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Sonderbericht des Weltklimarats vom 8. Oktober 2018 Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Sonderbericht 1,5 °C globale Erwärmung (SR1.5) ist ein Sonderbericht des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) zur Vorbereitung der 24. UN-Klimakonferenz in Katowice 2018 vom 3. bis 14. Dezember 2018 (COP 24). Er untersucht Machbarkeit, Sinnhaftigkeit und Folgen einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius, wie im 2015 auf der UN-Klimakonferenz in Paris 2015 (COP 21) von 195 Staaten weltweit verabschiedeten Übereinkommen von Paris angestrebt. Der Bericht, der am 8. Oktober 2018 auf der 48. Sitzung des IPCC in Incheon, Südkorea beschlossen wurde, berücksichtigt mehr als 6000 wissenschaftliche Referenzen und wurde von 91 Autoren aus vierzig Ländern erstellt.[1] Berücksichtigt wurden Studien, die vor dem 15. Mai 2018 von wissenschaftlichen Zeitschriften angenommen wurden. Der offizielle deutsche Titel lautet: 1,5 °C globale Erwärmung – Der IPCC-Sonderbericht über die Folgen einer globalen Erwärmung um 1,5 °C gegenüber vorindustriellem Niveau und die damit verbundenen globalen Treibhausgasemissionspfade im Zusammenhang mit einer Stärkung der weltweiten Reaktion auf die Bedrohung durch den Klimawandel, nachhaltiger Entwicklung und Bemühungen zur Beseitigung von Armut.[2]
Kernergebnis ist, dass das 1,5-Grad-Ziel sowohl erreichbar als auch leistbar sei und gegenüber dem weniger ambitionierten Zwei-Grad-Ziel große Vorteile habe, da es viele negative Folgen der globalen Erwärmung minimiere. Zugleich wird in dem Bericht betont, dass das Ziel nur dann erreicht werden könne, wenn die Treibhausgasemissionen sehr schnell gesenkt und darüber hinaus Kohlenstoffdioxid in sehr großem Umfang aus der Erdatmosphäre entfernt würde. Die bisher von den Staaten im Rahmen des Übereinkommens von Paris angestrebten Emissionspfade würden hingegen zu einer Erderwärmung von ca. 3 Grad bis 2100 führen. Erreicht werden könne das Ziel nur, wenn eine deutlich ambitioniertere Klimaschutzpolitik betrieben würde, die alle Sektoren der Gesellschaft umfasse.[3][4] Das Vorwort des Berichtes endet mit dem Satz: "Jedes bisschen Erwärmung zählt, jedes Jahr zählt, jede Entscheidung zählt".[5]
Im 2015 geschlossenen Übereinkommen von Paris wurde vereinbart, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad ("Zwei-Grad-Ziel") zu begrenzen; zugleich sollen Anstrengungen unternommen werden, möglichst das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Dem Sonderbericht zufolge führt die gegenwärtige Klimapolitik jedoch zu einem Temperaturanstieg von mehr als drei Grad. Dies könnte dramatische Kippeffekte zur Folge haben, die zu einem Treibhaus Erde führen könnten.[6] Ohne rapides Umsteuern mit rapider Senkung der Treibhausgasemissionen würde sich die Erde schon gegen 2040 um 1,5 Grad erwärmen.[7]
„Die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, erfordert rasche, weitreichende und beispiellose Veränderungen in sämtlichen Bereichen der Gesellschaft“, erklärte der IPCC in einer Stellungnahme zum Bericht.[8] So könne das 1,5-Grad-Ziel nur erreicht werden, wenn der weltweite Kohlenstoffdioxidausstoß bis 2030 – verglichen mit dem Basisjahr 2010 – um 45 % gesenkt werde und bis 2050 auf null absinke. Zugleich hielt der Bericht fest, dass das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels zwar höhere Investitionskosten erfordere als beim Zwei-Grad-Ziel, das 1,5-Grad-Ziel aber sehr große Vorteile gegenüber dem Zwei-Grad-Ziel habe.[9] Bis 2050 müsse der Anteil der erneuerbaren Energien im weltweiten Strommix auf mindestens 70 bis 85 % steigen. Fossile Energien dürften praktisch keine mehr genutzt werden; Kohle und Erdgas dürften maximal noch 0 bis 2 % respektive 8 % des Stromes liefern, und auch das nur in Verbindung mit der CO2-Abscheidung und -Speicherung.[10] Des Weiteren wird dazu aufgerufen, den Lebensstil, insbesondere die Ernährung der Bevölkerung klimafreundlicher zu gestalten.
