditionell dem Hermes Trismegistos zugeschriebener Text, der die philosophische Basis der Hermetik bildet und als Grundlagentext der Alchemie gilt.
Die Tabula ist einer der berühmtesten Texte alchemistischer und hermetischer Literatur. In den rund zwölf dunklen, allegorischen Sätzen spiegelt sich die Vorstellung eines Zusammenhangs von Mikrokosmos und Makrokosmos. Das was unten ist, ist wie das, was oben ist, und das was oben ist, ist wie das was unten ist, ein ewig dauerndes Wunder des Einen.[1]
Die älteste erhaltene Textversion findet sich im Anhang zu einem arabischen Manuskript des 9. Jahrhunderts. Im 12. Jahrhundert ins Lateinische übersetzt, wurde die Tabula im Mittelalter und verstärkt im Zeitalter der Renaissance von vielen Alchemisten kommentiert und rezipiert. Auch nach Entstehung der modernen Naturwissenschaften blieb ihre Faszination zumindest auf Okkultisten und Esoteriker bis in die Gegenwart ungebrochen.
Der Legende nach wurde der Text – aufgeschrieben auf zwei Säulen oder Tafeln aus Smaragd – unter einer Hermesstatue im Grab des Hermes, das sich in der Cheopspyramide befunden haben soll, aufgefunden.[2] In anderen Versionen wird erzählt, Sarah, die Frau Abrahams, habe die Tafeln im Grab des Hermes im Tal Hebron in den Händen von Hermes’ Leichnam entdeckt.[3]
Um das 3. oder 2. Jahrhundert tauchen im hellenistischen Ägypten griechischsprachige Schriften auf, die dem mythenhaften Autor Hermes Trismegistos, Inhaber geheimen Wissens und Verfasser schwer zugänglicher Texte, zugeordnet werden. Zusammengefasst sind diese Texte astrologischen, magischen, medizinischen und religiös-philosophischen Inhalts unter dem Titel Corpus Hermeticum. In einem der ältesten Teile des Corpus, der Kore Kosmu („Pupille der Welt“, siehe Hermetik), einem Dialog zwischen Isis und Hermes Trismegistos, wird erwähnt, dass Hermes „alles, was er wusste, in einen Stein graviert habe, den er versteckt habe und den alle Nachkommenden suchen sollten, um an das Wissen zu gelangen.“[4] Die hermetische Tradition blieb in Ägypten über die christlich-koptische, byzantinische und bis in die Zeit der arabischen Eroberung im 7. Jahrhundert erhalten.
Bis Anfang des 20. Jahrhunderts waren nur lateinische Übersetzungen der Tabula bekannt, bis der englische Historiker Eric John Holmyard (1891–1959) und der Orientalist Julius Ruska die ersten Fassungen in arabischer Sprache entdeckten.[5]
Von der Tabula Smaragdina sind rund zwanzig arabische Übersetzungen aus dem Mittelalter überliefert. Die älteste Fassung ist im Anhang zu dem Traktat Secretum secretorum und zwar in einer Kopie von 825 erhalten. Als Autor erscheint hier der griechische Mystiker Apollonios von Tyana und zwar unter seinem arabischen Namen Balînûs. Die von einigen Autoren vertretene These, es habe einen griechischen Originaltext gegeben, ist zwar wahrscheinlich, konnte aber bisher noch nicht durch Auffinden des originalen Textes bestätigt werden. Die Annahme von Apollonius als Verfasser ist nicht zu halten, wurde aber bis ins Mittelalter als sicher angenommen.[6]
Der Liber de secretis naturae wurde zu Anfang des 12. Jahrhunderts zum ersten Mal durch den am Hof des Bischofs von Tarazona tätigen Übersetzer Hugo von Santalla aus dem Arabischen ins Lateinische übertragen. Diese Fassung wurde jedoch, wie an der geringen Verbreitung des Manuskripts zu sehen, kaum rezipiert.[7]
Die zweite, gekürzte lateinische Übersetzung von 1140 mit dem Titel Secretum Secretorum stammt von Johannes Hispalensis (auch Hispaniensis ); ihr folgte 1220 eine längere Teilübersetzung durch Philipp von Tripoli. Dieses Buch wurde zu einem der berühmtesten mittelalterlichen Manuskripte überhaupt.[8]
Eine dritte lateinische Übersetzung ist in einem Alchemietraktat enthalten, der wahrscheinlich im 12. Jahrhundert verfasst worden ist. Die originale Handschrift dieses Textes ist nicht erhalten; lediglich Abschriften aus dem 13. und 14. Jahrhundert sind überliefert. Diese Fassung, auch Vulgata genannt, ist die am weitesten verbreitete des Liber Secretorum.[9]
Die Tabula und ihre legendäre Auffindung werden zum ersten Mal in der Literatur von dem Astrologen und Übersetzer arabischer Texte Hermann von Carinthia in dem Traktat De essentiis von 1143 erwähnt[12]. Albertus Magnus erwähnt sie um 1256 in De Rebus Metallicis et de Mineralibus[13] Zwischen 1275 und 1280 übersetzte und kommentierte Roger Bacon das Secretum secretorum[14].
