Siedlung am Perlacher Forst
Großwohnsiedlung in München, Deutschland Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die Siedlung am Perlacher Forst, im Volksmund auch „Ami-Siedlung“ genannt, ist eine Großwohnsiedlung in München-Fasangarten. Die typisch amerikanische Siedlung entstand ab 1953 auf einer eigens dafür abgeholzten Waldfläche des Perlacher Forstes, um den Wohnraumbedarf der amerikanischen Besatzungssoldaten zu decken. Die Bauplanung erfolgte im Auftrag des Amtes für Verteidigungslasten durch das Staatliche Bauamt. Das Staatliche Bauamt München selbst beschreibt die Siedlung aufgrund der parkähnlichen Gestaltung und der Integration von Wohn- und Nutzbauten mit dem ursprünglichen Baumbestand des Forstes als „außergewöhnliches städtebauliches Bild“. Nach dem Abzug der Amerikaner 1991 hat zunächst die Bundesvermögensverwaltung, danach dann aufgrund der Umstrukturierungen durch die Rot-Grüne Bundesregierung 2005[1] gegründete Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), das gesamte Areal übernommen und teilweise an die Patrizia AG und an private Eigentümer verkauft. Die Wohnanlage wurde ab 1993 wieder durch Bundesbedienstete bezogen, da sich die Lage aufgrund auslaufender Darlehenswohnungen auf dem Münchner Mietwohnungsmarkt auch für die Wohnungsfürsorgestellen des Bundes zusehends verschärfte. In der Nachnutzung wurden einige Gebäude veräußert. So ist die Kirche der U.S. Community an die Russisch-Orthodoxe Kirche veräußert worden und heute die Kathedrale der Hl. Neumärtyrer und Bekenner Russlands in München.[2] Ein Teil der Wohnungen wurde ab 1995 Zug um Zug grundsaniert und auf den technischen Stand der 1990er Jahre angehoben. Inzwischen ist das Programm aufgrund des Wegzuges von Bundesbehörden und der vermeintlich fehlenden Notwendigkeit 2001 komplett eingestellt worden. In diesem Zug sind inzwischen ab 2004 dann 13 Wohngebäude sowie die ehemalige Tankstelle AAFFES an der Tegernseer Landstraße an die Patrizia AG verkauft, privatisiert sowie teilweise saniert und dann als Eigentumswohnungen verkauft worden. Der Bereich der Tankstelle wurde an den Unternehmer Dietrich Sailer verkauft und als Sondergebiet Brauerei durch die Langeshauptstadt München umgewidmet. Dort entsteht der Neubau der Münchner Kindl Brauerei. Der Verkauf der Einzel- und Doppelhäuser an den meistbietenden Interessenten gemäß den Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung wurde wegen zunehmenden Problemen auch für die Wohnungsfürsorge des Bundes auf dem Münchner Mietwohnungsmarkt inzwischen wieder eingestellt.[3] Beim Pilotprojekt Block 327[4] wurde ein Wohngebäude saniert und bekannt, dass die Kosten bei den vorgegebenen Sanierungen keine wirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen zulassen, die kostendeckend sind, so dass die BImA nun langfristig mit einem Abriss der unsanierten Gebäude plant, um wirtschaftlich darstellbar die Sanierungen in den der BIma verbliebenen Mietwohnungen weiter vorantreiben zu können und zusätzlichen Wohnraum zu schaffen.
Die Siedlung am Perlacher Forst liegt im Münchner Stadtteil Fasangarten im Süden des Stadtbezirks 17 Obergiesing-Fasangarten am südlichen Stadtrand von München. Sie wird im Norden von der Lincolnstraße bzw. dem Friedhof am Perlacher Forst, im Osten von der Bahnstrecke München Ost–Deisenhofen, im Süden von der Fasangartenstraße und im Westen von der Bundesautobahn 995 begrenzt.
