Schnittpunkt

gemeinsamer Punkt zweier Kurven Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Schnittpunkt

Ein Schnittpunkt ist in der Geometrie ein gemeinsamer Punkt von Kurven oder Flächen in der Ebene oder im dreidimensionalen Raum. Diese Definition schließt auch die Möglichkeiten ein, dass sich die Kurven oder Flächen lediglich berühren oder dass die gesamte Schnittmenge selbst eine Kurve oder Fläche ist (wie etwa Schnittgeraden). Je nach Kontext oder Autor werden solche Möglichkeiten auch ausgeschlossen.[A 1]

In der Ebene können sich zwei Kurven schneiden, im einfachsten Falle handelt es sich dabei um zwei Geraden. Im dreidimensionalen Raum kann außerdem eine Kurve mit einer Fläche einen Schnittpunkt bilden, z. B. eine Gerade mit einer Ebenen, oder es können sich zwei Flächen schneiden.

Allgemein versteht man in der Mathematik unter einem Schnittpunkt von zwei Mengen einen Punkt, der in den beiden Mengen enthalten ist.[1] Diese Definition schließt auch Schnittpunkte von höherdimensionalen Objekten wie Hyperebenen ein, die sich der Anschauung entziehen.

In der modernen Mathematik werden Kurven und Flächen typischerweise mithilfe von Gleichungen beschrieben. Die Bestimmung von Schnittpunkten läuft dann auf das Lösen von Gleichungssystemen hinaus. Bei den Schnittpunkten von Geraden, Ebenen oder Hyperebenen handelt es sich um linearen Gleichungssystemen, die mit den Mitteln der linearen Algebra gelöst werden können.

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Schnittpunkt zweier Geraden

Im Allgemeinen führt die Bestimmung von Schnittpunkten auf nichtlineare Gleichungen, die man in der Praxis mit einem Verfahren zur Bestimmung von Nullstellen, zum Beispiel der Regula falsi, dem Sekantenverfahren, dem Newtonverfahren oder dem Householder-Verfahren löst. Schnittpunkte einer Gerade mit einem Kegelschnitt (Kreis, Hyperbel, Ellipse, Parabel) oder einer Quadrik (Kugel, Ellipsoid, Hyperboloid, …) führen auf quadratische Gleichungen und sind auch noch relativ leicht lösbar. Für den Schnittpunkt einer Gerade mit einer Ebene, einer Kugel, einem Zylinder oder einem Kegel bietet die darstellende Geometrie Methoden, um Schnittpunkte zeichnerisch zu bestimmen.[2]

Schnittpunkt in der Ebene

Zusammenfassung
Kontext

Schnittpunkt zweier Geraden

Häufig wird der Schnittpunkt von Geraden gesucht, die in Normalform, allgemeiner Koordinatenform oder Parameterform vorliegen. Sind die Geraden in anderer Form gegeben, so bringt man sie zunächst in eine dieser Formen und wendet dann die im Folgenden beschriebenen Lösungsverfahren an.

Geraden in Normalform

Im einfachsten Fall sind zwei (nicht senkrechte) Geraden in Normalform gegeben,

.

Falls , so verlaufen die beiden Geraden nicht parallel und es gibt genau einen Schnittpunkt . Die -Koordinate des Schnittpunkts erhält man dann durch Gleichsetzen der beiden Geradengleichungen und Auflösen nach . Einsetzen von in eine der beiden Ausgangsgleichungen liefert die zugehörige -Koordinate des Schnittpunkts.[3]

Beispiel

Gesucht wird der Schnittpunkt der Geraden und . Gleichsetzen liefert die lineare Gleichung

.

Durch elementare Termumformungen erhält man die Lösung . Einsetzen in eine der beiden Ausgangsgleichungen liefert sofort Also ist .

Geraden in allgemeiner Koordinatenform

Sind die beiden Geraden in allgemeiner Koordinatenform gegeben,

,

so führt die Bestimmung der Koordinaten des Schnittpunkts auf das lineare 2×2-Gleichungssystem

Falls , so verlaufen die Geraden nicht parallel und das System hat eine eindeutige Lösung.

Beispiel

Gesucht wird der Schnittpunkt der Geraden und . Das zugehörige lineare Gleichungssystem

lässt sich zum Beispiel bequem mit dem Additionsverfahren lösen und hat die Lösung und . Also ist .

