Ingenieurbüro mit angegliederten hydrodynamischen Versuchsanlagen Aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Als Dienstleister der Schiffbau-Industrie ist eine Schiffbau-Versuchsanstalt ein Ingenieurbüro mit angegliederten hydrodynamischen Versuchsanlagen.
Schon um 1870 führte William Froude systematische Schleppversuche in seiner Versuchsanstalt in Chelston Cross bei Torquay durch. 1876 wurde eine Schlepprinne von der königlichen Werft in Amsterdam in Betrieb genommen. Im Jahr 1894 wurde in St. Petersburg das heutige Krylow-Forschungszentrum mit einem Schlepptank eröffnet. Von 1900 bis 1914 bestand eine Schleppversuchsstation für Überseeschiffe (Modelle) beim Norddeutschen Lloyd in Bremerhaven, die Johann Schütte aufbaute.[1] Eine der ältesten Versuchsanstalten, die auf die K.u.k.Marine zurückgeht, ist die Schiffbautechnische Versuchsanstalt in Wien, die seit 1912 besteht.
In Hamburg wurde unter Mitwirkung von Blohm & Voss, Ernst Foerster beauftragt, eine neue Schiffbauversuchsanstalt zu gründen. Schon im März 1910 konnte Ernst Foerster, Oberingenieur des Handelsschiffbaus bei Blohm und Voss, sowohl Hermann Blohm als auch den Vertreter des Hamburger Senats durch eine Denkschrift für seinen Plan, den Bau einer großen Schiffsbauversuchsanstalt in Hamburg, gewinnen – und ihn später durch eine Stiftung von Konsul Otto Schlick, Hamburg, auch realisieren. Sie wurde 1915 eröffnet. Für die Gestaltung und Erhaltung der Hamburger Anstalt hat er Freunde und Fachgenossen im Schiffbau und in der Industrie und in zahlreichen Ländern des Auslandes zu gewinnen verstanden, in Studienreisen zu deutschen und ausländischen Schiffbau- und Industriestätten und durch Sammlung von Mitteln für Forschungsarbeiten. Seine Einflussnahme auf Organisation und Leitung als Aufsichtsrat des Institutes bestand von Beginn an für etwa 20 Jahre Dauer.
Bestandteil dieser Versuchsanlagen sind folgende Einrichtungen:
Weitere Versuchsanlagen, über die nicht alle Schiffbau-Versuchsanstalten verfügen, sind
Zusätzlich verfügen Schiffbau-Versuchsanstalten über Software und Erfahrungen, um mit CFD-Methoden die komplizierte Umströmung von Schiffen und ihrer Propulsions- und Steuerorgane numerisch zu simulieren, was nach heutigem Stand der Technik noch lange nicht Modellversuche überflüssig macht, unter anderem weil eine geeignete Elementierung aufwändig und teuer ist. Auch die Linienrisse beziehen Schiffbau-Versuchsanstalten nicht immer vom Auftraggeber, sondern entwerfen sie teilweise selbst, oder sie optimieren vorgegebene Linienrisse anhand der Versuchsergebnisse. Entsprechendes gilt für die Propeller-Entwürfe.
Modellversuche, denen Schiffsmodelle dienen, sind
Genau genommen handelt es sich bei diesen Versuchen (abgesehen von Eis) um eine experimentelle Lösung der dimensionslosen Navier-Stokes-Gleichung. Eigentlich sollte sowohl die Reynolds-Zahl als auch die Froude-Zahl der Großausführung entsprechen. Weil dies jedoch nicht machbar ist (das Modell müsste riesig groß sein und in Quecksilber fahren) hält man nur die Froude-Zahl ein. Mangels Reynolds-Ähnlichkeit beklebt man das Modell am Bug mit Sandpapier-Streifen, um den Übergang von laminarer in turbulente Strömung den Verhältnissen in der Großausführung anzupassen.
Weil sich diese Modellversuche im Wettbewerb mit entsprechenden numerischen Berechnungen befinden, die man Computational Fluid Dynamics (CFD) nennt, werden sie gelegentlich auch als EFD (Experimental Fluid Dynamics) bezeichnet.
Manche Schiffbau-Versuchsanstalten verdingen sich als kommerzielle Unternehmen, andere sind staatlich, beispielsweise dem Verteidigungsministerium unterstellt. Die Schiffbau-Versuchsanstalten sind weltweit unter dem Dachverband ITTC (International Towing Tank Conference) zusammengeschlossen, um gemeinsame Standards für die Messverfahren zu beschließen.
Die weltweit bedeutendsten Schiffbau-Versuchsanstalten liegen heute in Europa. Diese sind MARIN in Wageningen (Niederlande), die Hamburgische Schiffbau-Versuchsanstalt (HSVA) in Hamburg (Deutschland) und die SSPA in Göteborg (Schweden). Die größte deutsche Schiffbau-Versuchsanstalt ist die HSVA in Hamburg. Die VWS in Berlin ist zwar inzwischen stillgelegt und in Auflösung, aber Passanten können sich anhand des markanten rot-blauen Gebäudes an Landwehrkanal / Straße des 17. Juni immer noch ein Bild machen, in welcher Größenordnung man sich einen Kavitationstunnel vorzustellen hat.
In Wien wurde 1912 die Schiffbautechnische Versuchsanstalt gegründet, die nach Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg seit 1951 wieder arbeitet.
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