Bereits im 18. und 19. Jahrhundert erstreckte sich südlich von München der Perlacher Forst mit zahlreichen Ausflugszielen, wie das Schloss Harlaching, der Gutshof Menterschwaige und das Forsthaus Fasangarten. Dieses verdankte seinen Namen der angrenzenden Fasanenzucht und war später namensgebend für das nahe Umfeld (Fasangarten).[5]
Ab 1951 wurden die US-amerikanischen Truppen in Westdeutschland aufgrund der Koreakrise erheblich verstärkt. 1953 ließ die Bundesrepublik Deutschland rund einen Quadratkilometer Wald abholzen, um für die in der McGraw-Kaserne stationierten Angehörigen der US-Armee und deren Familien ausreichend Wohnraum zur Verfügung zu stellen („Perlacher Forst Housing Area“[6]). Gleichzeitig wurden die bis dahin besetzten und mit Stacheldraht umzäunten Häuser in Harlaching geräumt. Das Gebiet mit einem annähernd quadratischen Grundriss war historisch der nordöstlichste Teil des gemeindefreien Gebiets Perlacher Forst und wurde 1951 in die Stadt München eingegliedert.[7]
Es entstand eine typische amerikanische Siedlung mit breiten Straßen und Bebauung, wie sie in der gesamten Bundesrepublik an nahezu allen Standorten der US-Army errichtet wurde, wie auch zum Beispiel in Stuttgart oder Garmisch-Partenkirchen. Im Norden von München gibt es in der ehemaligen US-amerikanischen Wohnsiedlung ebenfalls baugleiche Häuser, aber in einer viel kleineren Dimension. Die Häuser und Officers Homes wurden aufgrund der Lage zum Hauptquartier der Amerikanischen Streitkräfte in Bayern in der nahen McGraw-Kaserne (frühere Reichszeugmeisterei) größer geplant. Im Zuge der Übernahme der Straßen erarbeitete die Landeshauptstadt München ein Konzept, das durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben umgesetzt wurde. Im Jahr 2007 und 2008 wurden die ursprünglich U.S. Standard entsprechenden Straßen, die der Siedlung den amerikanischen Charakter verliehen, verschmälert und durch das Staatliche Bauamt München 2 dem Münchner Standard für Erschließungsstraßen angepasst.
Das Staatliche Bauamt München 1 beschreibt den Charakter der Siedlung wie folgt: „Locker und in Zeilenbauweise sind Wohngebäude in parkartige Grünflächen und Restbestände des Perlacher Forstes eingefügt. Die weitläufigen offenen Freiflächen sollen ein gesundes Wohnen im Grünen, hohe Erholung und Aufenthaltsqualität für alle Altersstufen gewähren.“ Dieses Bild wird insbesondere durch den großen Abstand von hohen Gebäuden zur Straße verstärkt, während niedrigere Gebäude näher am Straßenrand stehen. Eine direkte Bebauung des Straßenrandes ist in der gesamten Siedlung nirgends gegeben, was für München einen weiteren Alleinstellungs-Charakter darstellt. In vielen öffentlichen Veranstaltungen wurde der besondere Wert der Siedlung für München und insbesondere der einmalige parkähnliche Charakter hervorgehoben. Dem gegenüber steht das Interesse der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die Restflächen möglichst gewinnbringend zu verwerten. Vor allem Pläne über die Nachverdichtung der Siedlung und Erweiterung des Gewerbeanteils stoßen immer wieder auf heftige Proteste der Bürger.
Insbesondere das große Schulzentrum mit Grund-, Mittel- und Berufsschule (ehemalige Munich American High School (MAHS), mit angeschlossener Elementary School) in der Cincinnatistraße kann als profilbildend für die heutige Siedlung bezeichnet werden. Das ehemalige Krankenhaus (2nd Field Hospital, Perlacher Forst; später Bundeswehrkrankenhaus München) beherbergt inzwischen das Bundespatentgericht und eine Außenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes.
