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Die Feierlichkeiten der Semana Santa (Karwoche) in Sevilla sind die bedeutendsten und bekanntesten in ganz Spanien. Vom Palmsonntag bis zum Ostersonntag lebt die ganze Stadt im Bann der Prozessionen.
Die ersten religiösen Vereinigungen von Hermandades und Cofradías (spanisch: Bruderschaften) bildeten sich bereits im 14. Jahrhundert. Zu dieser Zeit waren öffentliche Geißelungen weit verbreitet und als Mittel zur Vergebung der Sünden gemeinhin anerkannt. Diese ersten Bruderschaften, die nach Zusammenschlüssen und Namensänderungen teilweise immer noch in den heutigen weiterleben, veranstalteten Prozessionen, bei denen sich die Teilnehmer kasteiten. Die Bruderschaften dieser Zeit bildeten sich in der Regel aus Angehörigen einer bestimmten sozialen, Berufs- oder ethnischen Gruppe. Dies manifestiert sich auch heute noch in den Namen einiger der älteren Bruderschaften, wie Los Panaderos (die Bäcker) oder Los Gitanos. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts bestanden in Sevilla 57 Karwochenbruderschaften.[1]
Der Ursprung der Semana Santa liegt in den 1520er Jahren. Der spanische Adlige Fadrique Enríquez de Ribera (* 1476 in Sevilla; † 6. November 1539, ebenda) richtete nach seiner Rückkehr von einer Pilgerreise ins Heilige Land einen Kreuzweg ein. In den folgenden Jahren markierten die Stationen dieses Kreuzwegs den Verlauf der Bußprozessionen der Bruderschaften Sevillas.
Im Jahr 1604 legte Kardinal Fernando Niño de Guevara den Grundstein für den Prozessionsweg, der heute noch üblich ist. Er bestimmte, dass alle Bruderschaften Sevillas auf ihrem Bußweg die Kathedrale zu besuchen hätten, und die aus Triana stammenden die Parroquía de Santa Ana. Hintergrund waren neue kirchliche Vorschriften, die darauf abzielten, die öffentlichen Geißelungen in geregelte Bahnen zu lenken.
In der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts bildete sich die Semana Santa in ihrer heutigen Form. Die katholische Kirche bemühte sich um eine Stärkung der Position der christlichen Rituale in der Gesellschaft. Insbesondere wurde die Marienverehrung gefördert, z. B. durch die Verkündigung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis im Jahr 1854. Darüber hinaus entdeckten verschiedene Gemeinden die Bedeutung der traditionellen Prozessionen für den Tourismus und subventionierten die Hermandades, um die Tradition der Semana Santa zu erhalten und zu fördern. In der Vergangenheit konnten Frauen zwar Mitglied einer Hermandad sein, aber nicht als Nazarena mit der Prozession gehen. In den letzten Jahren haben verschiedene Bruderschaften auch Frauen die Teilnahme an den Prozessionen gestattet.
In groben Zügen ist der Prozessionszug (cortejo genannt) einer Hermandad wie folgt aufgebaut:
Start- und Endpunkt jeder Prozession ist das Viertel, in dem die Bruderschaft ihren Sitz hat. Die meisten Bruderschaften haben eine eigene Kapelle oder sind einer Kirchengemeinde angeschlossen, von deren Kirche aus sie die Prozession beginnen. Der Auszug (salida) wird von den Angehörigen und Freunden der Büßer beobachtet und gehört zu den emotionalsten Momenten einer Semana-Santa-Prozession.
Anschließend bewegt sich der Prozessionszug in Richtung Zentrum. Je nach Entfernung des Heimatviertels kann dieser Weg bis zu acht Stunden in Anspruch nehmen. Im Zentrum Sevillas befindet sich die sogenannte carrera oficial (offizielle Strecke), die von allen Bruderschaften passiert werden muss. Entlang dieser Strecke sind Logen und Klappstühle aufgebaut, die tagesweise gemietet werden können. Die carrera oficial endet in der Kathedrale, wo die Bruderschaften ihre estación de penitencia, die Bußstation abhalten. Im Anschluss verlassen sie die Kathedrale auf der gegenüberliegenden Seite und treten den Rückweg an.
Die entrada, also das Eintreten der Bruderschaft in ihre Kapelle nach dem Ende der Prozession ist ein weiterer emotionaler und sehr sehenswerter Moment, besonders da dieser in der Regel nachts stattfindet, so dass die von Kerzen erleuchteten Pasos besonders prachtvoll erscheinen.
