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Entdeckung nach zufälliger Beobachtung von etwas ursprünglich nicht Gesuchtem, bereit sein, den Zufall zu erkennen und ihn dann zu nutzen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Serendipity oder Serendipität, gelegentlich auch S.-Prinzip, bezeichnet eine zufällige Beobachtung von etwas ursprünglich nicht Gesuchtem, das sich als neue und überraschende Entdeckung erweist.[1]
1754 prägte Horace Walpole das Wort für die Umstände seiner unerwarteten Entdeckung eines Wappens – als „von jener Art, die ich Serendipity nenne“. Robert K. Merton stieß nach eigenen Angaben erstmals in den 1930er Jahren im Oxford English Dictionary auf den bis dahin weiter verbreiteten Begriff Serendipity und stellte 1946 sein Konzept des „serendipity pattern“ bei der empirischen Forschung vor – als Beobachtung eines unvorhergesehenen, anomalen und strategischen Faktums, das zum Anlass für die Entwicklung einer neuen Theorie wird.[2][3]
Serendipity betont im Unterschied zu einem Zufallsfund eine darüber hinausgehende intelligente Schlussfolgerung oder Findigkeit (bereit sein, den Zufall zu erkennen und ihn dann zu nutzen).[4]
Serendipity als „aktives Glück“, als Zusammenspiel von Zufall und menschlichem Handeln wird von Christian Busch als entscheidend für den Erfolg angesehen. Es geht nicht um „blindes Glück“ (z. B. wenn man in eine gute Familie hineingeboren wird). Jeder verpasste Flug oder Spaziergang im Park könne zu einer Chance werden – für eine neue Freundschaft, ein neues Interesse oder sogar einen neuen Job.[5] Nach Busch gibt es auch andere Definitionen, die meisten davon verstehen das Phänomen aber als Zusammenspiel von Zufall und menschlichem Handeln. Es geht darum, zu sehen, was andere nicht sehen, zufällige Beobachtungen bewusst wahrzunehmen und sie in Möglichkeiten zu verwandeln.[6]
Steve Ayan[7] gibt ein Bonmot wieder, was Serendipity ausdrückt: Es ist, als würde man in einen Heuhaufen springen, um die berühmte Nadel zu finden, und mit der Tochter (oder dem Sohn) des Bauern herauskriechen. Das bedeutet, Wichtiges zu finden, was man gerade nicht suchte. Häufig liegt dem ein Scheitern zu Grunde. Der eigentliche Plan geht schief, doch dafür wird man mit anderem belohnt.[8]
Christian Busch unterscheidet drei Arten von Serendipity. Bei allen dreien gibt es einen anfänglichen Auslöser (etwa Unerwartetes). Unterschiede gibt es je nach ursprünglicher Absicht: „Hat man bereits nach etwas gesucht?“ sowie „Hat man gefunden, wonach man suchte?“ oder „Hat man etwas völlig Unerwartetes entdeckt?“.[6]
Dass es ein Prozess ist, bei dem jeder Bereich im Leben gefördert werden kann, begründet Busch so: Der Auslöser (etwas Unerwartetes oder Ungewöhnliches) wird mit etwas anderem assoziativ verknüpft, der potentielle Wert wird erkannt. Entscheidend ist, dass das Ergebnis (Erkenntnis, Innovation, neue Art etwas zu tun oder Lösung für ein Problem) nicht das ist, was man erwartet hat. Ein zufälliges Ereignis sei wichtig – die Person muss in der Lage sein, die Zufallsfunde zu verstehen und etwas aus ihnen zu machen. Dabei ist auch Ausdauer nötig, weil es Hemmnisse auf diesem Weg geben kann.[6]
Den Begriff „Pseudo-Serendipity“ hat Roberts 1989 eingeführt. Er soll zufällige Entdeckungen von Wegen zur Erreichung eines angestrebten Ziels (was man gesucht hat) beschreiben, im Gegensatz zur Bedeutung von „echter“ Serendipity, die zufällige Entdeckungen von Dingen beschreibt, die nicht angestrebt wurden (weil man nichts oder etwas anderes gesucht hat).[9] Als Beispiel für Pseudo-Serendipity wird die Entdeckung des Vulkanisationsverfahrens 1839 gesehen: Das Ziel war vorhanden, der gefundene Weg war überraschend. Busch merkt dazu an, dass „wahre“ Serendipity dann immer eine Änderung der Zielsetzung erfordern würde. Am Beispiel der Entdeckung DNA argumentiert er, dass fast jede Serendipity dann eine Pseudo-Serendipity wäre.[8]
Der US-amerikanische Psychologe Dean Keith Simonton stellt die Zusammenhänge von Serendipity und Kreativität dar. Serendipity ist stark verbunden mit wissenschaftlicher Serendipity. Er verweist auf den kanadischen Philosophen Paul Thagard, der 2012 geschätzt hatte, dass 1/4 der wissenschaftlichen Entdeckungen einem bemerkenswerten zufälligen Aspekt zu verdanken seien. Galilei habe nicht die Jupitermonde und van Leeuwenhook hat keine Mikroben gesucht und Röntgen war erstaunt, die Röntgenstrahlen zu entdecken.
