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italienische Historikerin und Byzantinistin Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Silvia Ronchey (* 13. März 1958 in Rom) ist eine italienische Byzantinistin. Sie ist Professorin für Byzantinistik an der Universität Rom III.
Als Tochter des Journalisten, Schriftstellers und Kulturministers Alberto Ronchey (1926–2010) und der Schriftstellerin Vittoria Aliberti (1925–2022) besuchte Silvia Ronchey in den 70er Jahren das Gymnasium Massimo d’Azeglio in Turin und anschließend das Gymnasium Ennio Quirino Visconti in Rom. Bereits während ihrer Schulzeit entwickelte sie ein Interesse an der byzantinischen Kultur: [1] „Ich verbrachte meine [Zeit] in der benachbarten Biblioteca Casanatense, oder ich ging bis zur Biblioteca Angelica. Das machte ich die letzten drei Jahre des Gymnasiums weiter und, als ich erkannte, dass die griechische Literatur nicht mit dem endete, was man damals hellenistische Epoche nannte, wie es aus den Schulbüchern hervorgeht, sondern sich über elf Jahrhunderte fortsetzte, und zwar genau in Byzanz, begann ich mich mit starker Begeisterung in dieses unbekannte Grenzgebiet zu bewegen.“[2]
1976 entschied sich Silvia Ronchey für die Byzantinistik und im selben Jahr begann sie ihre paläographische Lehrzeit an den Handschriften des Johannesklosters in Patmos. 1981 schloss sie ihr Studium der antiken Literatur an der Universität Pisa mit einer von Franco Montanari betreuten Arbeit aus dem Bereich der byzantinischen Philologie ab. In den folgenden Jahren arbeitete sie neben Patmos auch an der Bibliothek des griechisch-orthodoxen Patriarchats von Alexandria in Ägypten, am Centre d’Histoire et Civilisation du Monde Byzantin des Collège de France in Paris und wurde mit einem Stipendium Fellow am Dumbarton Oaks Institute for Byzantine Studies in Washington D.C., wo sie mit einem der größten Byzantinisten des zwanzigsten Jahrhunderts, Alexander P. Kazhdan, zu arbeiten begann.
Von 1996 bis 2012 war sie an der Universität Siena tätig, zuletzt als assoziierte Professorin, seit 2012 lehrt sie an der Universität Rom III.
Zu Silvia Roncheys frühen wissenschaftlichen Arbeiten gehören Studien über die Chronographie des Michael Psellus, von der sie die erste italienische Übersetzung veröffentlichte, über Eustathios von Thessaloniki, über eine byzantinische Version des Lebens Buddhas (Barlaam und Josaphat), über die antiken Akten der griechischen Märtyrer und ihre ersten Aufsätze über Hypatia und Bessarion. Mit Každan war sie Co-Autorin der Studie über die byzantinische Aristokratie (L’aristocrazia bizantina). Seit den späten 1990er Jahren verfasste sie Monographien über die Kultur von Byzanz, darunter Lo Stato Byzantino, und über die Rezeption von Byzanz in der Neuzeit und Gegenwart. Im letzten Jahrzehnt entstanden Studien über Konstantinopel, Mistras, den Niedergang und Fall von Byzanz, die byzantinischen kulturellen Wurzeln der europäischen Renaissance und das historische Erbe des Kaisertitels des Zweiten Roms nach der islamischen Expansion.
Neben etwa hundert Fachaufsätzen[3] verfasste Silvia Ronchey Bücher, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden, wie z. B. L’enigma di Piero (Rizzoli), das mehrfach ausgezeichnet wurde, u. a. mit dem Premio Procida-Isola di Arturo-Elsa Morante 2006, Il guscio della tartaruga (Nottetempo), Il romanzo di Costantinopoli (Einaudi) und Ipazia. La vera storia (Rizzoli), verkaufsstarkes Buch, das mehrfach ausgezeichnet wurde: Premio Nazionale Letterario Pisa 2011, Premio Città delle Rose 2011, Premio Teocle 2011 und, von der Kritik einhellig begrüßt, La cattedrale sommersa (Rizzoli). Nach einer zwanzigjährigen Zusammenarbeit mit La Stampa und deren Beilage Tuttolibri schreibt Silvia Ronchey regelmäßig für die Zeitung La Repubblica. Zu ihren Radiosendungen gehören der Zyklus über den Fall von Konstantinopel in Alle 8 della sera (RadioRaiDue), die Serie über das antike, mittelalterliche und byzantinische Melodram in Di tanti palpiti (RadioRaiTre) und die Serien Contaminazioni del sacro, Il buddhismo e l’occidente und Queste anime viventi: animali, anima, mondo (RadioRaiTre). Zusammen mit dem Schriftsteller und Universitätsdozenten Giuseppe Scaraffia schrieb und führte Silvia Ronchey Kulturprogramme für die RAI durch und arbeitet dabei mit Raisat, Raiuno, Raidue und Raitre zusammen. Dazu gehört L’altra edicola, ein Kulturprogramm, das von 1994 bis 1999 auf Raidue und später auf Raisat 1 gesendet wurde.