Im Folgenden sind für jeden Tag der Semana Santa die Hermandades aufgeführt, die an diesem ihre Prozession begehen.
Domingo de Ramos | Lunes Santo
Karmontag |
Martes Santo
Kardienstag |
Miércoles Santo | Jueves Santo | Madrugá
(Nachtprozession) |
Viernes Santo | Sábado Santo | Domingo de Resurección |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
La Paz | Beso de Judas | El Cerro | La Sed | Los Negritos | El Silencio | La Carretería | Los Servitas | La Resurección |
La Borriquita | Santa Genoveva | Los Javieres | San Bernardo | La Exaltación | El Gran Poder | La Soledad de San Buenaventura | La Trinidad | |
Jesús Despojado | Santa Marta | San Esteban | El Buen Fin | Las Cigarreras | La Macarena | El Cachorro | El Santo Entierro | |
La Cena | San Gonzalo | Los Estudiantes | La Lanzada | Monte-Sión | El Calvario | La O | La Soledad de San Lorenzo | |
La Hiniesta | La Vera Cruz | San Benito | El Baratillo | La Quinta Angustia | La Esperanza de Triana | San Isidoro | ||
San Roque | Las Penas | La Candelaria | Cristo de Burgos | El Valle | Los Gitanos | Montserrat | ||
La Estrella | Las Aguas | La Bofetá | Las Siete Palabras | Pasión | La Sagrada Mortaja | |||
La Amargura | El Museo | Santa Cruz | Los Panaderos | |||||
El Amor |
Die Madrugá (andalusisch für spanisch madrugada, die Zeit zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang) in der Nacht zum Karfreitag gilt als Höhepunkt der Karwoche.[2][3]
Im Gegensatz zu anderen Teilen Spaniens, in denen die Karwoche gerne für den ersten Strandausflug des Jahres genutzt wird, werden die Prozessionen in Sevilla überall in der Stadt mit großer Anteilnahme verfolgt. Zumindest die Prozession der Bruderschaft des eigenen Viertels wird von den meisten Sevillanos verfolgt, besonders der Auszug und die Rückkehr genießen eine große Aufmerksamkeit.
Während die Nazarenos vorbeiziehen, gibt es noch angeregte Diskussionen unter den Zuschauern, die aber sofort verstummen, wenn ein Paso in Sichtweite kommt. Diese werde in praktisch vollständiger Stille beobachtet. Einige der populärsten Marienfiguren, vor allem die beiden Esperanzas der Bruderschaften Esperanza de Triana und La Macarena, rufen starke Emotionen unter ihren treuesten Anhängern hervor.
Für die Kinder, die nicht aktiv an einer Prozession teilnehmen, tragen viele Nazarenos Bonbons und andere Süßigkeiten bei sich, die sie während der Pausen an diese verteilen. Dieser Brauch soll sich gebildet haben, um Kindern die Angst vor den bedrohlich wirkenden vermummten Büßern zu nehmen. Die Nazarenos von Los Panaderos verteilen sogenannte picos, kleine Brotstangen. Ein weiterer Zeitvertreib ist das Wachssammeln. Dazu werden die Nazarenos gebeten, etwas Wachs von ihren Kerzen auf eine Kugel tropfen zu lassen, die das Kind in den Händen formt und die im Laufe der Woche immer weiter anwächst.
Als capillitas werden Bürger bezeichnet, die sich in einem besonderen Maße auch außerhalb der Semana Santa in den Hermandades und Cofradías engagieren. Ein capillita verfügt meist über ein umfangreiches Wissen über die Geschichte der Bruderschaften, neue Elemente an den Pasos, die Prozessionsmärsche und jedes andere Thema der Semana Santa. Durch ihr Engagement werden sie zu wichtigen Helfern bei der Organisation der Veranstaltungen.
Die Saeta ist ein vom Flamenco beeinflusster virtuoser Gesang, der von einzelnen Sängern oder Sängerinnen, die oftmals auf einem Balkon entlang der Prozessionsstrecke stehen, ohne instrumentale Begleitung dargeboten werden. Der Paso mit dem besungenen Bild hält während des Gesangs an. Die meisten Saetas sind den Marienstatuen gewidmet, allerdings gibt es auch Gesänge zu Ehren der populärsten Christus-Figuren.
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