Der ehemalige PX (Einzelhandelszentrum) sowie das Heizkraftwerk wurden abgerissen und wichen dem durch den Bundestag beschlossenen Neubau der Europäischen Schule München und einem im Herbst 2017 in Betrieb gegangenen Nahversorger mit Hotel. Das ehemalige U.S. Family Theater – das heutige Filmtheater Cincinnati – steht nach massiven Protesten der Anwohner inzwischen unter Denkmalschutz und wird weiterhin als Kino betrieben.[8][9]
Die Siedlung am Perlacher Forst ist durch die Ausfahrt Fasangarten und Unterhaching Nord der Bundesautobahn 995 im Norden und die Fasangartenstraße im Süden sowie den nahen Mittleren Ring/McGraw-Graben erschlossen. Inzwischen ist sie nicht mehr so wie geplant nur für Anlieger als eigenständiger Bereich (Village), der autark bleiben kann, angebunden, sondern leidet – wie überall in München – unter stetiger Verkehrszunahme durch Nachverdichtung und neuerer Infrastrukturen auch im nähren Umfeld der Wohnanlage. Die S-Bahn-Station „Fasangarten“ und öffentliche Buslinien 147 sowie 145 decken den Bedarf an öffentlichem Nahverkehr für die Wohnanlage einigermaßen ab.
Durch das große Schulzentrum dienen verschiedene Straßen Kindern ab dem Grundschulalter als Schulweg. Zum Schutz der Amerikaner vor Anschlägen (u. a. der RAF) in den 1980er Jahren wurde die Wohnanlage an den Zufahrten mit Kontrollposten versehen und z. B. die Marklandstraße zunächst gesperrt und dann im Zuge der Übernahme der Straßen durch München wieder geöffnet. Seit bestehen der Wohnanlage 1957 sind alle Straßen als Tempo-30-Zone ausgelegt. Früher waren wie in den USA üblich alle Kreuzungen mit Stop-Schildern ringsum versehen. Die Straßen in der Wohnanlage am Perlacher Forst sind somit auch Münchens älteste Tempo-30-Zone. Aufgrund dieser Besonderheit wurden auch keine Radwege angelegt. Ein Versuch, die Marklandstraße wieder zu sperren, ist 2011 gescheitert.
Insgesamt ist die Verkehrsbelastung in den letzten Jahren durch die Ausweitung der Nachnutzung von ehemaligen US-Anlagen und weiterer neuer Infrastrukturbauten[10] gestiegen.
Die Amerikaner nutzten nach Schließung der Marklandstraße nur noch die Cincinnati- und die Minnewitstraße zur Erschließung des gesamten Areals. Alle anderen Straßen wurden nur für die Versorgung der angrenzenden Wohnhäuser verwendet, da so die Sicherheit der Wohnanlage durch die in der Anlage patrouillierende Military Police der US Army besser gewährleistet werden konnte. Die Stadt München hat dieses Verkehrskonzept nicht mehr übernommen, auch wenn die gesamte Bebauung der Wohnanlage ursprünglich dahingehend ausgelegt war.[11][12]
Das Schulzentrum in der Siedlung am Perlacher Forst soll erweitert werden. Die Europäische Schule München plant einen Erweiterungsbau. In diesem Zusammenhang sollen zunächst 1.600 Schüler und weitere Kinder in einer neuen Kindertagesstätte untergebracht werden.[13] Die Zahl der neuen Schüler soll im Zuge weiterer Ausbaumaßnahmen auf insgesamt 1.800 ansteigen. Um den Charakter der Siedlung zu erhalten, wurde ein Wettbewerb für Architekturbüros ausgeschrieben, bei dem auch der Neubau des Nahversorgers und der Neubau weiterer Wohneinheiten konzipiert werden sollte. Der Wettbewerb ist abgeschlossen und die Baumaßnahmen endeten im September 2019.
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