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Sodalitas litteraria Germaniae oder kurz Sodalitas litteraria war der Name von wissenschaftlichen Vereinigungen, die den Gelehrten und Anhängern des Renaissance-Humanismus im mitteleuropäischen Raum eine Plattform zum Austausch und zur Weiterentwicklung ihrer Ideen boten.[1][2]
Der Philosoph und lateinische Dichter Conrad Celtis, der als eifrigster Verbreiter des Humanismus in Deutschland und Österreich in die Geschichte einging, hatte zwischen 1487 und 1489 während seines Aufenthalts in Florenz bei Marsilio Ficino und Rom bei Pomponio Leto Akademien des neuen Typus „Academia Platonica“ kennen und schätzen gelernt.[1] Die italienischen Humanisten setzten darin die antike Tradition der Akademie, einer von Platon gegründeten Philosophenschule, als Accademia Romana fort. Celtis wiederum nahm die Vorbilder aus Florenz und Rom als Modell für seine Sodalitas litteraria.[2]
Celtis konzipierte die Sodalitas als eine freie und zwanglose Vereinigung (Bruderschaft, Freundeskreis) mit dem Hauptzweck, die humanistischen Disziplinen sowie die Literatur und dabei insbesondere die Studien der einzelnen Genossen zu fördern und zu verbreiten. Die kritische Einstellung der Humanisten zur Scholastik und ihren theologischen Wurzeln barg Konfliktstoff mit dem herrschenden theologischen System und veranlasste die Mitglieder in diesem Punkt zu Vorsicht und Zurückhaltung.[2]
Die Humanisten wollten in der Wissenschaft an die Arbeiten der Denker des klassischen Altertums anknüpfen und auf dieser Grundlage die Universität aus den Gleisen der Scholastik herausheben. Diese Änderungsansprüche brachten sie auf Distanz zur herkömmlichen Universität und ihrem Gelehrtenstand, der die neuen Vorstellungen auch kaum unterstützte. Als Voraussetzung für eine erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit mit den Originalquelltexten sahen sie hervorragende Kenntnisse der alten Sprachen, allen voran des Original-Lateins, aber auch des Griechischen und wenn möglich, des Hebräischen. Als äußeres Zeichen ihrer neuen Denkrichtung legten sich die Humanisten gerne – dazu passend – latinisierte oder gräzisierte Namen zu.
Die Gesellschaft hatte einen Präsidenten und Sekretäre. Das lateinische Wort Sodalitas bedeutet Freundschaft, Kameradschaft. Das einzelne Mitglied hieß Sodale. Wer als Mitglied aufgenommen werden wollte, musste ernstlich beabsichtigen, die Zwecke der Gesellschaft zu fördern und einen gewissen Grad humanistischer Bildung aufweisen.
Unter den Sodalen befanden sich die angesehensten Gelehrten aller Wissensgebiete, wobei nur die wenigsten dem zünftigen Universitäts-Gelehrten-Stand angehörten.
Es war nicht notwendig, dass die Mitglieder am Gründungs- oder Geschäftsleitungsort Wohnsitz hatten. In Städten, in denen sich mehrere Sodalen in der Nähe befanden, schuf man Einkehr- oder Versammlungsorte. Ein angesehener Sodale besorgte als „Hospes“ für die „Sektion“ oder das „Contubernium Sodalium“ die etwa nötige Beherbergung und Bewirtung.[2]
Nach dem Tod des kaum 49 Jahre alt gewordenen Gründers und geistigen Führers Conrad Celtis gingen die Aktivitäten und die Wirkung der Sodalitates litteraria trotz der außerordentlich hohen Bildung und Schaffenskraft ihrer Mitglieder mehr und mehr zurück. Die von der Sodalitas litteraria verbreiteten moderner Gedankengänge sollten auch dazu helfen, den drohenden Zerfall der nach Wissen strebenden religiösen gebildeten Stände zu vermeiden. Auch Bischöfe hatten sich mit Gelehrten verbunden, um den Bruch innerhalb der Kirche zu verhindern. Luthers Kirchenspaltung im Jahre 1517 trennte auch die Sodalitas-Gemeinschaft in Kreise, die der alten Kirche treu blieben, und in solche, die sich ganz und gar der aufkommenden Kirchenreformation zur Verfügung stellten. Die unter Celtis gegründeten humanistischen Gemeinschaften verschwanden.[2] Einige von seinen Schülern gegründete Sodalitates litterarie legten ihr Hauptgewicht auf die wissenschaftliche und literarische Unterstützung der Reformation und hatten auch Bedeutung, so lange diese noch nicht ihren festen Platz eingenommen hatte.