Geraden in Parameterform

Sind die beiden Geraden in Parameterform gegeben,

,

so führt Gleichsetzen zur vektoriellen Schnittpunktgleichung[4]

bzw. .

Legt man ein rechtwinkliges Koordinatensystem zugrunde und stellt die Vektoren mithilfe ihrer Komponenten dar, so ist die Schnittpunktgleichung äquivalent zum linearen 2×2-Gleichungssystem

in den Unbekannten und . Schneiden sich die beiden Geraden, so hat das Gleichungssystem eine eindeutige Lösung . Einsetzen von bzw. in die Geradengleichung für bzw. liefert die Koordinaten des Schnittpunkts.

Beispiel

Gesucht wird der Schnittpunkt der Geraden

.

Durch Gleichsetzen und Umformen erhält man das Gleichungssystem

Dieses System hat die eindeutige Lösung , d. h. die Geraden schneiden sich in genau einem Punkt. Die Koordinaten des Schnittpunkts erhält man, indem man z. B. in die Geradengleichung von einsetzt: .

Schnittpunkt zweier Strecken

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Schnitt zweier Strecken

Zwei nicht parallele Strecken und müssen sich nicht unbedingt schneiden. Denn der Schnittpunkt der zugehörigen Geraden muss nicht in beiden Strecken enthalten sein. Um letzteres zu klären, stellt man beide Strecken parametrisiert dar:

,

Schneiden sich die Strecken, so muss der gemeinsame Punkt der zugehörigen Geraden Parameter haben mit der Eigenschaft . Die Schnittparameter sind Lösung des linearen Gleichungssystems

Dieses löst man z. B. mit der Cramerschen Regel, überprüft die Schnittbedingung und setzt oder in die zugehörige Parameterdarstellung ein, um schließlich den Schnittpunkt zu erhalten.

Beispiel

Für die Strecken und erhält man das Gleichungssystem

.

Dieses hat die Lösung , d. h. die Strecken schneiden sich und der Schnittpunkt ist .

Bemerkung: Betrachtet man Geraden durch zwei Punktepaare (nicht Strecken), so kann man die Bedingung ignorieren und erhält mit dieser Methode den Schnittpunkt der beiden Geraden (siehe vorherigen Abschnitt).

Schnittpunkte einer Geraden mit einem Kreis

Um den Schnitt der

  • Gerade mit dem Kreis

zu berechnen, wird zunächst das System durch Setzen von und so verschoben, dass der Kreismittelpunkt im Nullpunkt liegt. Dadurch ergibt sich als neue Kreisgleichung

und als neue Geradengleichung

mit .

Durch Auflösen der Geradengleichung nach oder , Einsetzen in die Kreisgleichung, Anwenden der Lösungsformel für quadratische Gleichungen und anschließendes Rückgängigmachen der Verschiebung ergeben sich dann die Schnittpunkte mit

sofern gilt. Im Fall der Gleichheit gibt es nur einen Schnittpunkt und die Gerade ist eine Tangente des Kreises.

Bemerkung: Die Schnittpunkte einer Gerade mit einer Parabel oder einer Hyperbel lassen sich analog durch Lösen einer quadratischen Gleichung bestimmen.

Schnittpunkte zweier Kreise

Die Bestimmung der Schnittpunkte zweier Kreise

lässt sich durch Subtraktion der beiden Gleichungen auf das Problem Schnittpunkte der Gerade (Potenzgerade)

mit einem der beiden Kreise zurückführen.

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Schnitt zweier Kreise, Mittelpunkte auf der x-Achse, Potenzgerade dunkelrot

Sonderfall :
In diesem Fall hat der erste Kreis den Nullpunkt als Mittelpunkt und der zweite Mittelpunkt liegt auf der x-Achse. Dadurch vereinfacht sich die Gleichung der Potenzgerade zu und für die Schnittpunkte ergibt sich

Falls ist, schneiden sich die Kreise nicht. Im Fall berühren sich die Kreise.

Allgemeiner Fall

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Schnittpunkte zweier Kreise

Für den allgemeinen Fall mit den Kreismittelpunkten verwendet man Ergebnisse des Sonderfalls und setzt:

(Abstand der Mittelpunkte),
(Abstand der Potenzgerade zu ),
(Abstand der Schnittpunkte von ),
(gedrehte Orthonormalbasis, siehe Bild).

Die Ortsvektoren der Schnittpunkte sind dann

( ist der Ortsvektor von .)

