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Stefan Rinke (* 31. Dezember 1965 in Helmstedt) ist ein deutscher Historiker. Seit 2005 ist er Professor für Geschichte Lateinamerikas am Lateinamerika-Institut und am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin.
Nach dem Abitur am Gymnasium Julianum in Helmstedt im Jahr 1984 studierte Stefan Rinke von 1985 bis 1990 Geschichte und Amerikanistik in Bamberg und Bowling Green (Ohio). Das Studium schloss er 1989 mit einem Master of Arts in Bowling Green und 1990 mit einem Diplom[1] in Geschichte in Bamberg ab.[2] Die Friedrich-Ebert-Stiftung förderte ihn mit einem Doktorandenstipendium von 1991 bis 1993. 1995 wurde er an der Katholischen Universität Eichstätt mit einer Arbeit zu den deutsch-lateinamerikanischen Beziehungen während der Weimarer Republik aus transnationaler Perspektive bei Hans-Joachim König promoviert. Die Arbeit erschien 1996 als erster Band der von König und Rinke begründeten Reihe Historamericana.[3] Seit 2021 erscheint die Reihe Historamericana bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft und ist als Open Access Gold und Print on Demand verfügbar.[4]
Von 1996 bis 1998 förderte ihn die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit einem Postdoktoranden-Stipendium. In dieser Zeit hielt er sich zu Forschungsaufenthalten unter anderem in Santiago de Chile und in Washington D.C. auf. Im September 1998 erhielt er einen Ruf an die Tufts University als Visiting Assistant Professor for the Comparative History of the Americas and Europe, wo er bis 1999 lehrte.
1999 trat Stefan Rinke eine wissenschaftliche Assistentenstelle in Eichstätt an. 2003 wurde er dort mit einer Schrift zum Thema Nordamerikanisierung und soziokultureller Wandel in Chile habilitiert.[5] 2005 erhielt er den Ruf auf die Professur für Geschichte Lateinamerikas an der Freien Universität Berlin. Von 2007 bis 2009, von 2017 bis 2019 und von 2023 bis 2024 war Rinke Vorsitzender des Institutsrats des Lateinamerika-Instituts der Freien Universität Berlin.
Die Geschichte Lateinamerikas erforscht Stefan Rinke vor allem aus einer transregionalen und globalhistorischen Perspektive. Forschungsschwerpunkte sind kulturelle Globalisierung und Nordamerikanisierung, Populärkultur, Revolutionsforschung, Erinnerung und Geschichtsbewusstsein, Wissensgeschichte, transamerikanische Beziehungen, Zeitlichkeit und Zukunft. Sie decken den Zeitraum von der Kolonialzeit (Kolumbus, Conquista Mexikos, kreolische Identitäten) über die Unabhängigkeitsphase (Atlantische Revolutionen, Zukunftsdenken), das 19. Jahrhundert (Staatsbildung und Diktaturen, USA und Lateinamerika), das 20. Jahrhundert (Erster Weltkrieg, Fußball, Luftfahrt) bis zur Zeitgeschichte (Erinnerung und Konflikt in Kolumbien und Chile, Colonia Dignidad) ab. Zu den räumlichen Schwerpunkten zählen unter anderem die Geschichte Chiles und Mexikos.[6]
Stefan Rinke war Gastprofessor und Research Fellow an führenden internationalen Universitäten, darunter El Colegio de México und Pontificia Universidad Católica de Chile.
Von 2009 bis 2018 war er Sprecher des ersten deutsch-lateinamerikanischen Graduiertenkollegs (IGK 1531 „Zwischen Räumen – Entre Espacios“), eine Kooperation mit mexikanischen Partnern, die sich der interdisziplinären Erforschung der Globalisierung in Geschichte und Gegenwart widmete. Im Sonderforschungsbereich 700 „Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit“ fungierte er von 2010 bis 2017 als Co-Sprecher.
2014 organisierte er den Kongress der europäischen Lateinamerikahistoriker an der Freien Universität[7] und war von 2014 bis 2017 Präsident der Asociación de Historiadores Latinoamericanistas Europeos (AHILA).
Seit 2019 ist Stefan Rinke Sprecher des Internationalen Graduiertenkollegs „Temporalities of Future in Latin America: Dynamics of Aspiration and Anticipation“, eine deutsch-mexikanische Kooperation, die sich der geistes- und sozialwissenschaftlichen Erforschung von Temporalitäten der Zukunft widmet.[8] Von 2019 bis 2022 leitete er zudem das vom Auswärtigen Amt im Auftrag des deutschen Bundestags geförderte Oral-History-Projekt zur Colonia Dignidad in Chile (CDOH).[9]
Im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt Gumelab untersucht Rinke seit 2021 mit seinem Team, welche Auswirkungen Telenovelas und Serien in Lateinamerika auf die politische Einstellung und das Geschichtsbewusstsein der Zuschauer haben. Seit 2023 ist er zudem Leiter des Forschungsprojekts Selbstzeugnisse von Juden nach der Rückkehr aus Lateinamerika nach Berlin (1945/49–1970), das die Einstein Stiftung Berlin fördert.
Stefan Rinke ist Gastgeber zahlreicher Stipendiaten und Forscher aus aller Welt. Außerdem hat er die Historiker Hilda Sabato (2011), Irina Podgorny (2013), Raanan Rein (2016), Max Paul Friedman (2018), Ricardo Pérez Montfort (2020), Lilia Moritz Schwarcz (2021) und Diego Armus (2023) erfolgreich für Preise der Alexander von Humboldt-Stiftung nominiert.
Rinke betreute zahlreiche preisgekrönte Promotionen. Seine Schüler haben Professuren in Argentinien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Dänemark, Kolumbien, Mexiko, der Niederlande, Peru und der Schweiz inne.[10] An seiner Abteilung entstanden bislang eine erfolgreich abgeschlossene Habilitation sowie viele Postdoc-Projekte von Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland.[11]
Rinke ist Beiratsmitglied des Deutschen Historischen Instituts Washington D.C. und Berkeley, des Centro Maria Sibylla Merian de Estudios Avanzados (CALAS) in Guadalajara, Mexiko, sowie der Einstein Stiftung Berlin. Außerdem ist er Mitglied des Herausgebergremiums internationaler wissenschaftlicher Zeitschriften. Regelmäßig gutachtet er für akademische Verlage, Zeitschriften und Wissenschaftsorganisationen in drei Kontinenten.
Für seine Habilitationsschrift wurde Stefan Rinke 2003 mit dem Preis der Eichstätter Universitätsgesellschaft ausgezeichnet. Für die Zeit von 2013 bis 2015 erhielt er ein Research Fellowship der Einstein-Stiftung Berlin. 2017 wurde er mit dem Premio Alzate der Mexikanischen Akademie der Wissenschaften und des Consejo Nacional de Ciencia y Tecnología (Mexico) für sein Gesamtwerk geehrt. Im Folgejahr verlieh ihm die Universidad Nacional de San Martín in Buenos Aires die Ehrendoktorwürde. 2019 zeichnete ihn die Dahlem Research School mit dem Award for Excellent Doctoral Supervision aus. Die Academia Mexicana de la Historia und die ecuadorianische Academia Nacional de Historia beriefen Rinke zum korrespondierenden Mitglied. 2020 wurde Rinke als Talent-Scout im Henriette Herz-Scouting-Programm der Alexander von Humboldt-Stiftung ausgezeichnet.
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