Polnische Gesellschaft für Wissenschaft, Sitz Krakau.
Gründung
Durch Conrad Celtis in der Zeit seines Studiums der Mathematik und Astronomie 1489 bis 1491 an der Universität Krakau als erste der wissenschaftlichen Gesellschaften nach dem Muster der italienischen Akademien gegründet.
Mitglieder
Bekanntes Mitglied:
auch nach ihrem Gründer Sodalitas Celtis genannt, Rheinische Gesellschaft für Wissenschaft, (1491 in Mainz gegründet und 1517 mit Luthers Kirchenspaltung beendet); Geschäftsleitung Heidelberg, Nebensitz Worms, Versammlungsorte: Mainz, Oppenheim, Nürnberg, Augsburg.
Vorgeschichte
Seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts tat sich Heidelberg als Residenz der rheinischen Pfalzgrafen immer mehr hervor. Alte, früher nur gewohnheitsmäßig ausgeübte Vorrechte des Hauses, namentlich das Reichsverweseramt, waren Reichsgesetz geworden. Heidelberg erhielt bereits 1386 als dritte Stadt nach Prag und Wien, aber noch 90 Jahre vor dem kurfürstlichen Mainz eine Universität.
Um die gleiche Zeit rief Kurfürst Philipp der Aufrichtige – er regierte 1476–1508 – einen Kreis von bedeutenden Humanisten an seinen Hof nach Heidelberg, um den Geist der neuen Zeit seinem Land zu vermitteln.
Eifriger und verständnisvoller Helfer des Kurfürsten war sein Kanzler Johann XX. von Dalberg, Bischof von Worms. Der gebürtige Oppenheimer hatte in Erfurt an der Hochschule des Erzbistums Mainz die freien Künste studiert, dann in Pavia und Padua kanonisches Recht. Dort befreundete er sich mit dem Humanisten Rudolf Agricola, den er später an die Universität nach Heidelberg ziehen konnte. 1480 wurde Dalberg Wormser Dompropst und damit verbunden Kanzler der Heidelberger Universität. Mit Sondererlaubnis des Papstes wurde er 1482 mit erst 27 Jahren Bischof von Worms, behielt aber sein Kanzleramt bei. Dalberg war der erste Bischof, der sich offen zu der neuen Geistesrichtung bekannte.
Die Humanisten verehren Philipp und Dalberg als ihre Schutzherren. Es war allein der kurfürstliche Hof zu Heidelberg, in dessen Glanz sich die Humanisten sonnen durften.
Mitglieder
Die anfängliche Anzahl ist nicht überliefert, wird aber nicht über 12 gelegen haben. Auf jeden Fall gehörten zu ihnen:[3]
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Und mehrere andere. |
Die Sodalitas litteraria Rhenana hatte mit Mainz, Heidelberg, Oppenheim, Nürnberg und Augsburg mehrere Einkehr- oder Versammlungsorte. Für die Beherbergung und Bewirtung sorgten dort die „Hospites“:
In einer solchen „Sektion“ oder „Contubernium Sodalium“ trafen sich oft weitere Mitglieder regelmäßig, so bei der
Oppenheimer Gruppe
Verlauf
Der Humanistenkreis um Bischof Johann von Dalberg hatte nur wenige Jahre Bestand. Rudolf Agricola starb bereits 1485, Konrad Celtis verließ Heidelberg Anfang 1496 wieder. Johannes Reuchlin konnte 1499 wieder nach Stuttgart zurückkehren, und Jakob Wimpheling übersiedelte 1501 nach Straßburg. Mit Dalbergs Tod endeten die Verbindungen der Humanisten zum Wormser Bistum.[6]
Ungarische Gesellschaft für Wissenschaft, Sitz Preßburg (Bratislava). Bekanntes Mitglied: Johannes Manardus. 1497 als „Sodalitas litteraria Danubiana“ nach Wien verlegt.
