1908 wurde in Retznei die Ehrenhauser PortlandzementGmbH gegründet,[1][2] und 1909 der Steinbruch begonnen.[3]
Im Jahr darauf, 1910, wurde es von der in Kirchbichl/Tirol ansässigen Firma Perlmooser Zementwerke übernommen.[1]
1938, vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, betrug der Abbau 88.000 Tonnen pro Jahr[3], 1941 wurde schon in zwei Terrassen abgebaut,[3]
Ende der 1960 begann der volltechnisierte Abbau mit Tiefbohrlochsprengung,[3] 1970 wurde der Bahnanschluss zum Zementwerk hergestellt.[3] 1981 betrug die Jahres-Fördermenge dann schon 800.000t.[3] In diesem Jahr wurde auch das Vorkommen nördlich des Ortes am Rosenberg angefangen (dieser Abbau bestand schon früher, wurde aber in den 1950ern als „kleiner, verlasser Bruch“ vermerkt),[4] und im alten Abbau mit der Rekultivierung begonnen.[3]
Seit 1997 ist Perlmooser ein Teil des französischen Konzern Lafarge, der seinerzeit weltweit führenden Baustoffgruppe.[1] Der Abbau erfolgt heute durch die Nachfolge-Firma Lafarge Perlmooser, einem der weltweit größten Zementhersteller und der größte Österreichs, in einer Tochterfirma mit 30-Prozent-Beteiligung der Strabag[5](Lafarge Cement). Wegen der im Rohmaterial vorhandenen Schwefelbeimengungen wurde 1998 eine Rauchgaswäsche nachgerüstet,[1] 2005 eine Stickstoffreinigung im SNCR-Verfahren.[1] In den 2010ern sind in Retznei im Abbau und im Zementwerk etwa 90Beschäftigte tätig.[5]
Bei dem Vorkommen in Retznei handelt es sich weniger um ein echtes Riff, sondern unstrukturiertere Korallengemeinschaften
und Korallenrasen,[12] es finden sich Seegraswiese, lockeres Riffgerüst, Algenschuttkalk, Rhodolithenkalk, eine Austernbank, mit verbreitet klastischem Bruchmaterial und mit zwischengeschalteten Feinsandlagen.[6] Insgesamt dürfte es sich insbesondere in den Regressionsphasen des Meeres um oberflächen- bis brandungsnahe Lebensräume einer Untiefe gehandelt haben,[8] dabei dürfte der östliche (neue) Steinbruch am Rosenberg schon in etwas tieferem Wasser gelegen haben.[13]
Der Steinbruch ist vor allem für seinen Fossilien- und Mineralienreichtum bekannt.[11][14] Gefunden wurden
Calcit (gelb, glasklar, milchig; in verschiedenen Kristallformen,
Drusen, mit Fossilien verwachsen),
Pyrit-Markasit (Knollen, ausgefüllte Fossilien, teilweise auch Kristallaggregate).
An Überresten der Tierwelt fanden sich
ZackenbarschEpinephelus casottii (vollständig erhalten)[15]Otodus megalodon (Verwandter des Weißen Hais, Zähne bis ca.13cm groß),[16]AmmenhaiGinglymostoma delfortriei (Zähne),
MeißelzahnlippfischTrigonodon jugleri und
DrückerfischBalistes muensteri (jeweils Gebissreste),
Kugelfisch,
Igelfisch (Oligodiodon, Kauplatten),[17]
Tintenfisch (Sepia vindobonensis, Schulp),[8]Perlboote,[18]Krabben (ganz, Scheren, Panzer;
Schwimmkrabbe Portunus monspeliensis;[19]Dairidae),[20]Seeigel (Clypeaster, Schicaster, Conoclypus[21]).
Muschelkerne (mit und ohne Schalenerhaltung, Bohrmuscheln).