Ein verbreiteter Kommentar stammt aus der Hand eines unbekannten Alchemisten namens Hortulanus (= der Gärtner), der in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts lebte.[15]
Ab 1420 kursierten Textauszüge in lateinischer Sprache, darunter die illuminierte Handschrift Aurora consurgens.[16] Eine der Illustrationen zeigt die Entdeckung der Tabula in einem kapellenartigen Gebäude. Die Tafel ist mit alchemistischen Symbolen versehen, mit Pfeil und Bogen bewaffnete schwarze Adler zielen auf den Gelehrten und seine Schüler.
Das Jahr 1462 markiert die Gründung der Platonischen Akademie in Florenz durch Marsilio Ficino. Im Auftrag Cosimos de’ Medici übersetzte Ficino nicht nur die Schriften Platons und machte sie auf diese Weise den lateinischsprachigen Gelehrten seiner Zeit zugänglich, er übersetzte auch eine griechische Fassung des Corpus Hermeticum ins Lateinische, die 1471 unter dem Titel Pimander, Mercurii Trismegisti liber de sapientia et potestate Dei Marsilio Ficino interprete Asclepius, ejusdem Mercurii liber de voluntate divina L. Apuleio interprete gedruckt wurde. Ficinos Übersetzung schuf die Voraussetzung für eine breitere Auseinandersetzung der Humanisten, Naturforscher und Mediziner mit der hermetischen Gedankenwelt. Ficino datierte das Corpus noch in die Zeiten vor Platon; er hielt die Texte für eine sehr alte theologische Quelle. In seiner Einschätzung war die von Platon verkörperte Philosophie genauso so alt wie die auf Moses und die Propheten zurückgehende christliche Religion, und er sah sie beide nicht im Widerspruch zueinander.
Während der Renaissance setzte sich die Vorstellung von Hermes Trismegistos als Begründer der Alchemie durch, zur gleichen Zeit also, in der sich die Entdeckungslegende der Tabula verbreitete und mit Geschichten aus der Bibel vermischt wurde, wie z. B. im Fall des Traktats Livre de la philosophie naturelle des métaux (1574) des Bernhardus Trevisanus.[17] Den Alchemisten gilt Hermes Trismegistos als Begründer ihrer Wissenschaft und als derjenige, der Inhaber alles Wissens ist über den Kosmos, die Welt der Minerale, Pflanzen und Tiere.
Wilhelm Christoph Kriegsmann verfasste seine Abhandlung über die Tabula Smaragdina im Jahre 1657.
Die Legende von der Auffindung der Tafel und deren Zuschreibung zu einem mythischen Hermes Trismegistos hielt sich bis ins 18. Jahrhundert. Im Zusammenhang mit seiner Beschäftigung mit der Alchemie übersetzte Isaac Newton den Text ins Englische und schrieb in den späten Neunzigern des 18. Jahrhunderts einen Kommentar zur Tabula.[18]
1869 erschien in Bonn das umfangreiche Buch Die Alchemie des Arztes und Privatgelehrten Gottlieb Latz, in dem ein Kapitel der Tabula gewidmet ist.[19] Das Buch ist immer wieder aufgelegt worden, die jüngste Ausgabe erschien 2010 bei Nabu-Press, einem Internet-Verlag. Es ist ins Englische und Niederländische übersetzt worden und erfreut sich bis heute eines ungebrochenen Interesses von Esoterikern, Anhängern okkultistischer Lehren und Interessenten an der Geschichte der Alchemie. Die Spiritistin und Gründerin der Theosophischen Gesellschaft Madame Blavatsky geht in ihrem Buch Isis Unveiled ausführlich auf die Smaragdtafel ein,[20] ebenso der Schweizer Sufiforscher und Anhänger einer Philosophia perennis, Titus Burckhardt.[21]
Im frühen 20. Jahrhundert fand die Alchemie neues Interesse bei einigen Vertretern des Surrealismus.[22] André Breton übernahm einige der Axiome der Tabula Smaragdina in sein zweites „Surrealistisches Manifest“ von 1930.[23] James Joyce parodiert in Finnegans Wake den ersten Satz der Tabula: Aus der englischen Übersetzung von “That which is below is as that which is above, and that which is above is as that which is below, to perform the miracles of the one thing” wird bei Joyce “The tasks above are as the flasks below, saith the emerald canticle of Hermes and all’s loth and pleasestir, are we told, on excellent inkbottle authority”[24]
Der erste Satz der Tabula wurde auch von C.G. Jung im Rahmen seiner ausgedehnten alchemistischen Studien erörtert. Der Satz „Es steigt von der Erde zum Himmel auf und wiederum steigt es herab zur Erde, und es empfängt die Kraft der Oberen und der Unteren.“[25] ist eine von vielen in seinem Mysterium Coniunctionis diskutierten alchemistischen Beschreibungen der Gegensätze und ihrer Vereinigung – hier als Vorstellung von Auf- und Abstieg als Prozess der Vereinigung der Kräfte des Unteren mit denen des Oberen. Jung versteht die Symbolik des „Auf und Ab“ psychologisch als „emotionales Realisieren von Gegensätzen, welches allmählich zu einem Ausgleich derselben führt oder führen soll“.[26]
In der deutschen Netflix-Produktion Dark nehmen der Stich von 1610 und besonders der Satz „Sic mundus creatus est“ als Name einer verschwörerischen Geheimorganisation eine prominente Rolle ein.
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