Donauländische Gesellschaft für Wissenschaft, auch „Societas Danubiana“ genannt, Sitz Wien.
Gründung
Durch Conrad Celtis und andere Humanisten 1497 oder 1498 in Wien als Nachfolge der Sodalitas litteraria Hungarorum. Die Gelehrtengesellschaft wählte Johann Vitéz zu ihrem Vorsitzenden.
Zum Humanistenkreis der Sodalitas litteraria Danubiana gehörte der Kronstädter Patriziersohn Valentin Krauss (auch Kraws und latinisiert Crusius geschrieben), der in Wien artes liberales und Arzneikunde studiert hatte und 1493 zum Doktor der Medizin promoviert wurde. Krauss lehrte bis 1499 an der Wiener Artistenfakultät und wurde dann Senator und Stadtrichter in Kronstadt. Er schilderte Celtis in einem Brief vom 25. Februar 1500 die ersten Syphilisfälle Kronstadts.[7]
Mitglieder
Zu den bis zu 40 Mitgliedern gehörten unter anderem
Verlauf
Die Vereinigung von Gelehrten des Donauraums bestand neben dem 1501 von Maximilian I. an der Wiener Universität eingerichteten Collegium poetarum et mathematicorum. Die Mitglieder versammelten sich meist im Haus von Johannes Cuspinian. Wohl die Fortsetzung dieser Sodalitas war jener Kreis, der sich später im Haus von Georg Tannstetter traf und Sodalitas Collimitiana genannt wurde;[9] sie wird um 1520 in Briefen an Joachim Vadian oft erwähnt.[10] In den für Wien dramatischen 1520er Jahren (Pest, Türkenbelagerung) kam es zu einer starken Abnahme der Studentenzahlen – daraus folgte vermutlich auch eine abnehmende Bedeutung dieser Sodalitas. Als Tannstetter 1530 Wien verließ, könnte das zur Beendigung dieser Treffen geführt haben.
Augsburger Gesellschaft für Wissenschaft, Sitz Augsburg.
Gründung
Um 1503 durch Konrad Peutinger, den Juristen und Humanisten, Stadtschreiber und kaiserlichem Rat Maximilians I.,[11]S. 62 der zahlreiche Verbindungen zu Zeitgenossen wie Erasmus von Rotterdam, Jakob Sturm von Sturmeck, Willibald Pirckheimer und Albrecht Dürer hielt.
Weitere Mitglieder
Maierhöfische Gesellschaft für Wissenschaft im damaligen Mähren (östlicher Teil des heutigen Tschechiens), Sitz vermutlich in der Hauptstadt Olmütz.[12]
Gründung
Durch die Humanisten und Celtis-Schüler Gregor Nitsch und Martinus Sinapinus.
Weitere Mitglieder
mit dem Olmützer Kreis in Verbindung standen:
Reformatorischer Gesprächskreis, Sitz Nürnberg, auch Staupitzkreis genannt
Gründung
Durch den Theologen und Ordensvikar der Augustiner-Eremiten Johann von Staupitz 1517 in Nürnberg errichtet. Zur Sodalitas gehörten überwiegend humanistisch orientierte Honoratioren wie z. B. der Theologe und Lutherfreund Wenzeslaus Linck, unter dessen Einfluss sich die „sodalitas Staupitziana“ im Laufe des Jahres 1518 zur „sodalitas Martiniana“ wandelte.[13]
Bekannte Mitglieder
Scheurl, Pirckheimer und Holzschuher blieben aber bei aller Sympathie der lutherischen Reformation gegenüber skeptisch.
Vom Humanisten Conrad Celtis angeregte literarische Gesellschaft mit Sitz in Ingolstadt. Gründer war der Geschichtsschreiber, bayerische Hofhistoriograph und Fürstenerzieher
Prominentestes Mitglied:
Sodalitates litterarie in
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