Zweimal jährlich bietet der Betreiber einen Fossiliensuchtag an.[22]
Das Unternehmen betreibt einen großen Steinbruch, welcher sich auf zwei Aufschlüsse aufteilt. Der ältere, westliche(⊙46.73805555555615.558888888889280) ist schon seit mehr als 100Jahren in Betrieb, wird aber zurzeit sukzessive rekultiviert und in ein großes Biotop umgewandelt. Der zweite Bruch, Rosenberg, nördlich des Ortes Retznei(⊙46.74138888888915.565555555556300) ist erst seit einigen Jahren in Betrieb.
Die Verarbeitung erfolgt im ortsansässigen Werk Retznei. Das Rohmaterial Kalk wird zuerst (nach Sprengung) in einer Brecher-Anlage zerkleinert und über Förderbänder zu den Kugelmühlen im Werk auf der anderen Ortseite transportiert. Danach erfolgt ein Transport auf eine Lagerhalde. Weiters wird der Ton als Zuschlag abgebaut. Nach chemischer Analyse (Zusammensetzung) wird der Rohstoff entsprechend der gewünschten Ziel-Zusammensetzung abgemischt und im Drehrohrofen zu Zement gebrannt.
Hier werden etwa 500.000 Tonnen Zement pro Jahr produziert,[5] beigemengt werden rund 20.000 Tonnen Gips, 90.000 Tonnen Hochofenschlacke aus Donawitz oder 50.000 Tonnen Steinkohleasche aus dem Fernheizkraftwerk Mellach.[5] Ein Teil des Rohmaterials (15%) stammt auch aus dem Steinbruch Weissenegg.[5] Zur Befeuerung wird auch Kunststoff-Recyclingmaterial (gelber Sack) verwendet, Lafarge verbrennt in Retznei und Mannersdorf(NÖ) 90.000 Tonnen jährlich.[5] Diese thermische Verwertung wird nicht unkritisch gesehen.[1][23]
Das Werk verfügt über eine eigene Bahnverladeanlage.[5] Hier wird beispielsweise der Zement für den Koralmtunnel produziert, der etwa 10% der Produktion ausmacht.[5]
Alois Hauser:[24]Die Rohstoffabbaue der Perlmooser Zementwerke in Steiermark. Festschrift der Perlmooser Zementwerke, Wien 1955.
Hartmut Hiden: Das "Leithakalk"-Areal von Retznei-Aflenz-Wagna südlich von Leibnitz: Geologie, Fossilführung und Bergbaugeschichte. In: Der Steirische Mineralog 16 (2001), S.14–19.
Christoph W. Erhart, Werner E. Piller: Facies, geometry and paleoecology of the Badenian Leitha Limestone at Retznei/Rosenberg (southern Styria). In: First Austrian Reef Workshop: 30 - 31 May 2003: Abstracts Volume (2003), S. 10–11.[7]
Christoph W. Erhart, Werner E. Piller: Paleoecological successions in the Badenian (Middle Miocene) Leitha Limestone (Retznei/Rosenberg, Southern Styria). In: 9th International Symposium on Fossil Cnidaria and Porifera, Graz, Austria, August 3-7, 2003: Abstracts (2003), S. 23 (pdf, geologie.ac.at).
Alexander Schouppe: Die Fauna des Steinbruches von Retznei bei Ehrenhausen. In: Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Vereines für Steiermark 77/78 (1949), S. 142–144 (pdf, geologie.ac.at).
Ilona Szednyj, Ilse Schindler: Minderungspotentiale der NEC-Gase und Staub bis 2010 der österreichischen Zementindustrie. Umweltbundesamt: Berichte BE-261, Wien, 2005, Kap. 2.4 Lafarge Perlmooser AG – Retznei, S. 12–14 (pdf, umweltbundesamt.at; im pdf S. 16 ff).
Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie: zement. fundament der zukunft. Nachhaltigkeitsbericht der österreichischen Zementindustrie 2004. Wien 2005, Produktionsstandorte: Retznei, S. 19 (pdf, zement.at, abgerufen am 1. August 2016).