Zusammen mit Scaraffia führte sie eine Reihe Interviews mit Persönlichkeiten der Kultur, wie Ernst Jünger, Claude Lévi-Strauss, James Hillman, David Lodge oder auch mit Jean-Pierre Vernant. Vor allem die Begegnung mit dem amerikanischen Psychoanalytiker, Essayisten und Philosophen James Hillman führte zu einer langjährigen Zusammenarbeit, die neben Fernsehinterviews in den beiden Büchern/Dialogen L’anima del mondo und Il piacere di pensare (Rizzoli) erfolgte und bis zu Hillmans Tod andauerte, dessen letztes Buch Silvia Ronchey derzeit für eine postume Veröffentlichung herausgibt.
Silvia Ronchey gehört zu den Wissenschaftlern, die sich in den letzten 20 Jahren mit am gründlichsten mit die Figur der Hypatia, ihrem ethischen, philosophischen, religiösen und politischen Charakter und den Umständen ihrer Ermordung auseinandersetzte. In den seit den 1990er Jahren veröffentlichten Forschungen und insbesondere in der Monographie Ipazia. La vera storia (2010), einem italienischen Bestseller und prämiertem Werk, das in Rezensionen gelobt wurde[4], rekonstruierte Silvia Ronchey das existenzielle und intellektuelle Schicksal der Hypatia, indem sie es in die historisch-kulturelle Realität der Spätantike und der frühen byzantinischen Zivilisation die Philosophin einordnete und sie vor den Hintergrund der turbulenten Veränderungen stellte, die der Niedergang des Heidentums und der Aufstieg des Christentums mit sich brachten.
Anhand antiker historischer Quellen und philologischer Analysen entwickelte Silvia Ronchey eine inzwischen weitgehend akzeptierte, umfassende These zu Hypatia. Ihre Forschungen wiesen die Schuld des Bischofs Kyrill von Alexandria nach, der nach Silvia Roncheys Auffassung Hypatias Ermordung nicht nur inspirierte, sondern direkt anstiftete. Darüber hinaus brachte diese Forschung die politischen und kirchlichen Gründe ans Licht, warum die christliche Kirche von Anfang an und seit Jahrhunderten hartnäckig das Bedürfnis hatte, ihre eigene Verantwortung in der Affäre zu verbergen. Darüber hinaus hebt Silvia Roncheys Interpretation den Unterschied zwischen den Positionen der lokalen ägyptischen koptischen Kirche und der Kirche in Rom gegenüber der zentralen byzantinisch-orthodoxen Kirche und den Mitgliedern ihrer gebildeten Schicht hervor, die über Jahrhunderte hinweg Bewunderer der Hypatia und hartnäckige Verfechter von Kyrills Schuld waren. Nach Silvia Roncheys Rekonstruktion sollte Hypatia darüber hinaus ein offizieller priesterlicher Status und die Anerkennung als „Meisterin“ einer der wichtigsten esoterischen Schulen der Spätantike zuerkannt werden. Als solche war Hypatia ohne jeden Zweifel sowohl Heidin als auch Platonikerin. Ihre Lehren hatten einen doppelten Zweck, explizit sowohl in „esoterischen“ Lektionen, die für alle offen waren und in öffentlichen Räumen abgehalten wurden, als auch in privaten, geheimen esoterischen Lektionen, die in ihrem Haus abgehalten wurden und einer eingeweihten Elite vorbehalten waren, zu der auch der spätere christliche Bischof Synesios gehörte, dessen Schriften die Hauptquelle für Hypatias Lehren und mystische Weisheit sind.
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