Schnittpunkte zweier Kegelschnitte

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Schnitt Kreis-Ellipse

Die Aufgabe, die Schnittpunkte einer Ellipse/Hyperbel/Parabel mit einer Ellipse/Hyperbel/Parabel zu bestimmen, führt bei Elimination einer Koordinate i. A. auf eine Gleichung vierten Grades, die nur in speziellen Fällen leicht lösbar ist. Die Schnittpunkte lassen sich allerdings auch iterativ mit Hilfe des 1- bzw. 2-dimensionalen Newton-Verfahrens bestimmen, je nachdem man a) beide Kegelschnitte implizit (→ 2-dim. Newton) oder b) einen implizit und den anderen parametrisiert darstellt (→ 1-dim. Newton). Siehe hierzu den nächsten Abschnitt.

Schnittpunkt zweier Kurven

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Schnittpunkte zweier Kurven: transversales Schneiden
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Schnittpunkt zweier Kurven: berührendes Schneiden bzw. Berührung

Zwei in der Ebene liegende, stetig differenzierbare Kurven (also Kurven ohne „Knick“) haben einen Schnittpunkt, wenn sie einen Punkt der Ebene gemeinsam haben und die beiden Kurven in diesem Punkt entweder

a) unterschiedliche Tangenten aufweisen (transversales Schneiden), oder
b) gemeinsame Tangenten haben und sich in dem Punkt kreuzen (berührendes Schneiden, siehe Bild).

Falls die beiden Kurven zwar einen gemeinsamen Punkt und dort eine gemeinsame Tangente haben, aber sich nicht kreuzen, berühren sie sich in .

Da berührendes Schneiden eher selten vorkommt und rechnerisch sehr aufwendig zu behandeln ist, wird im Folgenden stets transversales Schneiden vorausgesetzt. Außerdem werden auch die jeweils nötigen Differenzierbarkeits-Bedingungen vorausgesetzt. Die Bestimmung von Schnittpunkten führt immer wieder auf das Problem, eine Gleichung mit einer bzw. zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten lösen zu müssen. Die Gleichungen sind im Allgemeinen nichtlinear und können dann beispielsweise mit dem 1- oder 2-dimensionalen Newton-Verfahren numerisch gelöst werden. Im Folgenden werden die einzelnen Fälle und die zu lösenden Gleichungen beschrieben:

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Schnittpunkt: parametrisierte Kurve / implizite Kurve
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Schnittpunkt: implizite Kurve / implizite Kurve
  • Falls beide Kurven explizit durch und vorliegen, liefert Gleichsetzen die Gleichung
  • Falls beide Kurven parametrisiert vorliegen, durch und durch , so liefert Gleichsetzen zwei Gleichungen in zwei Unbekannten:
  • Falls eine Kurve parametrisiert und die andere implizit gegeben sind, durch und durch , so muss man nur die Parameterdarstellung von in die Gleichung von einsetzen und erhält die Gleichung
  • Falls beide Kurven implizit gegeben sind, durch und durch , so ist ein Schnittpunkt die Lösung des im Allgemeinen nichtlinearen Gleichungssystems

Die für das jeweilige Newton-Verfahren nötigen Startwerte lassen sich aus einer Visualisierung der beiden Kurven gewinnen. Eine parametrisiert oder explizit gegebene Kurve lässt sich leicht visualisieren, da man zu vorgegebenem Parameter bzw. direkt einen Punkt berechnen kann. Für implizit gegebene Kurven ist dies nicht so einfach. Hier muss man im Allgemeinen mit Hilfe von Startpunkten und einem Iterationsverfahren Kurvenpunkte berechnen[5].

Beispiele

1: und Kreis (siehe Bild).
Es ist die Newton-Iteration für
durchzuführen. Als Startwerte kann man −1 und 1,5 wählen.
Die Schnittpunkte sind (−1,1073; −1.3578) und (1,6011; 4,1046).
2:
(siehe Bild).
Es ist die Newton-Iteration
durchzuführen, wobei die Lösung des linearen Gleichungssystems
an der Stelle ist. Als Startpunkte kann man (−0,5; 1) und (1; −0,5) wählen.
Das lineare Gleichungssystem löst man am einfachsten mit der Cramerschen Regel.
Als Schnittpunkte ergeben sich (−0.3686; 0,9953) und (0,9953; −0,3686).

