Windkraftanlage auf einem schwimmenden Fundament Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eine schwimmende Windkraftanlage ist eine Windkraftanlage (WKA), die als schwimmendes Bauwerk in einem Gewässer ausreichender Tiefe von hydrostatischem Auftrieb eines Auftriebskörpers an der Gewässeroberfläche gehalten wird.
Schwimmende Windkraftanlagen werden typisch nur in stehenden Gewässern, also Meeren und Stillgewässern, errichtet. Sie können Orte mit größerer Wassertiefe, also ferner von Küsten und Ufern, nutzen als am Gewässergrund stehende Offshore-Windkraftanlagen, die nur in flacheren Randmeeren wie der Nordsee platziert werden können.
Ortsfest gehaltene Bauwerke in Fließgewässern können Leistung eher aus der Nutzung der Gewässerströmung gewinnen.
Damit sich eine typisch unter Wasser verlaufende elektrische Leitung (mehrpoliges Kabel oder mehrere einpolige Kabel, hohe elektrische Spannung) nicht verdrillt, muss die WKA verdrehfest gehalten werden.
Damit die Wasserwellen weniger Angriffsfläche finden, wird der Auftriebskörper von Ankerseilen rundum ein Stück unter die Wasseroberfläche gezogen, sodass nur der schlanke Mast die Wellenzone durchdringt.
Schwimmende Windkraftanlagen spielen bisher weltweit nur eine geringe Rolle: Ende 2021 betrug die weltweit installierte Gesamtleistung aller schwimmenden Windkraftanlagen 139 MW[1], verglichen mit insgesamt mehr als 55.000 MW an installierter Offshore-Windkapazität. Mitte 2020 hatte die kumulierte Leistung noch bei 73 MW[2] bzw. 84 MW in 16 Projekten[3] gelegen, wobei die Gesamtleistung der damals geplanten Projekte weltweit bei 7,66 GW lag[3]. In den Meeresgebieten um Schottland wurde im Januar 2022 eine Gesamtleistung von rund 15 GW an schwimmenden Anlagen ausgeschrieben.[1][4] Insgesamt waren Stand Dezember 2022 schwimmende Offshorewindparks mit einer Gesamtleistung von 185 GW in Planung.[5]
Die verschiedenen Konzepte unterscheiden sich zum einen darin, ob eine schwimmende Struktur eine einzelne Windkraftanlage oder mehrere Windkraftanlagen trägt, und zum anderen in der Art der Stabilisierung der Plattform gegen Kippmomente: ballaststabilisierte Spierenbojen (spar buoy), formstabile Halbtaucher oder steif verankerte Tension-Leg Plattformen (TLP), alle bereits in der Erdöl- und Erdgasindustrie üblich.[6]
Siehe auch diese Liste der schwimmenden Windkraftanlagen.
Bei Einzelanlagen wird eine einzelne Windkraftanlage auf eine schwimmende Unterkonstruktion gesetzt und am Meeresboden verankert. Die Anlagen verfügen über die klassische Windrichtungsnachführung.
Es existieren auch Konzepte, bei denen sich nicht Gondel und Rotor einer einzelnen Windkraftanlage in den Wind drehen, sondern die ganze schwimmende Plattform. Das erlaubt die Montage mehrerer Windkraftanlagen auf derselben Plattform ohne gegenseitige Windabschattung und die Verwendung von schlanken, abgespannten Masten mit aerodynamischem Profil. Die Ausrichtung der Plattform muss bei Ausfall einer (äußeren) Anlage oder bei unterschiedlichen Richtungen von Wind- und Meeresströmungen (Gezeiten) gegebenenfalls aktiv korrigiert werden.
Neben dem wesentlich höheren Stromertrag gibt es eine Reihe von Optimierungsmöglichkeiten bei den wesentlichen Baugruppen schwimmender Windkraftanlagen (Plattform, Turm, Rotor/Gondel), die auch die Wirtschaftlichkeit verbessern. In vollem Umfang treffen diese Möglichkeiten auf die Multi Unit Floating Offshore Wind Farm (MUFOW)-Konzepte zu, teilweise auch auf die anderer Konzepte.
Bei der Verwendung von verbundenen Zwillingsrohren als Träger der Plattform sind wesentlich bessere Möglichkeiten der Abspannung/Abstützung gegeben, die die statischen Erfordernisse mit deutlich geringerem Materialaufwand gewährleisten. Da sich die gesamte Plattform in den Wind dreht, kann diese Abstützung wie bei einem Riesenrad auch nach vorn gebaut werden.[53]
Schwimmende Kraftwerke können an Land vormontiert und dann in wenigen großen Baugruppen auf die See hinaus transportiert werden.[54] In ausreichend tiefen Gewässern ist auch der Transport der gesamten Anlage mittels Schleppern möglich.[55] Am Zielpunkt erfolgen dann Verankerung und Anschluss, im Idealfall schon vorbereitet.[56]
Angedacht sind Konzepte, die verschiedene Nutzungen (PV, Wellen, Strömung, Kelp- und Fischzucht) neben der Windkraft gemeinsam auf einer Plattform ermöglichen. Die gemeinsame Nutzung einer schwimmenden Plattform für die Windkraftnutzung mit der Fischzucht ist in China nun bereits Realität.[57]
Ein Pionier der schwimmenden Windkraft war Professor William E. Heronemus (1920–2002). Er arbeitete von 1967 bis 1978 an der University of Massachusetts Amherst und gründete dort die Abteilung für Meerestechnik.[58] Er wies schon 1968 auf die Abhängigkeit von Öleinfuhren hin, die zu Krisen führen werde, womit er die Ölpreiskrisen voraussah.[59][60] Er schlug 1973 schwimmende Windkraftwerke vor und veröffentlichte 1975 detaillierte Entwürfe zu Offshore-Windparks aus schwimmenden Anlagen.[61][62]
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