Kombinatorische Kreativität gebe es in Kunst und Wissenschaft gleichermaßen. Künstlerische Serendipity, die Simonton der wissenschaftlichen Serendipity gegenüberstellt, diskutiert er z. B. im Zusammenhang mit dem Gemälde Guernica von Picasso. Studien haben gezeigt, dass die Hauptfiguren, aus denen sich diese Komposition zusammensetzt, in der Regel kombinatorische Wiederholungen von Bildern aus Picassos früherer Kunst darstellen. Künstler beziehen öfter als Wissenschaftler in ihre Kombinationen auf Erfahrungen beruhende Ideen ein, die bei weitem nicht bereichsspezifisch sein müssen. Belletristische Autoren schreiben über Ereignisse, die sich im täglichen Leben ereignen könnten. Auch in abstrakteren Künsten, z. B. rein instrumentaler Musik, können Kombinationen Vogelgesang, Autohupen, Kanonendonner, Zugpfeifen oder ähnliches einbeziehen.
Simonton unterscheidet des Weiteren externale Serendipity (Start mit einer externen Anregung, die nicht vorausgesehen wurde, die auch ein spezielles Instrument (Teleskop, Mikroskop u. ä.) erfordern kann) und internale Serendipity, wo der Ausgangspunkt „innerhalb des Gehirns“ des Wissenschaftlers liegt. Hier führt er Henri Poincaré an, der eigentlich beweisen wollte, dass die Fuchsʼschen Funktionen[10] unmöglich bzw. unbeweisbar seien. Lange fand er durch verschiedenste Kombinationen keine Lösung (Kombinieren allein reicht nicht). Poincaré habe eines Abends entgegen seiner Gewohnheiten Kaffee getrunken und konnte nicht einschlafen. Er erlebte, dass Ideen in Wolken aufstiegen, kollidierten und schließlich eine bestimmte Klasse von Fuchsʼschen Funktionen hervorbrachten. Einige Zeit später, als Poincaré für eine Exkursion in einen Pferdeomnibus einstieg, erkannte er plötzlich, dass die Transformationen, die er zuvor zur Definition der Fuchsʼschen Funktionen verwendet hatte, mit denen der nicht-euklidischen Geometrie identisch waren. Er fand eine Lösung, die im Gegensatz zu dem stand, was er ursprünglich beabsichtigte.
Des Weiteren unterscheidet Simonton Serendipity und Pseudo-Serendipity im Sinne von Roberts.[11]
Ohid Yaqub stellt 2018 die folgende Taxonomie für Serendipity vor:[12] Er unterscheidet vier Grundtypen:
Bezogen auf die Entwicklung von Theorien in der Wissenschaft unterscheidet Yaqub:
Im Zusammenhang mit Serendipity fällt auch oft der von Louis Pasteur (1822–1895) geprägte Satz: Der Zufall begünstigt den vorbereiteten Geist. oder: Wer darauf vorbereitet ist, sieht das Glück eher.[14]
Denis Laborde schreibt 2009, dass der Begriff polysemisch sei: Serendipität könne ebenso gut ein Phänomen, eine Erfahrung, eine Fähigkeit, ein Fund, eine Wirkung, eine Inzidenz oder eine Gelegenheit sein.[15]
Verwandt, aber nicht identisch sind die weiter gefassten Redewendungen vom glücklichen Zufall oder Zufallsfund. Serendipity betont eine darüber hinausgehende intelligente Schlussfolgerung oder Findigkeit (bereit sein, den Zufall zu erkennen und ihn dann zu nutzen).[4]
Erstmals verwendete der britische Autor Horace Walpole, 4. Earl of Orford (1717–1797), den Begriff in einem Brief vom 28. Januar 1754 an seinen in Florenz lebenden Freund Horace Mann und sprach 'von einem unvermuteten glücklichen Fund eines bestimmten Wappens in einem alten Buch'. Dieses Phänomen nannte er in Anlehnung an ein Märchen „Serendipity“, weil auch dort drei Prinzen durch Zufälle und Gewitztheit Dinge entdeckten, die sie nicht gesucht haben.[16][17]