Der Bericht hält fest, dass bereits ein Grad Erwärmung erreicht sei, die negativen Folgen der globalen Erwärmung bereits heute aufträten und jede weitere Erwärmung die Klimaschäden weiter verschlimmern würde. Zudem kommt der Bericht zum Ergebnis, dass es sowohl möglich als auch finanziell tragbar sei, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Das Erreichen dieses Zieles anstelle des Zwei-Grad-Zieles könnte verhindern, dass die Korallenriffe vollständig absterben und zugleich die Folgen für die Arktis reduzieren.[9]
Die zentralen Aussagen des Berichtes, der aus fünf Einzelkapiteln sowie einer Zusammenfassung für Politiker besteht, sind in einem dreiseitigen PDF-Dokument zusammengefasst, das hier in geraffter Form wiedergegeben wird.[11]
Der Vorsitzende des Weltklimarates, Hoesung Lee, bezeichnete das Treffen als eines der wichtigsten in der Geschichte des IPCC.[12]
Hans-Otto Pörtner, Co-Vorsitzender der IPCC-Arbeitsgruppe II, sagte, die derzeitigen Probleme beim Klimaschutz lägen „nicht auf der physikalischen oder technologischen Seite“, sondern seien „klar auf der politischen, der institutionellen Seite“ zu finden.[13] Zudem äußerte er, „[d]ie nächsten zehn Jahre sind entscheidend in ihren Auswirkungen [...] Jede weitere Erwärmung, besonders über 1,5 Grad hinaus, vergrößert die Gefahr langanhaltender oder nicht mehr umkehrbarer Veränderungen wie etwa dem Verlust von Öko-Systemen“.[14][15] Dem Bericht zufolge könnte die 1,5-Grad-Marke bereits 2030 erreicht werden.[14]
„Die IPCC-Berichte haben in der Klimapolitik ein so hohes Gewicht, weil sie politisch relevante Themen behandeln und ihre wissenschaftliche Unabhängigkeit bereits dreißig Jahre lang bewiesen haben. Die Ausgewogenheit, Verlässlichkeit und Vollständigkeit der Aussagen wird durch detaillierte Verfahrensregeln mit einem mehrstufigen Begutachtungsverfahren und einer weltweiten Expertenbeteiligung gewährleistet“, sagte die Leiterin der Deutschen IPCC-Koordinierungsstelle Christiane Textor.[6]
Johan Rockström, Resilienzforscher und einer der Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, nannte den Bericht „wirklich wichtig“ und erklärte, er zeige mit seiner wissenschaftlichen Robustheit, dass das 1,5-Grad-Ziel nicht nur ein „politisches Zugeständnis“ sei. Vielmehr spiegele er die zunehmende Erkenntnis wider, dass eine Erwärmung um zwei Grad gefährlich sei. Der Klimawandel trete früher und schneller auf als erwartet und bereits das gegenwärtige Niveau von einem Grad Erwärmung sei schmerzhaft.[9]
Niklas Höhne, Leiter des New Climate Institute und Professor für Klimaschutz an der Universität Wageningen kommentierte den Bericht wie folgt: „Der Bericht bestätigt, dass es Transformationen dieser Geschwindigkeit bereits gegeben hat, nur geographisch eingegrenzt, noch nicht global. Ein paar Beispiele: In nur fünf Jahren hat Norwegen Elektroautos zum neuen Standard gemacht, 50 Prozent der Neuanmeldungen sind elektrisch. Erneuerbare Energien sind derzeit so günstig, dass einige Regierungen die Entwicklung sogar abbremsen. Erneuerbare Energien drängen Kohle aus Märkten wie Indien und China, was vor fünf Jahren niemand für möglich gehalten hätte. Selbst in Problemfeldern wie der Industrie gibt es Highlights: Die erste Stahlproduktion ohne fossile Brennstoffe hat in Schweden ihren Betrieb aufgenommen – undenkbar vor fünf Jahren. Eines ist sicher: Wenn wir das Ziel aufgeben und es gar nicht erst versuchen, werden wir es ganz bestimmt weit verfehlen.“[16]
Mojib Latif, Meteorologe und Klimaforscher am Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel kommentierte wie folgt: „Es ist wichtig, dass man sich ambitionierte Ziele setzt. Nichts wäre schlimmer als die Kapitulation vor dem Klimaproblem. Notwendig wäre nicht weniger als eine technologische Revolution: weg von den fossilen Energieträgern hin zu den erneuerbaren Energien und das innerhalb weniger Jahrzehnte. Die Geschichte zeigt, dass Technologiewandel in so kurzer Zeit möglich ist. Beispiele wären der Übergang vom Pferdewagen zum Automobil oder der gegenwärtige Übergang vom Festnetz zum Mobil- und Smartphone. Derzeit fließen global schon mehr Investitionen in die erneuerbaren Energien als in die konventionellen Energien. Diese Dynamik muss die Politik beschleunigen.“[16]
Eine der IPCC-Leitautorinnen, Debra Roberts, nennt die nächsten Jahre die "wahrscheinlich wichtigsten in der Geschichte der Menschheit".[17]
Die Internationale Energieagentur empfiehlt der Schweiz u. a. die Elektromobilität zu fördern. Das Bundesamt für Energie will entsprechende Schritte einleiten.[18] Der Bundesrat will bis 2050 eine klimaneutrale Schweiz.[19]
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