Schnittpunkt zweier Polygone

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Schnitt zweier Polygone: Fenstertest

Falls man Schnittpunkte zweier Polygone sucht, kann man jede Teilstrecke des einen Polygons mit jeder Teilstrecke des anderen Polygons auf Schnittpunkte untersuchen (siehe oben: Schnitt zweier Strecken). Für Polygone mit vielen Teilstrecken ist diese einfache Methode sehr zeitaufwändig. Durch sogenannte Fenstertests lässt sich die Rechenzeit deutlich reduzieren. Dabei fasst man mehrere Teilstrecken zu einem Teilpolygon zusammen und berechnet das zugehörige Fenster, das ist das minimale achsenparallele Rechteck, das das Teilpolygon enthält. Bevor aufwändig ein Schnittpunkt zweier Teilpolygone berechnet wird, werden die zugehörigen Fenster auf Überlappung getestet.[6]

Schnittpunkte im Raum

Zusammenfassung
Kontext

Im 3-dimensionalen Raum kann man Kurven und Flächen auf Schnittpunkte untersuchen. Bei den folgenden Überlegungen sollen (wie oben) nur die transversalen Schnitte behandelt werden.

Schnittpunkt zweier Geraden im Raum

Analog zum Fall zweier Geraden in der Ebene schneiden sich zwei Geraden

im Raum genau dann, wenn die Schnittpunktgleichung

bzw.

für mindestens ein Wertepaar erfüllt ist. Stellt man die Vektoren mithilfe ihrer drei rechtwinkligen Koordinaten dar, so ist die Schnittpunktgleichung äquivalent zum linearen 3×2-Gleichungssystem

in den Unbekannten und . Im Gegensatz zum Fall zweier Geraden in der Ebene schneiden sich zwei Geraden im Raum nur im „Ausnahmefall“, was man auch daran erkennt, dass das lineare Gleichungssystem überbestimmt ist.[A 2]

Schnittpunkt einer Geraden mit einer Ebene

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Schnittpunkt: Gerade - Ebene

Eine Gerade im Raum wird in der Regel durch eine Parameterdarstellung und eine Ebene durch eine Gleichung beschrieben. Durch Einsetzen der Parameterdarstellung der Gerade in die Ebenengleichung ergibt sich die lineare Gleichung

für den Parameter des Schnittpunktes . (Falls die lineare Gleichung keine Lösung besitzt, ist die Gerade parallel zur Ebene. Falls die Gleichung für alle erfüllt ist, ist die Gerade in der Ebene enthalten.)

Schnittpunkt dreier Ebenen

Ist eine Gerade als Schnitt zweier nicht paralleler Ebenen gegeben und soll mit einer dritten Ebene geschnitten werden, muss der gemeinsame Punkt der drei Ebenen bestimmt werden.

Drei Ebenen mit linear unabhängigen Normalenvektoren besitzen den Schnittpunkt

Zum Beweis überzeuge man sich von unter Beachtung der Regeln für ein Spatprodukt.

Schnittpunkte einer Kurve mit einer Fläche

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Schnittpunkt: Kurve , Fläche

Analog wie im ebenen Fall führen die folgenden Fälle zu im Allgemeinen nicht linearen Gleichungssystemen, die mit einem 1- bzw. 3-dimensionalen Newton-Verfahren gelöst werden können:[7]

  • parametrisierte Kurve und
parametrisierte Fläche
  • parametrisierte Kurve und
implizite Fläche

Beispiel

parametrisierte Kurve und
implizite Fläche (siehe Bild)
Zu lösende Gleichung:
Die Schnittpunkte sind: (−0,8587; 0,7374; −0,6332), (0,8587; 0,7374; 0,6332).

Bemerkung: Eine Gerade kann auch in einer Ebene enthalten sein. Dann gibt es unendlich viele gemeinsame Punkte. Auch eine Kurve kann teilweise oder vollständig in einer Fläche enthalten sein (siehe Kurven auf der Fläche ). In diesen Fällen spricht man aber nicht mehr von Schnittpunkt.

Siehe auch

Anmerkungen

  1. So spricht man in der klassischen euklidischen Geometrie bei der Betrachtung von Geraden typischerweise nur dann von einem Schnittpunkt, wenn die Geraden nur einen gemeinsamen Punkt haben, also nicht gleich sind (vgl. Scheid, Schwarz: Elemente der Geometrie, S. 2).
  2. Im „Normalfall“ verlaufen die Geraden windschief zueinander, d. h. zwei „Zufallsgeraden“ sind mit Wahrscheinlichkeit 1 windschief.

Einzelnachweise

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