Das Märchen „Drei Prinzen aus Serendip“ des persischen Dichters Amir Khusrau (1253–1325) tauchte in Europa erstmals im 16. Jahrhundert in Übersetzungen auf. Drei Prinzen wurden vom König zwecks Vorbereitung auf ihr Amt auf Wanderschaft geschickt, wo sie viele unerwartete Entdeckungen machten. Sie verbanden einzelne Eindrücke, nach denen sie nicht gesucht hatten, zu sinnvollen Erzählungen.[16][18]
Serendip bzw. سرنديب / Sarandīb ist dabei eine alte, von arabischen Händlern geprägte Bezeichnung für Ceylon, das heutige Sri Lanka, und hat ihre Wurzeln im alten Sanskrit-Namen der Insel Simhaladvipa.[19]
Das Wort wurde von der literarischen in die wissenschaftlich Welt in den 1940er Jahren übernommen. Der Physiologe Walter Bradford Cannon betitelte 1945 ein Kapitel seines Buches The Way of an Investigator mit Gains from Serendipity (Gewinne durch Serendipity) als Erfahrungsbericht aus der medizinischen Forschung und gibt folgende Definition: „Die Fähigkeit oder die Chance, unerwartet Beweise für seine Ideen zu finden, oder überraschend neue Objekte oder Beziehungen zu entdecken, ohne sie gesucht zu haben.“[20]
Cannon sieht eine Beziehung zur biblischen Geschichte von Saul. Er sollte verlorengegangene Esel finden und wandte sich an Samuel, einen Propheten, weil er sie nicht finden konnte. Samuel sagte, er solle sich nicht weiter um die Esel kümmern, weil sie gefunden worden seien. Er solle wissen, dass er auserwählt sei, über alle Stämme von Israel als König zu herrschen. So wurde der bescheidene Saul mit der Königswürde belohnt. Dies sei der früheste Bericht über eine glückliche Fügung, die Cannon kenne.[20]
Die Verbreitung, die der Begriff später vor allem in wissenschaftlichen Kreisen erhielt, geht mindestens auch auf den US-amerikanischen Soziologen Robert K. Merton (1910–2003) zurück. Er beschreibt dies zuletzt in seinem mit Elinor Barber verfassten Werk The Travels and Adventures of Serendipity.[21]
Zwischen 2008 und 2014 wurde durch den Verein der Freunde und Alumni der Bergischen Universität ein von der Firma Wiesemann & Theis gestifteter Serendipity-Preis vergeben, der Arbeiten würdigt, die ein überraschendes Ergebnis liefern oder ihre zu Beginn aufgestellte These oder wissenschaftliche Annahme schlussendlich in Frage stellen. Gründe für die Beendigung wurden nicht mitgeteilt.[22]
Die hypothesenprüfende Forschung als Überprüfung fester Annahmen dominiert in der Wissenschaft und wird daher bei entsprechenden Qualifikationsarbeiten häufig vorausgesetzt. Eine explorative Forschung mit qualitativen Methoden und unstrukturierter Beobachtung ist in der Wissenschaft im Hintertreffen und wird vom Mainstream der Wissenschaft abgelehnt. Implizit wird aber auch dort ein explorativer Prozess verwendet, um neue Hypothesen überhaupt zu finden. Für die Entwicklung von Theorien kann explorative Forschung sehr fruchtbar und stimulierend sein.[23]
Steve Ayan gibt 2016 einen Überblick über diese Aspekte:
