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schottischer anglikanischer Bischof, Missionar und Hochschullehrer Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Stephen Charles Neill (* 31. Dezember 1900 in Edinburgh, Schottland; † 20. Juli 1984 in Oxford) war ein schottischer anglikanischer Bischof, Missionar und Hochschullehrer. Er setzte sich für die Verständigung der christlichen Konfessionen und insbesondere für die Vereinigung der reformatorischen Kirchen in Südindien ein. Dazu schrieb er mehrere Bücher über Ökumene und Kirchengeschichte.
Neill, der Sohn eines Missions-Ärzte-Ehepaares in Indien, wuchs zusammen mit zwei Schwestern und drei Brüdern überwiegend in Europa auf. Er besuchte die Dean Close School in Cheltenham und lernte Altgriechisch und Latein. Von 1919 bis 1924 besuchte er das Trinity College, Cambridge. Eine im Abschlussjahr angefertigte Dissertation über den Einfluss Plotins auf die drei Kirchenväter Basilius von Caesarea, Gregor von Nyssa und Gregor von Nazianz brachte ihm ein Stipendium als Fellow ein.[1]
Trotz der Aussichten auf eine akademische Karriere entschloss er sich, als Missionar in Britisch-Indien zu arbeiten. Zusammen mit seinen Eltern und einer Schwester trat er Ende 1924 den Dienst in der Missionsstation Dohnavur in Tirunelveli (anglisiert Tinnevelly) in Tamil Nadu an. Dort arbeitete er als Erzieher der im Internat lebenden Jungen und lernte Tamil. Nach Konflikten mit der Leiterin von Dohnavur, der bekannten Missionarin Amy Carmichael, verließen Neills Eltern schon im Sommer 1925 die Missionsstation; Neill wurde im Januar 1926 entlassen.[2] Er ging zu dem Missionar George Theodore Selwyn (1887–1957) in die Nachbarstadt Palayamkottai und arbeitete zuerst als Lehrer, dann als Evangelist im ländlichen Raum. Kurzzeitig arbeitete er mit Eli Stanley Jones zusammen. Am 21. Dezember 1926 wurde er zum Diakon ordiniert.[3]
Während eines längeren Aufenthalts in Großbritannien wurde Neill am 28. März 1928 in der Kathedrale von Ely zum anglikanischen Priester ordiniert. Er war aber entschlossen, sich weiterhin der Mission zu widmen, und bewarb sich erfolgreich um eine Anstellung bei der Church Mission Society (CMS).[4] Im August 1928 kehrte er nach Indien zurück, um eine Stelle als Lehrer am Union Christian College in Alwaye (heute Aluva im Bundesstaat Kerala) anzutreten.[5] 1930 übernahm er die Leitung des von der CMS getragenen Nazareth Seminary in Tirunelveli. Durch etliche Veröffentlichungen erwarb er sich den Ruf als führender Intellektueller. Frederick Western, der Bischof der Diözese Tinnevelly in der erst seit 1927 von der Church of England unabhängigen Church of India, Burma and Ceylon, entsandte Neill 1935 in die Generalsynode der Kirche, wo er die Funktion eines Schriftführers übernahm und an den Verhandlungen zur Bildung einer Unionskirche in Südindien beteiligt war. Sie wurden jedoch erst 1947, als Neill Indien schon verlassen hatte, mit der Gründung der Church of South India abgeschlossen.
Nach Westerns Rücktritt wurde Neill im Oktober 1938 zum Bischof der Diözese gewählt und im Januar 1939 eingeführt.[6] Er hielt die Diözese in den unruhigen Zeiten des Krieges zusammen, widersetzte sich staatlichen Übergriffen und initiierte Entwicklungsprojekte im Verlags- und Bankwesen. Im Frühjahr 1944 kam es jedoch zu Forderungen, dass Neill sein Bischofsamt aufgeben solle. Er hatte schon länger mit mentalen Problemen zu kämpfen, die sich verschlimmert hatten. Doch auch Konflikte innerhalb des Bistums und ein drohender Prozess wegen eines gewalttätigen Übergriffs haben eine wesentliche Rolle gespielt. Neill verließ Indien im Sommer, um sich in England in psychiatrische Behandlung zu begeben. Gegen einen Amtsverzicht hatte er sich lange gesträubt, doch im Sommer 1945 nahm der Metropolitanbischof Foss Westcott seinen Rücktritt an, der zum 31. August wirksam wurde.[7]
Die nächsten Jahre verbrachte Neill wieder in Cambridge, wo er in seinem alten College als Seelsorger wirkte und Vorlesungen hielt. Im Januar 1948 berief Erzbischof Geoffrey Fisher ihn als Assistenzbischof in das Erzbistum Canterbury.[8] Es war geplant, dass Neill eine führende Rolle im Ökumenischen Rat der Kirchen spielen sollte, dessen offizielle Gründung für den Herbst geplant war. Neill zog nach Genf, aber Spannungen mit dem Generalsekretär Willem Adolf Visser ’t Hooft führten dazu, dass seine Aufgaben auf die Koordination der theologischen Ausbildung in Afrika und die offiziöse Geschichtsschreibung des ÖRK beschränkt blieben. Gemeinsam mit Ruth Rouse verfasste er eine zweibändige Darstellung der Geschichte der ökumenischen Bewegung (1954). Das Amt als Assistenzbischof gab er schon im Februar 1951 wieder auf.
Zwischen 1952 und 1962 war er überwiegend publizistisch tätig. Er gab die Buchreihe World Christian Books heraus, eine Sammlung von theologischen Lehrbüchern, die vor allem auf eine Elementarisierung der christlichen Lehre für den Gebrauch in den jungen Kirchen zielten. Von den insgesamt 70 Bänden schrieb er etliche selbst, vor allem zu neutestamentlichen (Who is Jesus Christ?; Kommentare über den Galaterbrief und den Kolosserbrief) und systematischen (The Christian's God; What is man?), aber auch z. B. über Johannes Chrysostomos.[9]
1962 nahm Neill einen Ruf an die Universität Hamburg als Professor für Missionswissenschaft an. In dieser Zeit entstanden wichtige Bücher zur Kirchengeschichte, z. B. A History of Christian Missions und Colonialism and Christian Mission, aber auch das Concise Dictionary of the Bible. Da er aus Altersgründen in Deutschland nach 1968 nicht mehr beschäftigt sein konnte, folgte er im Jahr 1969 einem Ruf an die Universität Nairobi auf eine Professur für Philosophie und religiöse Studien. 1973 kehrte er nach England zurück und lebte in der Wycliffe Hall in Oxford, hielt Vorträge in verschiedenen Ländern und publizierte Bücher bis zum Ende seines Lebens. Sein „magnum opus“ History of Christianity in India blieb unvollendet, aber der erste Band bis 1707 wurde 1984 veröffentlicht.
Neill blieb sein Leben lang unverheiratet. Acht Universitäten, darunter seine Alma Mater Cambridge, zeichneten ihn mit Ehrendoktorwürden aus. 1969 wurde er Fellow der British Academy.
Eine weitgehend vollständige Bibliographie ist im Project Canterbury zu finden. Sehr viele Bücher sind auch in Neuauflagen und Neuausgaben erschienen. Von den Übersetzungen in zahlreiche Sprachen sind nur die ins Deutsche aufgeführt.
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