R. Näderl, G. Suette; W. Gräf (Projektleitung), Forschungsgesellschaft Joanneum – Institut für Umweltgeologie und angewandte Geographie: Systematische Erfassung der Festgesteinsvorkommen in der Steiermark. Endbericht (unveröffentlicht), Graz 1986; Beilage, Blätter Zementwerk Retznei. (Blätter pdf; ganzes Werk, pdf, dort S. 862–864, Beilage ab S. 90; beide Webseite des Geologisch-mineralischen Landesdienstes, gmld.at).
Alois Hauser, Hans Urregg: Die bautechnisch nutzbaren Gesteine der Steiermark. Heft 4, 2. Teil Kalke (Mergel) der Neuzeit und des Mittelalters der Erde. Graz 1950, Retznei – Leithakalkbruch, S. 31 (Seite pdf, gis.stmk.gv.at).
Julius Georg Friebe: Lithostratigraphische Neugliederung und Sedimentologie der Ablagerungen des Badenium (Miozän) um die Mittelsteirische Schwelle (Steirisches Becken, Österreich). In: Jahrbuch der geologischen Bundesanstalt Band 133/Heft 2, 1990, Aufschluß 8 Parastratotypus Steinbruch Retznei der Perlmoser Zementwerke AG, S. 240 ff und Aufschluß 9 Steinbrucherweiterung östlich des Aflenz-Baches, S. 245, im Kap. 6.3. Die Leithakalkvorkommen der mittelsteirischen Schwelle, S. 236 f (ganzer Artikel S. 223–255, pdf, geologie.ac.at; dort S. 18 ff); exzerpiert in Geologische Info zu Retznei bei Ehrenhausen. auf fossilien.heimat.eu (abgerufen am 29. Juli 2016).
C.W. Erhart, Werner E. Piller: Fazies und Geometrie des Leithakalksteinbruchs Retznei/Rosenberg bei Ehrenhausen. In: 7. Österreichischer Sedimentologen-Workshop Seewalchen am Attersee, 9. November 2002: Programm, Kurzfassungen (2002), S. 4.; desgl. in: Pangeo Austria 2004: "Erdwissenschaften und Öffentlichkeit" Graz, 24.-26. September 2004: Beitragskurzfassungen = Ber. Inst. Erdwiss. K.-F.-Univ. Graz. Band 9 (2004), S. 116 (pdf, geologie.ac.at); als Bebilderung auf: earthscience.at .
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Fritz Ebener, Reinhard F. Sachsenhofer: Die Entwicklungsgeschichte des Steirischen Tertiärbeckens (= Mitteilungen der Abteilung Geologie Paläontologie und Bergbau am Joanneum. Heft 49). Graz 1991, S. 1–96 (zobodat.at[PDF]).
Universalmuseum Joanneum: Leithakalk. (Mementodes Originals vom 17. September 2015 im Internet Archive)Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.museum-joanneum.at Folder (pdf, museum-joanneum.at) – zum Lafarge-Werk Retznei, mit einer Karte der Paratethys-Westküste vor 16. Mio. Jahren (Wende Kartpat–Baden).
Ortwin Schultz: Ein Zackenbarsch (Epinephelus, Serranidae, Pisces) aus dem Mittel-Miozän von Retznei, Steiermark. In: Joannea – Geologie und Paläontologie 2 (2000), S. 5–56 (zobodat.at[PDF]).
Ortwin Schultz: Oligodiodon, ein Igelfisch aus dem Mittel-Miozän (Badenium) der Steiermark, Österreich (Diodontidae, Osteichthyes). In: Joannea – Geologie und Paläontologie 8 (2006), S. 25–46 (pdf, geologie.ac.at).
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H. W. Flügel: Ein neuer Fund von Portunus monspeliensis (A. Milne-Edwards) aus dem Badenium von Retznei (Stmk.). In: Mitt. Naturwiss. Ver. Stmk. 116 (1986), S. 91–96 (pdf, geologie.ac.at).
Alexander Schouppe: Zwei Decapoden aus dem Torton von Retznei.In: Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Vereines für Steiermark 77/78 (1949), S. 139–141 (pdf, geologie.ac.at).