Der Psychoanalytiker W. N. Evans gibt 1963 eine Interpretation der Serendipität gegen den Strom derer, die darin ein Zeichen der Offenheit und als Entdeckungsmotor sehen. Aus seiner therapeutischen Erfahrung sieht er im mentalen Prozess, der glückliche und unerwartete Entdeckungen hervorruft, ein neurotisches Symptom. Der Patient entdeckt das Unerwartete, um nicht herauszufinden, was er wirklich sucht, sondern was sein Unbewusstes zensiert.[26] Umgekehrt ist der Franzose Didier Houzel 1987 der Ansicht, dass man sich vom Unerwarteten ergreifen lassen muss, damit der psychoanalytische Prozess in Gang kommt, um dem Patienten zu helfen, das verlorene Objekt wieder aufzubauen. „In der Dynamik des Transfers wird unsere Serendipität auf die Probe gestellt, dort wartet das Unerwartete auf uns und überrascht uns.“[27]
Der britische Psychologe Richard Wisemann suchte per Zeitungsanzeige 2003 Menschen, die sich entweder extrem glücklich oder extrem unglücklich bezeichneten. In Untersuchungen wurde zuerst festgestellt, dass sich Glückspilze und Pechvögel nicht in Bezug auf Intelligenz unterscheiden. Glückspilze hätten auch keine übersinnliche Gabe, das Glück zu wittern. Als Glückspilze wurden Menschen definiert, denen scheinbar zufällig immer wieder Dinge geschehen, die sich als positiv herausstellen. Bei Pechvögeln sei das Gegenteil der Fall. Dass Glückspilze eine Art sechsten Sinn haben wurde dadurch entkräftet, dass 700 Menschen, die an der nationalen Lotterie teilnahmen, mit Fragebögen in Glückspilze und Pechvögel eingeteilt wurden. Von den 700 Teilnehmern gewannen nur 36 irgendetwas, und die Gewinner waren gleichmäßig über die Glückspilze und die Pechvögel verteilt. Die Glückspilze gingen eher davon aus, dass sie gewinnen würden. In einem Persönlichkeitstest basierend auf den „Big Five“ wurde gefunden, dass Glückspilze nicht verträglicher oder gewissenhafter sind als Pechvögel. Sie sind weniger neurotizistisch, deutlich offener und extravertierter. Außerdem ließen sich weniger schnell beunruhigen und haben weniger Stress, sie treffen auf mehr Menschen, was die Möglichkeit für potentiell glückliche Ereignisse erhöht. Sie hören stärker auf ihre Intuition und folgen ihrem Bauchgefühl. In den sieben bis acht Jahren wurden bei den Personen keine Veränderungen festgestellt. Niemand von ihnen sagte: «Früher war ich ein Glückspilz, aber jetzt bin ich ein Pechvogel.» und umgekehrt.
Es wurde versucht, Übungen zu entwickeln, die dies verändern sollten: Nach vier Wochen hätten 80 Prozent der Teilnehmer ihr Glück vermehrt, durchschnittlich um 40 Prozent. Entscheidend sei die Bereitschaft gewesen, sich zu verändern. Nur ein Drittel wollte dies – die anderen wären mit der Rolle des Pechvogels eher zufrieden. Ihre Identität zu verändern sei beunruhigend. Änderbar sei, optimistischer, resilienter und offener zu werden – man könne seine Intuition stärken.[28][29] Sein Buch The Luck Factor ist auch auf Deutsch erschienen.[29]
Christian Busch stellt anhand einer Untersuchung von Wiseman die Verbindung zu Serendipity her: Glückspilz und Pechvogel haben sich in einem Experiment im Verhalten unterschieden (verlorenes Geld bemerkt oder nicht, im Cafe geschwiegen oder sich unterhalten, es als großartigen Tag empfunden): Geld gefunden, tolles Gespräch geführt oder völlig ereignislos erlebt. Beiden boten sich genau die gleichen potenziellen Möglichkeiten – nur einer „erkannte“ sie.[30]
Bei der Entwicklung der EMDR-Therapie spielte Serendipity eine Rolle. Francine Shapiro hatte Krebs und bemerkte bei einem Spaziergang, dass die Bewegung ihrer Augen es ihr ermöglichte, weniger negative Emotionen darüber zu spüren.
Inzidentelles Lernen ist ein verwandtes Konzept: Es findet in Situationen statt, in denen Lernen nicht notwendig, nicht geplant und nicht gefordert ist.[31]
Die Informationswissenschaftler Olivier Ertzscheid und Gabriel Gallezot haben 2003 den Begriff der Serendipität auf die Informationssuche angewendet. Sie unterscheiden die strukturelle Serendipität, die auf einer vorherigen Klassifizierung der Dokumente beruht, von der im unstrukturierten Web entwickelten assoziativen Serendipität, im Falle einer Suche, die beispielsweise mit einer Suchmaschine durchgeführt wird.[32]
Naresh Kumar Agarval hat bezogen auf die Informationswissenschaften festgestellt: Serendipity oder zufällige Entdeckung von Informationen wurde oft vernachlässigt und sich tendenziell auf die zielorientierte Informationssuche konzentriert. Durch die Einbeziehung von Serendipity in Informationsverhaltensmodelle sollten die erreichten Rahmenbedingungen zur weiteren Forschung in diesem Bereich beitragen.[33]
Der Jurist Cass Sunstein fordert eine „Architektur des Zufalls“ in den sozialen Medien, um Serendipity online wieder herzustellen. Viele sind so angelegt, dass nur Ansichten angezeigt werden, die mit den bereits etablierten Überzeugungen und eigenen Meinungen übereinstimmen, was zu Echokammern oder Filterblasen führen kann. Statt einer „Informationsdiät“ soll man auch auf Ideen oder Themen stoßen, die nicht speziell ausgewählt sind. Serendipity kann so von den sozialen Medien gefördert werden und gegen die demokratiefeindlichen Polarisierungen der Gesellschaft wirken.[34]
Bezogen auf die Pharmazie hält Thomas A. Ban fest: Serendipity ist einer der vielen Faktoren, die zur Wirkstoffforschung beitragen. Es hat sicherlich eine Rolle bei der Entdeckung der meisten Prototyp-psychotroper Medikamente gespielt. Der Entdeckungsprozess umfasst die Anerkennung des Potenzials der Ergebnisse auf der Grundlage des Wissens und der Vergangenheit, der Erfahrung.[35]
Der japanische Organisationstheoretiker Ikujiro Nonaka stellt 1991 bei der Beschreibung des japanischen Wirtschaftssystems fest, dass Führungskräfte japanischen Unternehmer Serendipity zum Nutzen des Unternehmens, seiner Mitarbeiter und seiner Kunden „verwalten“. Das Herzstück des japanischen Ansatzes sei die Erkenntnis, dass die Schaffung neues Wissens nicht nur eine Frage der Verarbeitung objektiver Informationen ist. Vielmehr hängt es davon ab, die stillschweigenden und oft hochsubjektiven Erkenntnisse, Intuitionen und Ahnungen einzelner Mitarbeiter zu nutzen.[36]
Christian Busch konstatiert einen Anstieg des Interesses im Bereich der Managementstudien: In den letzten fünf Jahren seit 2022 seien über 50 % aller serendipity-bezogenen Arbeiten in den 50 führenden Managementzeitschriften (FT50-Zeitschriftenliste) veröffentlicht worden, in den letzten 10 Jahren sogar über 70 %. Eine Theorie der (kultivierenden) Serendipity hat wichtige Auswirkungen für das Management: Soziale Akteure haben Entscheidungsfreiheit, wenn es darum geht, Serendipity zu schaffen.
Wie das Training von „Hard Skills“ im Zusammenhang mit Finanzen oder Ingenieurwesen ist es möglich, Serendipity-bezogene Fähigkeiten wie Wachsamkeit und aneder zu trainieren. Serendipity ist ein Prozess, der beeinflusst werden kann: Serendipity-Trigger können gesät oder entdeckt werden, und die Fähigkeit zur Assoziation kann trainiert werden.[37]
Im Internet findet man vor allem im englischsprachigen Raum zahlreiche Trainingsangebote, einige davon sind zertifiziert. Im deutschen Sprachraum gibt es bisher weniger Angebote, die Serendipity systematisch steigern wollen.[38][39]
Es gibt zahlreiche bekannte bzw. bedeutende Beispiele für Serendipity bei Erfindungen und Entdeckungen, die verschiedene Formen von Serendipity repräsentieren.
Wenn nach Thagard etwa ein Viertel der wissenschaftlichen Entdeckungen einem bemerkenswerten zufälligen Aspekt zu verdanken seien, wird die Liste deutlich länger sein. Es sind auch die Beispiele, wo die Geschichte so überliefert ist, dass das zufällige Ereignis und was daraus überraschend im Sinne von Serendipity gemacht worden ist, deutlich wird – selbst wenn bei den sehr frühen Beispielen die Erfinder oder Entdecker nicht bekannt sind und nur das Serendipity-Muster angenommen werden kann.
Der Schriftsteller William Boyd prägte in seinem Roman Armadillo 1999 den Begriff Zemblanity für das Gegenteil von Serendipity: „unglückliche und erwartete Entdeckungen, die absichtlich gemacht werden“. Die Ableitung des Namens stammt wahrscheinlich von Novaja Zemlja, einer (Doppel-)Insel wie Serendip, einem kargen Archipel im Nordpolarmeer, wo von 1955 bis 1990 russische Atomtests stattfanden.[40][41]
Bahramdipity leitet sich direkt von Bahram Gur ab, wie es in The Three Princes of Serendip charakterisiert wird. Es beschreibt die Unterdrückung zufälliger Entdeckungen oder Forschungsergebnisse durch mächtige Personen und stammt von Toby J. Sommer.[42][43]
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